Protocol of the Session on January 24, 2002

Der andere Weg, den wir fordern, wäre, dass man versucht, mit den Akteuren vor Ort gemeinsame Entwicklungsziele zu erarbeiten. Im Kreis SchleswigFlensburg gibt es schon länger ein Entwicklungskonzept. An der Westküste soll jetzt ein Konzept erarbeitet werden. Das sind erste gute Schritte.

Es fehlt die Vernetzung mit der Landesebene. Ich meine damit nicht, dass die Landesebene nicht informiert ist, sondern dass trotz vorliegender Konzepte nicht klar ist, in welche Richtung sich die Regionen aus Landessicht heraus weiterentwickeln sollen. Wir wissen, wie sich Lübeck entwickeln soll. Wir wissen dies auch vom Biotechnologiedreieck, das wiederum eine Region prägen wird. In welche Richtung sollen sich aber die nördlichen Kreise weiterentwickeln? Welche

übergeordneten Ziele hat sich die Landesregierung für die Westküste gesetzt?

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass der Tourismus an der Westküste, die regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte, die Erschließung erneuerbarer Energien, die Forschung im Bereich der grünen Biotechnologie oder auch der Telekommunikation Förderschwerpunkte für den Norden werden könnten. In dem Moment, wo wir die Entwicklungsziele der Regionen festlegen würden, könnte man die Förderung dieser Schwerpunkte an harte Kriterien binden und so innerhalb der Region einen Qualitätswettbewerb stattfinden lassen.

Bei Projekten, die sowohl im Norden als auch anderenorts gefördert werden würden, müssten der Landesteil Schleswig und die Westküste in die Lage versetzt werden, im Qualitätswettbewerb mithalten zu können. Die Projektgesellschaft Westküste hat jetzt gerade einen zusätzlichen Mitarbeiter durch das Land bewilligt bekommen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um beispielsweise Unternehmen besser beraten zu können. Vielleicht kann aber bei der Unterstützung der regionalen Geschäftsstellen noch mehr verbessert werden. Das sollten wir herausfinden!

Außerdem gibt es in den betroffenen Regionen keine so gut ausgebaute Hochschullandschaft wie in den großen Zentren des Landes, auf die sie zurückgreifen könnten, beziehungsweise mit der die Unternehmen dort in engem Kontakt stehen können. Hier fehlt ein wichtiger Teil der Infrastruktur. In dem Konzept, das wir fordern, sollten daher auch Aussagen enthalten sein, die sich auf die Verzahnung der regionalen Hochschulen mit der Wirtschaft beziehen und die deutlich machen, wie und mit welchen Schwerpunkten die Hochschullandschaft gefördert werden soll.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Sie sehen schon anhand der komplexen Fragestellungen und anhand der Tatsache, dass noch manche Frage unbeantwortet ist, dass ein solches übergreifendes Konzept notwendig ist. Wir müssen die Entwicklungsziele für den Landesteil Schleswig und die Westküste festlegen, dann die entsprechenden Förderkriterien festlegen und selbstverständlich auch die entsprechenden Fördermittel bereitstellen, damit auch Planungssicherheit herrscht.

Es geht nicht darum, die Fördermittel mit der Gießkanne über das Land zu verteilen, sondern allen Regionen des Landes Entwicklungschancen zu ermögli

(Lars Harms)

chen. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Schümann das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Harms, ich muss mich ein bisschen wiederholen. Ziel des Regionalprogramms ist die Förderung von Innovation, Wachstum und Beschäftigung in den strukturschwachen Regionen durch Stärkung der regionalen Potenziale. Da sind wir uns einig. Dabei geht es nicht nur um die klassischen Infrastrukturprojekte, sondern gefördert werden auch Strukturprojekte zur Stärkung des Tourismus, zum Beispiel bei Ihnen oben in Schleswig an der Westküste, Projekte, die das technologische Potenzial und damit die Innovationskraft der Unternehmen stärken, Existenzgründungen, Projekte, die berufliche Qualifizierung der Arbeitnehmer verbessern, und die Anwendung moderner Informationstechnologien - also ein bunter Strauß unterschiedlicher Projekte.

Es ist hinlänglich bekannt und bisher waren wir von diesem Konzept auch überzeugt, dass die Auswahl der Projekte durch einen landesweiten Qualitätswettbewerb erfolgt, unter Beteiligung regionaler Beiräte.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wer ent- scheidet denn?)

- Die regionalen Beiräte entscheiden - auch das ist bekannt, Frau Kollegin

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Tun sie nicht!)

über die regionalen Prioritäten für die Projektvorschläge. - Doch, darüber entscheiden sie in der Tat.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Und dann?)

Auch zur Erinnerung: Die Beiräte setzen sich aus den wichtigsten wirtschaftlichen Kräften der Regionen zusammen. Wichtig war von Anfang an, dass eine regionale Verteilung der Mittel nach Korridoren für die Regionen ausdrücklich nicht vorgesehen ist. Ich erinnere an die Anhörung zum Regionalprogramm.

So, wie es nicht üblich ist, dass in einem Wettbewerb, wie zum Beispiel im Sport, die Medaillen bereits vor dem Startschuss oder vor dem Wettkampf verteilt beziehungsweise zugesagt werden, sollen auch im Rahmen des Qualitätswettbewerbs die besten und

innovativsten Projekte gewinnen und dann gefördert werden.

(Beifall bei der FDP - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Ein sehr passender Vergleich!)

Dies erfolgt sehr wohl im Interesse der einzelnen Regionen, besonders aber auch im Interesse des Standortes ganz Schleswig-Holsteins.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Bei der Vergabe der Mittel seit 2000 hat es in den jeweiligen Bewilligungstranchen unterschiedliche Verteilungen zwischen den Regionen gegeben, und zwar nicht nur immer zugunsten der K.E.R.N.-Region oder der Räume Ostholstein und Lübeck. Ich verweise auf die Kleine Anfrage des Kollegen Peter Jensen-Nissen. In der letzten Bewilligungstranche war zum Beispiel die Westküste der Spitzenreiter.

Alle diese Förderentscheidungen waren Ergebnisse des Qualitätswettbewerbs, bei dem das Wirtschaftsministerium in einigen Fällen durch die Förderung eines Regionalmanagements - Sie haben eben darauf hingewiesen -, zum Beispiel an der Westküste, in den Regionen die Vorbereitung mit unterstützt hat.

(Vizepräsident Thomas Stritzl übernimmt den Vorsitz)

Kolleginnen und Kollegen, ob diese Unterstützung ausreichend ist, sollten wir noch einmal kritisch im Ausschuss diskutieren. Damit bin ich einverstanden.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Die Auswahlprinzipien und Entscheidungskriterien grundlegend zu verändern im Sinne von finanziell verbindlichen Korridoren, erscheint uns jedoch nicht angemessen und nicht der richtige Weg zu sein.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erhält jetzt die Frau Abgeordnete Brita Schmitz-Hübsch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat:

Im Aktionsraum sind

„95 % ländliche Räume, in denen 63 % der Bevölkerung des Aktionsraumes leben. Die niedrige Siedlungsdichte ist hier verbunden

(Brita Schmitz-Hübsch)

mit einer geringen Wirtschaftskraft, mit wenigen und kleinen wirtschaftlichen Zentren, mit einer außerordentlich niedrigen Industriedichte sowie einem entsprechend wenig ausdifferenzierten Arbeitsplatzangebot. Folge ist eine erkennbare Abwanderungsdrift bei jungen Menschen mit qualifizierter Ausbildung.“

Dies ist ein Zitat aus der Anmeldung zum 31. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vom 12. Dezember 2001. Dieser Analyse des strukturschwachen ländlichen Raumes, zu dem immerhin fast 80 % der Fläche unseres Landes gehören, kann ich zustimmen, nicht aber den Taten, die diese Landesregierung folgen lässt.

Die Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDUAbgeordneten Peter Jensen-Nissen hat es an den Tag gebracht: Die Landesregierung verteilt die Mittel des Regionalprogramms mithilfe des von ihr geschaffenen Entscheidungsinstruments IMAG nach Gutdünken.

(Beifall bei CDU und SSW)

Frau Schümann, Sie haben eben verschwiegen, dass die IMAG die Entscheidung trifft und dass das im strukturschwachen ländlichen Raum sehr umstritten ist.

(Jutta Schümann [SPD]: Wann hat die IMAG eine Entscheidung korrigiert?)

Von einer besonderen Förderung des strukturschwachen ländlichen Raumes kann überhaupt keine Rede sein.

Für das Regionalprogramm 2000 stehen Mittel in Höhe von 653 Millionen DM zur Verfügung. Davon wurden bisher 306 Millionen DM vergeben, also etwa die Hälfte. Der Raum Lübeck und die K.E.R.N.Region erhielten über 71 % der Gelder, die wirklich strukturschwachen Gebiete Landesteil Schleswig und Westküste mussten sich mit zusammen 29 % zufrieden geben.

(Zurufe von der CDU: Unmöglich! - Lars Harms [SSW]: Sauerei!)

- Es ist unmöglich. Eine Bevorzugung der städtischen Regionen hat natürlich angeblich nicht stattgefunden. Dennoch berichten Teilnehmer der Sitzungen der IMAG, dass Projekte aus städtischen Regionen immer recht flott verabschiedet und kaum hinterfragt werden, was für die Anträge aus dem Landesteil Schleswig und der Westküste aber nicht gilt:

(Zuruf des Abgeordneten Lars Harms [SSW]: So ist es!)

Sie werden mehrfach zurückgegeben, müssen neu überdacht und mit frischen Argumenten unterlegt werden.