Protocol of the Session on June 7, 2000

(Beifall bei der SPD - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das reichte doch nicht!)

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie hoffen, dass alle Menschen ein so schlechtes Gedächtnis haben wie Ihre Vertreter im Untersuchungsausschuss in Berlin, will ich doch in Erinnerung rufen, was Ihre damaliger Fraktionsvorsitzender Schäuble noch vor zwei Jahren festgestellt hat. Er sagte, der Einsatz des Faktors Arbeit müsse durch die Senkung der Lohnzusatzkosten relativ verbilligt werden.

(Thomas Stritzl [CDU]: Richtig!)

Der Energie- und Rohstoffverbrauch müsse - hören Sie gut zu - durch eine schrittweise Anpassung der Energiepreise relativ verteuert werden.

(Thomas Stritzl [CDU]: Weiterlesen!)

Beides müsse zu einer aufkommensneutralen Lösung intelligent verbunden werden.

(Lachen bei der CDU - Beifall des Abgeord- neten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich verstehe Ihr Lachen nicht. Ihr Lachen ist ein Beweis dafür, dass Sie sich mit der Thematik nicht ordentlich beschäftigt haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Aufkommen wird, wie Sie wissen, ausschließlich zur Senkung der Rentenversicherungsbeiträge von 20,3 % auf 19,5 % verwendet.

(Zurufe von der CDU: Das stimmt doch nicht!)

Herr Schäuble hat über die Senkung der Lohnnebenkosten geredet. Wir haben sie gesenkt, und davon profitieren alle Arbeitnehmer und alle Arbeitgeber, die sich jetzt im Verein mit der „Bild“-Zeitung vor den Karren Ihrer Kampagne spannen lassen.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Kollege Stritzl, wer jetzt die Mineralölsteuer senken oder die Kilometerpauschale erhöhen will, der muss auch sagen, wie er das finanzieren will. Wollen Sie, dass die Rentenversicherungsbeiträge wieder steigen? Sagen Sie hier und heute klipp und klar, was Sie wirklich wollen.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das machen Sie doch nie!)

Aber was wir bei Ihnen erleben, ist das Schweigen nicht der Lämmer, sondern der Männer, und damit wollen wir uns hier nicht abfinden. Sie wissen genau, dass das, was Sie hier im hohen Hause kritisieren und was täglich an der Tankstelle stattfindet, nicht vorwiegend das Ergebnis der Erhöhung der Ökosteuer oder der Mineralölsteuer ist, sondern zu 75 % das Ergebnis des OPEC-Kartells und der Überbewertung des Dollars darstellt.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Wenn die Kartoffelpreise oder die Milchpreise steigen, dann wollen Sie doch auch nicht gleich die Mehrwertsteuer senken. Was ist das für eine Politik?

(Günter Neugebauer)

Mit welchem Atem versuchen Sie eigentlich, Politik zu machen?

(Lothar Hay [SPD]: Das nennt man Markt- wirtschaft! - Weitere Zurufe von der SPD)

Das, was Sie hier vortragen, überzeugt nicht. Natürlich fehlt es uns nicht an Verständnis insbesondere für die Pendler, die auf ihr Auto angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen. Das kann hier niemand bestreiten. Aber wir sagen diesen Menschen auch: Schaut euch um, wie es in den Nachbarländern aussieht. Sie haben ja vom Auswandern geredet. Die meisten würden sich verschlechtern, wenn sie das Land Schleswig-Holstein verlassen würden.

(Beifall bei der SPD - Lothar Hay [SPD]: Gehen Sie nur mal nach Dänemark!)

Wir sagen den Menschen auch: Ihr profitiert von der Senkung der Lohnnebenkosten.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sagen darüber hinaus: Ihr Arbeitnehmer müsst heute für Benzin weniger arbeiten als noch vor zehn Jahren.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Sie wollen dieses Geld den Leuten aus der Tasche zie- hen!)

Lassen Sie mich also zum Schluss Folgendes feststellen: Ihre Kampagne ist nicht verstand-, sondern bauchgesteuert. Sie ist umweltfeindlich, sie ist populistisch und

(Heinz Maurus [CDU]: Sie ist gerecht!)

sie ist keine Alternative zur Senkung der Lohnnebenkosten.

(Glocke des Präsidenten)

Sie versuchen, die Hoheit über die Stammtische zu erkämpfen; wir sichern den Beschäftigungs- und Umweltstandort Deutschland.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Neugebauer, was die Worterteilung betrifft, möchte ich Sie auf die Geschäftsordnung verweisen. Sie sollten sich einmal § 52 Abs. 3 zu Gemüte führen. Da ist sehr klug geregelt, wer hier in welcher Reihenfolge das Wort erteilt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU sowie der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD] und Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, lasen Sie mich nun eine Begrüßung vornehmen. Ich begrüße auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer des Gymnasiums Altenholz, der Hauptschule Munkbrarup und des Martinstiftes Flensburg. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ebenfalls begrüße ich in der Loge unsere ehemaligen Kollegen Herrn Wiebe, Herrn Johna und Herrn Dr. Hinz.

(Beifall)

Jetzt sind wir wieder in der normalen Reihenfolge. Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Müller, Sie haben eine sachliche Debatte gefordert. Was an Ihrem Beitrag in dieser Debatte bisher sachlich war, ist mir allerdings verborgen geblieben.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Da definieren die Grünen jetzt ihr neues, beinahe erotisches Verhältnis zum Auto.

(Zuruf von der CDU: Ei, ei! - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sachlich bleiben!)

Sie wollen die emissionsfreien Antriebe nach vorn bringen und wollen in die Entwicklung emissionsfreier Antriebe investieren.

(Beifall bei F.D.P. und CDU - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich!)

- Herzlichen Glückwunsch, Herr Hentschel! Aber dann müssen Sie auch Ihr merkwürdiges Verhältnis zum Straßenbau revidieren. Denn sonst stehen Ihre emissionsfreien Fahrzeuge in zehn Jahren auch im Stau und davon haben Sie dann herzlich wenig.

(Lebhafter Beifall bei F.D.P. und CDU - Zu- rufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann sagt der Umweltminister - ich fand das richtig putzig und kam mir vor wie zu Karl Mays Zeiten -, die Ölscheichs seien schuld daran, dass die Benzinpreise so hoch sind.

Herr Minister, eines verstehe ich nicht. Eigentlich müssten Sie denen doch dankbar sein; denn Sie wollen doch gerade das Benzin verteuern, weil Sie den Leuten beibringen wollen, weniger Auto zu fahren.

(Dr. Heiner Garg)