Das Fach Sport ist das Unterrichtsfach, das von der Flexibilisierung der Stundentafeln am meisten betroffen ist. Die Schulkonferenzen entscheiden sich eigenständig unter dem Gesichtspunkt der insgesamt knappen Unterrichtsversorgung zugunsten anderer Fächer häufig gegen den Sportunterricht. Einerseits ist das verständlich, andererseits aber aus pädagogischen und gesundheitspolitischen Aspekten nicht hinnehmbar. Mit dem Hinweis, dass es keine festen Stundentafeln mehr gibt - das steht auf Seite 11 des Berichtes -, zieht sich die Landesregierung aus der Verantwortung für die Bildung insgesamt und in diesem Fall auch für den Schulsport zurück. Nicht nur bezogen auf den Schulsport, sondern auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse von PISA fordere ich die Landesregierung auf, die Stundentafeln für alle Fächer wieder verbindlich festzulegen.
Betrachten wir unsere Schülerinnen und Schüler: Rund 30 % aller Schülerinnen und Schüler sind zu dick, rund 80 % weisen Haltungsfehler auf; hinzu kommen laut Aussage des Sportlehrerverbandes zunehmend Koordinationsschwierigkeiten und Konzentrationsschwächen. Die Ursachen sind unterschiedlich, werden aber übereinstimmend im Wesentlichen auf Bewegungsmangel zurückgeführt. Daraus ergeben sich weit reichende Folgerungen im Hinblick auf spätere gesundheitliche Schäden. Sicher ist der Ruf nach dem
Aber der Staat hat in seiner Zuständigkeit dafür zu sorgen, dass auch im Schulalltag Bewegungsanlässe in Form des Sportunterrichtes geschaffen werden, um so späteren gesundheitlichen Schäden zumindest vorzubeugen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Schulsport in dieser Hinsicht eine der wichtigsten Stunden in der Schule ist. - An dieser Stelle habe ich eigentlich Beifall erwartet!
- Wenn wir den Schulsport am Freitagvormittag zur besten Redezeit auf der Tagesordnung haben, dann erwarte ich, dass Sie mit ein bisschen Sportsgeist dabei sind.
Der Bericht zeigt noch etwas Erstaunliches: Schleswig-Holstein ist das einzige unter den 16 Bundesländern, das keine „sportbetonte Schule“ besitzt. Ich denke insofern nicht an Hochleistungssport, sondern an eine profilbetonte Schule mit dem Schwerpunkt Sport, von denen es im Bundesgebiet 103, in SchleswigHolstein aber keine einzige gibt. Die Landesregierung fühlt sich nämlich nicht wirklich zuständig dafür. Ich denke, auch das beweist, dass die Landesregierung jedenfalls bisher - dem Sport insgesamt einen nur geringen Stellenwert zuweist. Ich hoffe, dass die öffentliche Wertschätzung des Schulsportes im nächsten Jahr auch dazu führen wird, dass die Schulträger vor allen Dingen in Ballungsräumen ermutigt werden, den Antrag auf eine profilbetonte Schule mit dem Schwerpunkt Sport zu stellen.
Ich komme zum Vereinssport. Die Programme „Schule und Verein I und II“ sollten, so der Bericht, auch dazu dienen, die Verbindung zwischen Schule und Vereinssport herzustellen, gegenseitiges Verständnis zu wecken und die sportlichen Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, aber auch dazu, zukünftige Übungsleiter zu werben. Die angestrebte Verbindung zwischen Schule und Verein scheint offensichtlich nicht so ganz zu klappen, weil die Vereine Schwierigkeiten haben, ihre ehrenamtlichen Übungsleiter in den Schulsport am späten Vormittag oder am frühen Nachmittag einzubinden, und weil die Sportlehrer der Schulen aufgrund der zunehmenden allgemeinen Arbeitsbelastung den Vereinen nicht mehr zur
Verfügung stehen. Das angestrebte Ziel, mit diesem Programm auch Übungsleiter aus dem Schulbereich für den Verein zu werben, ist nach meinen Informationen aus den Sportvereinen nicht geglückt. Zwar hat sich die Anzahl der Übungsleiter in den letzten zehn Jahren verdoppelt, allerdings sind auch die Anforderungen an die Vereine gestiegen, die zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben vor allen Dingen gesellschaftspolitische Aspekte wie Jugendarbeit, Integration von jungen Ausländern - „Sport gegen Gewalt“ als Stichwort - und gesundheitspolitische Aufgaben im Bereich der älteren Generation abdecken müssen. Mein ausdrücklicher Dank gilt den Sportvereinen und an der Spitze dem LSV,
dass sie sich dieser zusätzlichen Aufgaben, sozusagen als Reparaturbetrieb für die Gesellschaft und für die Gesundheit der Bevölkerung, angenommen haben.
Es bleibt aber die Frage der Werbung um Übungsleiter. Das ist sicher nicht die Aufgabe der Landesregierung; das sehe ich ein. Zu überlegen wären aber ein verpflichtendes Praktikum für Sportstudenten im Vereinssport
oder die Einführung eines sozialen Jahres im Bereich des Sportes. Das könnte Abhilfe schaffen und hätte gleichzeitig mehrere positive Effekte für alle Beteiligten.
Es bleibt mir - gerade auch mit Blick auf den Berichtsantrag von Rot-Grün, der uns in der nächsten Landtagstagung beschäftigen wird - der Hinweis, dass die Bewerbung um den Austragungsort von Olympischen Spielen im Jahr 2012 laut Sportpräsident von Richthofen nur dort Erfolg haben wird, wo die Rahmenbedingungen stimmen.
Zu diesen Rahmenbedingungen gehören auch die Rahmenbedingungen im Schulsport und die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung des Vereinssportes vonseiten der Gesellschaft und der Politik.
Herr Buß, Ihre Äußerungen als „selbst ernannter Sportminister“ in der „Landeszeitung“ vom 15. Oktober dieses Jahres, wo Sie in Verbindung mit dem Finanzminister die Absicht äußern, den beiden einzigen großen Fußballvereinen, die es in Schleswig-Holstein gibt, die Schuld für Krawalle aufzubürden und ihnen
die Kosten für Polizeieinsätze in Rechnung zu stellen, ist unter dem Gesichtspunkt der Wertschätzung des Vereinssportes sicherlich kontraproduktiv.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der CDU und dementsprechend die Antwort der Landesregierung konzentrieren sich fast völlig auf den Bereich des Schulsports. Das, so könnte man sagen, wird der Bedeutung des Sports als Freizeitgestaltung in den Vereinen und als eines der wichtigsten Felder des ehrenamtlichen Engagements in unserer Gesamtgesellschaft nicht gerecht.
Der Zusammenhang zwischen der Arbeit der Schule und der späteren sportlichen Betätigung ist nicht von der Hand zu weisen. Die Voraussetzungen sind dafür in Schleswig-Holstein ausgesprochen günstig. Die Mehrzahl aller Sporteinrichtungen wie Sporthallen und Sportplätze sind Bestandteil unserer Schulen. Wir wissen, dass Schleswig-Holstein bezogen auf die Gebietsstruktur ausgesprochen kleinteilig ist. Wir haben daher sehr viele kleine Schulen. Aber selbst in diesen kleinen Schulen - ich denke auch an die Gemeinden mit unter 500 Einwohnern - finden wir Sporthallen und Sportplätze, die die Vereinssporttätigkeit in diesen Gebieten überhaupt erst möglich machen.
Die Fragestellung der CDU geht - wie wir das bei vielen Gelegenheiten erleben dürfen - im Vorverständnis davon aus, dass der Schulsport in Quantität und Qualität in Schleswig-Holstein ein defizitärer Bereich sei. Dankenswerterweise hat die Landesregierung diese „Steilvorlage“ genutzt, um mit detailliertem Zahlenmaterial zu belegen, dass - bei allen Problemen, die wir gar nicht wegdiskutieren wollen - gerade der Sportunterricht an unseren Schulen eine wichtige Rolle spielt.
nämlich, dass die CDU noch vor wenigen Jahren gefordert hat, den Sportunterricht an den Berufsschulen zu streichen.
Der vor wenigen Jahren neu gefasste Lehrplan für das Fach Sport hat die Aufgaben des Schulsports umfassend definiert. Sie bestehen nicht nur aus dem Antrainieren motorischer Fertigkeiten, sondern auch aus dem Erwerb sozialer und psychischer Kompetenzen.
Der Schüler lernt nicht lediglich, seine eigene Leistungsmöglichkeiten und seine eigenen Grenzen zu erfahren und zu erweitern. Stärker als in anderen Schulfächern wird das Erleben und Verarbeiten von gemeinsamem Erfolg oder Misserfolg geübt.
Umso wichtiger ist der Sportunterricht für Kinder und Jugendliche mit körperlichen oder geistigen Behinderungen - an Sonderschulen ebenso wie in Integrationsmaßnahmen. Mit Recht hebt die Landesregierung das Programm IBIS zur gemeinsamen Unterrichtung blinder und sehender Schüler im Sport hervor. Es ist begrüßenswert, dass die Bildungsministerin das kommende Jahr 2002 zum „Jahr des Schulsports“ erklärt hat. Die dazu vorbereitete Broschüre zeigt die Vielfalt der bestehenden Leistungswettbewerbe für Schüler und Lehrer, unter denen ich „Jugend trainiert für Olympia“ hervorheben möchte.
Das schlechte Abschneiden des deutschen Schulsystems in der PISA-Studie hat sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Doch nahezu einhellig war der Ruf nach mehr Ganztagsangeboten. Das Land hatte bereits vor der Veröffentlichung der PISAErgebnisse beschlossen, ebenfalls im kommenden Jahr in die Mitfinanzierung von Ganztagsangeboten an Schulen einzusteigen. Bei diesen Angeboten werden Sportarbeitsgemeinschaften eine zentrale Rolle einnehmen.
In den nächsten Jahren wird es eine spürbare Verjüngung des Lehrkörpers gerade im Fach Sport geben, in dem die Altersgruppe der über 50-Jährigen noch sehr stark vertreten ist. Aber, Frau Kollegin Eisenberg, ich glaube, dass der jetzige Zustand kein Nachteil für die Schülerinnen und Schüler sein muss. Ich denke, wir sollten einmal in die Altersstruktur der Trainerinnen und Trainer im Spitzensportbereich schauen. Es wäre wohl für jede Schulmannschaft ein herausragendes Erlebnis, von einem 60-Jährigen wie etwa Otto Rehagel trainiert zu werden.
Schleswig-Holstein hat - anders als andere Länder - in den letzten Jahren die Stundentafeln im Bereich des Sports nicht gekürzt. Es gehört zur erweiterten Mitverantwortung der Schulen, das ihnen zugewiesene Lehrpersonal flexibel einzusetzen.
Ich will an dieser Stelle aber auch klar sagen, dass eine Ausweitung des Sportunterrichts auf Kosten der anderen Schulfächer für uns in der SPD keine Perspektive sein kann. Wir haben den blauen Brief, den die OECD uns in der vergangenen Zeit mit den Ergebnissen von PISA zugeschickt hat, in dieser Hinsicht schon verstanden. Schleswig-Holstein ist ein Bundesland, in dem die Verknüpfung von Schulsport, Breitensport und Leistungssport in vorbildlicher Weise funktioniert. Wir brauchen hier keinen Leistungsvergleich mit anderen Bundesländern scheuen.