Protocol of the Session on December 13, 2001

Zweitens. Diese Regierung möchte nicht, dass Kinder einbezogen werden bei der Vermögensanrechnung, anders als die FDP. Da sind wir gern einmal inkonsequent, bei allem Verständnis dafür, dass das Familienbild, das dahinter steht, vielleicht nicht so schön ist. Es ist aber so und es ist für pflegebedürftige Menschen das Schlimmste, sich von ihren Kindern abhängig zu fühlen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

(Ministerin Heide Moser)

Drittens. Zur Richtigstellung weise ich darauf hin, dass wir nicht die Forderung von Kontrolle aufnehmen, Frau Birk, sondern in § 7 die Forderung von Qualitätssicherungsmaßnahmen aufnehmen. Das ist mir ganz wichtig, denn wir sind nicht für die Kontrolle zuständig und deswegen wollen wir sie auch nicht bezahlen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen in der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte ab. Unter Tagesordnungspunkt 9 ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Landesregierung und den Änderungsantrag der FDP dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das haben wir einstimmig so beschlossen.

Unter Tagesordnungspunkt 41 empfiehlt der Sozialausschuss, den Antrag für erledigt zu erklären. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das haben wir auch einstimmig zustande gebracht.

Unter Tagesordnungspunkt 42 empfiehlt der Ausschuss, den Antrag Drucksache 15/1187 unverändert anzunehmen. Wer dieser Empfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen von SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Stimmenthaltung der CDU angenommen.

Unter Tagesordnungspunkt 43 lasse ich über den Antrag Drucksache 15/1231 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Stimmenthaltung von CDU und FDP angenommen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 12 und 13 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung und der Kreisordnung - Abschaffung der Direktwahl von hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten

Gesetzentwurf der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/1424

b) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung für SchleswigHolstein

Gesetzentwurf der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/1425

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Wir können gleich in die Grundsatzberatung einsteigen. Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der SSW hat in den letzten Monaten schon mehrmals deutlich gemacht, dass wir die Direktwahl der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte für einen Missgriff halten, der uns wenig Gutes und viel Schlechtes gebracht hat. Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir dem Landtag nochmals die Chance geben, die Argumente für und gegen die Direktwahl abzuwägen und sie hoffentlich endlich wieder abzuschaffen.

(Beifall beim SSW)

Die Kommunalverfassung steht insgesamt auf dem Prüfstand und das hat bei vielen Bürgerinnen und Bürgern, aber insbesondere auch bei den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern die Hoffnung geweckt, dass die Direktwahl nach den wenig erfreulichen Erfahrungen wieder zurückgenommen wird;

(Lars Harms [SSW]: So ist es!)

denn es hat sich gezeigt, dass die erhoffte rege Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an dieser Persönlichkeitswahl nicht stattgefunden hat; die Wahlbeteiligungen waren meist erschreckend niedrig. Nur in Ausnahmefällen hat überhaupt eine Mehrheit der Wahlberechtigten ihr Votum abgegeben. Darüber kann man nicht einfach hinweggehen.

Andererseits hat es die neue Kommunalverfassung für einige hauptamtliche Bürgermeister und Landräte leicht gemacht, sich auf das hohe Ross zu setzen und unsere Kreise und Städte wie kleine Sonnenkönige zu regieren. Es wird Zeit, dass wir sie entsprechend zurückholen. Denn die Kombination von Direktwahl, Kommunalverfassung und neuen Steuerungsmodellen hat dazu geführt, dass viele Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sich nicht nur in ihrer neuen Rolle als Kontrolleur des neuen Berichtswesens überfordert fühlen, sondern sich zudem nicht ganz ohne Grund auch noch für ziemlich überflüssig halten. Die beabsichtigte Trennung von Politik und Verwaltung hat zu einer deutlichen Verlagerung politischer Kompetenzen geführt, und zwar deutlich zulasten der ehrenamtlichen Kommunalpolitik.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Sehr wahr!)

(Silke Hinrichsen)

Die Verwaltungschefs treffen Entscheidungen von eminenter politischer Bedeutung und benehmen sich häufig, als wären sie permanent im Wahlkampf. Die Verantwortlichkeiten, die durch die neuen Regeln klarer festgelegt und getrennt werden sollten, sind so schief verteilt wie nie zuvor.

Deshalb schlägt der SSW jetzt nochmals vor, Kompetenzen von leitenden Verwaltungsbeamten auf die politischen Gremien zurückzuverlagern.

(Beifall beim SSW)

Das ist wichtig für die Zukunft der Demokratie in unseren Kreisen und Städten, denn wir werden kaum Leute für eine ehrenamtliche politische Tätigkeit motivieren können, wenn die Verwaltung weiterhin über eine solche Machtfülle verfügt. Wir brauchen eine Änderung der Kommunalverfassung, die den kommunalen Parlamenten endlich die Macht zurückgibt.

Das Argument, man könne diese Regelung nicht zurücknehmen, weil man das der Bevölkerung nicht vermitteln könne, halte ich für absolut falsch. Der Landtag hat schon gemeinsam eine so kontroverse Entscheidung wie die Einführung der neuen Rechtschreibung getragen. Dann wird er wohl auch in diesem Fall eingestehen können, dass die Direktwahl ein Fehler ist.

(Beifall beim SSW)

Sie wirkt nicht so, wie man gehofft hat, und deshalb muss sie rückgängig gemacht werden. Es gibt nicht mehr Demokratie, wenn eine Person - die zudem in der Regel mit extrem niedriger Wahlbeteiligung gewählt wurde - jahrelang Entscheidungen trifft, über die früher ein ganzes Parlament zu entscheiden hatte.

Wir haben einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Direktwahl eingebracht, weil diese ein großer Fehler ist und so bald wie möglich wieder abgeschafft werden muss. Hierbei bitten wir Sie ausdrücklich um Ihre Unterstützung.

Der SSW hat mehrere Mitgliederversammlungen zum Thema Kommunalverfassung abgehalten und sich auf einem Parteitag damit beschäftigt. Aus unseren Gesetzentwürfen spricht die Erfahrung von über 120 Kommunalvertreterinnen und -vertretern. In unseren Entwürfen haben wir aus der praktischen Erfahrung die Konsequenzen gezogen. Wir brauchen dringend eine Verlagerung der Kompetenzen von der Verwaltungsleitung auf die politischen Gremien. Ich wünsche mir, dass eine Mehrheit in diesem Haus die Erfahrungen ihrer Kommunalpolitiker ähnlich konsequent nutzt.

(Beifall beim SSW)

Abschließend möchte ich jedoch unabhängig davon noch einmal mitteilen, dass selbstverständlich unser Antrag betreffend die Gemeindeordnung - soweit das angenommen wird - nach unserer Ansicht auch eine entsprechende Änderung der Kreisordnung nach sich ziehen sollte.

(Beifall beim SSW)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Puls das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDLandtagsfraktion lehnt den SSW-Gesetzentwurf zur Abschaffung der Direktwahlen von hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten ab.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] und Günther Hilde- brand [FDP])

Unser Ziel ist es, Mitwirkungs- und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger nicht einzuschränken, sondern auszubauen und zu stärken.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Jawohl!)

Ich habe mich bemüht, die Argumente in der Begründung des SSW-Gesetzentwurfes im Einzelnen nachzuvollziehen. Das ist mir nicht gelungen.

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Zur SSW-Behauptung Nummer 1, die Direktwahl habe nicht zu mehr direkter Demokratie geführt, möchte ich nur einen Hinweis geben. Durch die Direktwahlen entscheidet nicht mehr die Volksvertretung, sondern das Volk selbst. Direkter geht es doch gar nicht.

(Heiterkeit der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Insofern ist es doch selbstverständlich, dass Direktwahlen auch zu einem Mehr an direkter Demokratie führen.

Zur zweiten SSW-Behauptung, aus der Direktwahl folgten erweiterte Machtbefugnisse der Verwaltungschefs, es gebe keine ausreichende demokratische Kontrolle, die kommunalen Parlamente würden geschwächt: Auch das alles ist komplett falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen vom SSW.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Oh!)

(Klaus-Peter Puls)

Ob Bürgermeister und Landräte direkt gewählt werden, hat auf die Kompetenzverteilung innerhalb der Kommunalverwaltung überhaupt keinen Einfluss.

(Zuruf der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])