Protocol of the Session on November 16, 2001

Uns liegt ein interessanter Bericht vor und ich möchte der Ministerin und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im MLR für diese Fleißarbeit ausdrücklich danken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein Bericht, den ich mir als Nachschlagewerk aufheben werde, falls CDU und Bauernverbandsvertreter wieder einmal, wie das auch Kollege JensenNissen wieder gemacht hat, das Lied von der Benachteiligung der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein singen.

Dieser Bericht kann allerdings - dies ist vorhin in einem Nebensatz schon einmal angesprochen worden über die Wettbewerbsstellung der Landwirtschaft überhaupt nicht viel aussagen, und zwar schlicht und ergreifend deshalb, weil die Fragen so dürftig sind. So verfehlt nicht der Bericht das eigentliche Thema, sondern die Fragestellungen der CDU.

(Beifall des Abgeordneten Rainder Steen- block [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Kollege Jensen-Nissen hat uns eben wieder dargestellt, wie sehr die CDU der Vorstellung verhaftet ist, dass die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft von der Höhe der staatlichen Subventionen abhängig ist. Dass Ihnen die tatsächlichen wirtschaftlichen Fragestellungen gar nicht in den Sinn kommen, ist eigentlich bezeichnend.

(Lars Harms [SSW]: So ist es!)

Zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage darf ich zur Erinnerung für die CDU einige Eckwerte aus dem aktuellen Agrarreport 2001 zitieren. Die Unternehmensgewinne der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1999/2000 sind die besten, die je in unserem Land erzielt wurden. Die 19.700 Betriebe stellen mit einer Steigerung von 16 % und einem durchschnittlichen Gewinn von rund 78.000 DM gegenüber dem Vorjahr ihre Spitzenstellung vergangener Jahre im Vergleich der alten Länder wiederum unter Beweis.

(Claus Ehlers [CDU]: Die Tüchtigkeit der Landwirtschaft!)

Schleswig-Holstein liegt erneut deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Warum man so etwas schlecht reden muss, kann ich bei einem Bauernverbandsvertreter überhaupt nicht verstehen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ausgleichszahlungen an die schleswig-holsteinischen Landwirte betragen im Durchschnitt rund 41.000 DM pro Unternehmen. Das sind 7.000 DM mehr als im Vergleich der alten Länder. Sie stellen 53 % des Gewinns und etwa ein Achtel des Umsatzes dar. Insgesamt sind die Ausgleichszahlungen um 1,8 % auf 506 Millionen DM gestiegen. Kollege JensenNissen, hier von der Schlusslaterne zu sprechen, ist schlichte Ignoranz.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen stellen sich eben wesentlich komplexer dar, als es die enge CDU-Sicht vermuten lässt, und ein wesentlicher Standortvorteil sind zum Beispiel unsere guten Ackerböden, das günstige Klima, der hohe Ausbildungsstand der Landwirte und die gute Anbindung an die Absatzmärkte.

(Klaus Schlie [CDU]: Und das hat alles die Regierung gemacht?)

Ich werde im Einzelnen auf den Bericht eingehen, doch so viel vorweg: Bei dem wirtschaftlichen Teilaspekt Subventionen bedeutet es für einen Landwirt keinen Standortnachteil, wenn er in SchleswigHolstein wirtschaftet. Das habe ich eben belegt. Die Subventionshöhe und die Subventionstatbestände mögen zwischen den Bundesländern variieren. Es ist aber überhaupt nicht zu erkennen, dass sich in CDUregierten Ländern daraus Standortvorteile für dort arbeitende Landwirte ergeben.

Schauen wir uns einmal die Handhabung der BSEFolgekosten für Tiermehl und Tierkörperbeseitigung an. Durchaus kein einheitliches Bild. Eines ist aber offensichtlich: In Schleswig-Holstein wurde in allen

(Friedrich-Carl Wodarz)

Bereichen geholfen. Bei der Futtermittelüberwachung engagieren sich alle Bundesländer. Da haben Sie offensichtlich aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Das ist gut so.

Dass die CDU mit den bundesweit niedrigsten Kosten für BSE-Tests in Schleswig-Holstein ihre Probleme hat - Herr Kollege Jensen-Nissen hat es hier wieder vorgeführt -, konnten wir schon aus der Presse erfahren. Wir sind da Spitze und das kommt unseren Landwirten zugute.

Auch wenn Schleswig-Holstein zu den wenigen Ländern gehört, die die BSE-Forschung finanziell unterstützen, so bleibe ich - und in dieser kritischen Position stehe ich nicht allein - dabei, dass BSE kein Problem eines einziges Bundeslandes ist. Alles, was wir über diese Krankheit bisher erfahren haben, spricht eher dafür, dass wir die Forschungsergebnisse dringend europaweit, die Forschungsstrategien und die wissenschaftlichen Kapazitäten bündeln müssen.

Machen wir uns aber nichts vor: Auch wenn BSE in der derzeitigen Medienlandschaft kein Thema mehr ist, sind wir seit dem ersten BSE-Fall in SchleswigHolstein keinen Schritt weitergekommen.

Wenn die CDU nach den Anstrengungen der Bundesländer zur Verbesserung des Verbraucherschutzes fragt und wir in der Zusammenstellung bei Bayern die meisten Punkte aufgezählt sehen - die Ministerin hat das angesprochen -, spricht das keineswegs für ein höheres Bewusstsein des Herrn Stoiber in dieser Frage, sondern es zeigt deutlich, dass in Bayern beim Verbraucherschutz in der Vergangenheit am meisten geschlampt worden ist und man dort eben am meisten nachzuholen hat.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [FDP] und Lars Harms [SSW])

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einfügen: Es ist schon interessant, dass Bayern ein eigenes staatliches Labor aufbauen will. Claus Ehlers, wahrscheinlich ist die CSU jetzt doch nicht mehr so gut.

Meine Damen und Herren, ich erinnere an die Regierungserklärung unserer Ministerpräsidentin im Frühjahr dieses Jahres. Kein Bundesland hat so offen und schonungslos eine Schwachstellenanalyse durchgeführt und die entsprechenden Konsequenzen daraus gezogen. Wir schlagen - das hat auch die Ministerin eben vorgetragen - das Konzept der Qualitätstore vor. Das ist ein Konzept, das in der Konsequenz und dem umfassenden Rahmen in Deutschland einmalig ist. Ich bin der Ansicht, dass sich dieses Konzept in ganz Deutschland anwenden ließe.

In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich die Gütezeichenabteilung der Landwirtschaftskammer, die beteiligten Firmen und das MLR für die konsequente und praxisnahe Umsetzung dieser Konzeption loben, wie wir es ja auf der NORLA vorgeführt bekommen haben.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [FDP])

Aber ich betone an dieser Stelle auch: Eine Qualitätssicherung über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus muss in erster Linie Aufgabe der Marktteilnehmer sein.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu diesen Marktteilnehmern - das vergessen offensichtlich immer wieder einige, auch in diesem Hause gehören in erster Linie die Landwirte. Ich kann die zögerliche, zum Teil ablehnende Haltung des Bauernverbandes zu einer möglichst raschen Einführung und Beteiligung an diesem Qualitätssicherungssystem überhaupt nicht nachvollziehen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Ich auch nicht!)

Nutznießer aller Lebensmittelskandale waren Produkte aus Qualitätssicherungssystemen, die über längere Zeit im Bewusstsein der Verbraucher etabliert waren. Dazu gehört das Gütezeichen, dazu gehören aber auch die ökologischen Markenzeichen oder zum Beispiel die Markenfleischprogramme von Sky und Edeka.

Betrachte ich mir die Ausgaben einiger Länder für das regionale Agrarproduktmarketing - der Kollege Jensen-Nissen hat das ja auch wieder für uns eingefordert -, frage ich mich, ob wir wirklich in einem marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaftssystem leben. Das ist doch Aufgabe der Marktteilnehmer und nicht des Staates! Das Land Schleswig-Holstein beteiligt sich am Gütezeichen, doch darf und kann Marketing auf Dauer nicht eine staatliche Aufgabe sein.

Trotz der bekannten Schwierigkeiten bei der Zahlung von Tierprämien in Schleswig-Holstein zeigt die Übersicht auf, dass wir im Bundesvergleich gar nicht aus dem Rahmen fallen.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

- Ich will das nicht beschönigen, aber wir fallen nicht aus dem Rahmen, Kollege Jensen-Nissen. Sie haben in Ihrer bekannten Art zu differenzieren ein Bundesland ausgesucht, das schneller war, und flugs den Eindruck vermittelt, als wäre überall alles besser als in Schles

(Friedrich-Carl Wodarz)

wig-Holstein. Sie können mit dem vorliegenden Informationsmaterial differenzierter argumentieren.

Interessant sind auch die Aussagen zur einzelbetrieblichen Investitionsförderung: Während es in SchleswigHolstein zu keinem Zeitpunkt einen Antrag- beziehungsweise Bewilligungsstopp wegen fehlender finanzieller Mittel für die Investitionsförderung gab, konnten in Bayern - das Lieblingsland einiger hier - genau aus diesem Grunde einige Investitionen nicht getätigt werden.

(Claus Ehlers [CDU]: Von Bayern können wir etwas lernen!)

- Genau, dass wir einen Antragsstau haben, dass wir einen Investitionsstau haben. Nein, das wollen wir in Schleswig-Holstein nicht.

(Claus Ehlers [CDU]: Ihr habt bloß Angst vor Stoiber! - Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Agrarpolitiker polemisieren oft und gern gegen eine vermeintliche Bevorzugung des Ökolandbaus gegenüber den konventionell wirtschaftenden Landwirten. Dieses Klagelied hört man überall.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Schauen wir uns die Zahlen genauer an, so liegen wir bei den Einführungs- wie bei den Beibehaltungsprämien zwar gut im Vergleich. Dass wir dennoch unsere Anstrengungen für den Ökolandbau verstärken müssen, zeigt aber auch - dass das gerade von dem Kollegen Jensen-Nissen angeführt wird, hat mich doch gewundert, aber Opportunismus ist natürlich immer angesagt

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

der Vergleich des relativen Anteils an landwirtschaftlichen Betrieben und an der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Wir sind hier im unteren Drittel platziert. Wenn ich auch hier der Ansicht bin, dass es nicht in erster Linie Aufgabe des Staates sein kann, mit welchen Produktionsmethoden und welchen Produkten sich ein Marktteilnehmer zu positionieren hat, so sehe ich allerdings den sozialen und ökologischen Nutzen der Ökolandwirtschaft, der ein staatliches Engagement in begrenztem Umfang rechtfertigt. Daher haben wir da noch etwas zu tun und das werden wir uns von der CDU auch nicht schlecht reden lassen.

(Claus Ehlers [CDU]: Das entscheidet der Verbraucher!)

Meine Damen und Herren, ich muss abkürzen, ich fasse noch einmal zusammen, Herr Präsident. Uns

liegt eine Zusammenstellung von interessanten Informationen vor. Diese ist vom Fragesteller mit einer falschen Überschrift versehen worden. SchleswigHolstein kann sich im Bundesvergleich sehen lassen. Unsere Landwirtschaft hat sich im Wettbewerb aufgestellt und nimmt einen Spitzenplatz ein, den wir uns nicht schlecht reden lassen.

(Lachen des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])