Protocol of the Session on November 16, 2001

Für die Fraktion der FDP erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Christel Happach-Kasan das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Wodarz, ich teile Ihre Ansicht zwar nicht, dass der Wald eine soziale Errungenschaft ist, ansonsten stimmen wir aber in vielen Punkten überein, dies besonders nach dem grünen Koalitionsangebot an die CDU. Ich frage den Umweltminister nur, ob er auch den CDU-Weg der totalen Privatisierung des Waldes gehen möchte? Das würde mich schon interessieren.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

Die Landesregierung hat ansonsten einen weitgehend soliden Bericht zur Organisations- und Rechtsformprüfung in der Forstwirtschaft vorgelegt. Es ist erfreulich, dass es die Forstabteilung geschafft hat, dem Minister das kleine Einmaleins der Forstwirtschaft beizubringen. Dazu gratuliere ich.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Caroline Schwarz [CDU])

Dies wurde im Übrigen auch schon deutlich, als der Minister auf der Demonstration der Waldbesitzer kräftig zurückruderte und die Beibehaltung der Förderung des Privatwaldes zusagte. Herr Minister, wir werden sie einfordern. Ich hoffe, es bleibt dabei.

In den Ergebnissen ist der Bericht gar nicht so weit entfernt von dem, was die FDP-Fraktion in der letzten Tagung des Landtags in ihren Leitlinien für die Forstund Waldpolitik gefordert hat. Natürlich vermeidet die Landesregierung den Begriff „gewinnorientiert“. Bäh, Gewinn, was für ein schlechtes Wort! Insgesamt aber wird auch in diesem Bericht davon ausgegangen, dass die Einnahmen verbessert werden sollen, zum Beispiel durch gezieltere Holzvermarktung. Erstaunlich ist für mich allerdings, dass bisher die Vermarktung noch nicht gezielt genug war. Warum eigentlich? Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen.

Weiter soll bei den Personalausgaben gespart werden. Die Zahl der Förstereien soll von 49 auf 42 bis 40 reduziert werden und die Zahl der Forstwirte von 189 auf 150 abgebaut werden. Das bedeutet Härten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich füge aber hinzu:

Es ist kein totaler Kahlschlag. Erhöhung der Einnahmen und Verminderung der Ausgaben kann man durchaus unter dem Begriff Gewinnorientierung zusammenfassen, ein Begriff, der von den Grünen in der letzten Sitzung vehement abgelehnt wurde. Die Politik der knappen Kassen verhilft aber manchmal auch Grünen zu neuen Erkenntnissen.

In der Bewertung kommt die Landesregierung zu dem Schluss, dass die Forstverwaltung als optimierter Regiebetrieb geführt werden soll. Herzlichen Glückwunsch! Von Anfang an sprach viel dafür, sich bei den Organisationsüberlegungen am bayerischen Vorbild zu orientieren. Bayern ist mit 2,5 Millionen Hektar Wald das waldreichste Bundesland in Deutschland. Auch wenn man dort keine Haushaltssorgen hat, so kann sich bei einer so großen Fläche auch ein reiches Bundesland keine Fehler leisten. Sie sprechen vom Zuschussbedarf der hessischen Landesforsten: Die Hessen können sich die 110 Millionen DM auch leisten. Wir in Schleswig-Holstein können das nicht. Der Bericht weist zu Recht darauf hin, dass der jährliche Zuschussbedarf der Landesforstverwaltung nicht mit dem wirtschaftlichen Defizit des Forstwirtschaftsbetriebes gleichgesetzt werden darf.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Zuschussbedarf der Landesforstverwaltung schließt verschiedene Leistungen mit ein, die nicht unmittelbar mit der Bewirtschaftung der Flächen in Zusammenhang stehen. Die FDP hat immer gefordert, dass die Ergebnisse des Forstwirtschaftsbetriebes getrennt dargestellt werden.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Dies allein ermöglicht einen Leistungsvergleich mit kommunalen sowie privaten Forstbetrieben. Darauf legen wir Wert. Wir erwarten, dass umgehend eine vollständige Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt wird. Nur so kann ermittelt werden, in welchen Bereichen tatsächlich Einsparpotenziale vorhanden sind. Es muss in Zukunft möglich sein, die Leistungen der Landesforstbetriebe mit anderen zu vergleichen. Insgesamt will der Umweltminister bis zum Jahre 2010 Einsparungen von mindestens 15 % in der Landesforstverwaltung erreichen. Das klang in der Pressekonferenz Ende Oktober aber noch ganz anders: Dort sprach der Umweltminister von bis zu 15 %, die dann noch tarifbereinigt zu betrachten sind. Lohnsteigerungen werden also von den 15 % noch abgezogen. Die Landesregierung hält auch in Zukunft an der Zweigliedrigkeit der Forstverwaltung fest. Die Landesregierung bestätigt der Landwirtschaftskammer, dass ihre

(Dr. Christel Happach-Kasan)

Forstabteilung die Aufgaben zielgerichtet und effizient wahrnimmt. Das sehen wir als FDP genauso.

Die Effizienz des eingeführten EDV-Systems ist aus dem Bericht nicht zu erkennen. Das ist vollkommen verständlich. Es sollte im Ausschuss aber erläutert und vorgeführt werden. Der Landeswald kostete die Steuerzahler 1995 etwa 100 DM pro Hektar. Im Privatwald wurde in den Jahren 1994 bis 1996 ein durchschnittlicher Reinertrag von 74 DM pro Jahr und Hektar erwirtschaftet, abzüglich des Zuschusses durch das Land von 14 DM. Wir erwarten nicht, dass der Landeswald morgen - wie der Privatwald - Gewinne erwirtschaften wird. Es muss aber zumindest Ziel der Landesregierung sein, im Schnitt der Jahre kostendekkend zu wirtschaften. Kommunale Wälder schaffen dies bei einem hohen umweltpolitischen Standard. Die lauenburgischen Forsten zeigen dies. Ich habe sie mehrfach erwähnt. Ein Drittel der lauenburgischen Forstfläche ist FFH-Gebiet, das von dieser Landesregierung ausgewiesen wurde.

Insgesamt finden sich im Bericht viele Vorschläge der FDP wieder. Die auf der Grundlage des Berichts durchgeführten Reformen sollten allerdings Zeit erhalten, sich zu bewähren. Operative Hektik ist keine Alternative zu geistigem Stillstand.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen stimme ich der Aussage des Kollegen Wodarz voll zu: Es war viel Aufregung um wenig Substanz.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Irene Fröhlich das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein ist das waldärmste Flächenland Deutschlands. Umso größer ist die Bedeutung unserer Wälder für Erholung und Umwelt. Ungefähr ein Drittel der Waldfläche befindet sich im Eigentum des Landes und wird von der Landesforstverwaltung betreut. Dies wird auch so bleiben, denn es ist gelungen, neben der Förderung des Privatund Körperschaftswaldes aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, die Förderung in fast gleicher Höhe wie im Vorjahr zu halten und zu klären, dass sich an der Rechtsform unserer Wälder fast nichts ändert. Wir werden den zirka 50.000 ha großen Landeswald weiterhin als Landeseigentum halten, denn es ist nicht möglich, die Allgemeinwohlbelange über vertragliche

Garantien weiter aufrechtzuerhalten. Jeder weiß, wie schwierig es ist, einer Firma die Umsetzung von Maßnahmen abzuverlangen, die dem wirtschaftlichen Kalkül entgegenstehen. Der Landwirtschaft muss jeder Nutzungsverzicht, soweit er über die so genannte ordnungsgemäße Landwirtschaft hinausreicht, teuer abgekauft werden. Dies würde auch für eine „Landesforst GmbH“ gelten.

Seien es die Unterhaltung von Fuß- und Reitwegen, Nutzungsbeschränkungen in FFH- und EU-Vogelschutzgebieten, die völlige Nutzungsaufgabe in Naturwaldparzellen oder gar entsprechende Entwicklungsmaßnahmen, eine GmbH wird diese Aufgaben nicht freiwillig und vor allem nicht ohne Bezahlung leisten wollen. Frau Happach-Kasan, ein Wort zu Ihrer Anforderung, Lauenburg als Vorbild für die Wälder zu nehmen: Bei allem Respekt vor Ihren Kenntnissen, aber Lauenburg ist eindeutig der allerbeste und allerbevorzugste Waldstandort in SchleswigHolstein. Den als Vorbild für ganz Schleswig-Holstein zu nehmen, wird so nicht funktionieren.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Peter Eich- städt [SPD])

Wir verweisen auf die Verkaufsaktionen in den neuen Bundesländern. Dort hat sich gezeigt, wohin die Reise führt. Zugreifen wird ein Käuferkreis, der keine waldbauliche Erfahrung besitzt, der Wald einfach nur als Geldanlage oder als Jagdkulisse sieht. Selbst bei den schönsten und ökologisch wertvollsten Wäldern haben einige der neuen Eigentümer ihre individuellen Vorstellungen ohne Rücksicht auf Gemeinwohlbelange ausgelebt. Massive Entwässerung von Feuchtwäldern, rücksichtslose Holzentnahme allein unter marktwirtschaftlichen Aspekten oder intensiver Jagdbetrieb haben dort nicht wenige Wälder innerhalb kürzester Zeit entwertet. Mit dieser geäußerten Befürchtung sollen keineswegs diejenigen privaten Waldbetriebe verdächtigt werden, die sich ebenfalls bei uns nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen und zum Teil in geradezu vorbildhafter Weise auch Umweltbildung betreiben.

Kostenmindernde Strukturveränderungen innerhalb der Landesforstverwaltung sind allerdings zweifellos notwendig. Sie bedürfen aber keiner Änderung der Eigentumsverhältnisse, ja nicht einmal wirklich der Rechtsform.

So hat Lübeck mit seinem Stadtwald bewiesen, dass Waldbau für die öffentliche Hand nicht unbezahlbarer Luxus sein muss und trotzdem einen hohen Standard in puncto Naturschutz und Besucherfreundlichkeit bieten kann. Wir sind froh, dass es dem Umweltminister gelungen ist, das Kabinett davon zu überzeugen, dass

(Irene Fröhlich)

die Aussage des GMO-Gutachtens von 1998 nach wie vor gilt: Für eine effizientere Bewirtschaftung des öffentlichen Waldes ist eine Rechtsformänderung nicht erforderlich. - So wird die Entwicklung auf dem seit 1994 angefangenen Weg weitergeführt und unsere Landeswälder werden zu optimierten Regiebetrieben.

Dem vorgelegten Konzept können wir vorbehaltlos zustimmen. Allerdings will ich sagen, dass ich noch einmal dafür werben möchte, sich insbesondere die Ausbildungsplätze noch einmal sehr sorgfältig anzuschauen. Einige davon - so wurde mir in der Segeberger Schule gesagt - befinden sich im dualen Ausbildungssystem und sind zum Teil Berufsschulplätze, für die der Wald gar nicht den Löwenanteil der Kosten trägt. Wir sollten sehr sorgsam darauf achten, ob es in diesem Bereich nicht sinnvoll ist, die Ausbildung für den ländlichen Raum zu erhalten, die immerhin den Einstieg für eine fachlich qualifizierte Berufstätigkeit bietet, die in unserem Land von großer Bedeutung ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem die Landesregierung für viel Unruhe in der Forstverwaltung gesorgt hat, ist sie glücklicherweise doch eines Besseren belehrt worden.

(Claus Hopp [CDU]: Jawohl!)

Überhaupt darüber nachzudenken, die Landesforsten zu privatisieren, hat in keinster Weise für Ruhe bei den Betroffenen sorgen können. Nachdem von und mit den Beschäftigten in der Landesforstverwaltung eine Unzahl an Reformen durchgeführt wurden, die wir alle auf den Seiten 20 und 21 des Berichtes nachlesen können, ist mir völlig unverständlich, dass man überhaupt darüber nachgedacht hat, die Beschäftigten mit einer möglichen Privatisierung zu bestrafen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Genau!)

Diese Privatisierungsarien scheinen ja vor allem in sozialdemokratischen Kreisen immer mehr um sich zu greifen. Sei es drum. „Wir sind alle noch einmal davongekommen“, werden sich die Mitarbeiter denken. Sie sind aber nur deshalb davongekommen, weil sie einerseits vorbildlich an Reformen mitgearbeitet haben und sich andererseits immer wieder am Diskussionsprozess beteiligt haben. Ohne dieses Engagement der

Mitarbeiter sähe es um die Forstverwaltung mit Sicherheit schlechter aus.

Ich habe es schon in der Landtagstagung im September gesagt, dass wir als SSW die Forstwirtschaft nicht nur unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten.

(Beifall des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

Die Erholungs- und Umweltfunktion hat gerade für die Landesforsten eine wichtige Bedeutung.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das hat niemand bestritten!)

Wenn nicht hier, wo dann sollen diese Gesichtspunkte eine hervorgehobene Rolle spielen?

Daher war es für uns immer klar, dass eine reine Orientierung an Gewinnen nicht das Ziel sein darf. Dies hat die Landesregierung nun auch glücklicherweise rechtzeitig erkannt.

Natürlich müssen die Flächen auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewirtschaftet werden, um einen möglichst hohen Deckungsbeitrag zu erreichen. Der jährliche Unterschuss von rund 20 Millionen DM kann uns nicht zufrieden stellen. Trotzdem müssen wir in diesem Rahmen immer wieder auch an die soziale und ökologische Funktion des Waldes denken.

Der Betrieb der Landesforsten ist so ziemlich mit die größte zusammenhängende ökologische Maßnahme, die das Land durchführt. Diese Maßnahme hat für uns im Rahmen des Budgets des Umweltministeriums Vorrang vor anderen Maßnahmen. Das will ich hier auch noch einmal ganz deutlich sagen.

Wir werden noch im Dezember über die biologische Vielfalt im Land Schleswig-Holstein sprechen. Die Forderungen, die dabei von uns allen aufgestellt werden, und die Wünsche, die wir äußern werden, gelten auch für die Waldbewirtschaftung. Wir wollen einen naturnahen Wald und wir wollen, dass sich die Forstwirtschaft nicht nur an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientiert. Wo könnten wir dies besser verwirklichen als in unseren eigenen Wäldern? Dies geht jedoch nur dann, wenn wir an einem Regiebetrieb festhalten. Der Bericht verdeutlicht dies in folgendem Satz: „Die Bewirtschaftung der Landesforsten erfolgt nicht ausschließlich nach erwerbswirtschaftlichen Prinzipien, sondern unter der Prämisse einer multifunktionalen Aufgabenwahrnehmung.“

Genau das will auch der SSW.

Die finanzielle Zukunftsentwicklung steht aber sicherlich noch nicht auf sicheren Beinen. Das Umweltministerium macht im Bericht hierzu einige Anmerkungen