Protocol of the Session on October 19, 2001

Das ist in Arbeit und wird dazu führen, dass dann, wenn die Kliniken auch flexibel genug sind, Patientinnen und Patienten eben nicht vor der Tür stehen oder selbst bezahlen müssen.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Zum Rettungsdienstgesetz! Lassen Sie mich in die allgemeine Zufriedenheit mit dem Ergebnis eines nicht ganz einfachen Verfahrens einstimmen. Ich will hinzufügen: Ich bin in diesem Verfahren eigentlich auch sehr mit meiner Strategie zufrieden, hat sie doch dazu geführt, dass das gesamte Haus das unterstützt, was auch mir wichtig erscheint.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Rettungsdienste sind ein ganz wesentlicher Teil der gesundheitlichen Versorgung unserer Bevölkerung. Leider ist das krankenversicherungstechnisch nicht rechtlich verankert. Sie haben bisher nicht den notwendigen Stellenwert. Rettungsdienstliche Leistungen rangieren immer noch als Nebenleistungen und unter Fahrkosten.

Das ist in gewisser Weise ein Anachronismus, wenn man weiß, wie wichtig Rettungsdienste für die Behandlung sein können. Häufig genug hängt die Frage zwischen Leben und Tod an der Qualität des Rettungsdienstes. Deshalb liegt in dieser unzureichenden gesetzlichen Absicherung nicht nur die Ursache für unsere Fehlfahrtenproblematik. Hier liegt auch der Ansatz, den wir durch unsere Bundesratsinitiative weiter verfolgen müssen. Leider haben sich die Krankenkassen auf den Standpunkt gestellt, dass sie nach dem SGB V nicht verpflichtet sind, die Kosten zu

(Ministerin Heide Moser)

übernehmen, wenn die Fahrt zu keiner Behandlung führt. Wir halten diese Argumentation nicht für zwingend. Wir möchten eine Klarstellung und haben deshalb eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Der Landtag hat uns dabei immer unterstützt und wird es auch weiter tun. Das habe ich eben mit Freude gehört.

Nachdem die Ausschüsse die Vorlage zunächst vertagt haben, haben wir jetzt eine erneute fachliche Behandlung im Bundesrat eingeleitet. Ziel ist, Ende dieses Jahres eine abschließende und hoffentlich positive Entscheidung des Bundesrates zu erwirken. Sollte das im ersten Anlauf nicht gelingen, gebe ich Ihnen Recht: Wir nehmen dann einen zweiten Anlauf. Auf Dauer muss es gelingen, weil der Rettungsdienst wirklich ein Teil - und nicht nur ein Nebenprodukt - der Krankenversorgung ist. Parallel zu dieser Bundesratsinitiative habe ich lange Zeit für eine Übergangslösung unter geltendem Recht geworben, um die Bürgerinnen und Bürger von völlig unangemessenen Kosten frei zu halten.

Leider sind insbesondere die Kreise und kreisfreien Städte - aber auch die Krankenkassen - nicht bereit gewesen, sich ausreichend zu bewegen. Ich glaube, das wundert Sie nicht, nachdem Sie die Anhörungen im Ausschuss erlebt haben. Das war sehr schwierig.

Beide Seiten haben auf die rechtlichen Bindungen hingewiesen, die einen Kompromiss letztlich nicht möglich erscheinen ließen. Deshalb musste in dieser Situation Beweglichkeit geschaffen werden, und zwar durch eine grundlegende Finanzierungsänderung im Rettungsdienstgesetz des Landes. Ich halte es nach wie vor für keinen Zufall, dass - wenige Tage, nachdem ich diese Idee öffentlich und zum Leidwesen der Kommunen geäußert hatte - dem Sozialausschuss der Änderungsantrag der FDP-Fraktion vorlag. Ich war dafür sehr dankbar und sage das auch an dieser Stelle.

Die vorliegende interfraktionelle Beschlussempfehlung ist in zahlreichen Ausschusssitzungen nach Anhörung der kommunalen Landesverbände und der Krankenkassenverbände entstanden. Wir haben Formulierungshilfe geleistet. Ich glaube, wir haben eine gute Gemeinschaftsarbeit vorgelegt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Der jetzt zu beschließende Gesetzentwurf enthält nicht nur die Notwendigkeit - oder geradezu den Zwang zur Einigung über alle Bereiche des Rettungsdienstes, sondern er enthält auch die erforderlichen Festlegungen. Das ist mir ganz wichtig: Die hohen Standards des schleswig-holsteinischen Rettungsdienstes werden

gewährleistet. Es wird mit der Vereinbarungslösung keine Billigvariante des Rettungsdienstes geben.

Ich bin mir bewusst, dass eine derartige Veränderung der Finanzierungsgrundlage auf beiden Seiten Umdenken erfordert. Eine Änderung des SGB V wird das erleichtern. Ich erwarte, dass alle Seiten die Gestaltungsmöglichkeiten nutzen. Ich glaube, der beste Einstieg wäre, dass man sich für die Vergangenheit auf eine vernünftige Lösung einigt, die eben nicht auf Kosten der Bürger geht. Das fordern Sie hier auch gemeinschaftlich. In diesem Sinne können wir uns gratulieren, aber noch nicht beruhigt zurücklegen.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten in die Abstimmung ein.

Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung insgesamt abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.

Weiter lasse ich über den interfraktionellen Antrag Drucksache 15/1293 (neu) der Fraktionen von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW abstimmen. Wer dem seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Tagesordnungspunkt 2 ist damit erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Zukunft der Landeszentrale für Politische Bildung

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1263

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion der CDU hat Frau Abgeordnete Sylvia Eisenberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute geht es notwendigerweise um eine Neustrukturierung der Landeszentrale für Politische Bildung, denn die Haushaltsmittel für eigene Maßnahmen der Landeszentrale wurden seit Jahren zurückgefahren. Von 1998 bis zum Jahre 2002 halbieren sie sich nahezu. In Verbindung

(Sylvia Eisenberg)

mit der Äußerung der Bildungsministerin zu den Haushaltsberatungen 2001 vor dem Finanz- und Bildungsausschuss und anlässlich von Gerüchten, dass die Landesregierung die Haushaltsmittel in Kapitel 0709 - Maßnahmen zur politischen Bildung - bis zum Jahr 2005 ganz auf null zurückfahren will, möchte ich für meine Fraktion eindeutig betonen: Die CDU ist für den Erhalt der unabhängigen Landeszentrale für Politische Bildung.

(Beifall bei der CDU)

Sie betrachtet die Landeszentrale als wesentlichen Baustein der unabhängigen politischen Bildung hier im Lande.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Im Übrigen haben alle Parteien im Lande - einschließlich der SPD - noch 1998 im Parlament unsere Ansicht bestätigt. Politische Bildung besteht für die CDU nicht nur aus einzelnen Projektmaßnahmen, die kurzfristig und vielfältig - je nach Aktualität - im Lande organisiert werden. Politische Bildung im Sinne der Nachhaltigkeit - und darauf kommt es letztlich an - ist für die CDU auch die umfangreiche Beschäftigung mit den internationalen Wertesystemen, die Beschäftigung mit und die Untersuchung von demokratischen Strukturen, die Darstellung von Grundlagen der freiheitlichdemokratischen Grundordnung, die Untersuchung der Rolle der Parteien, der Wirtschafts- und Sozialverbände und ihrer Einflussmöglichkeiten sowie die frühzeitige politische Bildung der Jugendgruppen der Parteien.

Diese von mir skizzierten Aufgaben der politischen Bildung sind keine gewinnträchtigen Aufgaben. Deshalb werden die gesellschaftlich relevanten Gruppen im Lande, wie es von der Landesregierung angedacht wird, diese Aufgaben nicht wahrnehmen wollen oder können. Auch deshalb ist die Gewährleistung der überparteilichen politischen Bildung im Lande eine staatliche Aufgabe. Das Land Schleswig-Holstein darf sich aus dieser Aufgabe - bei allen finanziellen Schwierigkeiten - nicht zurückziehen.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Bereits im Sommer ist die CDU mit einem Vorschlag der Neustrukturierung der Landeszentrale in die Öffentlichkeit gegangen, der sowohl inhaltlich als auch organisatorisch die Aufgaben der Landeszentrale unter den haushaltspolitischen Vorgaben neu definiert. Dieser Vorschlag liegt Ihnen heute als Antrag auf dem Tisch. Die Arbeitsgruppe der Landesregierung, die in der Zwischenzeit eingesetzt worden ist, hat sich diesen Vorstellungen weitgehend angeschlossen. Ich betone:

weitgehend; denn der Teufel liegt wieder einmal im Detail.

Die CDU will eine Erweiterung und organisatorische Vernetzung der bereits vorhandenen Initiativen zur politischen Bildung, eine Erweiterung durch die Bildungsstätten im Lande, das heißt durch diejenigen, die tatsächlich politische Bildung betreiben. Die CDU betrachtet die Landeszentrale als Teil dieser Organisation, von dem unter anderem auch Serviceaufgaben wahrgenommen werden können.

Demgegenüber will die Landesregierung die Gründung einer gemeinnützigen GmbH unter Hinzuziehung aller gesellschaftlich relevanten Gruppen wie Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Sozialund Wirtschaftsverbänden, jeweils mit Anteilen zwischen 500 € und 1.000 € als Einstieg, mit Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Was heißt das eigentlich anderes als ein Rückzug des Staates aus der öffentlichen Verantwortung für politische Bildung?

(Beifall bei CDU und FDP)

Das befürchten selbst die Teilnehmer der von der Landesregierung eingesetzten Arbeitsgruppe. Ich zitiere aus dem Entwurf: Sie befürchten sich gegenseitig blockierende Eigeninteressen der Gesellschafter, sie befürchten den mit dem Zwang zur Wirtschaftlichkeit verbundenen Verlust an Qualität und Einfluss auf die Bildungsinhalte und sie befürchten die nicht verlässliche finanzielle Sicherung.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Von alleine.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die politische Bildung ist nicht Sache einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sei sie noch so gemeinnützig. Politische Bildung ist vielmehr eine wesentliche Voraussetzung der Funktion unserer Demokratie. Wenn man politische Bildung als Wirtschaftsgut betrachtet, stellt sich wirklich die Frage nach der Unabhängigkeit der politischen Bildung im Lande. Ich warne davor.

Insoweit beantrage ich, auch unseren Antrag im entsprechenden Ausschuss zu behandeln.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich darf zunächst neue Gäste auf der Tribüne begrüßen: Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer der Hauptschule Sandesleben. - Herzlich willkommen zur heutigen Plenarsitzung!

(Beifall)

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Wir fahren in der Beratung fort. Für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt dem Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone das Wort.