Protocol of the Session on October 18, 2001

Auf der Tribüne begrüße ich jetzt die Besuchergruppe der Realschule Bad Schwartau.

(Beifall)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Eichelberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, das Gutachten ist sehr umfangreich und enthält eine gute Analyse und Bewertung der Standorte; da haben Sie völlig Recht. Allerdings bin ich mit dem Bericht insofern nicht ganz einverstanden, als er meiner Ansicht nach etwas zu mager ausgefallen ist. Da Sie gesagt haben, dass Sie daran arbeiten wollen, gehe

(Uwe Eichelberg)

ich davon aus, dass wir dann das richtige Papier haben werden.

Das ernüchternde Resümee haben Sie sehr deutlich geschildert. Schleswig-Holstein ist aufgrund seiner Randlage bei Messen nicht so positioniert, dass wir uns diesbezüglich große Chancen ausrechnen könnten. Dennoch sieht der Gutachter für verschiedene Standorte Perspektiven, und zwar in Nischenbereichen und da insbesondere in dem Segment Kongresse und Kongressmessen. Ich glaube, diese Ansatzpunkte sind es wert, vertieft zu werden. Gerade Standorte wie Kiel und Lübeck bieten wegen der bereits bestehenden Infrastruktur und der Verbindung mit den Universitäten und der Industrie hierfür gute Möglichkeiten.

Regionale Bedeutung haben Messestandorte wie Rendsburg und Neumünster, die sich etabliert haben und wirtschaftlich arbeiten. Das Angebot an Hallen und Freiflächen dort ist enorm, allerdings nur für regionale Messen.

Zum Bereich Kongresse stellt der Gutachter sehr richtig fest, dass die bedeutenden Wettbewerber Hamburg und in Zukunft auch Rostock - dies wäre noch um Hannover und Kopenhagen zu ergänzen - im Bereich der nationalen und internationalen Kongresse größere Chancen haben, als wir uns erarbeiten könnten. Dennoch sollten wir diesen Bereich im Blick behalten.

Wichtig ist, dass wir die Spezifika, die unser Land bietet, herausstellen. Da ist zum einen die Lage zwischen den Meeren - Sie haben es angesprochen -, zum anderen unsere schöne Landschaft. Die Altstadt in Lübeck, die zum Weltkulturerbe gehört, ist attraktiv genug, um Menschen hierher zu holen, die einen Besuch von Messen und Kongressen hiermit verbinden wollen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Erstaunt sind wir darüber, dass die Attraktivität des Standortes Sylt für Kongresse in dem Gutachten nicht berücksichtigt wurde. Gerade im Frühjahr und Herbst bieten sich hier nicht nur Chancen für Medizin- und Tourismus-Kongresse. Die Verbindung von Wellness und Kongress bietet gute Möglichkeiten für die Wertschöpfung. Der Flughafen Sylt ist ein gutes Verbindungsmittel. Solange wir noch mit der Bahn dorthin reisen können, ist das auch gut. Es bleibt abzuwarten, wie lange das noch möglich sein wird.

(Beifall im ganzen Haus)

Da nun alle mit Lob versehen wurden, will ich noch Folgendes sagen: Ein Bereich ist meiner Ansicht nach zu wenig berücksichtigt worden, Herr Minister. Das ist der Bereich der Verkaufsmessen. Sie sind zwar nur von regionaler Bedeutung, haben jedoch einen erhebli

chen positiven Einfluss auf die Wirtschaft in den Regionen. Die einheimischen Geschäfte profitieren davon. Meist geht ein Verkauf über das gesamte Wochenende damit einher. Ich meine, dass man in diesen Bereich, zum Beispiel durch Wirtschaftsfördergesellschaften, noch mehr Professionalität hineinbringen könnte, damit die Möglichkeiten der Wertschöpfung genutzt werden können.

Erschreckt hat mich, in dem Gutachten lesen zu müssen, dass der Standort Husum mit der windtech im nächsten Jahr mit der windenergy in Hamburg eine große Konkurrenz bekommt. Ich glaube, es wird nur schwer möglich sein, dass wir uns diesbezüglich auf Dauer positionieren, insbesondere weil die großen Gesellschaften nicht mehr im Lande sind.

Skeptisch beurteilen wir die Möglichkeiten für Hightech-Messen und -Kongresse auch in Verbindung mit den Multimedia-Zentren in Kiel und Lübeck. Wir sind der Meinung, dass andere Standorte in Deutschland schon wesentlich weiter sind und eine Tradition entwickelt haben. Da sind Standorte wie Leipzig, Berlin, Hannover, München, Heidelberg, aber auch Hamburg schon etablierter. Es wird schwer für uns sein, da etwas herauszubrechen.

Ein Bereich, der in diesem Zusammenhang genannt werden muss, weil wir dort eine Menge Professionelles bieten können, ist der Bereich Speditionen und Transporte. Wir sind ein Transitland und verfügen über vielfältige Transportmöglichkeiten auf dem Wasser- und Luftweg sowie auf den Straßen. Daher sollte man über dieses Thema im Ausschuss noch einmal nachdenken.

Ein wichtiger Bereich sind die so genannten Events. Ich glaube, da können wir mehr machen als in der Vergangenheit, wenn den einzelnen Orten mehr Unterstützung gegeben wird. Die Angebote im Großraum Hamburg könnten additive Angebote darstellen, die mit dem Besuch unserer schönen Landschaft kombiniert werden könnten. Dazu gehören Timmendorf und Travemünde, aber auch Reinbek und Glückstadt. Auch Ahrensburg gehört zu den Möglichkeiten, die infrage kämen. Dies bedeutete mehr Wertschöpfung und wäre positiv im Hinblick auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren, Sie haben gehört, wie viele Orte betroffen sind. Daher empfehle ich Ihnen allen, sich dieses Gutachten noch einmal ganz genau anzuschauen, Ihre eigenen Erfahrungen vor Ort mit einzubringen und die Kolleginnen und Kollegen des Wirtschaftsausschusses anzusprechen. Die Fortentwicklung ist - das hat der Minister angesprochen - das Wichtigste. Diese Herausforderung sollten wir annehmen.

(Uwe Eichelberg)

Nicht hoffnungsfroh hat mich die Schlussfolgerung gestimmt, die Sie in Ihrem Bericht gezogen haben und die auf Folgendes hinauslief: Das Gutachten, das mit EU-Mitteln gefördert worden ist, hat viel Geld gekostet. Aber es steht kein Geld zur Verfügung, wenn gute Ideen kommen. Ich meine, hierbei müssen wir das berücksichtigen, was an Wertschöpfungsmöglichkeiten besteht. Darüber sollten wir uns im Ausschuss noch einmal eingehend unterhalten.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Hause kann man von einer wahren Berichtsflut sprechen. Die meisten Berichte werden mit oder ohne Aussprache zur Kenntnis genommen. Dann hat in aller Regel die Abgeordnetenseele Ruhe. Das soll nach Vorstellung der SPD-Fraktion nicht das Schicksal des Berichtes der Landesregierung zur Messekonzeption werden. Wir werden das Thema und die im Zusammenhang mit dem Bericht gezogenen Schlussfolgerungen nach der heutigen Diskussion in die Gremien einbringen.

(Klaus Schlie [CDU]: Sehr gut!)

Gutachten und Bericht, die Minister Dr. Rohwer jetzt vorgelegt hat, kommen aus meiner Sicht zu vier wesentlichen Ergebnissen.

Erstens. Dem Messemarkt und dem Markt für Kongresse und Tagungen werden überdurchschnittliche Wachstumsraten zugeschrieben. Von diesem Wachstum profitiert nicht nur die Branche selbst. 1 DM Eigenumsatz bei Messe oder Kongress zieht 5 DM in Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel nach sich.

Zweitens. Es gibt einen klaren Trend zur Erlebnisorientierung bei Messen und Kongressen gleichermaßen. Messe und Kongress der Zukunft werden durch ein hohes Maß an emotionalen Komponenten bestimmt. Touristische Attraktionen, Kultur und Umgebung rükken in den Mittelpunkt des Interesses. In der Informationsgesellschaft hole ich mir die erforderlichen Informationen aus dem Netz. Die Messe, der Kongress werden zum Event. Da muss mehr rüberkommen als nur die Information. Hier liegen eindeutig Chancen für den Standort Schleswig-Holstein.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Es geht nicht um die Megaveranstaltungen, die Milliarden-Investitionen in Infrastruktur vorausset

zen. Bei Messen geht es auch um Nischenmärkte und Branchensegmente. Bei Tagungen und Kongressen das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen - haben nur 2 % aller Veranstaltungen mehr als 250 Teilnehmer. Die entscheidenden Infrastrukturmerkmale, die genannt werden, sind: gute Anreisemöglichkeiten, unter anderem auch Flughafen Holtenau lässt grüßen! -, innerstädtischer Standort und reizvolle Umgebung.

Viertens. Es gibt keine Kooperation zwischen den Messeund Kongressstandorten in SchleswigHolstein, auch nicht zwischen den so genannten Leitstandorten. Ich füge hinzu: Nach meiner Einschätzung - ich habe alle Standorte besucht - gibt es auch nicht überall ein professionelles Management.

Aus alledem zieht der Minister zwei völlig richtige Konsequenzen: Erstens. Für die Förderung weiterer Infrastrukturmaßnahmen hat er einen Kriterienkatalog entwickelt, den wir inhaltlich voll unterstützen.

Zweitens. Minister Rohwer empfiehlt eine enge Kooperation vor allem beim Marketing und bei der Beschaffung. Er empfiehlt die Gründung eines Verbundes.

Die SPD-Fraktion geht mit ihren Empfehlungen und Schlussfolgerungen noch weiter. Sie haben dies bereits der Presse entnehmen können.

(Zuruf des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU])

Erstens. Wir fordern zu prüfen, ob nicht mehrere Standorte von demselben Management geführt werden können. Wer die Branche ein wenig kennt - Herr Geißler, Sie gehören offenbar nicht dazu -, der weiß, dass attraktive Veranstaltungen nur rentabel werden, wenn sie in bestimmten Abständen an verschiedenen Standorten durchgeführt werden können. So erklärte uns vor wenigen Tagen der Leiter der Ostseehalle Kiel, er werde ungeachtet einer Kooperation mit dem Management der Campus-Halle in Flensburg eine Niederlassung in Flensburg errichten.

(Lothar Hay [SPD]: Aber die Flensburger sind schlauer geworden?)

- Ich habe nur fünf Minuten Redezeit, Herr Kollege.

(Lothar Hay [SPD]: Schade!)

Wir sind nicht der Meinung, dass - vielleicht beantwortet das Ihre Frage - Lübeck sich einem Kieler Management unterordnen sollte. Davon sind wir weit entfernt.

(Beifall des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU])

(Klaus-Dieter Müller)

Aber wir fordern, dass die Betroffenen wirklich alle Möglichkeiten einer Kooperation prüfen, dass sie sich bewegen.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir wissen zum Beispiel, dass die Landesregierungen in Hamburg und Hannover Kooperationen auch mit schleswig-holsteinischen Standorten ins Auge fassen. Auch dafür wären wir offen.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Zweitens. Wir fordern eine Überprüfung der Standorte Husum und Rendsburg. Wir wissen sehr wohl, welche Befindlichkeiten diese Forderung auslöst und natürlich durch die Presseberichte ausgelöst hat. Aber, meine Damen und Herren, das Gutachten sagt eindeutig: Ein Weiter so kann es nicht geben. Ich füge freimütig hinzu: Über 40 Hektar Messefläche vorzuhalten für eine Veranstaltung von neun Tagen, da müssen sich die Betroffenen überlegen, was sie machen wollen. Das geht sicherlich nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Was Husum angeht, so ist es sicherlich ein sehr charmanter Standort, aber eine zweite Messehalle zu fordern, weil die erste nicht läuft, das kann keine sachliche Politik sein.