Protocol of the Session on October 18, 2001

Was Husum angeht, so ist es sicherlich ein sehr charmanter Standort, aber eine zweite Messehalle zu fordern, weil die erste nicht läuft, das kann keine sachliche Politik sein.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] und Lothar Hay [SPD])

Wir stellen beide Standorte nicht per se infrage, aber wir sagen: Hier muss sich etwas bewegen. Das Land kann hier leider nur als Moderator auftreten und es muss jedem bewusst sein, dass es weitere Mittel nur geben kann, wenn ernsthafte Perspektiven entwickelt werden.

Mit Hallen kann man Geld verdienen. Das Engagement der Provinzial, der Citti-Handelskette und der „Kieler Nachrichten“, die mehr als 50 Millionen DM in die Ostseehalle investiert haben, zeigt das. Die Entwicklung der Holstenhallenbetriebe in Neumünster belegt das. Messe- und Kongresshallen sind ein typischer Bereich für die Privatisierung und Private Public Partnership.

Meine Damen und Herren, unterschätzen Sie bitte nicht diese Branche und ihre Möglichkeiten in Schleswig-Holstein! Aber die Analyse hat Defizite offenbart und Chancen aufgezeigt. Professionalität ist gefragt und dazu gehört die Bereitschaft zur Kooperation. Wir alle haben auch Einfluss und Verantwortung in regionalen und lokalen Netzwerken. Sorgen Sie mit dafür,

dass diese Branche ihre Chance am Markt zukünftig auch wahrnimmt! Sorgen Sie dafür, dass es zu Kooperationen und einem gemeinsamen Marketing und gegebenenfalls auch zu gemeinsamen Managementstrukturen kommt!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Müller, es hat mich doch ganz beruhigt, dass Sie zum Schluss noch gesagt haben, dass das Land nur als Moderator auftreten kann. Ich hatte mich schon gewundert, hier im Landtag plötzlich aus Ihrem Munde vorgeschlagen zu hören, uns in private Messegesellschaften und deren Geschäftspolitik einmischen zu sollen. Aber es beruhigt, wenn Sie sagen, das Land ist nur Moderator, und so sollte man das auch weiterhin betrachten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Eine zentrale Botschaft des Gutachtens lautet: Der Markt für Messen, Kongresse und Events ist ein Wachstumsmarkt, aber Schleswig-Holstein spielt keine überregionale Rolle. Deshalb ist - ich zitiere aus dem Bericht - „der Aufbau eines breit wirkenden und international positionierten Messestandorts in Schleswig-Holstein realistisch nicht machbar und deshalb kein sinnvolles Ziel“.

Die Begründung wird auch geliefert. Es fehlen - ich zitiere nochmals -: „die langjährige Basis, die adäquate Infrastruktur und die internationale Erreichbarkeit.“

Ohne internationale Erreichbarkeit keine internationalen Kunden, so ist das nun einmal. Wir sollten diese Erkenntnis der Gutachter ernst nehmen, denn sie lässt sich auch auf viele andere Wirtschaftsbereiche übertragen. Aber das ist hier heute ja nicht das Thema.

Ansonsten lässt sich der Bericht kurz so zusammenfassen: Um die Effektivität und Effizienz der Messeaktivitäten zu erhöhen, sollen die Veranstalter sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, doppelte Arbeit vermeiden und mit besserem Marketing mehr Kunden anlocken. Das trifft selbstverständlich auf jede Branche und auf jedes einzelne Unternehmen zu. Ein wirklicher Erkenntnisgewinn ist das wahrlich nicht.

(Beifall bei der FDP)

(Christel Aschmoneit-Lücke)

In der Umsetzung empfehlen die Gutachter dann die Gründung eines Verbundes mit Dachmarke und gemeinsamer Website inklusive Terminkalender und Werbung sowie zentrale Beschaffung. Auch hier ist meiner Meinung nach der Neuigkeitswert nicht gerade überragend. Private Unternehmen kommen in der Regel von alleine darauf, wie sie Geld verdienen können - auch im Messemarkt. Deshalb ist es auch weder verwunderlich noch ein Vorwurf, dass die Gutachter keine wesentlichen Neuigkeiten entdeckt haben. Die wesentlichen Geldquellen werden die privaten Veranstalter wohl schon erschlossen haben.

Der Wirtschaftsminister hat dies auch erkannt, weshalb ihm - ich zitiere - „eine Beteiligung des Landes an dieser Kooperation weder sachlich noch finanziell erforderlich zu sein“ scheint.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

- Vielen Dank für den Beifall. - Damit stellt sich die Frage, wo und warum der Landtag hier noch eingreifen sollte.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Wenn sich unsere eingriffsfreudige Landesregierung endlich einmal zurückhalten will, dann sollten wir sie nicht daran hindern, sondern sie durch eigene Zurückhaltung unterstützen, Herr Kollege Müller.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU] - Zuruf des Abgeordneten Klaus-Dieter Müller [SPD])

Ganz anders sieht das offensichtlich der Herr Kollege Müller und offensichtlich auch der Kollege Hay. In den „Kieler Nachrichten“ wurden Sie, Herr Kollege Müller, am Samstag so zitiert, als wäre ein sofortiges, umfassendes Handeln des Landes unabdingbar.

(Lothar Hay [SPD]: Ja, für Flensburg!)

Konzentration überörtlicher Veranstaltungen auf vier Standorte, Schließung der Standorte Rendsburg und Husum - so wurden Sie zitiert - und einheitliches Hallenmanagement als Fernziel - Sie haben es heute wieder gesagt -, so würde nach Ihren Vorstellungen ein Schuh daraus.

(Lothar Hay [SPD]: Wir haben noch Visio- nen!)

Ich frage mich oder vielmehr Sie, Herr Kollege Müller, wozu der Wirtschaftsminister ein teures Gutachten in Auftrag gibt, einen Bericht verfassen lässt und der Landtag wertvolle Zeit für die Diskussion verwendet, wenn die Mehrheitsfraktion der Koalition schon Konzepte vertritt, die die Erkenntnisse der Gutachter und der Landesregierung offensichtlich total negieren.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU])

Aus dem Bericht der Landesregierung geht eindeutig hervor, dass weiteres staatliches Handeln im Messemarkt fehl am Platze ist, so wie in den meisten Märkten. Wenn die Veranstalter aus eigenem Interesse stärker zusammenarbeiten wollen, um sich die Potenziale dieses Wachstumsmarktes besser zu erschließen, dann ist das gut so. Wenn sie das aber nicht wollen, müssen wir damit wohl auch leben, denn - wie gesagt - es ist eine privatwirtschaftliche Entscheidung. Es ist deren Sache; denn sie arbeiten mit ihrem eigenen Geld.

(Jürgen Weber [SPD]: Nein, gar nicht nur mit dem eigenen Geld!)

Meine Damen und Herren, wenn sich das Land an den Infrastrukturmaßnahmen beteiligen soll, so stehen den Veranstaltern die einschlägigen Förderprogramme des Landes selbstverständlich offen, so wie allen anderen Interessenten auch. Ein weiteres Engagement des Landes ist nicht notwendig. Wenn ich an die Campushalle in Flensburg denke, dann meine ich, dass das Engagement des Landes dabei über die Maßen hoch gewesen ist.

(Zurufe der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Denn das derzeitige Ergebnis macht das bisherige Engagement des Landes durchaus fraglich.

Abschließend habe ich für die Kollegen Müller und Hay noch eine Empfehlung. Wenn Sie das alles so toll wissen und wenn Sie eine so gute Zukunft für die Messen in Schleswig-Holstein voraussehen, dann investieren Sie doch Ihr eigenes Geld in diese Ideen. Das wäre sicherlich ganz toll für Schleswig-Holstein.

(Beifall bei FDP und CDU - Zurufe von der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte zunächst gedacht, eine Debatte über die Messekonzeption in Schleswig-Holstein wäre ein ziemlich langweiliges Thema, ähnlich wie bei anderen Berichten, wo wir uns alle einig sind. Aber nun merke ich, dass das Thema überhaupt nicht langweilig ist.

(Martin Kayenburg [CDU]: Es sind richtig grüne Themen!)

(Karl-Martin Hentschel)

Die Debatte ist tatsächlich ausgesprochen spannend, wobei die Hauptkontroverse nicht einmal zwischen den Rednern hier vorn stattfindet - wenn ich einmal Frau Aschmoneit-Lücke außen vor lasse -, sondern die Hauptkontroverse offensichtlich zwischen einer Reihe von Abgeordneten stattfindet, die im Saale sitzen und über das murren, was die Vertreter ihrer Fraktion hier vorn sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU] sowie vereinzelt bei der SPD - Hei- terkeit)

Das ist eine ganz neue Konstellation hier im Saale.

Wir stellen fest, dass Schleswig-Holstein nicht der Messestandort Nummer eins in Deutschland ist. Von den 30 größten Messestandorten Deutschlands liegt kein einziger in Schleswig-Holstein. Die einzigen Themen, die in Schleswig-Holstein international besetzt sind, sind erstens die Windenergie, zweitens das Pferd und drittens die maritime Technik. Zwei weitere Themen sind national besetzt, nämlich der Bau und die Landwirtschaft mit der NORLA.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

Das sind die fünf Themen, über die wir reden müssen; alles andere sind kleine sektorale Veranstaltungen ohne überregionale Bedeutung.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

Natürlich gibt es hier im Saal eine Menge Lokalpatriotismus.

(Günter Neugebauer [SPD]: Aber nicht doch!)

Jeder meint, sein Ort sei der wichtigste, und jeder fühlt sich im Stich gelassen, wenn etwa gesagt wird, dass die Sache professioneller und etwas zentralistischer angegangen werden sollte. Dazu sage ich gleich noch etwas.

Offensichtlich wurde mit dem Bericht in ein Wespennest gestochen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich finde es spannend, diese Debatte zu führen, muss Ihnen, Frau Aschmoneit-Lücke, allerdings sagen, dass ich nicht Ihrer Meinung bin.