Protocol of the Session on October 18, 2001

Kollegin Schümann, hier geht keiner leichtfertig mit irgendwelchen Dingen um. Partnerschaftliche Zusammenarbeit, interkommunale Zusammenarbeit war gewollt und ist von vielen Bürgern ehrenamtlich auf den Weg gebracht worden. Das haben Sie nachhaltig zerstört.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich will jetzt nicht mit Rechenbeispielen kommen. Die Ministerin hat ihre eigenen Vorgaben, ihre eigenen Richtlinien nicht gelesen, als sie die Haushaltsvorschläge gemacht hat. In den Richtlinien heißt es nämlich, bei der Planaufstellung sei auf einen hohen Anteil von Maßnahmen in privater Trägerschaft hinzuwirken. Genau diese Richtlinie haben Sie, sehr verehrte Frau Ministerin, mit Füßen getreten und das Gegenteil veranlasst.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dafür sind Sie politisch verantwortlich und nicht Ihre Mitarbeiter. Dafür tragen Sie die politische Verantwortung.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag zur federführenden Beratung dem Agrarausschuss zu überweisen. Eine Mitberatung ist nicht gewünscht. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1258

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/1290

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landesteil Schleswig auf deutscher und Sønderjyllands Amt auf dänischer Seite zeichnen sich seit Jahrzehnten als eine Region mit Vorbildcharakter in Europa aus. Der Grundstein für diese regionale Zusammenarbeit wurde frühzeitig mit den Bonn/Kopenhagener Erklärungen gelegt. Einer der maßgeblichen Initiatoren dieser vorbildlichen Vereinbarung gerade zehn Jahre nach Ende des schrecklichen Zweiten Weltkrieges - war unser damaliger Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Das ist Ge- schichtsklitterung!)

Inzwischen hat sich Europa rasant weiterentwickelt und die einzelnen Regionen stehen vor ganz neuen Herausforderungen. Eine enge Zusammenarbeit in der Grenzregion ist deshalb unverzichtbar. Die offizielle Zusammenarbeit ist zweifellos hervorragend.

Doch ist in der täglichen Praxis auch wirklich alles in Ordnung? Ist die tägliche praktische Zusammenarbeit über die Grenze hinweg wirklich völlig unproblematisch? Trotz der im EG-Vertrag festgelegten Rechte der Arbeitnehmer auf Freizügigkeit gibt es im deutschdänischen Grenzgebiet noch immer rechtliche, administrative und praktische Hindernisse, die die Freizügigkeit für Arbeitnehmer, aber auch für Selbstständige, die in dieser Region Arbeitsplätze schaffen wollen, einschränken. Diese Hindernisse liegen vor allem im Bereich des Steuerrechts und der Sozialversicherung. Zwar bemühen sich alle Mitarbeiter im Rahmen des Projektes EURES mit großem Engagement, die Bürger

(Claus Ehlers)

über Arbeitsmöglichkeiten diesseits und jenseits der Grenze zu informieren. Dennoch stoßen sie immer wieder auf rechtliche und praktische Hindernisse. Die Klagen hierüber sind nicht neu.

Es ist deshalb vordringliche Aufgabe der Gremien der Europäischen Union und des Bundesgesetzgebers, auf eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen hinzuwirken. Ich fordere deshalb die Landesregierung auf, endlich eine umfassende Dokumentation berechtigter Klagen zusammenzustellen und sich auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme intensiv dafür einzusetzen, dass Lösungsmodelle seitens der Landesregierung erarbeitet werden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ein weiteres Problem in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit kann nicht in Berlin und Brüssel gelöst werden. Es ist das Problem der gegenseitigen Sprachkenntnisse. Dieses Problem muss hier in der Region gelöst werden.

Sehr gefreut haben wir uns, liebe Frau Kollegin Spoorendonk, dass sich der SSW intensiv mit unserem Antrag beschäftigt und sogar einen eigenen Änderungsantrag erarbeitet hat.

(Anke Spoorendonk [SSW]: So sind wir!)

Wir können uns mit diesem Antrag jedoch nicht so recht anfreunden, da er zu sehr von der Akzeptanz der Unterschiede in den Sozial-, Steuer- und Verwaltungssystemen geprägt ist. Der SSW möchte diese Unterschiede in einem gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt nicht wirklich beheben, Frau Spoorendonk, sondern sich auf Informationsangebote über diese unterschiedliche Situation und auf bilaterale Absprachen beschränken. Und die Erarbeitung eines „Leitbildes“ hilft schon gar nicht weiter, meine sehr geehrten Damen und Herren. Damit kann ich rechtliche Probleme nun wirklich nicht lösen.

Wir meinen, nur mit unserem Antrag können die Probleme wirklich ernsthaft angegangen werden. Deshalb beantrage ich seitens der CDU-Fraktion Ausschussüberweisung.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei aller Wertschätzung, lieber Kollege Ehlers: Die Bonn/Kopenhagener Erklärungen müssen für vieles

herhalten, aber ich denke, für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind sie nicht zuständig.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Und der gute Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel musste wirklich zu seinem Glück getragen werden.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD] - Heinz Mau- rus [CDU]: Aber er ist ja am Ziel angekom- men!)

Ich gestehe - das will ich auch noch sagen -, dass wir von dem CDU-Antrag zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit doch etwas überrascht worden sind. Denn nach den Anhörungen, die wir im Frühjahr dieses Jahres im Europaausschuss durchgeführt haben, war unser Eindruck, dass der Ausschuss gemeinsam einen Antrag in Angriff nehmen wollte. Denn wir wollten uns ja - das haben wir wenigstens als Eindruck mitgenommen - mit dem immer noch sensiblen Thema nicht parteipolitisch profilieren, sondern gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen erarbeiten.

Doch nun zum Antrag selbst. Wir bestreiten ja nicht die gute Absicht der CDU, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit voranzubringen. Nein, das tun wir wirklich nicht. Allerdings sind wir der Meinung, dass die Probleme im deutsch-dänischen Grenzland allen Akteuren hinreichend bekannt sind. Wir brauchen also weder neue Dokumentationen noch neue Analysen, so wie dies die CDU fordert. Vielmehr muss jetzt gehandelt werden.

(Beifall bei SSW und SPD)

Auf die vielen Worte müssen jetzt wirklich einmal Taten folgen. Denn das Auslaufen der EU-Förderung im Jahre 2006 und der mögliche Bau einer Fehmarnbelt-Querung führen dazu, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit als strategische Perspektive für die Entwicklung des Landesteils Schleswig künftig noch wichtiger sein wird. Ich denke, hierin sind wir uns auch einig. Daher kommt es jetzt darauf an, dass pragmatische Schritte unternommen und geeignete Projekte entwickelt werden, damit die Grenzregion als Ganzes ihr Profil weiterentwickeln und das vorhandene wirtschaftliche und kulturelle Potenzial ausnutzen kann.

Deshalb haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der konkrete - ich wiederhole: konkrete - Vorschläge enthält. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt unzählige Dokumentationen und Gutachten - man kann Zimmer damit tapezieren - über die Problemstellungen, die sich ergeben, wenn zwei grundverschiedene Sozial-, Steuer- und Verwaltungssysteme

(Anke Spoorendonk)

aufeinander prallen, so wie das mit den Systemen von Dänemark und Deutschland der Fall ist. Dennoch sollte man durch bilaterale Absprachen die Situation der Grenzpendler weiter verbessern.

(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD])

Einfache Lösungen gibt es nicht. Man kann zwar sagen: Wir wollen eine Harmonisierung auf EUEbene. Aber das wird nicht machbar und nicht möglich sein und ich frage auch, ob dies überhaupt wünschenswert ist. Das heißt, man muss pragmatisch vorgehen. Das kann man nur durch bilaterale Absprachen tun, wobei ich in Klammern die Frage hinzufügen möchte, ob sich Schleswig-Holstein damit nicht ein wenig überfordert fühlen müss. Wir können ja nicht mit der Regierung in Kopenhagen verhandeln. Man müsste vielleicht auch die föderale Ordnung mit im Kopf haben.

Also: Haupthindernisse, wenn es darum geht, einen gemeinsamen Arbeitsmarkt im Grenzgebiet zu schaffen, sind nicht die Barrieren, die durch die verschiedenen Steuer- und Sozialsysteme entstehen. Haupthindernisse sind die mangelnden Kultur- und Sprachkenntnisse. Wer die Sprache des Nachbarlandes nicht versteht, wird kaum dort Arbeit finden können. Darin sind sich alle Experten einig. Daher begrüßen wir es ausdrücklich, dass die CDU eine Stärkung des Faches Dänisch an den öffentlichen Schulen im Landesteil Schleswig will.

(Beifall beim SSW)

Auch hier muss man auf die Unterschiede im Grenzland aufmerksam machen. Trotz rückläufiger Tendenz, die man bedauern kann, ist Deutsch immer noch die zweite Fremdsprache an dänischen Schulen. Es gibt auch Schulen, die freiwillig ab der vierten Klasse Deutsch anbieten. Wir stehen zu der Forderung des Regionalrates, dass das Fach Dänisch bis 2006 ab der siebten Klasse als zweite Fremdsprache an den Schulen des öffentlichen Schulwesens angeboten werden sollte.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ja, das ist das Problem!

(Heiterkeit)

Das Problem des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes ist da. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dies

noch zu sagen. Es muss zu einer Aufstockung des Personals im Bereich der EURES-Berufsberatung in Flensburg kommen. Es gibt nur eine halbe Stelle für die Beschäftigung mit der grenzüberschreitenden Berufsberatung. Es muss eine gemeinsame Anlaufstelle geben. Modell ist hier das, was man aus der ØresundRegion durch ØRESUND-DIRECT kennt. Menschen müssen eine Anlaufstelle haben, bei der sie alle Fragen los werden können. Letztlich fordern wir als konkrete Maßnahme auch eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Verkehrsbereich und auch in der Hochschulzusammenarbeit. Wir empfehlen, dass INTERREG-Mittel beantragt werden, um die grenzüberschreitende Hochschularbeit weiter zu fördern.

Das waren die Maßnahmen im Galopp. Sie gehen aber auch aus unserem Antrag hervor. Konkrete Schritte sind gefordert, das heißt keine Worte, sondern Taten. Ich denke, darin liegt der Unterschied zum Ursprungsantrag.