auch tatsächlich Studierende in Schleswig-Holstein studieren wollen, bedarf es nicht nur einer Änderung des Hochschulrahmengesetzes, sondern es bedarf insgesamt einer überzeugenden und attraktiven Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein. Derzeit würden sich die schleswig-holsteinischen Schulen diesem Wettbewerb mit dem Ballast einer dramatischen Unterfinanzierung stellen, und sie wären eben nicht zu 100 % und fair wettbewerbsfähig mit Einrichtungen in Bayern und in Baden-Württemberg.
Deshalb sagen wir: Ein fairer Wettbewerb um Studierende, um die besten Köpfe unter den Lernenden, den wir wollen, setzt auch voraus, dass es faire Wettbewerbsbedingungen gibt. Insoweit hinkt SchleswigHolstein hinterher. Deshalb müssen wir einen zweifachen Ansatz haben: Wir müssen diesen Wettbewerb zulassen, aber wir müssen es vor allem ermöglichen, dass sich die schleswig-holsteinischen Hochschulen diesem Wettbewerb auch erfolgreich stellen können.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit schöner Regelmäßigkeit wird gefordert, die zentrale Studienplatzvergabe einzuschränken oder abzuschaffen. Meistens wird mit schlanker Hand unterstellt, dass es hier eine riesige Bürokratie gibt, die man durch ein schlaueres System ersetzen kann. Dies bezweifle ich nachhaltig. Ich will ein paar Punkte dazu nennen.
Zum einen muss ich darauf hinweisen, dass die ZVS heute circa ein Viertel aller Studienplätze vergibt. Drei Viertel aller Studienplätze werden ohnehin schon im so genannten freien Wettbewerb verteilt. Das muss man zur Relativierung des Problems einmal sagen.
Zum Zweiten darf man darauf hinweisen, dass es - dies finde ich wirklich bemerkenswert - der ZVS in 80 % der Fälle gelingt, die Studienorte und die Studienplatzwünsche der Studierenden in Einklang zu bringen. Dies ist eine ganz hervorragende Leistung.
Zum Stichwort 20 % hat Kollege de Jager schon einiges gesagt. Ich will das an den Punkt gar nicht noch einmal aufgreifen. Wenn man aber - darauf läuft ja im Kern die Initiative der FDP und in abgeschwächter Form auch die der CDU hinaus - die Auswahlkriterien Abiturnote, Wartezeit und soziale Situation - hinsichtlich der zu berücksichtigenden Faktoren gibt es übrigens Verfassungsgerichtsurteile - mit dieser Regelung infrage stellt - das kann man ja tun -, dann muss man
natürlich gleichzeitig sagen, welche geeigneteren Kriterien man finden will, um Studierenden die Möglichkeit zu eröffnen, einen vernünftigen Studienplatz zu finden. Dahinter steckt natürlich - Herr Kollege Klug, dafür gibt es auch andere Indizien -, dass es in der Tendenz darauf hinauslaufen soll, das Abitur als Hochschulzugangskriterium zu relativieren. Das ist etwas, was wir nicht mitmachen.
Ich möchte noch zu einem anderen Punkt etwas sagen. Im Grundsatz und bei der Philosophie, die dahinter steckt, kann es nicht darum gehen - ich denke, das muss man deutlich sagen -, den Hochschulen die Möglichkeit einzuräumen, möglichst die für sie passenden Studierenden zu finden. Die Grundidee ist vielmehr die - das ist jedenfalls unsere Auffassung -, dass es für die Studierenden eine Möglichkeit geben muss, die für sie passende Hochschule zu finden. Die Kunden von Dienstleistung, Bildung und Wissenschaft sind nämlich die Studierenden und nicht die Lehrenden.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich möchte in der Kürze der Zeit jetzt nicht alle Konsequenzen aufzeigen, was es heißt, wenn sich ohne ZVS in zulassungsbeschränkten Fächern - die Kapazitätsprobleme bekommen Sie ja auch durch die Abschaffung der ZVS nicht gelöst - zukünftig jeder an 30 oder 40 Hochschulen bewerben muss, an 30 bis 40 Auswahlverfahren teilnehmen muss - abgesehen von den Problemen, die dadurch auf die Hochschulen zukommen würden. Sie hätten dasselbe Maß an Bürokratie, nur nicht zentral, sondern an jeder einzelnen Hochschule.
Ich möchte gern konzedieren, dass die ZVS kein zementiertes System ist und dass im Zusammenhang mit der Veränderung des geltenden Staatsvertrages meiner Auffassung nach eine Reihe von Dingen angesprochen werden müssen. Ich denke zum Beispiel an die Ausweitung der Auswahlquote der Hochschulen über die bisherigen 20 % hinaus. Es ist weiter darüber nachzudenken, wie man schneller und besser auf eine veränderte Nachfrage reagieren kann. Wir haben jetzt schon Studiengänge an der Grenze von Zulassungsbeschränkungen, wo es Veränderungen in beide Richtungen gibt. Da muss man schneller reagieren können, als es
Wer die ZVS abschaffen will, kann dafür meines Erachtens nicht das Argument „mehr Wettbewerb“ ins Feld führen. Es ist kein Indikator für die Leistung von Lehre, wenn die Lehrenden sich aussuchen dürfen, wen sie belehren wollen. Leistungen von Lehrenden müssen sich an anderen Faktoren messen lassen.
Sie sprechen den niedersächsischen Minister Oppermann an. Ich sage Ihnen dazu die Auffassung unserer Fraktion und des Arbeitskreises: Es reicht schon, wenn sich die Kollegen der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion mit dem Kollegen Oppermann herumschlagen müssen. Das kann nicht unser Problem sein.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind für Alternativen zum Numerus clausus durchaus offen, wenn es denn Alternativen sind. Die Anträge von FDP und CDU sind - so wie sie gestellt sind - nicht zu Ende gedacht. Es sei denn, es versteckt sich hinter Ihrer Aufforderung nach Aufnahmeverfahren an den Hochschulen etwas anderes, nämlich eine Prüfung. Eine solche Entwertung des Abiturs durch neue Hürden lehnen wir ab.
Zusätzliche Kriterien für die Aufnahme in einem sehr begehrten Fach wie soziales Engagement, Berufserfahrung in einem studienverwandten Gebiet und Ähnliches mehr könnten wir uns allerdings durchaus vorstellen. Sie können aus unserer Sicht beispielsweise durchaus gleichwertig zu einem hervorragenden Abiturzeugnis betrachtet werden, wenn ansonsten nur mittelmäßige Noten vorliegen. Aber dazu, wie man hierfür ein geeignetes Verfahren findet, müssen wir modellhafte Erfahrungen einholen. Ich bin einer Meinung mit dem Kollegen Weber, dass es nicht darum gehen kann, dass sich die Hochschulprofessorinnen und -professoren die ihnen genehmen Nachwuchsleute aussuchen, sondern es muss darum gehen, dass Studierende für sich den Weg finden, wie sie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln können.
Wenn wir also darüber nachdenken, wie wir ein besseres Verfahren finden können, ist zu überlegen, ob nicht ein Teil der begehrten Studienplätze, die bisher durch die ZVS vergeben werden, anderen Kriterienkatalogen zugeordnet werden sollten. Dann müsste man allerdings auch an eine Umstrukturierung innerhalb der Oberstufe denken. Das kann nicht mal eben mit einem solchen Antrag erfolgen.
Ich gestehe ein, dass es mich nachdenklich macht, wenn ich Schülerinnen und Schüler höre, die sagen: Eigentlich würde ich lieber dieses Fach wählen, aber da haben wir einen sehr strengen Lehrer und das Fach ist sehr schwer. Ich gehe lieber in den Leistungskurs in einem anderen Fach, da habe ich meine eins sicher und die brauche ich für meinen NC. Das sind natürlich sachfremde Entscheidungen, die durch ein NC-System indiziert sind. Da kommt man schon ins Grübeln, ob wir nicht andere Parameter brauchen.
Noch einmal: Erstens. Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass der überwiegende Teil der Studienplatzvergabe nicht über die ZVS erfolgt. Zweitens. Die ZVS ist durchaus erfolgreich, was das Zusammenbringen von Studienfachwahl und tatsächlichem Studienort angeht. Drittens. Die Opposition hat hier keinen in sich stimmigen und geschlossenen Vorschlag gemacht.
Ich möchte noch hinzufügen, dass es nicht nur die beiden Seiten der SPD sind, die sich hier uneinig sind, sondern dass es auch innerhalb der Hochschulen sehr unterschiedliche Einschätzungen zur Abschaffung der ZVS gibt. Denjenigen, die bisher ohne ZVS ausgekommen sind, ist es egal, ob sich gesetzlich etwas ändert, ob sich die Grundlagen ändern. Sie sind davon nicht berührt. Diejenigen, die bisher mit der ZVS gearbeitet haben, möchten das auch weiterhin zum großen Teil tun, weil sie die große Arbeit und Mühe scheuen, die es macht, wenn man ein ehrliches, offenes dezentrales Bewerbungsverfahren anbietet.
In wenigen Fällen gibt es auch heute schon eine zusätzliche Aufnahmeprüfung. Das ist im künstlerischen Bereich so, Schauspiel, Kunst, Musik; zum Teil ist es aber auch im Hochleistungssport so. In diesen Fällen ist es gerechtfertigt, weil die schulischen Leistungen in diesen Bereichen - die haben sowieso alle eine eins in ihrem Begabungsfach, die sich da bewerben; da können Sie gar nicht weiter differenzieren, wenn Sie nur nach der Kunst- oder der Sportnote gehen - für den außergewöhnlichen weiteren Lebenswege nicht aussagekräftig genug sind.
Gerade diese Hochschulen und auch die Studierenden sagen, wie schwierig es ist, wenn sich jemand zum Beispiel zum zehnten Mal an einer Hochschule bewirbt. Einerseits ist das eine Chance, eine zehnmalige Chance für den Studierenden, andererseits ist es auch
für die Hochschulen, und für diejenigen, die die Aufnahmeprüfungen auf sich nehmen, ein sehr großer Aufwand und eine große Belastung. Wenn wir uns das hochgerechnet auf alle Fächer denken, würde das zu einem unglaublichen monatelangen Aufnahmeverfahren führen. Denken Sie nur an die große Anzahl der Studierenden beispielsweise im Bereich der Medizin. Bevor wir nicht eine Lösung haben, können wir nicht einfach das bisherige Verfahren aufkündigen.
Wir sind also für Vorschläge offen. Machen Sie welche! Wir sind in unseren eigenen Reihen dabei zu diskutieren, welche Verfahren es geben kann. Solange wir aber noch keine Antwort haben, möchten wir an dem bisherigen Verfahren festhalten. Alles andere wäre - auch im Hinblick auf die lange Zeit, die eine Umstellung braucht; ich konzediere, dass wir jetzt über das Jahr 2005 reden - unverantwortlich. Zuerst müssen wir eine Alternative haben. Alles andere wäre unverantwortlich.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich ist es keine schlechte Idee, dass die Hochschulen die Möglichkeit erhalten sollen, bei zulassungsbeschränkten Studiengängen einen Teil der Studierenden nach eigenen Kriterien auszuwählen.
Es gibt in einigen Bildungseinrichtungen zum einen die Möglichkeit, ein eigenes Profil für bestimmte Studiengänge zu entwickeln, zum anderen können hier andere Kriterien als der gesamte Notendurchschnitt zum Tragen kommen. Schließlich kann die Hochschule auch die Motivation der Studierenden in bestimmten für das Profil wichtigen Bereichen sichern. Letztlich ist ja die Motivation der Studierenden die beste Voraussetzung für eine hohe Qualität im Studium. Wir meinen aber nicht, dass dieses die ZVS, beziehungsweise eine zentrale Einrichtung, überflüssig macht. Im Gegenteil sehen wir eine solche Stelle als unverzichtbar an. Nur eine gemeinsame Einrichtung ist die richtige Grundlage für eine verbesserte zentrale Auswahl. Ihr kann eine wichtige koordinierende Funktion im weit verzweigten deutschen Hochschulwesen zukommen. Wir meinen, dass es neben der Auswahl der
Das ist auch im Vorschlag des ZVS-Beirats berücksichtig, bei dem die Hälfte der Studierenden immer noch zentral ausgewählt werden muss. Hier könnte und müssten in Zukunft verstärkt soziale Kriterien, regionale Kriterien und andere Merkmale wie zum Beispiel bürgerschaftliches Engagement zum Zuge kommen. Die Interessen der Hochschulen an Auswahl dürfen nicht gegen Kriterien der Chancengleichheit und der sozialen Gerechtigkeit ausgespielt werden.
Der Kollege Klug sagte vorhin, andere Staaten kämen ohne ein zentrales Zulassungswesen aus. Das ist richtig. Er versuche, ein bisschen zu polemisieren, indem er dieses Problem zwischen Traditionalisten und Modernisierern ansiedelte.
Es ist klar, dass man diese Karte ausspielen kann. Weil es von mir vielleicht erwartet wird, möchte ich die dänische Karte spielen. Ich will das gern tun, lieber Kollegen Garg, denn ich finde, dass man gerade in diesem Bereich etwas von seinem Nachbarn lernen kann.