Protocol of the Session on October 17, 2001

Das Zweite: Herr Kubicki, wir kennen Ihre Auftritte hier, wenn es um militärische Entscheidungen der Bundesregierung geht. Wir haben das auch in der Kosovo-Debatte erlebt. Ich möchte gern auf das eingehen, was Sie gesagt haben. Ihr Problem ist, dass Sie ein gestörtes Verhältnis zu der FDP-Außen- und Verteidigungspolitik in Berlin haben und das nur dadurch abarbeiten - weil Sie das im Innern gar nicht richtig mögen -, dass Sie die Grünen insgesamt für alles, was in diesem Bereich stattfindet, verantwortlich machen. Nur so, aufgrund Ihrer schwierigen Situation mit sich selbst, lässt es sich erklären,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Was haben Sie denn für ein Problem?)

(Monika Heinold)

dass Sie ein Zitat meines Landesvorsitzenden Björn Pistol völlig verdrehen. Das Wort „Bodentruppen“ taucht in der dpa-Meldung nicht auf. Was auftaucht, ist die Aussage, dass Terroristen gefasst und ihr Netzwerk zerstört werden müssen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie machen Sie das denn?)

Nun frage ich Sie in diesem Raum: Wer ist nicht dafür, dass die Terroristen gefasst werden und dass ihr Netzwerk zerschlagen wird?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn Sie nicht dafür sind, Herr Kubicki, dann möchte ich Sie bitten, nach vorn zu kommen und zu sagen, was Sie denn wollen. Was ist die Alternative?

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie verhindern doch keine Terroristen, indem Sie Kernkraft- werke abschalten! Wie naiv sind Sie eigent- lich?)

Das ist eine politische Erklärung, die bisher - so habe ich das verstanden - von uns allen unterstützt wird. Wer hat denn das Thema Sicherheit in den Landtag gezogen?

Es war die CDU, die jetzt gesagt hat,

(Martin Kayenburg [CDU]: Sehr zu Recht!)

sie möchte gern, nachdem Schill und andere erfolgreich waren und sie intern so viele Probleme hat,

(Klaus Schlie [CDU]: Wer hat das denn ge- sagt?)

das Thema innere Sicherheit federführend besetzen

(Heinz Maurus [CDU]: Eine sehr eigenwilli- ge Auslegung!)

in der Hoffnung, dort Wählerstimmen zu gewinnen. Wenn Sie das Thema innere Sicherheit besetzen, müssen Sie damit leben, dass das vollständig diskutiert wird. Dazu gehören die Atomkraftwerke, dazu gehört das Bankgeheimnis.

(Martin Kayenburg [CDU]: Nur die Grünen gehören bald nicht mehr dazu!)

Damit werden wir sie konfrontieren - ob Sie das wollen oder nicht. Dieser Diskussion müssen Sie sich stellen.

Ein Letztes, Herr Kerssenbrock!

(Martin Kayenburg [CDU]: Graf Kerssen- brock! So viel Zeit muss sein!)

Es hat mich gefreut, dass Sie Ihren Beitrag sehr sachlich begonnen und aus meiner Sicht zum ersten Mal erkannt, zugegeben und differenziert dargestellt haben, welches Gefahrenpotenzial von Atomkraftwerken ausgeht.

(Zuruf von der CDU: Hast du auch richtig zugehört?)

Das habe ich bei Ihren Reden vorher nicht gehört. Damit sind wir einen Schritt weiter und können dann gemeinsam über Folgemaßnahmen reden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 hat Herr Abgeordneter Stritzl das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Heinold, ich glaube nicht, dass sich diese Debatte dazu eignet, der Opposition in diesem Landtag vorzuhalten, dass sie Gefahrenpotenziale in der Vergangenheit oder in Zukunft zu vernebeln versucht.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, das glaube ich! Genau das ist der Fall!)

- Ich glaube, dem ist nicht so, sehr geehrter Herr Kollege Hentschel. Wenn Sie sehen, aus welcher Zeit die zusätzlichen entsprechenden rechtlichen Bestimmungen stammen, werden Sie sehen, dass die rechtlichen Bestimmungen intensiv darauf ausgerichtet sind, das typische Gefahrenpotenzial, das in der Kernspaltung liegen kann, technisch so beherrschbar wie möglich zu machen und dies in die Obhut der entsprechenden Aufsichtsbehörden zu stellen. Da kann ich Herrn Kubicki nur Recht geben: Wenn Sie es hier anders sehen und sagen, das Potenzial sei anders einzuschätzen, wäre in der Tat entsprechendes Handeln der Regierung angezeigt. Der Minister hat in seinem Bericht heute dargelegt, er selber sehe aus seiner Verantwortung keinen zusätzlichen Handlungsbedarf, sondern möchte dies offensichtlich auch in Abstimmung mit dem Staatssekretär weiter erörtern und nach Abschluss des Berichts der Reaktorsicherheitskommission noch einmal auf den Landtag zukommen. Insofern verwahre ich mich dagegen, der Opposition ein unterentwickeltes Gefahrenpotenzialdenken zu unterstellen.

Wir können uns in der Diskussion über vieles streiten. Ich finde allerdings Diskussionsansätze nicht akzeptabel, die da heißen - ich sage das einmal so, wie ich es

(Thomas Stritzl)

verstanden habe -, dass ein Mann wie bin Laden gut in die eine oder andere demokratische Partei dieses Hauses passen würde. Das muss ich mit Entschiedenheit zurückweisen.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir uns der Diskussion stellen, wie wir es hier heute tun, dann ist die gesamte Diskussion darauf angelegt, die Bedingungen zu schaffen, die es Terroristen unmöglich machen, uns in der einen oder anderen Weise zu bedrohen. Das gilt übrigens nicht nur für die Frage der Kernspaltung, sondern beispielsweise auch für die Frage von B- und C-Waffen. Auch das sollte man in der Dimension nicht unterschätzen.

Deswegen ist der hier vorgetragene Ansatz, der heute Morgen doch einhellig über die Fraktionsgrenzen hinaus, insbesondere von der Opposition, deutlich gemacht worden ist, zu verunmöglichen, dass Terroristen diese Mittel in die Hand kriegen, der richtige Weg. Das alleinige Konzentrieren auf ein mögliches Ziel das haben Herr Kubicki und Herr Kayenburg deutlich gemacht - hilft nicht weiter.

Ein letzter Punkt! Frau Kollegin Heinold, ich finde es prima, wenn wir uns darin einig sind - das haben Sie noch einmal unterstrichen -, dass bin Laden und die Leute, die hinter den Terroranschlägen stecken, in Afghanistan gefasst werden sollen.

(Jürgen Weber [SPD]: Es gibt sie nicht nur in Afghanistan!)

- Das ist in Ordnung. - Wenn das so ist, finde ich das prima. Dann haben wir Einigkeit. Dann habe ich allerdings ein Problem: So lange die bisher noch herrschende afghanische Regierung ihn nicht ausliefert, bleibt nichts anderes übrig als das, was der deutsche Bundeskanzler gesagt hat: Uneingeschränkte Solidarität mit den Amerikanern, das heißt auch Unterstützung der Aktionen, die zurzeit stattfinden. Wenn das nicht dazu führt, dass die ihn ausliefern, sagen Sie - so habe ich Ihren Landesvorsitzenden nach dpa verstanden -: Dann muss er dort gefasst werden. Wenn die ihn nicht ausliefern, bedeutet „fassen“ - da hat Kollege Kubicki doch logischerweise Recht -, dass man dann mit Bodentruppen rein muss, um das, was die anderen freiwillig nicht tun, durch eigene militärische Mittel herstellen zu können.

Im Ziel sind wir uns also einig, aber ich bitte, dass dann die Mittel, die dafür notwendig sind, auf der anderen Seite nicht gleich wieder abgelehnt werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich wollte eigentlich die Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Nabel nach § 55 Abs. 1 zu einer persönlichen Erklärung an den Schluss stellen, aber vielleicht macht es Sinn, dass Sie jetzt eine persönliche Bemerkung abgeben, Herr Abgeordneter Nabel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich vorhin durch Zwischenrufe angeregt vergaloppiert und eine missverständliche Äußerung gemacht. Mir ging es darum, deutlich zu machen, dass mir wohl klar ist, dass Herr bin Laden nicht aus irgendeiner unteren sozialen Schicht, sondern aus einer Kaufmannsfamilie stammt und insofern ein Mittelständler ist. Nur in diesem Zusammenhang mit dem Mittelstand habe ich das der FDP zugeordnet, nicht inhaltlich, zumal ich an dieser Stelle - das haben Sie heute Morgen ja vielleicht erlebt - in der Frage des Umgangs mit Sicherheit ziemlich nah an der FDP dran bin. Es ging mir nicht darum, Sie hier in irgendeiner Form zuzuordnen, sondern nur um die Frage Mittelstand.

(Zurufe)

Für die FDP erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Kubicki nach § 56 Abs. 4 das Wort.

Lieber Konrad Nabel, ich weiß nicht, ob du es jetzt nicht noch schlimmer gemacht hast, als es vorher war,

(Zurufe)

und zwar deshalb, weil sich die Sozialdemokraten ja rühmen, dass sie mehr Mittelständler organisieren als die FDP. Aber einmal unabhängig von dieser Frage bin ich ohnehin davon ausgegangen, dass die Äußerung nicht so gemeint war, wie sie bei einigen angekommen ist, bei mir im ersten Moment auch. Aber ich bin sicher, dass es so nicht gemeint war, und deshalb nehme ich die Entschuldigung beziehungsweise Erklärung für meine Fraktion dankend entgegen und bin auch dankbar für die Worte des Kollegen Stritzl.

Ich habe mich gleichwohl noch einmal zu Wort gemeldet, weil sich Frau Heinold dankenswerterweise mit meiner Psyche verschärft auseinander setzt.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Möglicherweise reicht Ihnen Ihr Psycholaden nicht

(Wolfgang Kubicki)