Da der Antrag in Kürze im Bundesrat abschließend beraten werden soll - die Fachausschussberatung war meines Wissens am 4. Mai -, bitten wir mit unserem Antrag die Landesregierung Schleswig-Holstein um Unterstützung der bayerischen Initiative. Es ist jetzt länger als ein halber Jahr geredet, geprüft und in Ausschüssen diskutiert worden. Das ist genug! Jetzt ist Zeit zum Handeln. Wir bitten, über unseren Antrag heute in der Sache abzustimmen und ihm zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Bedeutung des Ehrenamtes für unser Gemeinwesen, speziell hier in Schleswig-Holstein, dürfte ein breiter partei- und fraktionsübergreifender Konsens bestehen.
Mehr als 15 Millionen Menschen leisten in Deutschland für andere ehrenamtliche Arbeit. Unbestritten ist dieses Element des Bürgerengagements in vielen gesellschaftlichen Bereichen unschätzbar. Unser Gemeinwesen wäre in manchen Bereichen, in denen sich Menschen engagieren, sogar in seiner Existenz gefährdet und der Einsatz der Ehrenamtler wäre nur mit großem finanziellen Aufwand durch professionelle Dienstleistungen zu ersetzen. In diesem Sinne ist ehrenamtliches Tun für unsere Gesellschaft unbezahlbar.
Es ist ein wesentliches Merkmal einer aktiven Bürgergesellschaft, dass sich Menschen unentgeltlich ehrenamtlich engagieren. Es ist sowohl politisch als auch im Rahmen eines gesellschaftlichen Konsenses erforderlich, dafür zu sorgen, dass diese Menschen zumindest keine finanziellen Nachteile dadurch haben, dass sie sich für die Allgemeinheit betätigen.
Was ist nun eigentlich der Konflikt? - Nach einer Beurteilung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger sind Aufwandsentschädigungen teilweise steuer- und sozialversicherungspflichtig. Nachdem bereits Übungsleiterinnen und Übungsleiter in Sportvereinen und anderen ähnlich ehrenamtlich begleiteten Tätigkeiten nach der Neuregelung der Geringfügigenbeschäftigung 1999 sozialversicherungspflichtig wurden, sind nun in der aktuellen Diskussion Feuerwehrleute sowie ehrenamtliche Politikerinnen und Politiker betroffen.
Das Bundessozialgericht hat wiederholt entschieden, dass Ehrenbeamte in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wenn sie über Repräsentationsaufgaben hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen auszuüben haben.
Die Sozialversicherungspflicht ist insofern auch in diesem Bereich nichts Neues. Sie wird aber in den verschiedenen Bundesländern zum Teil sogar noch jetzt unterschiedlich ausgelegt und umgesetzt.
Hier ist nun durch die Feststellung der Steuer-, aber auch der Sozialversicherungspflicht für ehrenamtlich Tätige, die hierfür eine Aufwandsentschädigung enthalten, eine Entwicklung eingetreten, die auch von uns bedauert wird und die auf geeignetem Wege korrigiert werden muss.
Denn auch wir haben die Sorge, dass durch diese Entwicklung die Bereitschaft, ein Ehrenamt auszuüben und zu übernehmen, zusätzlich belastet wird. Ich wiederhole allerdings: Ehrenamtlich Tätige, die für ihren Einsatz eine Entschädigung für ihren Aufwand erhalten, auch pauschal, sollen auch nach unseren Vorstellungen nicht der Sozialversicherungspflicht und der Steuerpflicht unterliegen.
Der Antrag Bayerns, den Sie von der CDULandtagsfraktion nun auch vom schleswigholsteinischen Vertreter im Bundesrat unterstützt haben wollen, erreicht aber genau dieses Ziel nicht.
Lassen Sie uns einen kurzen Blick auf den Begriff „Ehrenamt“ werden. Ehrenamt ist nach der Definition im Duden eine freiwillige und unbezahlte Tätigkeit. Dies trifft auch für die überwiegende Mehrheit der 15 Millionen Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler in Deutschland zu. Sie bekommen gar nichts.
Dann gibt es diejenigen, die ein kleines Entgelt zur Abdeckung ihres Aufwandes erhalten. Diese sollen auch in diesem Sinne behandelt werden.
Aber was machen wir denn mit all denen, die bei Krankenkassenorganisationen oder anderen Interessenverbänden, in Vorständen und auch - das sage ich ausdrücklich - im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung und der Feuerwehr sehr viel höhere Beiträge als Aufwandsentschädigung für ihr Engagement erhalten? Da gibt es vier- und fünfstellige monatliche Aufwandsentschädigungen,
bei denen doch zumindest die Frage aufzuwerfen ist, ob es sich hierbei noch um ein Ehrenamt im Sinne nicht bezahlter Tätigkeit handelt.
Natürlich wollen wir die Leistungen auch dieser Menschen für die Allgemeinheit in keiner Weise herabstufen. Hier stellt sich allerdings die Frage nach unbezahlter Tätigkeit etwas anders. Ich betone ausdrücklich: Dass all die vielen Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler einen Ausgleich für ihren Aufwand erhalten, halten wir für erstrebenswert. Für all die Menschen, die jetzt von aktueller Rechtsprechung betroffen sind, muss eine geeignete Regelung gefunden werden.
Der Deutsche Bundestag hat eine Enquetekommission eingesetzt, die sich umfassend mit dem Thema Ehrenamt beschäftigt. Hier wird die Frage, wie in Zukunft die Bürgergesellschaft entwickelt werden kann, sehr viel umfassender gestellt. Dazu gehört auch die Frage - sie ist in dem Auftrag, den die Enquetekommission erhalten hat, ausdrücklich aufgeworfen -, wie denn zukünftig die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen bürgerschaftlichen Engagements gestaltet werden sollen. Die Enquetekommission des Bundestages ist deshalb der richtige Ort, um darüber nachzudenken, wie ein modernes Ehrenamt in einer sich wandelnden Bürgergesellschaft aussehen soll und wie dann die Förderung gestaltet werden kann.
Ich komme zum Schluss! Die SPD-Fraktion hat ebenfalls ein Interesse daran, dass den vielen ehrenamtlich Tätigen, die wirklich Beträge ausschließlich zur Befriedigung des mit ihrer Tätigkeit entstehenden Aufwandes erhalten, geholfen werden kann.
Da sollten wir nach Regelungen suchen. Dies wird aber durch den Antrag der bayerischen Staatsregierung nicht erreicht. Er lässt wesentliche Dinge unberücksichtigt und würfe im Falle eines Beschlusses neue Fragen und Unsicherheiten auf.
Er gibt eben nicht die Antwort auf die Frage nach einer klaren Abgrenzung zwischen reinem Ehrenamt und Entgelttätigkeit.
Wegen der für die Millionen ehrenamtlich Tätigen in Schleswig-Holstein großen Bedeutung, die dem Anliegen dieses Antrags zugrunde liegt, haben wir den Antrag gestellt, dass sich der Innen- und Rechtsausschuss sowie der Sozialausschuss mit dieser Frage beschäftigen sollen,
um nach Lösungen zu suchen, wie vielleicht auf Landesebene für diesen Personenkreis etwas erreicht werden kann beziehungsweise wie eine Initiative auf Bundesratsebene sinnvoll vorbereitet werden kann. Wir bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ist es nicht immer wieder schön, welch hohes Loblied dann und wann auf das Ehrenamt angestimmt wird? Zuletzt war es die Frau Ministerpräsidentin, die sich in ihrer Regierungserklärung eine Gesellschaft wünschte - übrigens zu Recht, wie ich hinzufügen will -, in der Bürgerinnen und Bürger nicht immer gleich für jeden Handstreich auch die Hand aufhalten. „Ganz wunderbar!“, kann ich da nur sagen.
Allerdings frage ich mich, warum dann einer der ersten Schritte der neuen rot-grünen Bundesregierung gerade darin bestand, ehrenamtliches Engagement de facto ad absurdum zu führen.
Denn nichts anderes haben die Mehrheitsfraktionen in Berlin mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse getan.
Mit In-Kraft-Treten der Neuregelung fallen Aufwandsentschädigungen selbst dann unter die Sozialversicherungspflicht, wenn sie sich unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze bewegen, soweit die oder der ehrenamtlich Tätige bereits einen versicherungspflichtigen Hauptberuf ausübt. Von Ehrenamt zu sprechen und in einem Atemzug die Aufwandsentschädigung mit einer auf Einkommenserzielung gerichteten Erwerbstätigkeit gleichzusetzen, das haben nicht nur F.D.P. und Union von Anfang an scharf kritisiert; das traf vor allem auf völliges Unverständnis bei den Betroffenen selbst.
Appelle an die Bevölkerung zu richten, sie möge sich doch nach Möglichkeit noch mehr als bislang ehrenamtlich engagieren, sich für das Gemeinwohl einsetzen, und gleichzeitig über das Sozialversicherungsrecht die Möglichkeiten ehrenamtlichen Engagements einzuengen, das ist nicht nur ein krasser Widerspruch, das grenzt bereits an Verhöhnung derjenigen, die man für mehr ehrenamtliches Engagement gewinnen will.
Nun sollte ja mit der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung vor allem wieder mehr soziale Gerechtigkeit einkehren.
- Ja, dann frage ich mich allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen auf dieser Seite: Was hat es eigentlich noch mit Gerechtigkeit zu tun, wenn Frauen und Männer, die durch ihr Engagement vor Ort dazu beitragen, das soziale Klima zu verbessern - sei es als kommunale Amts- und Mandatsträger oder sei es als Gruppenleiter in Sportvereinen, sei es in Wohlfahrtsverbänden -, mit der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse derart vors Schienbein getreten wird?