Protocol of the Session on September 27, 2001

programm. Das heißt, dass wir hier weiter sind als die CDU. Wir sind auch weiter als andere Parteien.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Ich begrüße aber jeden Weggefährten, der diese Diskussion mit vorantreibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir kommen zum Vergabegesetz.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Frau Aschmoneit-Lücke, ich bin etwas erstaunt über das, was Sie sagen. Wenn die gesamte Bauwirtschaft Schleswig-Holsteins in sämtlichen Branchen im Wirtschaftsausschuss vertreten ist und sagt, dass sie ein Vergabegesetz fordern, und Sie dann sagen, das sei wirtschaftsfeindlich, dann frage ich mich, welche Wirtschaft Sie eigentlich vertreten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Worüber ich zum Nachdenken anregen möchte, ist die Streichung der im Haushalt zur Beratung des Handwerks bereitgestellten Mittel. Ich weiß, dass wir Schwierigkeiten mit der Finanzierung haben. Das ist nicht die Schuld des Finanzministers; denn er muss sparen. Dazu ist er verpflichtet. Gleichwohl müssen wir gemeinsam darüber nachdenken, wie wir in Bezug auf diese Fördermittel verfahren; denn daraus wird die Beratung von Existenzgründern sowie die Beratung in den Fällen, in denen eine Übergabe vom Altbesitzer an junge Handwerker stattfindet, finanziert. In den nächsten Jahren werden Tausende von Handwerkern ihren Betrieb an einen Nachfolger übergeben. Daher ist das ein Thema, das besondere Bedeutung hat. Wenn es stimmt - ich habe mir die Zahlen noch einmal angeschaut und die Briefe gelesen -, dass die Beratungsleistungen dann eingestellt werden, so wäre das schmerzlich. Daher sollten wir im Zuge der Haushaltsberatungen - wir werden ohnehin über einige Dinge zu sprechen haben - darüber noch einmal reden.

Zur Schwarzarbeit ist noch zu erwähnen, dass auf Bundesebene die Bauabzugsbesteuerung beschlossen worden ist. Die Regelung tritt zum 1. Januar 2002 in Kraft. Danach ist der Bauunternehmer verpflichtet, von den Rechnungen des Subunternehmers 15 % einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Dies hat zur Folge, dass die Praxis, Subunternehmer aus Osteuropa zu beschäftigen, die in keiner Weise Steuern oder Abgaben zahlen, weitgehend unterbunden wird. Das ist ein wichtiger Schritt.

(Karl-Martin Hentschel)

Abschließend möchte ich noch etwas zur New Economy sagen. Mich hat die Debatte über die New Economy, die gestern losgetreten worden ist, entsetzt; das muss ich wirklich sagen. Wer in neues Gelände segelt, der kann nicht, sobald der erste Windhauch weht, die Segel streichen und wieder zurückrudern. So kann man doch nicht Wirtschaftspolitik machen. Wenn wir nach vorne wollen, wenn wir einen Strukturwandel wollen, dann müssen wir auch riskieren, dass es mal Schwierigkeiten gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt im Moment Schwierigkeiten bei der New Economy. Aber es ist doch absurd, deswegen zu glauben, die New Economy sei falsch. Jeder, der sich mit Wirtschaftspolitik beschäftigt, weiß das. Das kann doch nur jemand sagen, der Polemik verbreitet.

Der Wirtschaftsminister hat es geschafft, dass Schleswig-Holstein in diesem Bereich vorne ist. Die Situation in Bezug auf den NEMAX ist zurzeit kritisch. Wenn man sich allerdings die Historie der letzten 100 Jahre bei der Entwicklung neuer Technologien ansieht, so stellt man fest, dass jede neue Technologie zu einem bestimmten Zeitpunkt in Schwierigkeiten gerät, dass das bei neuen Technologien normal ist. Deshalb bin ich sicher, dass letztlich diejenigen gewinnen werden, die auf neue Technologien setzen und nicht auf alte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zwei Zitate aus dem Bericht voranstellen:

„Das Handwerk in Schleswig-Holstein war in den letzten fünf Jahren von einem kontinuierlichen Personalabbau gekennzeichnet.“

„Das Handwerk in Schleswig-Holstein entwickelte sich deutlich schlechter als die Gesamtwirtschaft.“

Beide Zitate zeigen, in welch schwieriger Situation wir uns befinden. Da gibt es nichts zu beschönigen. Ich will aber auch nicht darin verfallen, Schuldzuweisungen zu machen, sondern versuchen, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Vor einiger Zeit haben wir eine Anhörung des Baugewerbes durchgeführt, in der deutlich wurde, was das Baugewerbe fordert, nämlich erstens gleiche Marktbedingungen für alle Marktteilnehmer und zweitens mehr öffentliche Aufträge.

Wie das mit den öffentlichen Aufträgen ist, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Einmal im Jahr, bei den Etatberatungen drehen wir die Mark mehrfach um, bevor wir sie verplanen. Sämtliche Kreise und Kommunen tun es uns gleich. Die öffentlichen Haushalte haben kaum Geld und die öffentlichen Aufträge sind daher bei den Baumaßnahmen auch zurückgegangen. Dies ist zu bedauern, wird sich aber - da bin ich Realist - wohl auf längere Zeit nicht gravierend ändern.

Hinsichtlich der gleichen Marktbedingungen kann ich sagen, dass dies in der Tat die alles entscheidende Frage ist. Wenn es uns nicht gelingt, die gesetzlichen Grundlagen so zu gestalten, dass alle Marktteilnehmer zu den gleichen Bedingungen antreten, gibt es keinen echten Wettbewerb. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass man zum Erhalt der Konkurrenzfähigkeit unbedingt die Löhne senken muss.

In Deutschland und in ganz Europa wird dieses Thema heiß diskutiert. Als Stichwort nenne ich nur die gesetzliche Verpflichtung zu Tariftreueerklärungen und die Diskussionen über Vergabegesetze. Diese Diskussionen sind in vollem Gange und auch wir als SSW haben mit einem Vorschlag für ein Landesvergabegesetz konkret gehandelt. Wenn ich richtig informiert bin, ist man auch im Lande Niedersachsen dabei, ein solches Gesetz zu formulieren.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Niedriglohngebiete und regionale Sondertarife sind in jedem Fall nicht der richtige Weg. Regional niedrigere Tarife sind nichts anderes als Lohndumping mit anderen Mitteln. Lohndumping kann nicht das Mittel zur Problemlösung sein, sondern gleicher Lohn für alle ist der Weg hin zu einem einheitlichen Wettbewerb. Dieses Ziel gilt es zu verfolgen. Das gilt es in Gesetzesform zu gießen, und zwar sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Es wird auch zu Recht immer wieder darauf hingewiesen - der Bericht geht ebenfalls darauf ein -, dass die hohen Lohnnebenkosten eine der Ursachen sind, die die Entwicklung des Handwerks behindern. Das ist richtig. Ich glaube, man hat dies allerorts erkannt. Eine Senkung der Lohnnebenkosten um einen Prozentpunkt reicht da nicht aus. Was wir brauchen, ist eine Änderung des Systems hin zu einer steuerfinanzierten so

(Lars Harms)

zialen Absicherung, wie wir es zum Beispiel in Dänemark haben, allerdings - das möchte ich betonen - auf hohem sozialen Niveau. Dies würde aber das komplette System in Deutschland umkrempeln. Ich glaube, es ist unrealistisch, dass das in absehbarer Zeit geschieht. Es wird ja auch noch nicht einmal in Ansätzen ernsthaft politisch diskutiert. Ich verweise auf die Ausführungen meiner Vorredner. Daher sollten wir uns nicht von dem Argument der Lohnnebenkosten blenden lassen. Das, was im Rahmen unseres heutigen Systems erreicht werden kann, wird uns nicht besonders weit voranhelfen, wie auch die letzten Bemühungen der Bundesregierung deutlich gezeigt haben.

Ein besonderes Problem, das sich gerade dem Handwerk stellt, ist aber die Frage der Nachfolge. Kollege Hentschel hat es eben schon erwähnt. Bei unseren kleinen und kleinsten Unternehmen mit oft weniger als zehn Beschäftigten wird sich dies aufgrund des anstehenden Generationenwechsels noch verstärken. Die Anforderungen an die Unternehmensführung sind enorm gestiegen.

Das Ganze lässt sich nicht mehr nebenher erledigen. Fehler im Management, auch bei kleinen Unternehmen, werden gnadenlos bestraft. Diese Entwicklungen können zusätzlich zu erheblichen Problemen für das Handwerk auch in Schleswig-Holstein führen.

Die Landesregierung hat in ihrem Haushaltsplanentwurf für 2002 die Zuschüsse für die Existenz- und Nachfolgeberatung im Handwerk komplett gestrichen. Ich glaube, das ist der falsche Weg, der uns im Nachhinein teurer kommen wird, als im ersten Moment gedacht.

Einen Erfolg stellen hingegen die regionalen Weiterbildungsverbünde dar. Diese Weiterbildungsverbünde bekommen Lob von allen Seiten.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Die Zusammenfassung der Weiterbildungsinstitutionen hat Vorteile für Anbieter und Nachfrager von Bildungsleistungen. Bezogen auf das Handwerk kann man klar feststellen, dass viele ergänzende Qualifikationen erreicht werden können. Diese Qualifikationen, zum Beispiel im Bereich Unternehmensführung und neue Technologien, sind dringend notwendig.

Damit ich nicht missverstanden werde: Die Ausbildung in den Handwerksbetrieben ist gut, Sie ist sogar sehr gut. Aber die Anforderungen steigen ständig und es kommen immer neue Herausforderungen auf das Handwerk zu. All diese notwendigen Kenntnisse können nicht nur in der Ausbildung vermittelt werden, sondern müssen in späteren Weiterbildungen erworben werden. Genau an dieser Stelle setzen die Weiterbil

dungsverbünde an und stützen so unsere regionale Wirtschaftsstruktur.

Ein Hauptproblem des Handwerks ist aber auch, dass die Lehrberufe im Handwerk nicht als sehr attraktiv gelten. „Handwerk hat goldenen Boden“ ist schon lange nicht mehr das Motto, nach dem sich die jungen Leute ihre zukünftigen Berufe aussuchen. Es gibt einen immer größeren Drang in die Berufe außerhalb des Handwerks. Vor allem Jugendliche mit guten Schulabschlüssen und höherer Bildung werden kaum vom Handwerk angelockt. Dies ist teilweise auch ein hausgemachtes Problem. Wer immer nur hört, die Zukunftsperspektiven im Handwerk seien schlecht und - noch schlimmer - das Handwerk hätte vor allem eine soziale Funktion, was die Berufsausbildung angeht, der überlegt sich dreimal, ob er wirklich einen Beruf im Handwerk lernen soll.

(Beifall bei SSW und SPD)

Dabei ist das Handwerk durchaus attraktiv. Die Attraktivität des Handwerks muss aber auch nach außen dargestellt werden. Da sind auch wir gefordert.

Aber insbesondere die Handwerksverbände müssen versuchen, das Image des Handwerks zu verbessern. Nur dann, wenn man junge Leute für eine Ausbildung im Handwerk gewinnen kann, hat man die Chance, dass die gut qualifizierten jungen Menschen dem Handwerk den Schub geben können, den es braucht.

Ein Wort zu guter Letzt auch zum Thema Konkurrenz durch dänische Unternehmen, die in SchleswigHolstein tätig sind! Im Europaausschuss wurde uns kürzlich - im Zusammenhang mit Informationen zum grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt - deutlich gemacht, dass dänische Unternehmen den deutschen Markt oft noch scheuen, weil die bürokratischen Hürden immer noch sehr hoch sind. Für deutsche Unternehmen, die in Dänemark tätig werden wollten, hat sich vor allem die Sprachbarriere als hinderlich erwiesen, wurde uns dort gesagt.

Die Tarifstrukturen sind auf beiden Seiten der Grenze ungefähr gleich, wobei aber das steuerfinanzierte Sozialsystem in Dänemark dazu führt, dass die dänischen Handwerker um einiges billiger sind, als die deutschen anbieten können.

Ich glaube dennoch, wir sollten die Konkurrenz aus dem Norden nicht überbewerten, wenn es darum geht, strukturelle Lösungen für unser Handwerk in unserem Land zu suchen. Die Probleme, vor denen wir stehen, liegen sicherlich an anderer Stelle, wie ich auch versucht habe deutlich zu machen. Hier gibt es Hand

(Lars Harms)

lungsmöglichkeiten für das Land Schleswig-Holstein, die wir dann auch gemeinsam angehen sollten.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD sowie Beifall des Abgeordneten Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])