„Die Landesregierung unterstützt das Handwerk mit günstigen Rahmenbedingungen zur Stärkung der Flexibilität und Innovationsfähigkeit. Modernisierung der Verwaltung, günstige Finanzierungshilfen, eine breite Palette von Zuschüssen zur Qualifizierung und die verstärkte Nutzung neuer Technologien machen das Handwerk fit für die Zukunft.“
Angesicht der Entwicklung von Umsatz und Beschäftigungszahlen kann man diese Selbstbeweihräucherung kaum ertragen.
„... der Wirtschaftsminister setzt sich dafür ein, dass die Aufträge der öffentlichen Hand zu einer Verstetigung der Nachfrage nach Bauleistungen beitragen.“
Die Ausgaben für Baumaßnahmen, also Hochbaumaßnahmen und Straßenbau, sprechen da eine ganz andere Sprache. 1990 wurden von Bund und Land in Schleswig-Holstein nominal noch 673,7 Millionen DM in Baumaßnahmen investiert.
- Ich komme darauf, Herr Benker. - 1999 waren es nur noch 391,3 Millionen DM, im Jahr 2000 wieder 456 Millionen DM - wie gesagt, nominal. Preisbereinigt waren die öffentlichen Ausgaben für Baumaßnahmen 2000 fast 47 % geringer als 1990, die des
Ähnlich sieht es beim Straßenbau aus: Im Vergleich zu 1990 sanken die Ausgaben der öffentlichen Hand preisbereinigt um gut 22 %, davon die des Landes um mehr als 29 %, Herr Kollege Benker. So viel zum Thema günstige Rahmenbedingungen und Verstetigung der Baunachfrage!
Wäre es nicht so traurig, könnte man lachen, aber es ist leider so traurig. Die preisbereinigten Zahlen sind der Antwort nicht zu entnehmen. Dabei sollte es gerade unserem Wirtschaftsminister einleuchten, dass nur der Vergleich realer Geldbeträge Rückschlüsse auf reale Veränderungen zulässt.
Vielleicht würde es auch der Landesregierung helfen, wenn sie sich diese Erkenntnis zu Eigen machte; genügend Volkswirte haben wir ja im Kabinett. Damit keine Zweifel aufkommen: Seit über 13 Jahren regiert die SPD und seit fünf Jahren dürfen die Grünen mitmachen. Hier sind die Verantwortlichen zu finden.
Jeweils knapp ein Drittel weniger im Bau allgemein und im Straßenbau! Diesen Einbruch der öffentlichen Investitionen des Landes können Sie auch mit noch so viel Förderprogrammen und Beschäftigungsgesellschaften nicht ausgleichen. Wäre das reale Niveau der Bauausgaben von 1990 gehalten worden, dann wären in den letzten zehn Jahren durch die öffentliche Hand in Preisen von August 2001 knapp 3,5 Milliarden DM mehr investiert worden. Das sind schon wahnsinnige Zahlen. Ich bin nicht der Auffassung, dass wir sie hätten erreichen können, aber man muss diese realen Zahlen nennen, um die Situation richtig einschätzen zu können.
Wir haben stattdessen rot-grüne Nachhaltigkeitsparolen und im Haushaltsentwurf 2002 eine geplante Investitionsquote von offiziell 9,3 %. Es wird aber noch schlimmer: Jetzt tritt offensichtlich auch der Wirtschaftsminister dieses Landes, jedenfalls auf Bundesebene, für die gesetzliche Festschreibung der Tariftreue im Bau ein. Das kann man natürlich tun, um die Bauwirtschaft kurzfristig zu beruhigen. Herr Minister, der Professor der Freiburger Schule wird sich hoffentlich der Folgen bewusst sein. Dafür spricht auch Ihre Eierei zu sagen: „Wir warten lieber auf ein Bundesgesetz“, während der Sprecher der SPD-Fraktion hier deutlich sagt: „Wir wollen ein Landesvergabegesetz so schnell wie möglich.“
Nachdem ich diese Zahlen genau nachgeprüft habe, sind wir der Auffassung, dass das Handwerk in Schleswig-Holstein nichts zu hoffen hat, jedenfalls nichts zu hoffen hat, wenn es auf Rot-Grün hofft. Ansonsten ist das Handwerk hier stark wie immer und wird sich selbst weiterhin aus der Patsche ziehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat einen differenzierten Bericht vorgelegt, der deutlich macht, welche Bedeutung das Handwerk für Schleswig-Holstein hat. Jeder fünfte Arbeitsplatz und jeder dritte Ausbildungsplatz in Schleswig-Holstein wird vom Handwerk bereitgestellt. Dafür danken wir den Aktiven in diesem Bereich, weil dies eine wichtige Leistung für SchleswigHolstein ist.
Wir sehen aber auch, dass es im Handwerk erhebliche Strukturprobleme gibt. Diese Strukturprobleme müssen genau analysiert werden. Die Strukturprobleme betreffen nämlich nicht alle Handwerksbereiche, sondern sie liegen in einem bestimmten Wirtschaftszweig, der im Handwerk jedoch den größten Bereich ausmacht. Das ist die Bauwirtschaft.
Die Situation der Bauwirtschaft wurde in den letzten Jahren im Wirtschaftsausschuss genügend behandelt. Die Bauwirtschaft ist dadurch geprägt, dass nach 1990 in Ostdeutschland riesige Abschreibungsmodelle finanziert worden sind. Dies geschah durch Steuerabzüge der Bundesregierung, also durch den Steuerzahler. Im Ergebnis wurde die Bauwirtschaft aufgebläht. Der Anteil der Bauwirtschaft am Bruttosozialprodukt ist in Ostdeutschland dreimal so hoch wie in Westdeutschland. Man hat eine Bauwirtschaft aufgebaut, die niemals zukunftsfähig sein konnte.
Selbst in Schleswig-Holstein ist als Folge dieser Entwicklung die Bauwirtschaft um über 30 % gewachsen. Lag die Anzahl der Beschäftigten Anfang der 90erJahre noch bei 30.000, so ist sie Mitte der 90er-Jahre auf 45.000 angestiegen. Die Subventionen wurden dann Schritt für Schritt wieder abgebaut. Das Ergebnis war der Zusammenbruch der Bauwirtschaft. Wir haben in Schleswig-Holstein bei der Anzahl der Beschäftigten in der Bauwirtschaft heute genau den Stand erreicht, den wir vor der deutschen Einheit hatten. Das heißt, dass genau die 15.000 Beschäftigten, die hinzugekommen sind, jetzt wieder fehlen. Die Situation
heute ist jedoch viel schlimmer als 1990, weil in Mecklenburg-Vorpommern immer noch erhebliche Überhänge vorhanden sind. Dort sind die Leute bereit, für jeden Lohn zu arbeiten, um Beschäftigung zu bekommen. Daher haben wir in der Bauwirtschaft eine Krise. Diese Krise auf den Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins zu projizieren, ist absolut absurd. Das hat nichts mit einer Kenntnis der Situation zu tun. Das tut mir Leid!
Trotzdem sind wir gefordert, das Notwendige zu tun, um dem Handwerk insgesamt zu helfen, und zwar sowohl qualitativ stützend als auch investiv. Daher werde ich auf einige Punkte eingehen: Der große Befähigungsnachweis der Handwerksmeister ist auch vonseiten meiner Partei in die Diskussion geraten, weil es auf europäischer Ebene keinen Meisterbrief gibt. Es ist eindeutig, dass im Rahmen der europäischen Einigung die Beschränkung der Selbstständigkeit im Handwerk auf Meister nicht aufrechterhalten werden kann. Das wissen wir alle. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Wir müssen uns fragen, wie wir damit umgehen.
Die von Herrn Neugebauer gern gemachte Aussage, dass der Meisterbrief ein Hemmnis für die Selbstständigkeit ist, kann ich global nicht teilen. In Einzelfällen mag das der Fall sein. Für mich ergibt sich folgende Konsequenz: Der Meisterbrief ist in seiner bisherigen Form nicht europafähig. Ich halte den Meisterbrief als Qualitätsmerkmal für Arbeit aber für eine ausgezeichnete Angelegenheit. Die Kunden verlassen sich darauf.
Handwerk fertigt keine Massenproduktion. Das heißt, dass Handwerk nur dann eine Chance hat, wenn Qualität geliefert wird. Deshalb ist ein Qualitätssiegel im Handwerk von großer Bedeutung. Meine Überlegungen gehen in die Richtung, dass man im Sinne der Entwicklung der Europäischen Union aus dem Handwerksmeisterbrief ein Qualitätssiegel für die Handwerksbetriebe macht, das den Kunden deutlich macht, dass dies ein qualifizierter Handwerksbetrieb ist, auf den man sich verlassen kann. Darüber haben wir mit den Handwerkskammern auch schon geredet. Dadurch wird eine Form geschaffen, die zukunftsfähig ist.
Ein weiterer Punkt ist die Ausbildungsbereitschaft. Herr Benker, es ist absolut entscheidend, dass die Ausbildungsbereitschaft des Handwerks erhalten
bleibt. Im Unterschied zu dir sehe ich das Problem nicht, dass sich jetzt die Frage stellt, wie Handwerker zu 30 % Realschüler und Gymnasiasten ausbilden können. Die große Qualität des Handwerks ist viel mehr, dass es zwei Drittel unser Hauptschüler ausbildet. Das ist die ungeheure Leistung.
Heute weiß man, dass das Drittel der Bevölkerung, das die Hauptschule abschließt, vor 30 Jahren das Drittel war, das gar keine Ausbildung machte. Heute müssen diese Menschen eine Ausbildung absolvieren, weil es die Jobs, die es damals als Hilfsarbeiter, als Schweißer auf der Werft und so weiter gab, heute nicht mehr gibt. Das heißt, dass diejenigen, die früher keine Ausbildung machten, heute eine Ausbildung machen müssen. In der Regel machen diese Menschen das im Handwerk.
Natürlich haben wir die Klagen des Handwerks, dass die Leute nicht qualifiziert genug seien und dass das Handwerk wieder diejenigen Leute haben möchte, die es früher ausgebildet hat. Das sind nämlich die Menschen, die heute den Realschulabschluss machen. Das kann ich auch verstehen. Umso mehr kann ich es aber würdigen. Wir müssen diesen Jugendlichen eine Ausbildung geben. Das Handwerk schafft es, diesen Jugendlichen in großem Umfang tatsächlich einen qualifizierten Berufsabschluss zu geben und wir müssen alles tun, das Handwerk dabei zu unterstützen, um diese Entwicklung zu stabilisieren, weil diese Jugendlichen sonst keine Perspektive haben. Das macht die Landesregierung durch Unterstützung der Berufsbildungsstätten, durch Unterstützung der Beratungsleistungen, insbesondere aber auch durch Unterstützung der Beratung von Abbrechern, um zu verhindern, dass sie zu diesen werden. Gerade die Menschen, die eine Ausbildung abbrechen, rutschen häufig in Arbeitslosigkeit und Sozialhilfeempfang ab.
Im Bereich der regenerativen Energien möchte ich ein Positivum berichten: Wie mir auf der Husumer Windmesse gesagt wurde, gibt es an der Westküste eine dramatische Nachfrage in diesem Bereich. Es gibt Absprachen mit den Arbeitsämtern, dass in den nächsten Jahren jährlich 120 arbeitslose Elektriker und Metallschlosser zu Mechatronikern umgeschult werden. Es soll ein neuer Berufszweig aufgebaut werden, der in Meldorf angesiedelt wird. Das zeigt, dass es wichtige neue Entwicklungen gibt und dass die Windenergie auch in diesem Bereich - nicht nur im Bereich von Ingenieuren, sondern auch im Bereich des Hand
Eines der zentralen Probleme des Handwerks sind die Lohnnebenkosten, weil das Handwerk nun einmal ein Bereich ist, in dem die Personalkosten überwiegen. In den meisten Betrieben liegt der Anteil der Personalkosten zwischen 50 und 100 %. Das heißt, dass ein sehr hoher Anteil der Kosten eines Handwerksbetriebs Personalkosten sind. In dieser Situation ist die Senkung von Lohnnebenkosten eines der entscheidensten Momente überhaupt für das Handwerk. Die Einführung der Ökosteuer, um die Rentenversicherungsbeiträge zu senken, war ein wichtiger Schritt. Er ist aber wie wir feststellen - keineswegs ausreichend.
Die Entwicklung der Krankenkassenkosten konterkariert dies leider. Das muss man sagen. Ich bin ziemlich sauer darüber, was in diesem Bereich passiert. Es wird ein zentraler Punkt sein, Modelle zu finden, wie die Krankenversicherungskosten stabilisiert werden können. Ich begrüße den Vorschlag des Wirtschaftsministers, den er in den letzten Tagen gemacht hat. Er hat wieder einmal das Thema Sozialversicherungen angesprochen und gesagt, dass wir eine steuerfinanzierte Grundversorgung in den Sozialversicherungen brauchen, weil wir für die unteren Einkommensschichten nur damit eine wesentliche Entlastung von den Lohnnebenkosten bekommen können.
- Ich arbeite in meiner Partei daran. Tun Sie das auch in Ihrer Partei, damit Sie da Mehrheiten bekommen. Bisher habe ich nur ein einziges Mal gehört, dass dies jemand unterstützt hat. Das war der jetzige Ministerpräsident von Sachsen, Herr Biedenkopf. Der hat damals ein Modell vorgelegt.
- Entschuldigung Frau Strauß, Sie sind nicht dran! - Herr Biedenkopf hat damals im CDU-Bundesvorstand - außer seiner eigenen - keine einzige Stimme bekommen. Leider, sage ich. Wir diskutieren dies bei uns heftig und es steht in unserem neuen Grundsatz