Protocol of the Session on September 26, 2001

(Glocke des Präsidenten)

und nicht nur als Parlamentarier, sondern als Mitglieder dieser Gesellschaft versuchen, diese Diskussion zu führen.

Herr Abgeordneter Steenblock -

Die Bürgerinnen und Bürger - nicht nur die Abgeordneten - haben Interesse an dieser Diskussion.

Herr Abgeordneter Steenblock -

Deshalb gehört das in die Öffentlichkeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Dr. Christel Happach- Kasan [FDP])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Ausschussüberweisung ist nicht beantragt. Damit werden wir in der Sache entscheiden. Ich schlage Ihnen vor, dass wir alternativ abstimmen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Wer dem gemeinsamen Antrag, Drucksache 15/1211, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/1221, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit haben wir mit überwältigender Mehrheit den gemeinsamen Antrag angenommen, während Drucksache 15/1221 die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhielt.

Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, möchte ich hier Gäste begrüßen. Wir haben auf der Tribüne sozusagen die zweite Rate der Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte der Integrierten Gesamtschule Neumünster-Brachenfeld sowie außerdem Schülerinnen und Schüler der Realschule Altenholz. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Bedeutung und Sicherung ehrenamtlicher Tätigkeit in Schleswig-Holstein

Große Anfrage der Fraktion der CDU Drucksache 15/582

Antwort der Landesregierung Drucksache 15/1050

Das Wort zur Begründung wird offensichtlich nicht gewünscht.

Dann erteile ich zur Beantwortung der Großen Anfrage das Wort der Ministerin für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, Frau Moser.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über 700.000 Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein sind in irgendeiner Form freiwillig engagiert, bei den 14- bis 24-Jährigen sind es fast 40 %. Darin liegt eine große gesellschaftliche Leistung und Chance zugleich, eine Leistung, die aus unterschiedlichen Motiven und in vielfältigen Organisationsformen erbracht wird, zumeist in Vereinen, gesellschaftlichen Großorganisationen, aber auch in vielen kleinen Initiativen und kleinen Gruppen. Dieses Engagement bereichert unser staatliches Leben, unsere Demokratie, es ist Ausdruck einer lebendigen, agierenden Demokratie, die nicht ausgrenzt und die vor allen Dingen Fähigkeiten der Menschen befördert und hervorbringt.

Dieses Engagement kann auf Ressourcen zurückgreifen, die weder dem Staat noch dem Markt zur Verfügung stehen. Damit meine ich flexible Zeiteinteilung, lokale Netzwerke, vertrauensvolle Beziehungen, soziale Bezüge und nicht zuletzt den Idealismus

der Engagierten. Ein solches Engagement - das ergibt sich daraus - lässt sich nicht von oben verordnen, es lässt sich nicht erzwingen. Natürlich wollen die Menschen selbst darüber entscheiden, wofür sie sich engagieren und wie sie sich engagieren. Der Staat kann dieses Engagement aber anregen, er kann Rahmenbedingungen positiv beeinflussen. Dies ist und war das Grundverständnis der Ehrenamtspolitik der Landesregierung auch in den vergangenen Jahren. Lassen Sie mich dafür einige Beispiele nennen.

Seit acht Jahren arbeiten Schulen, Kommunen und Jugendhilfeträger in der Demokratiekampagne für mehr Mitbestimmung und mehr Mitverantwortung. 1995 hat Schleswsig-Holstein mit der Änderung des kommunalen Verfassungsrechts als erstes Bundesland Beteiligungsrechte für junge Menschen und Seniorinnen und Senioren bei kommunalen Planungen geschaffen.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Vor vier Jahren haben Landesregierung und Landesjugendring gemeinsam die konzertierte Aktion Ehrenamt gestartet. 1999 haben 13 Zukunftswerkstätten an Schulen im Rahmen der Aktion „ZeitSprung“ eine Vielzahl von Vorschlägen für die Gestaltung unserer Gesellschaft erarbeitet. Wir haben uns auch engagiert an der Schnittstelle zwischen Erwerbsarbeit und freiwilliger Arbeit, indem wir versucht haben, Arbeit und Ehrenamt auch arbeitsmarktpolitisch zu fördern und die Professionalität in Verbindung mit Ehrenamt zum Thema zu machen.

Ein Wort zur Förderpolitik des Landes in diesem Bereich! Die zehn größten Verbände der Jugendarbeit erhalten 2,5 Millionen DM jährlich. Für soziale Aufgaben und damit auch vielfach ehrenamtliches, freiwilliges Engagement haben die Wohlfahrtsverbände im vergangenen Jahr ungefähr 33 Millionen DM erhalten. Sie finanzieren daraus eine ungeheure Vielzahl von ehrenamtlichen Projekten, von Kindergartenarbeit über die gesundheitliche Selbsthilfe zur Betreuung von Kranken und Pflegebedürftigen, um nur drei Punkte zu nennen. Wir haben in diesem Bereich den starken Landessportverband, der ebenfalls staatliche Fördermittel erhält. Nicht in Fördersummen darstellbar ist das große Feld der Selbstverwaltung, insbesondere des kommunalpolitischen Ehrenamts.

Auf den heute erreichten Umfang des freiwilligen Engagements können wir alle stolz sein, kann Schleswig-Holstein stolz sein. Die Landesregierung will sich damit aber nicht zufrieden geben. Wir wollen noch mehr Menschen für freiwilliges Engagement mobilisieren und wir wollen Hemmnisse und Risiken für dieses Engagement abbauen und die Potenziale nutz

(Ministerin Heide Moser)

bar machen für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, für eine Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Bürgern, für den Weg in eine aktive Bürgergesellschaft.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] und Andreas Beran [SPD])

Dies ist ein Schwerpunkt der Arbeit dieser Landesregierung und dieser Schwerpunkt spiegelt sich in der Arbeit aller Ressorts wider.

Warum ist dieser Schwerpunkt für uns so wichtig? Die Reformfähigkeit unseres Staates wird durch eine Reihe von gesellschaftlichen Änderungsprozessen herausgefordert. Das meine ich so, wie ich es sage: Es ist eine Herausforderung. Im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion steht dabei auch das Subsidiaritätsprinzip. Dieses Prinzip verlangt Achtung und Förderung der eigenen Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit von Individuen und Gruppen. Die Menschen wollen keinen omnipotenten Versorgungsstaat, der in alle Lebensbereiche hineinregiert. Ein solcher Staat ist immer in Gefahr, die Eigeninitiative seiner Bürgerinnen und Bürger zu lähmen.

(Beifall)

Entscheidungsprozesse können deshalb nicht nur in den Zirkeln der Berufspolitik stattfinden. Wenn wir Menschen wieder für die Aufgaben der Politik gewinnen wollen, auch für die Berufspolitik, müssen wir genau zuhören, nicht nur vor Wahlen, und den Menschen vor allen Dingen auch Gestaltungsraum geben.

Die Bürgergesellschaft ist allerdings auch keine Zauberformel, mit der alle Steuerungs- und Integrationsprobleme des Staates zu lösen wären, und sie ist vor allem auch nicht die Antwort auf staatliche Defizite oder klamme Kassen. Es wäre außerordentlich fatal für die Qualität freiwilligen Engagements, wenn die Menschen den Eindruck haben müssten, dass ihre Leistungen nur im Rahmen der Sanierung von öffentlichen Haushalten nachgefragt würden.

(Beifall)

Es muss unser politisches Ziel sein: Der staatlich organisierten Solidarität, auf die wir natürlich nicht verzichten können, etwas Wesentliches hinzuzufügen, und das ist die Solidarität des freiwilligen Engagements, der freiwilligen Verantwortungsübernahme. Dabei darf die Stärkung des Engagements nicht zu einem symbolischen Thema verkommen, sondern es muss konkrete Schritte und Aktivitäten geben, um diese Arbeit in der Gesellschaft zu etablieren.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Ich möchte das an ein paar Punkten deutlich machen. Erstens. Die Kampagne „Ich mach mich stark“, von der Ministerpräsidentin gemeinsam mit Vereinen und Verbänden ins Leben gerufen, hat sehr viel engagierte Menschen im Land zusammengeführt. Diese Kampagne darf mit dem Ende des Internationalen Jahres der Freiwilligen nicht abbrechen, sondern sie wird fortgeführt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zweitens. Ab Beginn nächsten Jahres wird eine Internetplattform zur Verfügung stehen. Vereine, Verbände, Initiativen werden dann erfasst sein und in Form einer Mitmachbörse zentral über Angebote für freiwillig Engagierte informieren. Mit dieser Plattform wird die Grundlage für die notwendige bessere Vernetzung von Organisationen und Initiativen und für das Zusammenführen von Nachfrage und Angebot geschaffen, ein großes Problem, das gelöst werden muss. Die Wohlfahrtsverbände und die klassischen Ehrenamtsverbände allein sind nicht mehr in der Lage, Nachfrage und Angebot zusammenzuführen.

Drittens. Viele engagierte Menschen klagen über bürokratische Hemmnisse bei ihrer Arbeit. Deshalb werden wir diesen Sorgen nachgehen und beginnen damit, ein neues Handlungs- und Rollenverständnis auch und gerade für die öffentliche Verwaltung zu entwickeln, das freiwilliges Engagement erleichtert. Dabei sind vor allen Dingen auch die Kommunen einzubeziehen. Sie haben bei der Stärkung des freiwilligen Engagements sicherlich eine Schlüsselrolle. Aber es sind auch sozusagen die Profis der klassischen Verbände einzubeziehen, die sich sehr viel stärker der ehrenamtlichen und freiwilligen Arbeit öffnen müssen und sie mit managen und strukturieren können.

Viertens. Freiwilliges Engagement, zum Beispiel durch Social-Sponsoring oder Fundraising, ist auch für die Wirtschaft ein Gewinn. Wir werden deshalb in unsere Konzepte noch stärker als bisher die schleswigholsteinischen Unternehmen einbeziehen. Wir sind hier schon auf gute Resonanz gestoßen.

Fünftens. Engagement hat auch etwas mit der verfügbaren Freizeit von Menschen zu tun. Gerade junge Menschen sind häufig damit beschäftigt, ihre Familie und ihre Karriere aufzubauen. Deshalb müssen und werden wir neue Arbeitszeitmodelle fördern, die auch in jungen Jahren Raum für bürgerschaftliches freiwilliges Engagement - über die eigene Familie und Karriere hinaus - schaffen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Sechstens. Die Landesregierung wird ihre Förderpolitik überprüfen und den Bedingungen der Bürgergesell

(Ministerin Heide Moser)

schaft anpassen müssen. Wir müssen Projekte verstärkt unabhängig von Organisationen, Vereinen und Verbänden fördern können. Auf Dauer angelegte Förderungen im Rahmen institutioneller oder vergleichbarer Förderung sind nicht flexibel genug, um die Weiterentwicklung des freiwilligen Engagements und der Bürgergesellschaft in jedem Fall fördern zu können.

Siebtens. Wir werden eine „Leitstelle Engagement“ einrichten. Sie wird bei uns im Hause zentrale Ansprechstelle für alle Fragen rund ums Ehrenamt sein, die Aktivitäten der Regierung koordinieren, konzeptionell arbeiten und dabei die Ergebnisse der Enquetekommission des Bundestages einbeziehen.

(Beifall bei der SPD)

Die vielfältige Unterstützungsstruktur der Landesregierung hat erheblich dazu beigetragen, dass Ehrenamt