Protocol of the Session on July 11, 2001

Die Landesregierung will dies durch Erlass regeln. Was wird als Nächstes in den Landschaftsplänen zu berücksichtigen sein?

(Konrad Nabel [SPD]: Alles, was die Belan- ge der Landschaft betrifft!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein geschätzter Kollege sagte einmal: Ein Gesetz kommt aus dem Parlament nie so heraus, wie es hineingekommen ist. Arbeiten wir daran! Die CDU-Fraktion freut sich auf die Anhörung und eine konstruktive Arbeit im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. HappachKasan.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! 1998 ist das von der alten Bundesregierung auf den Weg gebrachte Bundes-Bodenschutzgesetz in Kraft getreten. In Schleswig-Holstein legt die Landesregierung nach mehr als drei Jahren ihren Entwurf eines Landesbodenschutzund Altlastengesetzes vor. Herr Kollege Jacobs, ich darf Sie in einem Punkt korrigieren. Bereits in den 70er-Jahren hat die Bundesregierung über ein Bundes-Bodenschutzgesetz nachgedacht. Konzepte gab es. Aber der damalige Bundeskanzler Schmidt hatte wenig Neigung, nach dem Abwasserabgabengesetz auch noch ein Bundes

Bodenschutzgesetz zu verabschieden. Das kam dann erst später.

Der Schutz von Wasser und Luft ist bereits seit Jahren gesetzlich geregelt. Das von Hans-Dietrich Genscher initiierte Abwasserabgabengesetz hat die Erfolgsgeschichte des technischen Umweltschutzes eingeleitet. Die Erfolge dieser Regelung werden in den Daten des Umweltbundesamtes eindrucksvoll dokumentiert. Der Bodenschutz dagegen ist in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandelt worden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat die Landesregierung ein in weiten Teilen akzeptables Regelwerk vorgelegt.

Der Boden ist ein kostbares Gut. Er ist sehr viel mehr als seine mineralischen Bestandteile, er lebt. Lebende Böden sind zu schade, um als Speicher für die aus Luft und Wasser eingetragenen Schadstoffe zu dienen oder durch unsachgemäße Ablagerung von Abfällen vergiftet zu werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Was im Boden versickert, sieht niemand, riecht niemand, und daher ist frei nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ der Schutz der Böden zu keiner Zeit ein wirkliches Thema der politischen Diskussion gewesen. Dennoch ist der Bodenschutz eine wichtige politische Aufgabe. Von der biologischen Funktionsfähigkeit unserer Böden hängt die Bodenfruchtbarkeit, die Grundlage der Landwirtschaft, ab. Lebende Böden sind auch Transportwege. Ist der Boden mit Schadstoffen belastet, wird dadurch mit Zeitverzug auch das Grundwasser mit Schadstoffen belastet, die Gewinnung reinen Trinkwassers gefährdet. Daher gibt es zum effektiven Schutz unserer Böden keine Alternative.

Das Gesetz beschränkt sich weitgehend auf die Organisation der vom Bundes-Bodenschutzgesetz auf das Land übertragenen Aufgaben. Die Aufgaben der oberen Bodenschutzbehörde soll nach dem vorliegenden Entwurf das LANU übernehmen. Dabei soll es landesweite raumbezogene Daten über Bodenaufbau und Verbreitung, Bodenschutz sowie Bodenentwicklung und Veränderung in einem Altlasteninformationssystem erfassen und bewerten. Das sind anspruchsvolle und arbeitsintensive Aufgaben. Wir sind der Auffassung, dass die Erfüllung dieser Aufgaben auch notwendig ist.

(Beifall bei der SPD)

Das sind aber auch neue Aufgaben, die über die jetzige Tätigkeit des LANU hinausgehen. Wie ernst die Landesregierung die Erfüllung solcher Aufgaben im Bereich des technischen Umweltschutzes nimmt, wird auch an Personalentscheidungen abzulesen sein. Wir

(Dr. Christel Happach-Kasan)

sind strikt dagegen, dass Personaleinsparungen im Bereich der Pflichtaufgaben erfolgen und gleichzeitig die Landesregierung im Bereich der Kür, das ist die politisch-ideologische Ebene im Ministerium, aufrüstet.

(Beifall bei der FDP)

Vielleicht ist aber auch geplant, bei einer Neustrukturierung der Umweltämter, die ja wohl aus finanziellen Gründen erfolgen muss und hoffentlich die ausschließlich machtpolitisch orientierte Ausformung der Staatlichen Umweltämter hin zu sachorientiert gestalteten Behördenstrukturen verändern wird, eine Personalverschiebung vorzunehmen. Wir werden das beobachten.

Zu den Kosten der Kreise und kreisfreien Städte, die als untere Bodenschutzbehörden ebenfalls mehr Aufgaben und dementsprechende Kosten übertragen bekommen haben, wird lediglich gesagt, dass innerhalb eines Jahres nach der Feststellung des Kostenumfanges ergänzende Regelungen für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zu treffen sind. Warum sagen Sie nicht einfach, dass die Kosten, die durch die Übertragung der Aufgaben nach diesem Gesetz bei den Kreisen und kreisfreien Städten entstehen, durch das Land ersetzt werden? Das wäre für die Kommunen eine wesentlich einfachere Regelung.

(Beifall bei der FDP)

Das Gesetz wird zu einem Zeitpunkt verabschiedet werden, zu dem wesentliche Anliegen des Bodenschutzes bereits weitgehend geregelt sein werden. Dies ist insbesondere die Erfassung und Bewertung der Altlasten. Wir haben uns in den vergangenen Jahren in jeder Legislaturperiode in einem Altlastenbericht über den Stand der Erarbeitung in diesem Hause informiert. Ich gehe davon aus, dass dieses Thema so weit abgearbeitet ist, dass wir in diesem Jahr darauf verzichten können. Aber, Herr Minister, nach Ihrer Rede habe ich den Eindruck, ich müsste doch noch einmal eine Große Anfrage stellen. Wir können das im Ausschuss einmal erörtern.

Die Umsetzung der Bestimmungen der TA Siedlungsabfall lassen erwarten, dass neue Altlasten mit vergleichbarem Gefährdungspotenzial wie dem zum Beispiel der Altablagerung von Barsbüttel oder anderer Altablagerungen nicht entstehen werden. Auch dies ist ein Erfolg der Umweltpolitik der alten Bundesregierung.

(Konrad Nabel [SPD]: Oh!)

- Es ist so, Herr Nabel, Sie bauen auf einem guten Fundament auf. Freuen Sie sich doch, dass es nicht schlimmer ist! Ich weiß gar nicht, warum die CDU dem nicht beipflichtet.

(Beifall bei der FDP)

Bei den Beratungen im Ausschuss werden wir ein Schwergewicht darauf legen, wie weit das Gesetz geeignet ist, die Erledigung zukünftiger Aufgaben wie der Erstellung von Bodenkatastern zur Erfassung von Schadstoffeinträgen auf unterschiedlich genutzten Flächen zu organisieren.

In einem Punkt, Frau Kollegin Tengler, möchte ich Ihnen allerdings doch widersprechen. Ich glaube, Bodenschutz ist eine ganz, ganz ernste Aufgabe. Von daher werden wir uns langfristig gesehen auch in den Landschaftsplänen von Gemeinden mit diesem Thema beschäftigen müssen. Es kann gar nicht sein, dass dies nicht auch mit auf die untere Ebene übertragen wird. Ich glaube, das müssen wir in der Zukunft machen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Wenn wir unser Land verkaufen, so müsst Ihr euch daran erinnern und eure Kinder lehren: Die Flüsse sind unsere Brüder - und eure -, und Ihr müsst von nun an den Flüssen eure Güte geben, so wie jedem anderen Bruder auch. Der rote Mann zog sich immer zurück vor dem eindringenden weißen Mann so wie der Frühnebel in den Bergen vor der Morgensonne weicht. Aber die Asche unserer Väter ist heilig, ihre Gräber sind geweihter Boden. Und so sind diese Hügel, diese Bäume, dieser Teil der Erde uns geweiht.

Wir wissen, dass der weiße Mann unsere Art nicht versteht. Ein Teil des Landes ist ihm gleich jedem anderen, denn er ist ein Fremder, der kommt in der Nacht und nimmt von der Erde, was immer er braucht. Die Erde ist sein Bruder nicht, sondern Feind, und wenn er sie erobert hat, schreitet er weiter. Er lässt die Gräber seiner Väter zurück und kümmert sich nicht. Er stiehlt die Erde von seinen Kindern und kümmert sich nicht. Seiner Väter Gräber und seiner Kinder Geburtsrecht sind vergessen. Er behandelt seine Mutter, die Erde, und seinen Bruder, den Himmel, wie Dinge zum Kaufen und Plündern, zum Verkaufen wie Schafe oder glänzende Perlen. Sein Hunger wird die Erde verschlingen und nichts zurücklassen als eine Wüste.“

(Irene Fröhlich)

Dies ist ein Auszug, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, aus der Rede des Häuptlings Seattle an den Präsidenten der USA im Jahre 1855. In jenem Jahr machte der 14. Präsident, der Demokrat Franklin Pierce, den im Staat Washington lebenden DuwamishIndianern das Angebot, ihr Land weißen Siedlern zu verkaufen. Sie selbst sollten in ein Reservat ziehen. Chief Seattle, der Häuptling der Duwamish, antwortete dem großen Häuptling der Weißen mit dieser berühmten Rede, die heute so aktuell wie damals ist. Deswegen habe ich sie Ihnen zugemutet.

Bei uns heute muss das, was bei den Indianern die Achtung vor der Heiligkeit der Natur geregelt hat, durch Gesetz geleistet werden. So dient das heute in erster Lesung zu beratende Landesbodenschutzgesetz dazu, die Funktionen des Bodens zu sichern oder wieder herzustellen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, ist der Boden von Altlasten sowie hierdurch verursachten Gewässerverunreinigungen zu sanieren und ist Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen. Das Bodenschutzgesetz dient uns also dazu, eines unserer kostbarsten Güter, nämlich den Boden, den wir genauso wie Wasser und Luft dringend für unsere Existenz brauchen, zu schützen.

Wir sind dabei, uns um diese absolut notwendige Lebensgrundlage zu bringen. Boden ist eine knappe und nicht vermehrbare Ressource, die sich nur sehr langsam über Jahrtausende entwickelt. Das Bodenschutzgesetz soll die Böden wirksam vor Versiegelung, Verdichtung und Vergiftung schützen. Altlastensanierung darf nicht nur auf die jeweils nächste Nutzung hin geplant werden, sondern muss sich gesunde Böden zum Ziel setzen. Durch Flächenfraß wird weiterhin immer mehr Boden versiegelt und somit lebendiger Funktionen beraubt.

Nach aktuellen Erhebungen ist derzeit ein Anstieg des Flächenverbrauchs durch die Zunahme von Siedlungsund Verbrauchsflächen bundesweit von 120 ha pro Tag auf 129 ha pro Tag zu verzeichnen. SchleswigHolstein liegt mit einem Anteil von Siedlungs- und Verkehrsflächen von 10,8 % zwar unter dem Bundesdurchschnitt, was bei einem Agrarland auch nicht erstaunlich ist, dennoch ist die tägliche Zunahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen alarmierend. Sie betrug von 1989 bis 1997 pro Tag rund 3,1 ha. Das entspricht in etwa fünf Fußballfeldern. Ursache ist in erster Linie der vermehrte Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern. Hier reichen allerdings die bisherigen ordnungs- und planungsrechtlichen Instrumente allein nicht aus. Es müssen auch marktwirtschaftliche Instrumente greifen.

Auf lange Sicht wäre sicherlich ein „Nullwachstum“ sinnvoll. Aber keine Sorge, ich will hier nicht einem absoluten Bauverbot das Wort reden, sondern - im Gegenteil! - einer nachhaltigen Flächennutzung: also Flächenrecycling durch verstärkte Nutzung von bereits genutzten Flächen, Mobilisierung von Baulandreserven und Verdichtung von Bebauung. Die Inanspruchnahme von Flächen muss so verteuert werden, dass dies zu einem sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden führt.

Das Bodenschutzgesetz konkretisiert die Anforderungen an einen wirksamen Bodenschutz und regelt Verfahrensfragen bei der Sanierung von Altlasten. Damit wird für Rechtssicherheit bei Eigentümerinnen und Eigentümern und Investorinnen und Investoren gesorgt. So könnten Investitionshemmnisse abgebaut und damit die Inanspruchnahme neuer Böden verhindert werden.

Durch die vielfältigen Ansprüche von Industrie, Landwirtschaft, Verkehr und Bauwesen wird das Umweltmedium Boden durch Flächenverbrauch, Erosion, Verdichtung, Überdüngung und Versauerung in quantitativer und qualitativer Hinsicht zunehmend belastet. Bodenschutz muss als Querschnittsaufgabe ein grundlegender Bestandteil vorsorgender Umweltpolitik sein, denn Bodenschutz ist auch immer Verbraucherschutz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landesbodenschutzgesetz dient der Umsetzung des entsprechenden Gesetzes auf Bundesebene. Das heißt, hier ergibt sich für uns ein automatischer Zwang zum Handeln. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, sind, ob die Landesregelungen zu zusätzlichen Problemen führen und wie die Umsetzung des Gesetzes verwaltungsintern gestaltet wird.

Die obere Bodenschutzbehörde, also das Landesamt für Natur und Umwelt, bewertet die Böden und unterhält ein Bodeninformationssystem. Ich glaube, dass gerade das Landesamt für Natur und Umwelt über sehr gute Kompetenzen verfügt, um dieser Aufgabe nachkommen zu können. Das Landesamt ist mit der Thematik ohnehin im Rahmen der Landesplanung und der Raumordnung beschäftigt. Inhaltlich sind hier keine Probleme zu erwarten.

(Lars Harms)

Auch für den Bürger wird es keine großen Probleme geben. Bevor überhaupt eine Fläche in das Flächenkataster aufgenommen wird, werden die Inhaber der Flächen informiert. Ihnen wird die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Bodenschutzgebiete werden erst dann ausgewiesen, wenn „flächenhaft schädliche Bodenveränderungen auftreten“ und „das Wohl der Allgemeinheit“ diese Maßnahme erfordert.

Auch die Einschränkungen, die auferlegt werden, sind in verschiedenen Abstufungen möglich. Das heißt, es wird nicht immer zu einer kompletten Stilllegung von Flächen kommen, sondern es wird anlassbezogen gehandelt. Somit kann man sagen, dass die Eigentumsrechte durchaus gewahrt bleiben.

Ich bin auch davon überzeugt, dass das Land nur sehr zögernd von den Eingriffsrechten Gebrauch machen wird, da in diesem Fall Ausgleichszahlungen an die Eigentümer zu leisten sind. Aufgrund der Kassenlage des Landes wird man sicherlich eher vorsichtig mit den Mitteln umgehen und nur dann einschreiten, wenn es wirklich notwendig ist. Dann ist es auch gerechtfertigt.

Ein eventuelles Problem ist allerdings, dass mehr Verwaltungskosten ausgelöst werden als bisher angenommen.

(Frauke Tengler [CDU]: So ist es!)

Das Bundes-Bodenschutzgesetz muss umgesetzt werden. Ein bundeseinheitliches Bodeninformationssystem muss eingerichtet werden. Dies wird in der Begründung des Gesetzentwurfs explizit als Vorteil genannt.