uns selbstverständlich stellen, denn wir sind uns bewusst, dass Globalisierung und Regionalisierung einander bedingen. Elektronische Datenverarbeitung und „dat du min Leevsten büst“ - das kennen Sie ja alle sind keine Gegensätze. Wir sind also in der Pflicht zu handeln - aber doch nicht so, nicht so, wie der vorliegende Antrag des SSW es vorsieht. Dieser Antrag ist wirklich an den Haaren herbeigezogen.
Viel Geklapper und Getöse und hört sich zunächst einmal toll an - zugegeben! - auf jeden Fall für deine Klientel, liebe Anke, die dänische Minderheit. Denn wenn du ehrlich bist, ist der Antrag eine Verbeugung vor der Wählerschaft des SSW
wobei allerdings nicht vergessen werden darf, dass viele Mitglieder der dänischen Minderheit gar nicht dänisch sprechen können, geschweige denn friesisch, und daher auch keinen dänisch oder friesisch sprechenden Beistand in Ämtern und Behörden brauchen.
Abgesehen davon finden wir es einfach nicht angemessen, ein so wichtiges Instrument wie die europäische Charta als Allzweckwaffe für Klientelpolitik zu missbrauchen.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Besonders hat meinen aus Holstein stammenden Mann - der übrigens dänisch spricht - geärgert, wieso ein dänisch sprechender Ingenieur für Abwassertechnik - um es einmal auf die Spitze zu treiben - beim Klärwerk in seinem Heimatdorf Hademarschen bessere Einstellungsbedingungen haben sollte als andere. Das begreift er überhaupt nicht, ich auch nicht und meine Kollegen auch nicht. Einen gewissen Sinn würde es noch geben, wenn bei der Einstellung von Grundschullehrern mit dem Fach Deutsch vielleicht auch ein bisschen darauf geguckt würde, ob der Bewerber oder die Bewerberin ein Plattdeutscher oder eine Plattdeutsche ist. Aber wirklich nur ein bisschen, denn eines ist klar, die eigentlich maßgeblichen Zugangsvoraussetzungen für den öffentlichen Dienst sind ganz andere und müssen auch ganz andere bleiben, nämlich Zensuren, Qualifikationen, bereits geleistete Arbeit und vieles mehr.
Und es ist eine Gratwanderung mit der Gefahr des Abgleitens in den Provinzialismus, wenn man als ein
verbindliches Einstellungskriterium Kenntnisse in Plattdeutsch, Dänisch und Friesisch einführen würde.
Ein nächstes Problem: Wie stellt sich der SSW vor, wie der Nachweis der Kenntnis von Plattdeutsch, Dänisch und Friesisch geführt werden soll. In allen anderen Bereichen werden qualifizierte Nachweise verlangt - zu Recht - und hier? Soll man die Bewerber zum Test von Plattdeutsch zum SHHB, für Friesisch zum Nordfriesischen Institut und für Dänisch zu Anke Spoorendonk schicken? Es gibt kein handhabbares Instrument, um die Kenntnisse zu prüfen. Was bedeutet eigentlich „Kenntnisse“ - theoretische, praktische, genuin vorhandene, VHS-angelernte? Auf die verfassungsmäßigen und beamtenrechtlichen Probleme, die man mit dem Antrag kriegen würde - obwohl du das ja abstreitest -, hat die CDU-Fraktion ja bereits hingewiesen.
Zu Punkt 3 möchte ich doch einmal ganz deutlich sagen: Überlassen wir es doch den Kommunen selbst, wen und mit welchen Qualifikationen sie einstellen.
Und eines hat der SSW offensichtlich völlig übersehen: In unseren Gemeinde- und Kreisverwaltungen sitzen viele Menschen, die zumindest hervorragend plattdeutsch sprechen, im Norden oftmals auch dänisch.
Und an der Westküste gibt es Amtsvorsteher die oftmals friesisch sprechen - selbst Heinz Maurus als Bürgermeister und Amtsvorsteher hat friesisch gelernt -,
weil sie aus der Region kommen oder es, wenn sie dort hingezogen sind, gelernt haben. Der Innenminister, um auf Punkt 2 zu kommen, hätte also schon etliche Kommunen in Schleswig-Holstein für Mehrsprachlichkeit auszeichnen müssen.
Meine Damen und Herren, seien Sie ehrlich: Der vorliegende Antrag ist nichts als Augenwischerei und von der Praxis her nicht durchführbar. Unser Problem ist ein ganz anderes. Wir müssen ordentliche Voraussetzungen dort schaffen, wo Lehrer ausgebildet werden, die später die Kinder unter anderem in Plattdeutsch, Dänisch und Friesisch unterrichten sollen,
um ihnen mithilfe ihrer Regionalsprache den Wert von Mehrsprachigkeit und kultureller Vielfalt nahe zu bringen - sowohl außerhalb nationaler Grenzen als auch innerhalb der Region. An diesen ausreichenden Voraussetzungen mangelt es aber. Und angesichts des aktuellen Umgangs der Landesregierung mit den Universitäten im Land habe ich da auch wenig Hoffnung.
Liebe Anke Spoorendonk, nutze deinen Einfluss auf die Landesregierung und sorge dafür, dass hier die Fundamente gelegt werden. Dann erübrigt sich auch so ein - mit Verlaub gesagt - „Blubberantrag“.
Am liebsten hätten wir eine Abstimmung in der Sache, aber, Herr Dr. von Hielmcrone, wir stimmen auch einer Ausschussüberweisung zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Förderung der Regional- und Minderheitensprachen ist in der Vergangenheit stets ein gemeinsames Ziel aller demokratischen Kräfte in Schleswig-Holstein gewesen.
Zu diesem Anliegen, nämlich der Förderung der Regional- und Minderheitensprachen, Kollege Hay, trägt der vorliegende Antrag des SSW jedoch leider nicht bei. Im Gegenteil, er würde, wenn man ihn beschließt, sogar zu schweren Schäden führen.
Falls künftig Kenntnisse der Regional- und Minderheitensprachen einen Vorteil bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst bedeuten, wäre die Mehrheit der Bevölkerung von solchen Privilegien ausgeschlossen und würde sich mit Recht benachteiligt sehen.
Damit aber käme die Förderung der Regionalkultur und der Minderheiten total in Misskredit. Vieles, was in den letzten Jahren erreicht wurde, um ein positives Meinungsklima zu Gunsten der Minderheiten und der Regionalkultur zu entwickeln, würde dadurch fahrlässig zerstört.
Besonders unverständlich finde ich den Antrag des SSW vor dem Hintergrund der Diskussion, die in den letzten Wochen nördlich der deutsch-dänischen Grenze zum Thema Sprachencharta geführt worden ist. Ich meine die Kampagne, die ein Teil der dänischen Presse gegen die Ratifizierung der Sprachencharta angezettelt hat. Den dabei geschürten Ängsten, die deutsche Sprache solle in Nordschleswig zu einer zweiten Hauptsprache gemacht werden, hat Außenminister Niels Helveg Petersen von der Radikalen Venstre - einer liberalen Partei in Dänemark - mit Nachdruck widersprochen.
Dabei hob der dänische Außenminister hervor, dass die von seiner Regierung zur Sprachencharta angemeldeten Punkte in groben Zügen dem entsprechen, was auch Deutschland zu Gunsten der Minderheitensprache Dänisch angemeldet und ratifiziert hat.
- Tut mir Leid, Anke, ich möchte den Gedanken zu Ende führen. Damit werde - so führte Helveg Petersen aus - die Balance beim Schutz der beiden Minderheitensprachen beiderseits der deutsch-dänischen Grenze erhalten. Der Aspekt der Balance - das heißt, was die eine Seite macht, beansprucht auch die andere Seite ist immer ein wichtiger Aspekt der Minderheitenförderung gewesen. Auch unter diesem Aspekt ist der Antrag des SSW problematisch. Eine Privilegierung von Kenntnissen von Regional- und Minderheitensprachen als Einstellungskriterium für den öffentlichen Dienst könnte - abgesehen von der rechtlichen Problematik einer solchen Bestimmung - die nördlich der Grenze geschürte Diskussion weiter anfachen und Ängste nähren, wie sie bereits in den erwähnten Zeitungsveröffentlichungen zum Ausdruck gekommen sind.
Eine solche Entwicklung würde dem Ziel einer konstruktiven Minderheitenpolitik insgesamt schaden. Hans Heinrich Hansen, der Vorsitzende des Bundes deutscher Nordschleswiger, hat unter Bezugnahme auf die in dänischen Medien ausgetragene Diskussion festgestellt: „Wir bewegen uns auf vulkanischem Grund.“ Ich meine, der Antrag des SSW provoziert neue Eruptionen. Auch deshalb lehnen wir ihn ab.
Kollege Fischer, ich finde es völlig unverständlich, weshalb die SPD-Fraktion nicht in der Lage ist, eine klare inhaltliche Position zu diesem Antrag zu formulieren, statt ihn dem Ausschuss zu überweisen.
Das ist ein Antrag, der im Übrigen soweit geht, dass jemand, der sich in Zukunft beim Finanzamt Elmshorn bewirbt, Friesisch als Einstellungskriterium ins Feld führen kann.
Nach Überzeugung der F.D.P. ist und bleibt es eine wichtige Aufgabe der Landespolitik, die Minderheiten- und Regionalsprachen in unserem Land weiter zu fördern. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir wollen, dass an deutschen öffentlichen Schulen vermehrt Angebote für Dänischunterricht geschaffen werden. Wir wollen, dass Dänisch in Zukunft von den Schülerinnen und Schülern in unserem Land insgesamt in erweitertem Umfang als Fremdsprache gelernt wird. Wir wollen gleichermaßen die friesische und die niederdeutsche Sprache an unseren Schulen stärken. Die F.D.P.-Fraktion hat in der letzten Wahlperiode wiederholt Anträge zu zwei Haushaltsjahren - unter anderem auch zum Jahr 2000 - vorgelegt, um wieder eine Friesischprofessur in Flensburg zu etablieren, damit auch in Zukunft genügend Lehrkräfte für das Fach Friesisch zur Verfügung stehen. Gleichermaßen haben wir uns in Initiativen und Debatten hier im Landtag für die Stärkung der niederdeutschen Sprache an Schulen und Hochschulen eingesetzt.
Das alles sind positive und konstruktive Beiträge zur Stärkung der Minderheitensprachen. Es ist meine feste Überzeugung, dass das, was der SSW vorgelegt hat, eine zerstörerische Wirkung für die Akzeptanz der Minderheitenpolitik hat, die wir in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein entwickelt haben.
Ich meine, wir müssen weiter in dem Sinne, den ich ausgeführt habe, konstruktive Beiträge zur Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein entwickeln und nicht Anträge beschließen, durch die lediglich alte Gräben neu aufgerissen werden.