Protocol of the Session on March 23, 2001

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Tagesordnungspunkt 27, Situation der Außenhandelswirtschaft in Schleswig-Holstein aufgrund der fortgeschrittenen Zeit sowie der Situation, dass wir über einen weiteren Dringlichkeitsantrag zu beraten haben, im Rahmen der vorgesehenen Sitzungsdauer heute nicht mehr behandelt werden kann. Deshalb soll der Tagesordnungspunkt 27, Situation der Außenhandelswirtschaft in Schleswig-Holstein, im Mai aufgerufen werden. - Ich sehe, dass die Kolleginnen und Kollegen dem so zustimmen.

Damit vertagen wir den Tagesordnungspunkt 27 auf die Mai-Tagung. Somit wird nach dem Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten der Dringlichkeitsantrag zum Thema MKS aufgerufen werden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19:

Sicherstellung des Beteiligungsverfahrens in Vorbereitung der 9. Trilateralen Wattenmeerkonferenz in Esbjerg

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/810

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Herlich Marie Todsen-Reese das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die 9. Trilaterale Wattenmeerkonferenz findet am 30. Oktober 2001 in Esbjerg statt, das bedeutet: in gut sieben Monaten. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen in den Umweltministerien der beteiligten Bundesund Landesregierungen sicherlich auf Hochtouren. Aber wie sieht nun die Beteiligung der betroffenen Menschen an der Westküste an der Vorbereitung zur 9. Trilateralen Wattenmeerkonferenz aus? Sind die Verantwortlichen in den Städten, Ämtern, Gemeinden und Kreisen, sind die Vertreter von Vereinen und Verbänden und ist die ortsansässige Bevölkerung frühzeitig und aktiv in diese Vorbereitungen eingebunden worden, wie es in der Stader Erklärung vom 22. Oktober 1997 vereinbart worden ist?

Ich will Sie nicht länger auf die Folter spannen. Nach meinem Eindruck und nach Gesprächen vor Ort an der Westküste ist die bisherige Einbindung auch weiterhin mehr als unzureichend. Dies ist angesichts der heftigen Diskussionen über die verschiedensten Themen an der Westküste nicht mehr nachzuvollziehen.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU] und Beifall beim SSW)

Man könnte auch fragen: Aus gemachten Fehlern nichts gelernt? - Kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit

dem ewigen Argument, dass die Kreise und die Nationalparkkuratorien doch alle intensiv eingebunden seien. Auch dazu gibt es unterschiedliche Wahrnehmung. Noch wichtiger aber ist, dass es neben den Kreisen und Nationalparkkuratorien noch andere verantwortliche Gremien und Bürger gibt, die auch ernst genommen und gefragt werden wollen.

(Beifall bei CDU, F.D.P. und SSW)

Das sind insbesondere die kommunalen Vertreter in den Gemeinden, Ämtern und Städten. Sie alle wollen einzeln im Rahmen ihrer Verantwortung und Planungshoheit in Zukunft mit Blick auf die Trilaterale Wattenmeerkonferenz mehr mitreden, mitbestimmen und mitgestalten dürfen. Begreifen wir dieses Interesse und Engagement doch nicht als Last, sondern vielmehr als Chance zur gemeinsamen Weiterentwicklung der gesamten Nordseeregion.

Aus Sorge, dass die rot-grüne Landesregierung diese Chance erneut verspielt, haben wir unseren heutigen Antrag gestellt. Ich hoffe, dass wir Sie damit endlich auf Trab bringen.

(Beifall bei CDU und SSW)

Ich möchte meine bisherigen Aussagen mit wenigen Beispielen verdeutlichen. Zwei Projekte, die dem Vernehmen nach auf der 9. Trilateralen Wattenmeerkonferenz behandelt werden sollen, sind in die öffentliche Wahrnehmung gerückt: die Ausweisung eines PSSA-Wattenmeers und die Benennung des Wattenmeers als Weltnatur- und/oder als Weltkulturerbe. Beide Projekte haben eines gemeinsam: Es gibt viele offene Fragen nach dem Sinn und Zweck dieser Schutzgebietskategorien, nach den ökologischen Erfordernissen und Vorteilen, aber auch nach den wirtschaftlichen Folgewirkungen. Wer weiß denn schon, was sich hinter dem Kürzel PSSA verbirgt oder was die englische Langfassung „Particulary Sensitive Sea Area“ bedeutet? Meine Suche nach einer inhaltlichen Definition, nach einer Rechtsgrundlage, nach einer Verordnung, Richtlinie oder etwas Vergleichbarem endet bisher immer bei zwei Papieren der IMO, zu finden im Konzept des WWF. Wir alle kennen den Umdruck 15/680. Leider ist alles nur in englischer Sprache zu finden.

Ich frage Sie: Wie sollen sich Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik sowie in Vereinen und Verbänden für das Allgemeinwohl engagieren, angesichts solcher „Arbeitsgrundlagen“ zu einer ohnehin fachlich sehr schwierigen Materie eine sachlich fundierte Meinung bilden können? - Hier kann es nur eine konsequente Forderung geben: Wir brauchen alle Arbeitspapiere - insbesondere auch die Machbarkeitsstudie zum PSSA-Watten

(Herlich Marie Todsen-Reese)

meer - in deutscher Sprache, wenn wir wirklich qualifizierte Stellungnahmen haben wollen.

(Beifall bei der CDU)

Auch zum Projekt Weltnaturerbe/Weltkulturerbe benötigen wir dringend umfassende, klarstellende Informationspapiere, damit nicht auch diese Diskussion wieder ins Emotionale abgleitet und dann aus dem Ruder läuft. Wenn es richtig ist, was ich höre, so gibt es schon jetzt auf kommunaler Ebene erhebliche Vorbehalte gegen eine solche Ernennung, und zwar sowohl bei uns als auch in Dänemark. Der Wunsch und Wille einiger weniger verantwortlicher Politiker nach einem persönlichen politischen Erfolg in Esbjerg darf nicht dazu führen, sich über diese Stimmung an der Basis hinwegzusetzen.

Wir brauchen eine ergebnisoffene Diskussion über die Vor- und Nachteile dieser neuen Schutzgebietskategorie. Das Ergebnis eines solchen Meinungsbildungsprozesses sollte dann auch Verhandlungsgrundlage in Esbjerg sein. Wenn wir bis zum 30. Oktober noch nicht so weit sind, muss die Entscheidung vertagt werden. Ein Zeitdruck ist nicht zu erkennen. Dies gilt für beide von mir genannten Projekte. Ich sage ganz deutlich: Beide Projekte haben im Übrigen für mich nicht allergrößte Priorität. Wichtiger wäre, dass all die Maßnahmen, die es zum Schutz der Nordsee und des Wattenmeers bereits gibt, endlich in die Umsetzung gelangen. Hier gibt es durchaus Versäumnisse.

(Beifall bei CDU, F.D.P. und SSW)

Aber auch eine andere Variante der Themenbestimmung ist denkbar. Fragen wir doch einmal die Verantwortlichen und Interessierten in Nordfriesland und Dithmarschen, welche Themen aus ihrer Sicht auf der Trilateralen Wattenmeerkonferenz behandelt werden sollen und setzen Sie diese auf die Agenda. Ich nenne zum Beispiel das Thema und die Forderung, Offshore-Windkraftanlagen dort zu behandeln. Ich mache keinen Hehl aus meiner kritischen Zurückhaltung bei diesem Thema,

(Beifall bei der CDU)

aber wenn wir darüber reden, dann halte ich es für überfällig, dass nicht jedes Land nur über seinen Küstenabschnitt nachdenkt, sondern es macht Sinn, in ein trilaterales Raumordnungsverfahren zur Findung von Eignungsflächen einzusteigen.

(Beifall bei der CDU)

Interessant wäre auch der Einstieg in eine Weiterentwicklung der Trilateralen Wattenmeerkonferenz, auf der in Zukunft - neben den traditionellen Umweltthemen - auch Fragestellungen zum Beispiel aus den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Verkehr und Si

cherheit behandelt werden könnten. So könnte im Sinne der Agenda 21 eine Nachhaltigkeits- und Entwicklungsstrategie für einen gesamten Umwelt- und Wirtschaftsraum Nordsee erarbeitet werden.

Herr Minister Müller, die Trilaterale Wattenmeerkonferenz darf kein Instrument bleiben, das über die Köpfe der Menschen an der Westküste hinweg entscheidet.

(Beifall bei der CDU)

Ich fordere Sie auf: Entwickeln Sie endlich ein modernes Beteiligungsverfahren für die Vorbereitung aller Trilateralen Wattenmeerkonferenzen, das diesen Namen auch verdient, und setzen Sie sich als Motor an die Spitze der Bewegung! Machen Sie die Beteiligung der Menschen an der Westküste endlich zur Chefsache! Gewähren Sie ausreichend lange Fristen, damit insbesondere auch die ehrenamtlich Tätigen eine Chance haben! Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr bis zum 30. Oktober. Stellen Sie also Ihre üblichen Showauftritte und kapriziösen Pirouetten zurück und widmen Sie sich mit aller Ernsthaftigkeit diesen wichtigen Aufgaben. Denn nur wenn die Menschen an der Westküste von diesen Projekten überzeugt sind - dazu ist viel Überzeugungsarbeit notwendig -, werden diese Projekte auch Erfolg haben.

(Beifall bei CDU, F.D.P. und SSW)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Wilhelm-Karl Malerius.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 31. Oktober findet die nächste Trilaterale Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres statt. Zum neunten Mal diskutieren dann die Minister von Dänemark, Deutschland und den Niederlanden die gemeinsame Zukunft dieser Region.

Diese Versammlung wird sehr wichtig werden, denn es müssen Entscheidungen über die künftige Struktur der Zusammenarbeit getroffen werden. Auch die Nominierung des Wattenmeeres als Welterbe der Menschheit sowie die Ausweisung als besonders schutzwürdiges Meeresgebiet werden möglicherweise wichtige Themen sein.

In den letzten zwei Jahrzehnten wurde vieles erreicht und die bisherigen trilateralen Konferenzen haben daran einen großen Anteil. So wurde im Jahre 1991 in Esbjerg die gespannte Spannweite menschlichen Tuns betrachtet und ein Leitprinzip für den Wattenmeerschutz festgelegt. In Leeuwarden wurden 1994 die

(Wilhelm-Karl Malerius)

Anforderungen an die menschlichen Aktivitäten mit den ökologischen Zielen für alle typischen Wattlebensräume verknüpft. Und bei der letzten Konferenz in Stade 1997 wurde ein Trilateraler Wattenmeerplan angenommen, der als eine durch die fast zwanzigjährige politische Zusammenarbeit und den internationalen Naturschutz zustande gekommene Leistung gesehen werden kann. Die Ergebnisse können für das, was erreicht wurde, als ein Maßstab gelten.

Im Bericht zur Umsetzung der Erklärung von Stade und des Wattenmeerplanes mit Stand 22. Januar 2001 wird gefordert:

„Bei der Verwirklichung des Schutzes der gesamten Vielfalt der im Wattenmeergebiet vorkommenden Habitattypen und der erfolgreichen Umsetzung des Wattenmeerplanes ist die aktive Unterstützung durch die zuständigen Behörden, Interessenverbände und die ortsansässige Bevölkerung von großer Wichtigkeit.“

Die Einführung eines hauptamtlichen Nationalparkservices, eingeführt im Jahre 1999 in SchleswigHolstein, gewährleistet eine beständige Zusammenarbeit von Land, Kreisen und Verbänden. Im Rahmen des neuen Nationalparkgesetzes sollen freiwillige Vereinbarungen mit den Betroffenen noch häufiger getroffen werden. Eine verstärkte Beteiligung der Öffentlichkeit wird durch die voraussichtlich im Jahre 2001 vollständige Umsetzung eines Besucherinformationssystems entlang der Westküste sowie der Eröffnung des Multimar-Wattforums Tönning 1999 erreicht.

Der Wattenmeerplan ist von den drei Wattenmeerstaaten angenommen worden und enthält einen sehr umfassenden Katalog von Prinzipien, Qualitätsnormen und detaillierten Schutz- und Managementvereinbarungen und -verfahren. Im Hinblick auf die bestehenden Managementvereinbarungen gibt es einen möglichen Schwachpunkt, der ein untereinander abgestimmtes Vorgehen der drei Wattenmeerstaaten erfordert, damit sichergestellt ist, dass eine Anmeldung als Welterbestätte nach den geltenden Maßstäben akzeptiert wird. Er betrifft die Wirksamkeit der Befragung und Unterrichtung der Bevölkerung über eine Anmeldung als Welterbestätte. Daraus ergibt sich allerdings die neue Frage: Wie soll die Beteiligung der Öffentlichkeit organisiert werden?

Die Holländer und Dänen stehen im Beteiligungsverfahren und werden den Gedanken des Welterbes in öffentlichen Veranstaltungen verbreiten. An der Westküste ist im November 2000 aus den Nationalparkkuratorien Nordfriesland und Dithmarschen eine Arbeitsgruppe aus 13 Personen gebildet worden. Ver

treten sind der Kreistag Nordfriesland, der Gemeindetag, der Fremdenverkehr, der Naturschutz, die Muschelfischer, der Sport, das Nationalparkamt und das MUNF. Durch die Arbeitsgruppe sollen Beschlussvorschläge für die Kuratorien und die Öffentlichkeit erarbeitet werden. Sie stehen inzwischen kurz vor dem Abschluss.

Zur Unterrichtung und Beteiligung der Öffentlichkeit wird vieles getan. Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag und die „Dithmarscher Landeszeitung“ haben sich bereit erklärt, am 19. Mai ein drei- bis fünfseitiges Journal erscheinen zu lassen.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Am darauf folgenden Montag wird über zwei Stunden eine Telefonservice in der Redaktion in Husum eingerichtet. Zu öffentlichen Informationsveranstaltungen in Heide und Husum werden alle gesellschaftlich relevanten Gruppen eingeladen.

Die medienbegleitende Informationsveranstaltung besteht aus folgenden Bausteinen: Grundinformation über Historie, Ziele, Begriffe, Rechtsfolgen der Welterberichtlinien, Welterbeüberlegungen im Rahmen der trilateralen Zusammenarbeit aus der Sicht des Naturschutzes und aus der Sicht des Kulturschutzes, Marketingwert des Welterbes sowie Erfahrungsberichte aus dem Bereich der Welterbestätten von Schützern und Nutzern.

Es handelt sich um eine Veranstaltung zur Unterrichtung und Beteiligung der Öffentlichkeit vorweg; weitere sind - soweit für die Bevölkerung erforderlich vorgesehen und über das Ob und Wie der Anmeldung wird vor Ort entschieden.