Herr Dr. Garg, ich will Ihnen meine Meinung dazu sagen: Ich kann Ihnen nur mit aller Entschiedenheit aus meinem Blickwinkel sagen,
man kann über alles diskutieren und nachdenken, dafür sind wir offen. Aber die Diskussion muss auch die Fragestellung beinhalten: Was können wir tun, damit überhaupt nicht erst Drogenkonsum entsteht, und was können wir tun, damit junge Leute davon fern gehalten werden?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele der Argumente, die heute hier wieder auftauchen, sind schon vielfach ausgetauscht worden. Ich gehe einmal davon aus, meine Position und die drogenpolitische Position der Landesregierung sind bekannt. Ich werde Sie deshalb nicht noch einmal detailliert in allen Argumenten vortragen. Sie sind komprimiert in den drogenpolitischen Leitlinien zusammengefasst.
Ich bin aufrichtig erfreut über die Initiative des SSW und freue mich auch über die breite Basis hier im Parlament für mehr Menschlichkeit, mehr Mut, mehr Vernunft in der Drogenpolitik und vor allen Dingen für mehr Glaubwürdigkeit in der Prävention.
Die Eröffnung neuer Wege durch eine Modellklausel im Betäubungsmittelgesetz ist überfällig. Es gibt einen Beschluss der Mehrheit der Gesundheitsminister und Gesundheitsministerinnen von 1997. Das steht natürlich auch in unseren drogenpolitischen Leitlinien. Ich habe die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Fischer 1998, unmittelbar nach Amtsantritt, wegen dieser Modellklausel im BtMG angeschrieben und ich habe eine vollständig nichts sagende Antwort erhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht einmal die Heroinabgabe an Schwerstabhängige wird auf der Grundlage des BtMG durchgeführt. Der Mut für eine entsprechende Änderung war nicht vorhanden. Wir haben es hier mit einer klinischen Prüfung nach dem Arzneimittelgesetz zu tun. Das ist besser als gar nichts, aber eine klare rechtliche Grundlage wäre mir lieber gewesen.
Eine klare rechtliche Grundlage ermöglicht nämlich auch das Vermeiden von umständlichen Konstruktionen, wie zum Beispiel bei diesem Apothekenmodell, was ich auf den Weg gebracht habe. Das war nach geltender Rechtslage nicht anders möglich. Vielen Dank für die vielen freundlichen Ratschläge, aber die Rechtslage ist, wie sie ist, und es gilt, sie zu ändern. Selbstverständlich, Frau Tengler, sind Modellversuche, wenn sie im Gesetz ermöglicht werden, nicht beliebig. Selbstverständlich müssen sie wissenschaftlich fundiert sein und wissenschaftlich evaluiert werden. Das ist doch überhaupt keine Frage. Das kann man gesetzlich so auch formulieren, wenn man eine Modellklausel einführt.
Wenn die Landesregierung jetzt aufgefordert wird, sich um Mehrheiten für eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes zu bemühen, dann erwarte ich - das sage ich mit allem Nachdruck - auch sehr konkrete Unterstützung aller antragstellenden Parteien auch auf Bundesebene, soweit sie dort vertreten sind. Aber es gibt ja auch andere Kanäle. Das sage ich auch an die Adresse der Liberalen, Herr Dr. Garg. Ich will Sie jetzt nicht mit Ihrem Landesvorsitzenden und seinen maßgeblichen Äußerungen zu meinem Drogenvorstoß im Bundestag quälen, aber es wäre schon angebracht, man würde auch auf Bundesebene mit den eigenen Leuten in eine Fachdiskussion eintreten.
Denn Erkenntnisse und Bekenntnisse zu einer fortschrittlichen präventiven und schadensmindernden Drogenpolitik sind das eine, die konkrete Umsetzung mit allen schwierigen Abwägungen und harten Konflikten sind das andere. Und sehen Sie es mir nach, aber ich habe meine Erfahrungen mit fortschrittlichen programmatischen Fahnenschwenkern, die überhaupt keine Lust hatten, ihre Vorstellungen sozusagen - wie meine Tochter es nennen würde - „in echt“ einer Um
setzung in politische und rechtliche Wirklichkeit auszusetzen. Das ist nämlich unbequem. Und jetzt - wenn man das nicht getan hat - ist man immer fein raus und kann sagen: Daran war ich ja nicht schuld, dass ein so komischer Modellversuch gescheitert ist.
Dieses möchte ich, möchten wir, nicht noch einmal. Wenn, dann soll das hier auch wirklich gemeinsam auf den Weg gebracht werden. Wir müssen es nicht nur wollen, wir müssen es auch tun.
Erfolglos war unsere Initiative zur kontrollierten Abgabe von Cannabis nicht - von Legalisierung war nie die Rede -, sie hat zu einer Neubewertung von Drogen und Drogenproblemen geführt. Dieser Antrag ist zum Beispiel ein Indiz dafür, dass diese Diskussion etwas gebracht hat. Die Unterscheidung zwischen legal und illegal wird nicht mehr fraglos mit ungefährlich und gefährlich gleichgesetzt. Und so wenig es manchem einleuchten darf, über die kontrollierte Abgabe von Cannabis ist der bedenkenlose Umgang mit Alkohol erheblich stärker ins Visier geraten.
Insofern ist der Aktionsplan Alkohol für mich eine logische Konsequenz nach der Cannabisinitiative. Das, was die WHO jetzt zum Problem Alkohol veröffentlicht, gibt uns doppelt Recht.
Überhaupt sind Projekte und Modelle in der Drogenpolitik nie isoliert zu sehen, sondern immer als Bestandteil einer gesamten Politik. Deshalb begrüße ich den Antrag in allen seinen Facetten, besonders was die ausführliche Anhörung angeht. Ich finde es auch sehr gut, dass sich der Landtag hier für eine beschleunigte weitere Entwicklung des Suchthilfekonzepts im schleswig-holsteinischen Justizvollzug einsetzt.
Dabei will ich es belassen. Ich habe die Glocke schon im Rücken. Herzlichen Dank, ich freue mich auf diese gemeinsame Politik.
Herr Abgeordneter Nabel hat um einen Kurzbeitrag gebeten. - Das ist erledigt. Dann liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. - Frau Abgeordnete Hinrichsen, ein Antrag zur Geschäftsordnung?
Im Hinblick auf die Abstimmung möchte ich Folgendes vorschlagen. Wir würden über den Antrag gern in der Sache abstimmen lassen, bitten aber darum, über Abschnitt 1 des gemeinsamen Antrages getrennt abzustimmen. Über die Abschnitte 2 bis 4 könnte sodann gemeinsam abgestimmt werden.
Herr Präsident, wir beantragen, über alle Abschnitte einzeln abzustimmen, aber nicht buchstabenweise.
Dann werden wir das tun. Wir haben aber zunächst über den vorliegenden Geschäftsordnungsantrag auf Überweisung abzustimmen. Es ist beantragt worden, die Anträge dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt.
Jetzt wird zunächst über den Änderungsantrag beraten, wobei ich darauf hinweisen will: Wenn er angenommen würde, wäre der Ursprungsantrag vollinhaltlich erledigt.
Wir stimmen zunächst über Abschnitt 1 des Änderungsantrages in Drucksache 15/762 ab. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Es ist mit der Mehrheit der Antragsteller so beschlossen.
Wer Abschnitt 3 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit den Stimmen der Antragsteller gegen die Stimmen der CDU ist es so beschlossen.
Nun habe ich über den Änderungsantrag insgesamt abstimmen zu lassen. Wer dem Änderungsantrag insgesamt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Antragsteller bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen jeweils etwa zur Hälfte aus der CDU angenommen. Ich stelle fest, dass der Ursprungsantrag damit inhaltlich erledigt ist.
Ich will an dieser Stelle schon ankündigen, dass wir Tagesordnungspunkt 21 auf die März-Tagung verschieben müssen.