Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn es nicht in der Mitte Europas liegen würde und zu allen Zeiten seiner Geschichte ein Einwanderungsland gewesen wäre.
Ich will jetzt nicht auf die Details des Berichtes eingehen; dazu haben meine Vorredner schon gesprochen. Ich möchte aber einige Konsequenzen aus dem Bericht ziehen, die - glaube ich - notwendig sind.
Die wichtigste Voraussetzung für die Integration von ausländischen Jugendlichen und allen ausländischen Mitbürgern liegt zum einen in der Jugendpolitik, in den Kindergärten und in den Schulen und zum anderen in der Wirtschaft. Deswegen bin ich dankbar, dass der Bericht dazu einige Hinweise gibt.
Die wichtigste Voraussetzung für die Integration in der Wirtschaft ist neben dem Erlernen der deutschen Sprache die Einbeziehung in die Berufsausbildung. Die Zahl der jugendlichen Ausländerinnen und Ausländer, die eine Berufsausbildung machen, ist in SchleswigHolstein mit 2,5 % der Auszubildenden erschreckend niedrig. Im Bundesgebiet ist sie mehr als dreimal so hoch.
Wir brauchen deshalb eine gezielte Information der Ausländerinnen und Ausländer. Wir schlagen vor, dass dafür Mitbürgerinnen und Mitbürger ausländischer Abstammung geworben werden, die ihre Landsleute in den Familien direkt ansprechen und informieren.
Herauszuheben ist - das ist schon gesagt worden - die Initiative „Migranten schaffen zusätzliche Ausbildungsplätze“. Ich glaube, dass diese Initiative gestärkt werden muss, dass wir sie fortsetzen sollten und überlegen sollten, wie wir sie ausbauen.
Es ist aber auch erforderlich, die deutschen Betriebe direkt auf das Problem anzusprechen. Dies kann zum Beispiel im Rahmen des Bündnisses für Ausbildung geschehen. Dazu sollten Konzepte erarbeitet werden.
Der Bericht macht weiterhin deutlich, dass in Pflegeberufen sehr viele Ausländerinnen und Ausländer als Hilfskräfte arbeiten. Hier könnten gezielt Angebote entwickelt werden, um diese für eine Berufsausbildung und eine Weiterbildung zu gewinnen, um ihnen eine Perspektive in qualifizierten Tätigkeiten zu verschaffen.
Auch die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen ist ein Problem. Es ist unsinnig, hoch qualifizierte, gut ausgebildete ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland als Hilfskräfte zu beschäftigen, weil ihre Diplome nicht anerkannt werden.
Anders ist die Situation im Handwerk. Hier ist der Anteil von Ausländerinnen und Ausländern weit geringer als in anderen Bereichen, während er in handwerk
sähnlichen Berufen ohne Qualifikation deutlich überproportional ist. Dieses Problem ist deswegen besonders gravierend, weil das Handwerk in SchleswigHolstein 40 % aller Ausbildungsplätze stellt. Hier dürften erhebliche Potenziale für qualifizierte Ausbildung liegen, die nicht genutzt werden, während viele Betriebe darüber klagen, dass sie niemanden bekommen können.
Deshalb sollte diese Situation mit dem Handwerk besprochen werden und sollten gemeinsam geeignete Maßnahmen entwickelt werden.
Ein Thema, das schon angesprochen worden ist, ist die Situation an den Hochschulen. Im Rahmen der Globalisierung gewinnt die internationale Ausrichtung der Hochschulen an Bedeutung. Dieser Entwicklung werden unsere Hochschulen weder beim wissenschaftlichen Personal noch bei den Studentenzahlen gerecht. Um dies zu ändern, lohnt es sich, einmal die Klagen von engagierten Professoren anzuhören. Hier muss ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen werden. Die Studienangebote müssen daraufhin überprüft werden, die Anrechnung von externen Teilqualifikationen muss unbürokratisch und flexibel werden, die Werbung muss verbessert werden.
Deshalb sollte ein solches Engagement der Hochschulen im Rahmen der Evaluierung mit berücksichtigt werden.
Jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, kann auch ein Lied davon singen, mit welchen Schikanen es ausländische Studienanwärter oder Wissenschaftler bei der Visabeschaffung zu tun haben, welche Schwierigkeiten Studenten haben, legal Arbeit zu bekommen. Es ist kein Wunder, dass Studenten aus vielen Ländern der Welt lieber in die USA oder in andere westeuropäische Länder gehen als nach Deutschland, wo sie so behandelt werden.
Ich finde es aber absurd, wenn Studenten, nachdem sie für viel Geld in Deutschland ausgebildet worden sind, hier anschließend keine Möglichkeiten haben zu arbeiten, während deutsche Firmen zugleich im Ausland Mitarbeiter per Greencard anwerben.
Ein weiteres Problemfeld sind die freien Berufe. Es gibt bei der Zulassung eine Reihe von Absonderlichkeiten, die mit einer offenen Haltung zur Integration von Ausländerinnen und Ausländern nichts zu tun haben. Deshalb sollte die Regierung prüfen, welche offenen und verstecken Hindernisse dies im Einzelnen
sind und welche Änderungen erforderlich sind. Die Regelung, dass Apotheken nicht von Ausländerinnen und Ausländern eröffnet werden dürfen, von diesen aber wohl von einem Deutschen übernommen werden dürfen, ist nur ein Extremfall. Diese Bestimmung sollte schlicht abgeschafft werden.
Als Letztes will ich noch den öffentlichen Dienst ansprechen, der mit einem Ausländeranteil von 1,5 % das peinliche Schlusslicht bildet, was die Integration im Arbeitsmarkt angeht. Hier sollte schnellstens geklärt werden, worin die Ursachen liegen. Das kann nicht allein an der Polizei liegen. Aber auch bei der Polizei gibt es Möglichkeiten und Chancen, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beschäftigen, gerade wenn es darum geht, in Stadtvierteln zu arbeiten, in denen ausländische Bürger in großer Anzahl leben. In anderen Bundesländern wird dieses Thema bereits offensiver angegangen.
Helfen Sie mit, damit es uns gelingt, die Integration der Einwanderinnen und Einwanderer in unserer Gesellschaft zur Leitaufgabe der deutschen Kulturpolitik, also quasi zur deutschen Leitkultur zu machen! Ich denke, das wird Deutschland bereichern, in unser aller Interesse.
Ich schlage vor, dass der Bericht federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Bildungsausschuss sowie den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen wird, damit entsprechende Konsequenzen gezogen werden können.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Bericht ist zu entnehmen, dass der Zuzug aus dem Ausland in Zukunft eher noch steigen wird. Das ist eine erfreuliche Feststellung, denn der Bericht macht auch deutlich, dass wir die Zuwanderung in Zukunft dringend brauchen, um unseren hohen Lebensstandard überhaupt halten zu können.
Dies macht deutlich, dass wir das Thema nicht nur unter dem Aspekt der Wanderungsbewegung sehen können, sondern auch unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Notwendigkeit betrachten müssen. Es gibt viele Gründe, weshalb wir die Zuwanderung dringend
brauchen. Das beitragsfinanzierte Sozialversicherungssystem wird nur zu halten sein, wenn wir weiterhin Zuzug aus dem Ausland haben. Die Wirtschaft braucht ausreichend Arbeitskräfte und sie braucht vor allem neue Einflüsse von außen, um mit ihren Aktivitäten auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben zu können. Der Arbeitsmarkt profitiert von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland und von dem Unternehmertum der hier lebenden Einwanderer.
Die Frage, die sich stellt, ist nicht, ob wir Zuwanderung benötigen, sondern wie wir diese gestalten müssen, um auch in Zukunft ein zukunftsfähiges Land zu bleiben. Dazu gehört zum einen die Frage, wie die Einwanderung rechtlich zu regeln ist. Wie wollen wir, losgelöst vom für uns unumstößlichen Recht auf Asyl, festlegen, wer zu uns kommen kann? Darauf muss demnächst eine Antwort erfolgen.
Zum anderen geht es ihr hier aber vor allem um die Frage, wie wir die Menschen integrieren, die zu uns kommen. Wir haben heute immer noch Schwierigkeiten mit Menschen, die vor drei Jahrzehnten eingewandert sind. Diese Menschen sind nicht richtig in unserer Mitte aufgenommen worden und haben schlechtere Bedingungen, wenn es um Bildung und Arbeit geht. Das muss anders werden.
Einerseits müssen den schon hier lebenden Einwanderern bessere Lebensbedingungen ermöglicht werden. Gleiche Chancen im Bildungssystem sind dazu der Schlüssel. Die Kinder von Einwanderern sind genauso hoch begabt wie die Kinder von Deutschen. Sie haben aber extrem geringere Startchancen ins Leben. Da muss geholfen werden, wo es geht. Die Kinder müssen so viel Förderung erhalten, dass sie faire Lebenschancen haben. Kollegin Birk hat gestern zu Recht deutlich gemacht, dass unsere Bildungspolitik immer noch nicht auf unsere eingewanderten Mitbürger eingestellt ist.
Andererseits müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass wir die Menschen aus dem Ausland brauchen. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, in dem Einwanderung gewünscht ist. Niemand wird hierher kommen wollen, wenn die Fremdenfeindlichkeit fröhliche Urstände feiert. Wir müssen der breiten Bevölkerung deutlich machen, dass ausländische Arbeitnehmer nicht in erster Linie eine Konkurrenz zu Deutschen sind, sondern eine dringend notwendige Bereicherung für unser Land.
Die Ängste, dass Ausländer Einheimischen die Arbeit wegnehmen, stimmen nicht. Im Gegenteil: Sie investieren in unserem Land, sie bringen ihre Qualifikationen ein und schaffen neue Arbeitsplätze. Um das Thema
einmal aus wirtschaftlicher Sicht zu betrachten: Eine gesellschaftlich akzeptierte und vernünftig geregelte Einwanderung ist daher als ein harter Standortfaktor zu betrachten. Dies muss in der Öffentlichkeit regelmäßig deutlich gemacht werden. Das geht auch aus unserem gemeinsamen Antrag hervor, für den ich dem Kollegen Schröder herzlich danken möchte.
Aus dem Beitrag des Kollegen Garg wurde deutlich, dass der Antrag der F.D.P. auch vor dem Hintergrund der Debatte zum Rechtsextremismus gestellt wurde. Gerade in diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu zeigen, wie wichtig die Einwanderung ist. Wir sollten die positiven Beiträge unserer ausländischen Mitbürger für unser Wirtschaftsleben in einem kleinen Faltblatt zusammenstellen und dieses jedem Haushalt in SchleswigHolstein zukommen lassen, damit dem Rechtsradikalismus auch in Form einer besseren Aufklärung das Wasser abgegraben werden kann.
Ich lasse zunächst über den Bericht der Landesregierung abstimmen. Es ist beantragt worden, den Bericht zur abschließenden Beratung federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Sozial-, den Bildungs- und den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.
Ich lasse über den interfraktionellen Antrag Drucksache 15/764 abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.