Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich nicht auf die Katastrophenszenarien eingehe. Ich denke, Frau Erdsiek-Rave wird zum Thema Lehrernachwuchs spätestens in dem heute vermutlich zu beschließenden Bericht eingehen. Ich kann jetzt schon sagen, dass ich davon ausgehe, dass es nicht dazu kommen darf, dass wir Quantität auf Kosten der Qualität fördern. Davon geht sicher auch das Bildungsministerium aus.
Das ist nicht möglich und nicht sinnvoll. Lassen Sie mich auf die drei konkreten Anträge eingehen, die unter der Überschrift zusammenzufassen sind: Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung. Ich denke, es besteht Einigkeit darin, das Ansehen des Lehrerberufs zu stärken und den Lehrernachwuchs zu sichern. Das Thema ist nicht neu, es verlangt - auch und gerade auf Bundesebene - nach einer konzertierten Aktion. Deshalb hat Frau Erdsiek-Rave bereits im Dezember 1999 dieses Thema auf die Tagesordnung der Kultusministerkonferenz gesetzt.
Es wurde bereits gesagt, dass die Bundesregierung angekündigt hat, dass sie den Weg für Zulagen bei der Referendariatsbesoldung freimachen will, und zwar für alle Schularten. Anwärtersonderzuschläge sollen flexibel eingesetzt werden können, damit kurzfristig auf Veränderungen der Bewerbersituation in einzelnen Laufbahnen reagiert werden kann. Das entspricht auch der Zielsetzung der Landesregierung, denn als das Besoldungsrecht noch von der alten CDU/CSUF.D.P.-geführten Bundesregierung mit Wirkung zum Januar 1999 dahin gehend geändert wurde, dass die Grundbeträge generell für alle Anwärter um 5 % gekürzt, der Alterszuschlag für Anwärter über 26 Jahren gestrichen und der Verheiratetenzuschlag durch den niedrigeren Familienzuschlag ersetzt wurde, hat das Land Schleswig-Holstein in diesem Punkt im Bundesratsverfahren dagegengehalten und widersprochen. Die Mehrheiten waren leider anders.
bringen wird und uns damit die erforderlichen Handlungsmöglichkeiten geben wird, die wir allerdings im Rahmen der Kultusministerkonferenz abstimmen müssen, damit die konkurrierende Werbung der Länder um Lehrer nicht noch verschärft wird.
Aus der Tatsache, dass es diese Konkurrenz gibt, die zum Teil fast unsittliche Formen annimmt, mögen Sie ersehen, dass wir es hier nicht mit einem schleswigholsteinischen Problem zu tun haben, das etwa auch noch rot-grün-gemacht wäre. Das möchte ich einfließen lassen.
Der nun gerade auf die beruflichen Schulen zukommende allgemeine Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern trifft nur bedingt auf die Versorgung der beruflichen Schulen mit Fachlehrerinnen und Fachlehrern zu. Es gibt jährlich etwa 15 Einstellungen, was dem Bedarf entspricht. Wir sind uns darüber einig, dass Fachlehrerinnen und Fachlehrer hervorragend qualifiziert sein müssen, wie die anderen auch. Es muss künftig möglich sein, im Einzelfall fachlich und pädagogisch qualifizierte Meisterinnen und Meister, Technikerinnen und Techniker für diese Aufgabe zu gewinnen, auch wenn der Nachweis einer schulischen Hochschulzugangsberechtigung oder eines gleichwertig anerkannten Bildungsstands nicht vorliegt. Die laufbahnrechtlichen Bedingungen schließen allerdings derzeit aus, dass die fehlenden formalen Voraussetzungen während des Vorbereitungsdienstes erworben werden können. Um dennoch zu praktikablen Lösungen zu kommen, wird derzeit geprüft, qualifizierten Bewerbern die Möglichkeit zu eröffnen, ohne zeitraubende Vorbereitung und ohne Prüfung in den Vorbereitungsdienst einzutreten.
Das funktioniert bereits heute an anderer Stelle, nämlich dann, wenn jemand ohne eine schulisch erworbene Hochschulzugangsberechtigung, aber mit nachgewiesener besonders hoher Qualifikation - beispielsweise mit einem Meisterbrief - ein Hochschulstudium aufnehmen will. Es wird jetzt geprüft, ob dieses Verfahren auch auf den Vorbereitungsdienst übertragen werden kann. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur wird zu einer sachgerechten Lösung kommen, die dem Wunsch nach Erleichterung der Zugangsvoraussetzung in den Vorbereitungsdienst der Fachlehrerinnen und Fachlehrer an beruflichen Schulen im Einzelfall Rechnung trägt.
Die Intention des heutigen Antrags, der auf eine Flexibilisierung der Ausbildungsordnung im Rahmen der Berufsausbildung zielt, wird von der Landesregierung begrüßt. Auch als Arbeitsministerin habe ich daran ein hohes Interesse.
Wir haben die Ausbildungs- und Beschäftigungssituation von Jugendlichen mit schlechten Startchancen und mit Handicaps zu einem unserer politischen Schwerpunkte gemacht. Das Bündnis für Ausbildung in Schleswig-Holstein hat sich dieses Themas im letzten Jahr - ebenso wie der Landesausschuss für Berufsbildung - dankenswerterweise sehr differenziert angenommen. Der Landesausschuss hat hierzu im September des vergangenen Jahres einen umfassenden Beschluss verabschiedet, in dem er grundlegend zum Ausdruck bringt, dass nach seiner Auffassung nicht alle Jugendlichen von vornherein in der Lage sind, eine Ausbildung im bestehenden dualen System erfolgreich zu durchlaufen und zu beenden. Was wie eine Banalität klingt, ist trotzdem eine wichtige Feststellung, weil dies häufig genug verleugnet worden ist. Die Bildungsgläubigkeit in Teilen dieser Gesellschaft fügt manchen Menschen Schaden zu, statt ihnen zu nutzen, weil man unterstellt, jeder müsse das können, was der Durchschnitt kann. Das ist eben nicht so.
Wir wären schlecht beraten, wenn wir diejenigen, die Defizite haben, einfach von Berufsbildung ausgrenzten und damit auch von Chancen im Erwerbsleben und von Chancen im Leben insgesamt. Um diesen Jugendlichen eine effektive Unterstützung anbieten zu können, müssen einerseits die vorhandenen umfassenden Angebote an ausbildungs- und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Andererseits müssen im dualen System aber auch neue Ausbildungsgänge erprobt und zugelassen werden. Auch dies klingt einfacher, als es in der Wirklichkeit ist.
Der Landesausschuss hat zum Beispiel empfohlen, neu konzipierte Ausbildungsberufe - abgeleitet aus bereits bestehenden Ausbildungsberufen - mit so genannten reduzierten theoretischen Anteilen zu schaffen. Sie können sich vorstellen, dass bei der Ableitung aus vorhandenen Ausbildungsberufen die Vertreter dieser Berufe nicht gern bereit sind zuzugeben, dass gerade in ihrem Beruf der Anteil der theoretischen Bildung niedriger ist als in anderen. Es gibt solche Hemmnisse auf vielen Seiten, um hier zu neuen und flexiblen Wegen zu kommen.
Wenn wir neue Ausbildungstypen und neue Ausbildungsgänge schaffen, dann ist immer Voraussetzung, dass die Durchlässigkeit zu anderen zu diesem Bereich gehörenden Berufen gegeben ist, dass die Förderung der Bereitschaft zur weiteren beruflichen Qualifizierung Bestandteil ist und dass realistische Chancen für diese Ausbildungsgänge auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind. Sowohl die Sozialpartner als auch der Verordnungsgeber auf Bundesebene sind damit auf
gefordert, entsprechende Ausbildungsgänge im dualen System anzubieten, diese branchenorientiert zu entwickeln und auch zu beschließen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, hier auf Bundesebene den Fuß in die Tür zu kriegen. Unser Versuch, einen neuen Ausbildungsgang - nämlich die Pflegeassistenz im dualen System mindestens als Projekt hier in Schleswig-Holstein anzubieten, ist auf Bundesebene gescheitert. Da gibt es vielerlei Hemmnisse, die zum Teil auch in der Wirtschaft selbst - besonders im Handwerk - vorhanden sind.
Es besteht - davon gehe ich aus - Einigkeit in dem Ziel, eine stärkere Flexibilisierung der Ausbildungsordnungen zu erreichen. Auf jeden Fall sollten wir sehr schnell dazu kommen, denjenigen, die ihre Prüfung zum Gesellen oder Facharbeiter nicht bestanden haben, die erworbenen Leistungen dennoch zu bescheinigen, damit sie damit als Nachweis höhere Chancen haben.
Lassen Sie uns in allen Fragen gemeinsam nach vernünftigen, pragmatischen Wegen suchen, die vor allem im Interesse der Betroffenen, der Jugendlichen liegen, aber natürlich auch im Interesse ihrer Lehrer und auch der Ausbildungsstätten. Dazu dient die heutige Debatte und - davon bin ich überzeugt - dazu dienen auch die anschließenden Beratungen im Ausschuss sowie der erbetene Bericht, von dem ich davon ausgehe, dass er im Mai gegeben wird.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Aufgrund der sich zum Teil widersprechenden Abstimmungsbegehren schlage ich Ihnen folgendes Abstimmungsverfahren vor: Es ist beantragt worden, zunächst über den Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/760, in der Sache abzustimmen, und zwar gemeinsam mit Ziffer 1 des Antrages der Fraktion der F.D.P., Drucksache 15/757.
Es geht darum, zunächst über diesen Antrag erweitert um Ziffer 1 des F.D.P.-Antrages abzustimmen. Herr Abgeordneter de Jager, es ist auch alternative Abstimmung über den CDU-Antrag und Ziffer 1 des F.D.P.-Antrages beantragt worden. Eine alternative Abstimmung wird immer dann durchgeführt, wenn niemand widerspricht. Hier ist es so, dass ein anderer Antrag gestellt worden ist, der daher vorgeht. Deshalb
Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Ausschussdienst und Stenographischer Dienst
lasse ich zunächst wie eben beschrieben abstimmen. Wer dem Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Ziffer 1 des F.D.P.-Antrages zustimmen will - - Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter de Jager!
Eigentlich haben wir uns auf folgendes Verfahren verständigt: Wir wollen alternativ über Drucksache 15/733 und Punkt 1 der Drucksache 15/757 abstimmen. Danach ist über den Antrag auf Ausschussüberweisung von Punkt 2 der Drucksache 15/757 abzustimmen. Dann soll über den Antrag Drucksache 15/760 abgestimmt werden. Die beiden Anträge der CDU, Drucksache 15/734 und 15/737, sollen an den Ausschuss überwiesen werden.
Herr Abgeordneter de Jager, dazu habe ich eben insofern Stellung genommen, als das Verfahren der alternativen Abstimmung stets einstimmig befürwortet werden muss. Wenn aber jetzt Ziffer 1 des F.D.P.Antrages in den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingehen soll, ist hierüber zunächst abzustimmen.
Wir schließen uns dem Vorschlag des Kollegen de Jager zum Abstimmungsverfahren an. Andere Vorschläge, die im Rahmen der Debatte vorgetragen wor
Der Antragsteller der F.D.P. ist damit auch einverstanden? - Gut, dann lasse ich zunächst alternativ über den Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/733, und Ziffer 1 des F.D.P.-Antrages, Drucksache 15/757, alternativ abstimmen. Wer dem CDUAntrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Wer Ziffer 1 des F.D.P.-Antrages zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Dieser Antrag ist mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen.
Nun komme ich zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN inklusive Ziffer 1 des F.D.P.-Antrages. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der CDU ist dieser Antrag in der erweiterten Fassung angenommen.
Ich lasse jetzt über den Antrag abstimmen, Ziffer 2 des F.D.P.-Antrages und die Anträge der Fraktion der CDU, Drucksachen 15/734 und 15/737, zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich schließe damit die heutige Beratung und wünsche Ihnen einen schönen Abend.