Protocol of the Session on January 24, 2001

- durchweg nicht zum Nutzen des Landes. Mit dieser Wahrnehmung stehe ich weiß Gott nicht allein, wenn Sie einmal das Zitat im „Flensburger Tageblatt“ vom 12. Januar dieses Jahres nachlesen. Dort heißt es:

„Ausgelöst durch die BSE-Krise beschwören Politiker den Schutz der Konsumenten. Doch in Schleswig-Holstein passiert das Gegenteil.“

Wörtliches Zitat Ende!

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Schlimm!)

Die BSE-Problematik war im Dezember in unserer Haushaltssitzung längst bekannt. Trotzdem haben Sie die Kürzung bei der Verbraucherzentrale beschlossen. Jetzt wird eilig versucht, Ihre Geisterfahrt zu bemänteln - mit neuen höchst politischen Begründungen.

Meine Damen und Herren, nachdem Sie nun wohl offensichtlich aus Berlin den Marsch geblasen bekommen haben, stehen Sie vor der Notwendigkeit eines schmählichen, kleinlauten Rückzuges. Wir sehen das ohne Häme und begrüßen dies von der sachlichen Notwendigkeit her durchaus, Herr Kollege Wodarz. Es ist ein doppeltes Dilemma, das zu Ihrem Fehlgriff geführt hat:

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist das!)

Die Ministerpräsidentin ist in Berlin einmal wieder nichts geworden; deshalb ist sie natürlich über diese

Wende zur Verbraucherschutzpolitik auch gar nicht informiert worden. Der Bundeskanzler - das ist der „GrOppaZ“ - der größte Opportunist aller Zeiten -, der handelt ohnehin nie nach Plan, sondern aus dem Bauch heraus. Er hat sie alle überrascht. Deshalb müssen sie nun diese Wende vollziehen.

(Beifall des Abgeordneten Gero Storjohann [CDU])

Über den Bundeskanzler hat Herr Henkel so ein schönes Zitat gebracht; er hat gesagt: Eine Mischung aus Inkompetenz und Selbstzufriedenheit.

(Günter Neugebauer [SPD]: Kommen Sie doch einmal zur Sache! Was soll das eigent- lich?)

Eine ganz bedrohliche Mischung.

Auch bei den neuen Bundesministern, meine sehr verehrten Kollegen, ist offenbar Fach- und Sachverstand eine die Berufung ausschließende ansteckende Krankheit, der vom Bundeskanzler systematisch vorgebeugt wird.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, darf ich Sie auf das Thema „Verbraucherschutz in Schleswig-Holstein“ hinweisen?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Präsidentin, nach meiner Kenntnis ist die neue Bundesministerin Künast Ministerin für Verbraucherschutz.

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Nach meiner Kenntnis hat diese Berufung auch wirklich eng damit zu tun, dass wir heute hier über diesen Antrag und überhaupt über Verbraucherschutz reden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu diesen Anträgen! Die Verbraucher sind zutiefst verunsichert. Die Bundesregierung redet vom Schwerpunkt Verbraucherpolitik und die gleichfarbige Landesregierung nimmt in der Fläche durch Mittelkürzungen die letzten noch verbliebenen Verbraucherberatungsstellen.

Ganz im Ernst: Sie müssen diese Kürzungen zurücknehmen, und zwar nicht erst im kommenden Jahr, um das dann als eigene Erkenntnis zu verkaufen, bloß weil

(Dr. Trutz Graf Kerssenbrock)

es jetzt von der Opposition kommt. Wissen Sie, Verbraucherpolitik - ich sage das an die Adresse des Kollegen Steenblock - ist ja auch nach geltendem Europarecht - Artikel 153 des EU-Vertrages - eine hochrangige staatliche Aufgabe, aber Sie streichen den ordnungspolitisch sehr viel richtigeren privatrechtlichen Weg, auf dem das hier in Schleswig-Holstein läuft, nämlich die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, ruinös zusammen. Das ist eben eine wirklich fatale Politik, zu der Sie hier angesetzt haben und die Sie schlicht rückgängig machen müssen.

(Beifall des Abgeordneten Gero Storjohann [CDU])

Was besonders verwerflich ist, ist Folgendes. Sie versuchen - das richtet sich an Frau Ministerin Franzen -, Vorstand und Betriebsrat der Verbraucherzentrale gegeneinander auszuspielen, wenn ich - jawohl, Sie! Ihre Presseerklärung vom 17. Januar sehe, in der teilweise falsche Behauptungen über das Gespräch mit dem Betriebsrat - das klingt beim Betriebsrat nämlich ganz anders - aufgestellt werden. Die fielen aus allen Wolken über das, was Sie da pressemäßig ohne Absprache veröffentlicht haben.

Wenn Ihnen - die Frau Ministerpräsidentin hat sich ja schon zurückgezogen - der Vorstand der Verbraucherzentrale parteipolitisch nicht gefällt - das mag ja sein und das soll in dem Gespräch mit dem Betriebsrat auch sehr deutlich angeklungen sein - und wenn die Ministerpräsidentin heute sehr klar gesagt hat, dass die Arbeit der Verbraucherzentrale zu mittelstandsorientiert und an Familien gerichtet stattfinde, dann kann ich mich nur wundern.

Erstens. Was hat eigentlich die Ministerpräsidentin gegen eine Beratung des Mittelstandes durch Verbraucherzentralen?

Zweitens. Was hat Sie gegen Familien und dürfen die nicht mehr beraten werden?

Drittens. Das ist überhaupt nicht die Klientel, die dort beraten wird. Sie hat von den Fakten überhaupt keine Ahnung.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und F.D.P.)

Viertens. Frau Ministerin Franzen, was hat eigentlich die Vertreterin der Landesregierung im Vorstand der Verbraucherzentrale jemals an inhaltlicher Ausrichtungskritik eingebracht, von der Sie jetzt ein neues Konzept fordern?

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Ich halte Ihnen einfach einmal das vor, was der Kollege Swatek - nein, Staatssekretär war er früher -, der ja

immerhin Ihr SPD-Kreisvorsitzender in Ostholstein oder in Plön ist - - Ich weiß es nicht genau.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Plön! - Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ich möchte Sie auf die Redezeit hinweisen. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich bedanke mich. Ich bin gleich fertig.

Er hat gesagt: Verbraucherschutz war immer ein linkes Thema. - Ein linkes Thema! Das sehen wir überhaupt nicht so. Aber wenn er jedenfalls das so sieht, sollten Sie sich das möglicherweise einmal zu Herzen nehmen.

Bei diesem Thema ist Parteipolitik auf dem Rücken der Mitarbeiter und der Verbraucher ein schändliches Unterfangen. Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie sich von diesem Vorhaben zurückziehen, das Sie sich da anheischig gemacht haben, unsere Häme, die Sie jetzt gehört haben, würde sich in Grenzen halten, wenn Sie den Rückzug ernsthaft anträten. Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Hay, war schon einmal im September so weit, hat eine sehr ordentliche Presseerklärung abgegeben. Sie sollten ihm folgen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Kruse.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verbraucherschutz und Verbraucherberatung haben in Schleswig-Holstein und in der gesamten Bundesrepublik Deutschland angesichts der aktuellen BSE-Diskussion und auch angesichts des jetzigen Schweinemastskandals eine völlig neue Dimension erhalten.

Die gewachsene Bedeutung des Verbraucherschutzes insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Umwelt wurde uns allen sehr eindringlich verdeutlicht. Eine transparente und wirkungsvolle institutionelle Struktur des Verbraucherschutzes ist notwendig, um die Gesundheits- und Umweltrisiken bei der Produktion von Lebensmitteln und anderen Produkten zu begrenzen.

Diese Ziele können nur nach sehr sorgfältigen Überlegungen mit allen beteiligten Beratungsinstituten erreicht werden. Wir halten es daher für richtig - und nicht nur wir, denn wir haben inzwischen einen ge

(Maren Kruse)

meinsamen Antrag formuliert -, die Verbraucherzentrale bis zum 31. März diesen Jahres im bisherigen Umfang weiter zu finanzieren, um in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ein neues Konzept für Verbraucherberatung und Verbraucherschutz erarbeiten zu können.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehören für uns aber auch Aufgabenüberprüfung und Abbau von Mehrfachangeboten, die zwingend notwendig sind, Aufgabenanalysen - welcher Träger berät in Zukunft welche Themen in welchem Umfang am Besten -, öffentlich finanzierte Mehrfachangebote, wie zum Beispiel die Ernährungsberatung der verschiedensten Institutionen, sind zu koordinieren und auf weniger Beratungsträger zusammenzufassen. Einnahmeverbesserungen sind auch hier anzustreben.

Zum Zweiten ist die Kooperation verschiedener Anbieter zu nennen. Es gibt erfolgreiche Ansätze, wie zum Beispiel bei Fachberatungen. Diese Möglichkeiten sind auf andere Fachbereiche auszudehnen. Insbesondere gilt es natürlich, gemeinsame Beratungszentren mit anderen Beratungsträgern anzustreben. Damit verbinde ich eine Verbesserung der inzwischen bereits vorgeschlagenen Beratungsstandorte der Verbraucherzentrale. Man kann zweifellos dort hinkommen und ich halte es auch für vertretbar, dies auszudehnen.