Protocol of the Session on November 17, 2000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon seit Jahren beherrschen Schlagworte wie Globalisierung und vereintes Europa die öffentliche Debatte in der Bundesrepublik. Diese Wortbildungen müssen als Begründung für allerlei Strukturänderungen oder sogar für viele Kürzungen im Sozialbereich herhalten. Oft benutzen wir diese Wörter auch, um Veränderungen in den Wirtschaftsprozessen zu erklären oder zu vermitteln.

In diesem Zusammenhang wird aber viel zu wenig darüber gesprochen, dass eine der entscheidenden Voraussetzungen für ein erfolgreiches Bestehen in unserer Gesellschaft in diesen Entwicklungsprozessen auch ein Verständnis für die Kultur und die Sprache anderer Länder, Nationen und Völker ist.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.])

Um andere Kulturen wirklich zu verstehen und mit ihnen kommunizieren zu können, ist das Beherrschen einer Fremdsprache oder mehrerer Fremdsprachen unabdingbar. Anders gesagt: Voraussetzung für ein friedliches Europa ist nicht zuletzt auch, dass wir die gleiche Sprache sprechen, dass wir einander verstehen.

(Beifall der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Helmut Plüschau [SPD])

Dazu kommt natürlich auch, dass die Beherrschung einer Fremdsprache oder mehrerer Fremdsprachen mittlerweile zu einer Schlüsselqualifikation für den globalisierten Arbeitsmarkt geworden ist. Die Beherrschung von Fremdsprachen ist also sowohl eine kulturelle als auch eine berufliche Qualifikation. Es gibt

also genug Gründe, dass unsere Kinder so früh wie möglich mit Fremdsprachen konfrontiert werden und diese dann auch erlernen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Fremdsprachen bereits an Grundschulen unterrichtet werden können, ohne dass die Kinder überfordert werden. Im Gegenteil, die frühe Begegnung mit einer fremden Sprache kann sich sogar förderlich auf die Entwicklung der Muttersprache auswirken, weil Kinder dadurch für eine Beschäftigung mit Sprachen aufgeschlossen werden.

(Thorsten Geißler [CDU]: Sehr richtig!)

Das Gleiche gilt übrigens für Minderheitensprachen.

(Thorsten Geißler [CDU]: Sehr richtig!)

Dabei möchte ich aus SSW-Sicht noch einmal klarstellen, dass Dänisch in Schleswig-Holstein sowohl als Minderheiten- als auch als Fremdsprache betrachtet werden muss.

Die Landesregierung hat die Unterstützung des SSW, wenn sie im Bericht erklärt, dass die Kenntnis einer Minderheitensprache in ähnlicher Weise eine Schlüsselqualifikation sein kann wie die Beherrschung einer Fremdsprache. Es ist nämlich auch richtig, dass gerade die frühe Begegnung mit den Minderheitensprachen ein leichtes Heranführen an Sprachen generell ermöglicht. Dazu fördert es das Verständnis für andere Kulturen, weil diese Sprachen und Kulturen hier in Schleswig-Holstein direkt erlebbar sind.

Ich möchte nur noch einmal auf das Projekt der ADSKindergärten im nördlichen Landesteil verweisen, auf das EXPO-Projekt „Sprachen erlernen und erleben“ ich weiß nicht mehr genau, wie das Projekt hieß -, das genau das war, worauf es ankommt.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] und Rolf Fischer [SPD])

Das Konzept der Landesregierung zur Fremdsprachenbegegnung in der Grundschule ist aus der Sicht des SSW durchdacht und sinnvoll.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Die Fremdsprachenbegegnung ist an den Grundschulen Schleswig-Holsteins ein Teil des Unterrichts, ohne dass sie ein eigenständiges Unterrichtsfach geworden ist. Die Schülerinnen und Schüler bekommen einige Lernbereiche in der fremden Sprache vermittelt. Dabei ist es für den SSW das wichtigste Argument, dass dafür keine zusätzlichen Ressourcen nötig sind, son

(Anke Spoorendonk)

dern dass vielmehr alle Kinder Erfahrungen mit einer Fremdsprache sammeln können, ohne äußerer Differenzierung und einem Leistungsdruck ausgesetzt zu sein. Zeugnisse werden daher nicht vergeben. So ist auch gesichert, dass kein Kind in der Grundschule an der Fremdsprache scheitert.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Bis 2004 soll an allen Grundschulen in SchleswigHolstein in einer Fremdsprache - meist Englisch oder Französisch - unterrichtet werden. Hier würden wir uns eine schnellere Umsetzung wünschen. Der Bericht zeigt ja auch, dass Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen Bundesländern noch etwas hinterher hinkt. Die Bildungsministerin hat es auch schon angesprochen und wir können nur an sie appellieren zu überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, ob es nicht machbar ist, in diesem Bereich verstärkt Ressourcen einzusetzen.

Positiv ist anzumerken, dass bisher zehn Grundschulen im Landesteil Schleswig Dänisch anbieten. Wir erwarten, dass auch dieses Angebot erweitert wird. Will man beispielsweise in Zukunft eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit erreichen, muss auch auf deutscher Seite ein besseres Sprachverständnis für Dänisch erreicht werden.

(Thorsten Geißler [CDU]: Richtig!)

Wichtig ist dabei auch, dass man eine bessere Verzahnung des Dänischunterrichts an den weiterführenden Schulen erreicht.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

In Nordfriesland werden an 22 deutschen und dänischen Grundschulen mehr als 1.000 Schülerinnen und Schüler in der Minderheitensprache Friesisch unterrichtet. Im Gegensatz zum Fremdsprachenunterricht im übrigen Land wird Friesisch als Fach in der 3. und in der 4. Klasse als freiwilliger Unterricht angeboten und somit intensiv unterrichtet.

Für den SSW ist es dabei wichtig, dass das Erreichte unbedingt erhalten bleibt. Einen Rückschritt darf es beim Friesischunterricht nicht geben.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] und Rolf Fischer [SPD] - Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich komme jetzt auch zum Schluss. Deshalb ist es so wichtig, dass es auch in Zukunft genügend Lehrerinnen und Lehrer und Lehramtsanwärterinnen und -anwärter für das Fach Friesisch gibt

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.])

und dieses Fach dann auch an der Universität in Flensburg studiert werden kann. In dieser Hinsicht sind wir ja schon einen Schritt weitergekommen.

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Elf sind dort immatrikuliert!)

Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Glocke des Präsidenten)

Wir unterstützen, dass der Antrag der CDU auch an den Ausschuss überwiesen wird. Dabei kann ich mir jedoch eine kleine Bemerkung nicht verkneifen.

(Heiterkeit)

Es gehört zu meinen parlamentarischen Schlüsselerlebnissen, dass ich einmal von der CDU-Fraktion einen richtig auf den Deckel bekommen habe, weil ich mir erlaubt hatte, zu einem Bericht einen Entschließungsantrag vorzulegen; denn mir wurde gesagt, der Bericht müsse doch erst im Ausschuss erörtert werden und danach könnte man einen Entschließungsantrag annehmen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete Spoorendonk, nun ist aber Schluss!

(Heiterkeit)

Frau Ministerin Erdsiek-Rave hat noch einmal kurz um das Wort gebeten, das ich ihr auch gern geben möchte. Allerdings muss ich darauf hinweisen, dass dies den Fraktionen gewisse Rechte eröffnet; die können in der Geschäftsordnung nachgelesen werden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist mir bekannt. Ich möchte mich nur noch ganz kurz mit ein paar Argumenten auseinander setzen. Wir werden die Fachfragen ja im Ausschuss noch weiter beraten.

Erstens - das ist ein mahnendes Wort an uns alle. Niemand kann an einem Fremdsprachenunterricht in der Grundschule Interesse haben, der nicht wirklich von Qualität geprägt ist.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Er darf nicht einfach einmal so nebenbei von unausgebildeten, unvorbereiteten Lehrkräften erteilt werden. Deswegen ist dies auch eine Frage der Sorgfalt schon bei der Einführung und kein Thema, das sich für po

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

pulistische Forderungen für übermorgen und danach eignet.

(Beifall bei F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die zweite Bemerkung betrifft noch einmal die so genannte Schlusslicht-Debatte. Das ist nun wirklich unsauber. Ich möchte nur einmal zwei oder drei Beispiele aus der Übersicht, die wir Ihnen zur Verfügung gestellt haben, vortragen. Es fielen im Übrigen ja - im Gegensatz zu sonstigen Debatten - keine Ländernamen.

Es gilt für das viel gelobte Baden-Württemberg: verbindlich - ja, ab 2001; flächendeckend - nein; Aufbau ab 2001.