Protocol of the Session on November 16, 2000

Meine Damen und Herren, ich glaube, damit ist zu dieser Problematik eigentlich alles gesagt.

Ich bin selbstverständlich damit einverstanden, Herr Kollege Schröder, dass wir den Bericht, der uns dann sicher von der Landesregierung gegeben wird, im Ausschuss sehr ausführlich beraten, damit wir rechtzeitig wenn ich richtig informiert bin, soll ja die Maut erst im Jahre 2003 eingeführt werden die schleswigholsteinischen Probleme beraten können.

(Beifall bei F.D.P., CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Güterverkehrskonzept der Landesregierung, das auf meine Initiative hin erstellt worden ist

(Widerspruch bei der CDU)

- das habe ich in den Koalitionsvertrag 1996 eingebracht! -, prognostiziert in Schleswig-Holstein in wenigen Jahren einen Zuwachs der Güterverkehre um 30 %. Das sind durchschnittlich 4.000 LKW täglich. Und eine weitere Zahl kann ich Ihnen nicht ersparen: Ein 40-Tonner-LKW richtet so viel Straßenschäden an wie 150.000 PKW. Zugleich wissen wir, dass an vielen Stellen die Kapazität des Straßennetzes erschöpft und weitere Ausbauten in der Dimension der vergangenen Jahre weder finanzierbar noch ökologisch sinnvoll sind.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Da erwartet man doch Konzepte. Deshalb will die Bundesregierung auf Vorschlag der Pällmann-Kommission ab 2003 eine Straßenbenutzungsgebühr für LKW einführen. Und was fällt der CDU SchleswigHolstein dazu ein?

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Sie fordert die Kompensation dieser Gebühr für schleswig-holsteinische Unternehmen. Sie wollen also einen Schutzzaun um Schleswig-Holstein errichten. Haben Sie sich das wirklich gut überlegt?

Ich war letzte Woche als Referent auf dem Mittelstandsforum Ihrer Partei - war von Ihren Abgeordneten überhaupt jemand da? -, dort war davon nicht die Rede, wie ich feststellen musste.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wo war das?)

So eine Forderung hätte sie wahrscheinlich auch überrascht. Sie wissen so gut wie ich, dass dies nicht nur zu unsinnigen Subventionen und Marktverzerrungen führen würde, es würde auch von Herrn Monti in Brüssel als unerlaubte Subvention sofort untersagt werden.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und verein- zelter Beifall bei der SPD)

So viel zur Wirtschaftskompetenz der CDU! Das reicht.

Kommen wir zu den Tatsachen! Da ist zunächst einmal festzustellen, dass die Dieselpreise für LKW in Deutschland immer noch niedriger liegen als in den meisten anderen europäischen Ländern. Das gilt auch dann noch, wenn ich die Preisvergütung für Speditionen in einigen anderen europäischen Ländern mitberücksichtige. Das gilt nicht für Osteuropa, dafür dürfen osteuropäische LKW aber auch nur 200 l zollfrei

(Karl-Martin Hentschel)

importieren. Anders sieht es bei der KFZ-Steuer aus. Hier liegt Deutschland etwa im europäischen Mittelfeld und einige wichtige europäische Konkurrenzländer haben geringere Steuern. Hier gibt es deutlichen Anpassungsbedarf. - Das als Tipp an die CDU.

Und wie wirkt sich nun die Einführung einer Autobahngebühr aus? - Nun, wenn alle LKWs - deutsche wie ausländische - diese LKW-Gebühr bezahlen müssen, führt sie nicht zu Wettbewerbsverzerrungen. Im Gegenteil, auf diese Art und Weise werden die ausländischen LKWs, die zu Tausenden quer durch Deutschland fahren, endlich an der Reparatur unserer Straßen beteiligt. Das ist ein notwendiger Schritt.

Es wird häufig argumentiert, dass die schleswigholsteinischen Firmen benachteiligt werden, weil sie ihre Waren über längere Strecken transportieren müssten. Auch das stimmt nicht, Frau AschmoneitLücke. 31 % unserer Produkte gehen in den Export. Davon werden 90 % per Schiff transportiert. Für diese Exporte liegt Schleswig-Holstein sogar ausgesprochen günstig, jedenfalls besser als Süddeutschland. Ein weiteres Drittel unserer Waren geht in die Region, also nach Schleswig-Holstein oder Hamburg.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Das hat sie auch gesagt!)

Auch diese Waren erreichen ihre Absatzgebiete nördlich der Elbe auf kurzem und schnellem Wege,

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Nichts anderes hat sie gesagt!)

und zwar günstiger als zum Beispiel die vergleichbare Wirtschaft im Ruhrgebiet und im Rheinland, wo auf den verstopften Straßen die durchschnittliche Geschwindigkeit von LKWs mittlerweile auf unter 10 km/h gesunken ist.

(Unruhe)

Damit ist die Wirtschaft Schleswig-Holsteins nicht schlechter gestellt als die Wirtschaft woanders in Deutschland, wo die Entfernung zum Hafen größer und der regionale Verkehr dichter ist. Nicht umsonst liegen einige der florierendsten Regionen der Europäischen Union, zum Beispiel Schottland, Finnland und Irland, gerade nicht in den Zentren, sondern sind lediglich per Schiff gut zu erreichen.

Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit schleswigholsteinischer Unternehmen ist eine wichtige. Die Wettbewerbsfähigkeit jedoch nur an die Straßenbenutzungsgebühr koppeln zu wollen, hält den Tatsachen nicht stand. Vielmehr müssen sich die Unternehmen in einem wachsenden und schwierigen Markt - das ist unbestritten - behaupten, indem sie ihr Angebot weiter ausweiten und neben dem reinen Transport ihren Kun

den weitere speziell zugeschnittene Dienstleistungen im Bereich der Logistik und Lagerung anbieten. Hier entscheidet sich die Zukunft für die Unternehmen im Transportgewerbe.

Vergessen wir über der Diskussion über die Straßenbenutzungsgebühren nicht die Notwendigkeit einer Kehrtwende in der Verkehrspolitik.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Allein aus Klimaschutzgründen, aber auch aus reinen Kostengründen müssen wir jede Anstrengung unternehmen, Schleswig-Holstein zu einem Land zu machen, wo noch mehr Güterverkehr auf Schiff und Schiene stattfindet und nicht gerade auf der Straße. Übrigens, zur Erinnerung - die meisten wissen das nämlich nicht -: Zwei Drittel des Transitverkehrs durch Schleswig-Holstein finden zurzeit noch nicht auf der Straße statt, zwei Drittel erfolgen mit dem Schiff. Wenn wir das ändern, werden wir eine Katastrophe erleben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf: Niemand will das ändern!)

Schleswig-Holstein braucht keine Debatte über Subventionen, sondern über ein zukunftsfähiges Konzept zur Bewältigung der vielen Millionen Tonnen Güterverkehr, die jedes Jahr durch unser Land rollen werden. Deshalb haben wir auch in den Koalitionsverhandlungen vereinbart, dass, sobald das Konzept für die Straßenbenutzungsgebühr vorliegt

(Glocke des Präsidenten)

- ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident -, die Landesregierung die Fortschreibung des Güterverkehrskonzeptes vorlegen wird. Dann haben wir genau das, was die F.D.P. berechtigterweise fordert - das finde ich sinnvoll -, dass wir nämlich auf der Grundlage eines neuen Konzeptes, auf der Grundlage der Daten, die dann fortgeschrieben sind, und auf der Grundlage der neuen Gesetze aus Berlin über die Zukunft des Güterverkehrs in Schleswig-Holstein reden können. Das ist sinnvoll und insofern freue ich mich auch, dass wir die Debatte im Ausschuss weiterführen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Klaus- Peter Puls [SPD])

Das Wort hat Herr Abgeordneter Harms.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte erst einmal die grundsätzliche Haltung des SSW zur Autobahnbenutzungsgebühr darlegen: Eine Autobahnbenutzungsgebühr sollte für alle gelten oder für keinen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aus unserer Sicht darf eine mögliche Autobahnbenutzungsgebühr nicht pauschal, zum Beispiel per Vignette, erhoben werden. Sie darf auch keine Steuer sein, die nur inländische Bürger trifft. Es muss der Grundsatz gelten: Wer viel fährt, soll viel zahlen, wer wenig fährt, soll wenig zahlen und zahlen sollen alle.

(Beifall beim SSW, vereinzelt bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist auch eine Überlegung wert, ob man eine Kombination aus gewichtsbezogener und streckenbezogener Autobahnbenutzungsgebühr einführt.

(Martin Kayenburg [CDU]: Inklusive Insas- sengewicht?)

- Selbstverständlich, Herr Kayenburg!

Je schwerer die Fahrzeuge, desto größer der Fahrbahnverschleiß. Das liegt manchmal auch am Menschen. Genau am Fahrbahnverschleiß, der Abnutzung, sollte sich die Gebühr orientieren. Je nach Nutzen für die Benutzer sollte man viel oder weniger zahlen. Eine Autobahnbenutzungsgebühr wird nur dann akzeptiert, wenn es gerecht zugeht. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn eine Gebühr beispielsweise nur Inländer per Steuerbescheid trifft, ausländische Fahrzeuge aber keine Gebühr zahlen sollen. Daher ist es auch wichtig, neben dem Ob auch das Wie und das Wer zu diskutieren.

Aus unserer Sicht ist es nur dann gerecht, wenn eine Maut erhoben wird. Dann zahlt der, der auch wirklich die Autobahn benutzt. So würden auch eventuelle Wettbewerbsnachteile im internationalen Vergleich von vornherein ausgeschlossen. Viele unserer europäischen Nachbarländer erheben bereits Gebühren auf ihren Autobahnen. Dieses spricht für eine Erhebung von Autobahnbenutzungsgebühren in Deutschland.

Wenn aber Gebühren erhoben werden, sollten diese auch für das Straßennetz verwandt werden. Noch besser wäre es sogar, wenn alle mit dem Straßennetz verbundenen Aufwendungen hieraus finanziert werden könnten. Dann würden wieder Mittel frei, die man beispielsweise für die Verkehrsinfrastruktur auf der Schiene einsetzen könnte. In der Schweiz macht man

das bereits seit einigen Jahren ähnlich. Frei werdende Mittel werden in Logistikzentren an Bahnhöfen investiert, um Güter zumindest bei der Überbrückung von Teilstrecken auf die Bahn zu bekommen. Ganz wird man das sicherlich nicht schaffen. Es ist ein sehr fortschrittlicher Ansatz, den wir auch bei uns verfolgen sollten.

Meines Wissens nach ist es noch nicht sicher, ob und in welcher Form eine Autobahnbenutzungsgebühr kommt. Daher ist es auch schwer, die Belastung für Einzelne zu ermitteln. Wir wissen noch nicht einmal, wie hoch mögliche Autobahnbenutzungsgebühren sein könnten. Dieses hängt auch vom Verfahren ab, das dann eingeführt wird. Daher kann sich die Landesregierung auch nicht für die Minimierung von Wettbewerbsnachteilen einsetzen, wenn noch nicht einmal klar ist, ob es große oder kleine oder auch gar keine Wettbewerbsnachteile geben wird. Der CDU-Antrag ist daher aus unserer Sicht etwas vorschnell.

Einen Bericht zu diesem Thema zu erhalten, wie es die F.D.P. fordert, ist der richtige Weg. Erst nach näheren Erkenntnissen kann man die konkreten Auswirkungen einer Autobahnbenutzungsgebühr einschätzen und ich freue mich jetzt schon auf die Ausschussberatung.