Protocol of the Session on November 16, 2000

Aufgrund dieser neuen Regeln ist der Unternehmer verpflichtet, befristet beschäftigte Arbeitnehmer in seinem Betrieb über neu zu schaffende unbefristete Arbeitsplätze zu informieren. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Darüber hinaus müssen Betriebs- und Personalräte künftig über die Anzahl befristet Beschäftigter und ihren Anteil an der Gesamtbelegschaft des Betriebes und der Unternehmen informiert werden. Die Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben und Unternehmen werden so besser in die

Lage versetzt, auch die Interessen der befristet Beschäftigten zu vertreten.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wer soll das alles bezahlen?)

Die Gründe für das Gesetz, das mehr Teilzeitarbeit ermöglicht und klarere Vorgaben für befristete Arbeitsverträge enthält, machen deutlich, wie überfällig und notwendig diese Regelungen im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch der Betriebe und Unternehmen sind. Inflexibilität, weniger Mitbestimmung, ungleiche Löhne und weitere populistische Forderungen nützen nämlich keiner Seite, nicht einmal den Arbeitgebern. Gesetze und Tarifverträge schützen nicht nur die Beschäftigten vor Lohndrückerei, sondern auch die Betriebe vor unlauterer Konkurrenz. Mit der neuen Teilzeitregelung können mehr Menschen weniger arbeiten. Das ist ein Vorteil für die Einzelnen ebenso wie für Betrieb und Gesellschaft.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist nicht zu glauben!)

Walter Riester hat zur Förderung von Teilzeitarbeit formuliert - ich zitiere -:

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Der ist doch schon gar nicht mehr im Amt!)

- Das hätten Sie gern. Aber der ist zäh.

„Bei konsequenter Verwirklichung der Teilzeitwünsche können durch das freiwerdende Arbeitszeitvolumen langfristig rund 1 Million neue Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden. Deutschland kann es sich nicht leisten, dieses Beschäftigungspotenzial noch länger ungenutzt zu lassen.“

So Walter Riester. Walter Riester hat Recht. Wir wollen ihm nicht, wie die F.D.P., im Wege stehen und werden deshalb den Antrag der F.D.P. ablehnen.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das Ergebnis gucken wir uns dann einmal an!)

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich neue Gäste auf der Tribüne begrüßen. Ich begrüße die Damen und Herren der Seniorenunion Flensburg und der Jungen Union Schleswig. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Manfred Ritzek das Wort.

(Martin Kayenburg [CDU]: Rücken Sie das wieder gerade!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Rohwer, Sie haben zwar den Vortrag Ihres Parteikollegen nicht ganz gehört, ich möchte aber dennoch gern wissen, was Sie jetzt fühlen,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Was Sie dazu sagen, würde ich auch gern wissen!)

wie es Ihnen bei der Begründung der Teilzeitarbeit geht. - Als Minister vielleicht ganz gut, aber als Professor der Wirtschaftswissenschaften mit Sicherheit grottenschlecht, könnte ich mir denken.

(Heiterkeit bei der CDU)

Was das rot-grüne Bundeskabinett als Gesetz zur Überarbeitung des Beschäftigungsgesetzes aus dem Jahre 1996 plant, schadet auch unserem Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein in höchstem Maße,

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

ist verfassungsrechtlich bedenklich und wirkt kontraproduktiv gegenüber einer qualifizierten Beschäftigungspolitik in Unternehmen.

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Zuruf des Ab- geordneten Andreas Beran [SPD])

Familienpolitische Vorteile als Begründung sind an den Haaren herbeigezogen, zumal in dem Gesetzentwurf überhaupt nicht definiert ist, welche Begründung es für Teilzeitarbeit geben soll. Welche Szenarien werden sich zwangsläufig bei der Realisierung der geplanten gesetzlichen Neuregelungen zur Teilzeitarbeit ergeben? - Einige Beispiele!

Kleinbetriebe mit 15 Mitarbeitern werden alles daransetzen, keinen 16. Mitarbeiter einzustellen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: So ist es!)

Denn mit dem 16. Mitarbeiter würden die Betriebe der geplanten rot-grünen Regelung zum Teilzeitanspruch nach Wahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterliegen. Was ist die Folge? Überstunden, Schwarzarbeit!

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist es! - Bei- fall bei CDU und F.D.P.)

Nach einem halben Jahr soll jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin den abgeschlossenen Vollzeitvertrag einseitig brechen und Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen können. Das wäre ein klarer Systembruch in der Rechtsordnung. Die Planungen der Arbeitgeber würden über den Haufen geworfen, denn einige Mitarbeiter wollen nur noch vormittags, andere nur zu bestimmten Tageszeiten, andere wiederum nur tageweise pro Woche arbeiten.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Das ist doch Quatsch!)

Die Arbeitsgerichte werden Hochkonjunktur haben, denn was „dringend betriebliche Erfordernisse“ sind, die dem Arbeitgeber als Begründung für die Verweigerung des Teilzeitanspruchs übrig bleiben, ist in dem geplanten Gesetz nicht definiert.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Hochkonjunktur für Arbeitsgerichte! - Auch eine Konjunktur!

Frau Justizministerin, ich würde Ihnen empfehlen, allen Jurastudentinnen und -studenten zu raten, Arbeitsrecht zu studieren, denn es kommt Arbeit auf sie zu.

Einige weitere Szenarien: Das Getreide verrottet, weil die Mähdrescherfahrer am Wochenende oder vor angekündigten Wetterverschlechterungen nicht noch am Abend oder in der Nacht mähen wollen.

(Lachen des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Wenn die Arbeitsgerichte über das „dringende betriebliche Erfordernis“ entschieden haben, ist das Getreide vergammelt. Aber das gefällt vielleicht einigen auf der linken Bank des Hauses, denn das vergammelte Getreide ist Biomasse und aus Biomasse kann man regenerative Energie produzieren.

Wer hier im Hause ein bisschen Ahnung von Großunternehmen hat, weiß doch genau, dass die Großbetriebe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der nächsten Gelegenheit hinausschmeißen würden, die im Labor, in den Raffinerien, im Transport nur noch halbtags arbeiten wollen und damit die Arbeitsplanung der Unternehmen total über den Haufen werfen.

Dann bleiben die LKWs eben 100 km vor dem Zielort stehen. Dann wird der Ersatzfahrer mit dem PKW zur Raststätte Tecklenburger Land gefahren.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Laborversuch wird nicht zu Ende geführt. Die Ventile in den Raffinerien werden später geschlossen. Das ist Teilzeitarbeit!

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist unfassbar!)

In den Krankenhäusern fällt die Betreuung nachts aus, weil die Krankenschwestern nur noch am Tage arbeiten wollen. Ich wünsche Ihnen nicht, Herr Baasch, dass Sie im Krankenhaus liegen und nachts Hilfe brauchen, aber keine Krankenschwester da ist.

(Manfred Ritzek)

Dänemark und die Niederlande haben Teilzeitkonzepte auf freiwilliger Basis erfolgreich realisiert. Das Handwerk und der Einzelhandel in Deutschland wehren sich vehement gegen die beabsichtigte neue Regelung. Es handelt sich hier wohl um einen rot-grünen Schnellschuss, der die Gewerkschaften moderat stimmen soll, weil die rot-grüne Bundesregierung die Regelung der befristeten Arbeitsverträge gegen den Widerstand der Gewerkschaften verlängern will, allerdings muss sie dann diesen Bonbon der Teilzeitarbeit schlucken.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzesentwurf ist wirtschaftsfeindlich und bringt die Familien nicht weiter. Der nahezu voraussetzungslose Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit steht im Widerspruch zur unternehmerischen Entscheidungsfreiheit und zur allgemeinen Vertragsfreiheit.

Die damit verbundenen Folgen für den Betriebsablauf - auch für den Schichtbetrieb - sind im Entwurf der Bundesregierung überhaupt nicht berücksichtigt worden. Durch diese Reglementierung - nicht Regelung entstehen dem Standort Deutschland und damit auch unserem Land neue unverantwortliche Nachteile.

Wer ein bisschen Verständnis für unternehmerische und betriebliche Abläufe hat, wird meinen Ausführungen zustimmen. Deshalb stellt die CDU-Fraktion folgenden Antrag:

Der Landtag möge dem Antrag der F.D.P.-Fraktion über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge zustimmen. Gleichzeitig beantragen wir jedoch, den gesamten Sachverhalt federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen, um wirklich konkrete familienspezifische Inhalte in dem Antrag zur Teilzeitarbeit zu berücksichtigen, allerdings auf der Basis einer gemeinsamen Vereinbarung und gemeinsamer Akzeptanz von Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Folgende Inhalte könnten es sein: Es muss mindestens ein Kind unter 12 Jahren versorgt werden, ein ärztliches Gutachten muss die Notwendigkeit der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen bestätigen, der Antragsteller muss selbst in der Erwerbstätigkeit gemindert sein.

(Beifall bei der CDU)