Protocol of the Session on November 15, 2000

Wörtlich weiter:

„Mir liegt an einer sachlichen Diskussion um eine gerechte Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen.“

Die Kernaussagen einer „sachlichen Diskussion“ und einer „gerechten Finanzverteilung“ zwischen Land und Kommunen waren aber offensichtlich nur Floskeln. Bereits bei der Frage, ob eine mit Fachleuten besetzte Enquetekommission in einem sachlichen Beratungsprozess über die „Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen und den Kommunen untereinander“ beraten und Ergebnisse vorlegen sollte oder ob ein von der SPD eilig aus dem Hut gezauberter Sonderausschuss im Schnelldurchgang Ergebnisse für den Landeshaushalt 2001 fabrizieren sollte, düpierten die Sozialdemokraten im hohen Haus nicht nur die Kommunalpolitiker und, wie üblich, auch die Opposition, sondern auch den grünen Koalitionspartner.

Wir erinnern uns noch sehr gut, dass am Anfang auch die Grünen für eine sachgerechte Beratung der Problematik nur in einer Enquetekommission waren. Der im Koalitionszwang durchgesetzte Sonderausschuss sollte dann das von der Landesregierung vorgegebene Ziel argumentativ begründen, dass es den Kommunen im Land angeblich finanziell besser gehe als dem Land selbst.

Den Beteiligten im Sonderausschuss sind sicher noch die wenig glorreichen Auftritte des Finanzministers Claus Möller und des so genannten Kommunalministers Klaus Buß in Erinnerung, als sie nacheinander zwei grandiose politische Bauchlandungen machten und sich von den Vertretern der kommunalen Landesverbände und den Oppositionsvertretern dezidiert nachweisen lassen mussten, dass die These, dass es

(Klaus Schlie)

den Kommunen finanziell besser gehe als dem Land, falsch ist und falsch bleibt.

(Beifall des Abgeordneten Claus Hopp [CDU])

Die Auftritte der Minister waren einerseits entlarvend peinlich, andererseits konnte jedoch der Beweis dafür erbracht werden, dass ein Eingriff in die Finanzen der Kommunen - gleich in welcher Höhe - sachlich nicht gerechtfertigt war und ist.

(Beifall bei der CDU - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Hört, hört!)

Trotzdem beschloss der Sonderausschuss, dass „unter Berücksichtigung der dramatischen Haushaltssituation des Landes den kommunalen Gebietskörperschaften ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts ohne Änderung des Verbundsatzes im kommunalen Finanzausgleich zugemutet werden muss“.

Die Grünen - dies möchte ich auch heute nochmals betonen - waren dabei allerdings wenigstens ehrlich, indem Frau Heinold und Herr Steenblock im Pressedienst vom 10. Juli 2000 unter anderem erklärten:

„Aus grüner Sicht gibt es hierfür ‘nur’ eine politische Begründung, die in der Schwerpunktsetzung und in der NettoNeuverschuldung des Landes liegt.“

Dies ist das ehrliche Bekenntnis, dass Rot-Grün Landespolitik auf Kosten der Kommunen gestalten will und dass die Finanzpolitik der letzten Jahre keine Konsolidierungs-, sondern eine Verschuldungspolitik war.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Eingeständnis der Grünen ist zwar für die Kommunen auch nicht hilfreich, immerhin aber ist es ehrlich.

Der Sonderausschuss beschloss dann einen Prüfungsauftrag an die Landesregierung. Das Ergebnis liegt uns im vorliegenden Bericht vor.

In der Folge zu den inhaltlichen Willkürbeschlüssen des Sonderausschusses - Herr Minister Buß, ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie die auch noch loben beschloss die Landesregierung dann ebenso willkürlich, die Höhe des Eingriffs in die kommunalen Kassen auf viermal 100 Millionen DM festzulegen. Es hätten auch viermal 140 Millionen DM sein können. Eine Begründung fehlte nämlich.

(Holger Astrup [SPD]: Das stimmt!)

Vielleicht tut es dem Finanzminister heute schon Leid. Er hätte dann nämlich bei dem Sonderparteitagsverhinderungsbetrag von 40 Millionen DM immer noch

viermal 100 Millionen DM gehabt, um eine zehn Jahre andauernde verfehlte Finanzpolitik dieses Landes zu kaschieren.

(Beifall bei der CDU)

Der Sturm der Entrüstung in der kommunalen Familie war gewaltig.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wenn wir noch Tee servieren sollen, sagen Sie uns bitte Bescheid.

(Heiterkeit - Martin Kayenburg [CDU]: Bit- te, Herr Präsident!)

Landesverbände, Gemeindevertretungen, Kreistage, Kreispräsidenten, Landräte, Bürgermeister protestierten parteiübergreifend mit einer Stimme, machtvoll und ohne Ansehen der Person.

Die Ministerpräsidentin unseres Landes interessierte das alles nicht. In einer - wie ich finde - dem Amt nicht angemessenen Arroganz

(Holger Astrup [SPD]: „Arroganz der Macht“ heißt es an dieser Stelle, Herr Kolle- ge! Es fehlt etwas!)

- Herr Kollege Astrup, mit Ihnen debattiere ich nicht über Arroganz!

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Holger Astrup [SPD]: Sie würden auch verlieren!)

verkündete sie noch am 12. Oktober 2000 trotz sich schon abzeichnender erheblicher Steuermehreinnahmen für das Land in der „Dithmarscher Landeszeitung“ unter anderem:

„Wenn es Mehreinnahmen gibt, dann zur Senkung der Neuverschuldung. Und nicht zur Versöhnung der Kommunen. Also:“

- so wörtlich weiter

„Wir müssen Nerven behalten - und durch.“

So ist sie, unsere Ministerpräsidentin.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Jawohl!)

Sie ist konsequent. Sie handelt. Nur an der entscheidenden Stelle knickt sie - wie immer - ein.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

(Klaus Schlie)

Wenn man diese Aussagen der Ministerpräsidentin in Beziehung zu Artikel 49 der Landesverfassung setzt, in dem der verfassungsmäßige Anspruch auf einen angemessenen und aufgabenbezogenen Finanzausgleich festgeschrieben ist, dann muss man daran zweifeln, Frau Simonis - in allem Ernst -, ob Sie Ihren Amtseid tatsächlich verstanden haben.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Durch den unbegründeten Eingriff in die Finanzausgleichsmasse - gleich, in welcher Höhe - wird die Arbeit der Enquetekommission ad absurdum geführt. Der in der letzten Legislaturperiode gemeinsam formulierte Kostenausgleichsgrundsatz des Artikels 49 Abs. 2 ist ausgehöhlt und würde somit bedeutungslos werden; die aus unserer Landesverfassung und dem Grundgesetz abgeleitete Finanzausstattungspflicht der Kommunen seitens des Landes ist gravierend verletzt worden.

(Holger Astrup [SPD]: Aha!)

Nun zu dem am Wochenende ausgehandelten Kompromiss! Jetzt kommen Sie gleich an die Reihe, Herr Kollege Astrup, mit Ihrer Aussage, dass ein Sonderparteitag der SPD diesem Lande Schaden zufügen würde. Das ist nun ein Demokratieverständnis, das man haben mag, wenn man so wie Sie agiert. Aber vielleicht ist es mit dem Wort Ihres ehemaligen Bundesvorsitzenden Willy Brandt „Mehr Demokratie wagen“ in diesem Lande ja nicht vereinbar.

(Beifall bei der CDU - Holger Astrup [SPD]: Den Zusammenhang verstehe ich zwar nicht, aber es hört sich gut an!)

Der nun am Wochenende auf einer SPD-Sonderkonferenz ausgehandelte so genannte Kompromiss

(Martin Kayenburg [CDU]: Ein fauler Kom- promiss!)

mag vordergründig als ein Sieg der SPDKommunalpolitiker über die rot-grüne Landesregierung betrachtet werden. Bei einer nüchternen und sachlichen Bewertung der Ergebnisse dieser außerparlamentarischen Konferenz kann man diese Ergebnisse aber weder als Kompensation noch als Erfolg der Kommunalpolitik bewerten. Im Einzelnen sind zu nennen:

Verzicht des Landes auf die Beteiligung der Kommunen an der Unterhaltsvorschusskasse! Diese Beteiligung wäre nach unserer Verfassungssystematik ohnehin ungerechtfertigt und somit unzulässig gewesen, weil es sich hier völlig unzweifelhaft um eine durch Landesgesetz veranlasste Erweiterung der zur Erfüllung nach Weisung übertragenen Aufgabe - hören Sie doch einmal zu, Herr Astrup! - „Durchführung des

Unterhaltsvorschussgesetzes“ handelt, auf die das Konnexitätsprinzip selbstverständlich Anwendung findet. Wenn Sie dafür noch ein bisschen mehr Lektüre brauchen, stelle ich Ihnen gern das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes dieses Hauses, das wir in Auftrag gegeben haben, zur Verfügung, das im Gegensatz zu der Auffassung der Justizministerin des Landes Schleswig-Holstein zu der eindeutigen Auffassung kommt, dass hier Artikel 49 Abs. 2 Anwendung zu finden hat. Ich finde es übrigens peinlich, was sie dazu geschrieben hat.