So ist es vielleicht nicht ganz verwunderlich, dass an diesem Mittwoch der Kieler Landtag wieder einen Untersuchungsausschuss einsetzen wird in einer Affäre, die anderswo in der Republik vielleicht in den regulären Parlamentsgremien aufgearbeitet worden wäre,“
„wenn es die Erfahrung mit Affären in Kiel nicht gäbe und wenn diese neue Fax-Affäre nicht vielleicht doch noch ein bisschen politischen Sprengstoff enthalten könnte, der, wenn er denn hochginge, die Regierung von Heide Simonis ein wenig erschüttern könnte.“
Der Wirtschaftsminister hat in seiner Antwort auf die Pressekonferenz von F.D.P. und CDU am 13. Oktober 2000 erklärt, meine - im Übrigen als solche gekennzeichneten - Aussagen seien Vermutungen und Verdächtigungen. Dies stimmt. Aber wie auch die Staatsanwaltschaft jedem Verdacht nachgehen muss, ihn aufzuklären versucht, um ihn zu bestätigen oder zu widerlegen, so hat auch das Parlament gegenüber der Öffentlichkeit eine Verpflichtung, Verdachtsmomente aufzuklären.
„All animals are equal, some animals are more equal“, an diese Zeilen aus dem Buch „Animal Farm“ von George Orwell fühlten wir uns erinnert, als wir der Frage der Gleichbehandlung von Beschuldigten in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nachgegangen sind, nachdem Herr Professor Rohwer uns erklärte, er sei zu seiner Handlungsweise geradezu verpflichtet gewesen.
Es wird deshalb im Untersuchungsausschuss nicht nur darauf ankommen, die Hintergründe des Vorgangs der Weitergabe von Informationen aufzuklären, sondern auch die Kriterien zu formulieren, unter denen sich Entsprechendes nicht oder für alle gleich wiederholt.
Auch hier sage ich: Wenn denn die an mich herangetragenen Gerüchte stimmen, dass es keine Boten aus der Staatskanzlei gab, sondern ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums in die Staatskanzlei gegangen ist, wenn er unter Mitnahme eines Schlüssels des Pförtners in das zuständige Zimmer des zuständigen Referenten der Staatskanzlei hineingegangen ist, um den BeStra-Vermerk vom Schreibtisch zu holen, dann ist das ein Vorgang, der uns interessieren muss. Wir müssen fragen, wie in der Staatskanzlei mit solchen
An die Sozialdemokraten richte ich in diesem Zusammenhang die Aufforderung, die Kriterien der Political Correctness, die sie an andere anlegen, in ihren eigenen Reihen zu beherzigen. Der Fall Klimmt gibt Anlass zur Besorgnis, dass die Sozialdemokratie hier ihre Maßstäbe verliert und dies im Fall Mantik zumindest droht.
In diesem Zusammenhang will ich ausdrücklich sagen, dass Unersuchungsgegenstand weder sein soll noch sein wird, was Herrn Staatssekretär Mantik von der Lübecker Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird. Dies ist ausschließlich Aufgabe der Lübecker Staatsanwaltschaft, deren Entschließung abzuwarten, von Regierung und Parlament aber auch zu beachten sein wird.
Aber ich will an dieser Stelle eines ganz deutlich sagen, weil in der öffentlichen Debatte immer wieder Ähnliches anklingt. Untreue, Herr Kollege Puls, das heißt die Schädigung fremden anvertrauten Vermögens, hat mit Eigennutz überhaupt nichts zu tun. Eine Untreue oder ein Raub werden nicht deshalb zu einer weniger verabscheuungswürdigen Tat, weil das dem Eigentümer unrechtmäßig entzogene Vermögen durch den Täter der Welthungerhilfe, einem Sportverein oder wem auch immer anstatt dem eigenen Bankkonto zugeführt wird.
Es ist von dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, dass das von Verfassung wegen geforderte öffentliche Interesse nicht gleichzusetzen ist mit dem Interesse der Öffentlichkeit. Das öffentliche Interesse ist bereits deshalb zu bejahen, weil offenkundig innerhalb der Regierung zwischen den unterschiedlichen Ministerien und der Staatskanzlei unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden und bestehen, wie mit derartigen streng vertraulichen BeStra-Vermerken umzugehen ist. Möglicherweise - auch dies könnte ein Ergebnis des Untersuchungsausschusses sein - bedarf es hierfür einer von uns zu schaffenden gesetzlichen Regelung.
Die weitere damit zusammenhängende Frage drängt sich geradezu auf: Hat die Weitergabe des Vermerks beziehungsweise der in ihm enthaltenen Informationen den Beschuldigten, Staatssekretär Uwe Mantik, in die Lage versetzt, Einfluss auf die weiteren Ermittlungen zu nehmen? Herr Kollege Puls, in diesem Zusammenhang ist die Aussage des Wirtschaftsministers bemerkenswert, er habe sich selbst in der
Lage gesehen zu entscheiden, dass dies ausgeschlossen werden könne - eine Erklärung, die bei mir nicht nur Erstaunen, sondern auch große Nachdenklichkeit auslöst. Denn es dürfte eigentlich kein Streit darüber bestehen, dass eine entsprechende Einschätzung - das ist vom Staatssekretär der Justiz im Innen- und Rechtsausschuss auch gesagt worden - nur von den ermittelnden Staatsanwälten selbst vorgenommen werden kann.
Es stimmt nicht, Herr Kollege Puls - das sage ich ausdrücklich -, dass in dem BeStra-Vermerk nicht eine Information enthalten gewesen sei, von der Herr Rohwer, als er ihn zur Kenntnis genommen und weitergegeben hat, gewusst hat, dass sie keinen Einfluss auf die weiteren Ermittlungen hätte. Das stimmt nicht.
Ich halte es, lieber Kollege Puls, auch für bemerkenswert, wie schnell die Sozialdemokratische Landtagsfraktion mit der Erklärung in der Öfffentlichkeit war, Herr Minister Rohwer habe rechtmäßig gehandelt. Ich habe hieran meine Zweifel, ohne dass daraus jedoch ein subjektiver Schuldvorwurf in Richtung des Ministers erhoben werden soll.
Ich empfehle Ihnen wirklich, einmal die Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Kiel durchzulesen. Es gibt keinen subjektiven Schuldvorwurf, aber dass er objektiv rechtmäßig gehandelt hat, steht durchaus in Zweifel.
Schließlich ist die Frage zu beantworten, ob der Landtag mit seinen sonstigen Instrumenten in der Lage wäre, ohne hoheitliche Mittel - das heißt ohne Möglichkeiten der Zeugeneinvernahme mit Vereidigung, der Beschlagnahme von Unterlagen sowie der Durchsetzung des umfassenden Akteneinsichtsrechtes - den Sachverhalt in hinreichender Weise aufzuklären. Ich erinnere daran, dass dem Innen- und Rechtsausschuss beispielsweise der gesamte Schriftverkehr zwischen Generalstaatsanwaltschaft und Justizministerium bis heute vorenthalten worden ist, und auch deshalb brauchen wir einen Untersuchungsausschuss.
Dies erscheint mir nach der Vorstellung des Wirtschaftsministers im Innen- und Rechtsausschuss sowie der Durchsicht der dem Innen- und Rechtsausschuss zur Verfügung gestellten Unterlagen ohne Untersuchungsausschuss nicht möglich.
Hierbei will ich gar nicht weiter auf die Widersprüche in den Aussagen des Ministers eingehen, darauf, dass einige seiner Erklärungen im Innen- und Rechtsausschuss bereits urkundlich widerlegt werden können, oder darauf, dass er der Staatskanzlei im Juni dieses Jahres und dem Innen- und Rechtsausschuss trotz intensiver Vorbereitung noch Ende September dieses Jahres eine Ablaufschilderung gab, die sich von der Ablaufschilderung völlig unterscheidet, die das Wirtschaftsministerium am Morgen der Pressekonferenz von CDU und F.D.P. zur geplanten Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Öffentlichkeit zuleitete. Auch dafür muss es eine Erklärung geben, Kollege Puls, die wir gern wissen würden.
Vieles von dem, was der Minister geäußert hat, stimmt nicht oder - besser gesagt - es besteht diesseits der nicht unerhebliche Verdacht, dass die Aussagen insoweit unzutreffend waren und in einem rechtsförmigen Verfahren durch den Minister selbst korrigiert werden müssen. Aber dies aufzuklären, ist Gegenstand des Untersuchungsauftrages.
Schließlich bleibt die Frage, ob sich der Vorfall Rohwer/Mantik und/oder das Verhalten der Ministerpräsidentin und der Staatskanzlei in dieser Sache für die Auseinandersetzung in und mit dem politischen Kampfinstrument parlamentarischer Untersuchungsausschuss eignet. Man wirft uns vor, es sei unser Ziel, den Wirtschaftsminister weiter zu beschädigen, jedenfalls über das Maß an Schaden hinaus, das er sich selbst bereits zugefügt hat. Darum geht es nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, Herr Kollege Puls! Es geht uns um die Wahrheitsfindung und Gleichbehandlung, es geht uns um die unabdingbare Achtung von Regierungsmitgliedern gegenüber dem Parlament.
Vorgänge in Sachsen - ich erinnere daran, was Ihre sozialdemokratischen Freunde dort sagen -, Thüringen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen haben gezeigt - ohne dass sie von mir im Einzelnen bewertet werden sollen -, dass die Integrität und Unabhängigkeit der Justiz ein hohes Gut sind, das zu verteidigen in einem demokratischen Gemeinwesen erste Aufgabe des Parlaments sein sollte.
Wir können ein Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie durch die Bürgerinnen und Bürger, durch die jungen Menschen nur erwarten, wenn nicht der Eindruck entsteht, justizförmige Verfahren unterlägen der politischen Willkür und seien ihrerseits auch ein Ausdruck von Filz.
Hier jedem Verdacht zu begegnen, jeden Anschein einer parteipolitischen Ausrichtung der Justiz zu zer
streuen, liefert für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses die durchgreifendste Begründung. Wir gehen davon aus, dass die anstehenden Fragen und Sachverhalte innerhalb relativ kurzer Zeit und ohne großen finanziellen Aufwand erledigt werden können.
Auch kleine Untersuchungsausschüsse bei vergleichsweise kleinem Anlass tragen gelegentlich die Tendenz in sich, Großes zu bewirken. Meine Fraktion und ich würden uns freuen, wenn am Ende des Untersuchungsausschusses Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes und nicht George Orwells „Animal Farm“ künftig Beachtung finden würde oder nur der erste Teil der von mir zitierten Passage: All animals are equal.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist das legitime Recht der Opposition. Wir stimmen der Einrichtung des Untersuchungsausschusses zu, auch wenn wir der Meinung sind, dass aufgrund der genommenen Akteneinsicht offene Fragen mit Sicherheit auch in einer nicht öffentlichen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses hätten geklärt werden können.
Aber die Opposition muss ihre politischen Schwerpunkte selbst gewichten und darüber selbst entscheiden. Was aus ihrer Sicht die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses begründet, muss sie vertreten. Wir alle wissen, dass ein Untersuchungsausschuss viel Zeit und Kraft bindet.
Die Opposition hat auf ihrer Pressekonferenz von gravierenden Differenzen zwischen den Aussagen von Minister Rohwer vor dem Innen- und Rechtsausschuss und der tatsächlichen Aktenlage gesprochen und damit die Notwendigkeit des Untersuchungsausschusses begründet. Die CDU und die F.D.P. müssen ihre Vorwürfe nun zügig konkretisieren, damit der Untersuchungsausschuss die nach den beiden Kleinen Anfragen der F.D.P. verbliebenen offenen oder nicht mehr offenen Fragen schnell klären kann und die Vorwürfe aus der Welt geräumt werden können.
Ich hoffe, dass auch der Opposition daran gelegen ist, die Vorwürfe aus der Welt zu räumen. Es macht mich schon betroffen, Herr Kubicki, wenn Sie sagen, es sei nicht in erster Linie Ihr Ziel, den Minister zu beschä
digen. Wenn wir heute dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen, dann ist es überhaupt nicht, auch nicht in fünfter Linie, unser Interesse, einen Minister zu beschädigen. Vielmehr stimmen wir der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu, weil wir davon ausgehen, dass Sie sachliche Fragen haben und es nicht um die Beschädigung einer Person geht, obgleich wir wissen, dass leider meist Dinge im Raum stehen bleiben, auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass sie nie gestimmt haben.
Ich gehe davon aus, dass die Regierung alle offenen Fragen zügig beantworten kann und wird, und werde mich im Untersuchungsausschuss dafür einsetzen, dass wir schnell - das hat auch Herr Kayenburg gesagt; ich hoffe, Sie stehen dann auch dazu - und gründlich arbeiten, um den Fall möglichst bald abschließen zu können. Wie gesagt, ich hoffe, dass Personen, die nicht hätten beschädigt werden müssen, dabei nicht beschädigt werden.