Keine andere Regierungskoalition hat so häufig wie diese bestätigt bekommen, dass sie sich verfassungswidrig verhält. Das, wovor wir Sie, uns und das Land Schleswig-Holstein bewahren wollen, ist die Tatsache einer Verstetigung der mittlerweile in weiten Bevölkerungskreisen vorhandenen Erkenntnis, dass es Ihnen auf die Wahrung des Rechts eigentlich gar nicht mehr ankommt, weil Sie glauben, Sie haben die Mehrheit und können etwas beschließen.
Ich habe noch im Ohr, wie Herr Minister Möller bei der Abfallabgabe des Landes hier stand und uns erklärt hat, man habe die Verfassungswidrigkeit dieser Abgabe schon im Kopf gehabt, aber man habe gehofft, dass das Bundesverfassungsgericht erkläre, dass erst von dem Zeitpunkt an, zu dem die Verfassungswidrigkeit festgestellt worden sei, keine Abgabe mehr erhoben werden dürfe, und man sei jetzt sehr empört darüber, dass man 100 Millionen DM Abgabe zurückzahlen müsse. Wir wollen Sie davor bewahren, dass Ihnen hier Gleiches geschieht. Deshalb denke ich: Sie sollten bei den Beratungen des Gesetzentwurfs sehr sorgfältig die bisherigen Aussagen des Bundesverfassungsgericht zur Zweckbindung von Abgaben prüfen und nicht so tun, als könnten Sie sich darüber hinwegsetzen nach der Devise: „50 % ist immerhin mehr als gar nichts“, wenn die Zweckbindung zu 100 % zu erfolgen hat. Ich sage Ihnen voraus: Auch in dieser Frage steht das, was Sie momentan auf den Weg bringen, auf sehr tönernen Füßen - allen Ihren Erklärungen zum Trotz.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf federführend dem Umweltausschuss zu überweisen. Mitberatung wird nicht gewünscht.
- Mitberatung im Finanzausschuss und darüber hinaus auch im Wirtschaftsausschuss ist jetzt beantragt worden.
Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit haben wir den Gesetzentwurf einstimmig federführend
dem Umweltausschuss und zur Mitberatung dem Finanzausschuss und dem Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Erdsiek-Rave, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es, dass mit den Bildungsthemen im Landtag neuerdings immer Ruhe und Sachlichkeit einkehren. Ich möchte mich gern daran beteiligen und dies unterstützen.
Zu Ruhe besteht eigentlich kein Anlass. Wir befinden uns mitten in der vierten Informationsrevolution der Menschheitsgeschichte, nach der ersten vor 6.000 Jahren, nämlich der Erfindung der Schrift, nach der zweiten vor ungefähr 3.000 Jahren, nämlich der des geschriebenen Buches, und vor allem des gutenbergschen Buchdrucks vor ungefähr 500 Jahren. Jede dieser Revolutionen hatte dramatische Folgen.
Die gegenwärtige digitale Revolution erscheint uns vielleicht nur deshalb so beispiellos, weil wir unmittelbare Zeugen dieser Veränderungen sind. Sie betreffen und durchdringen alle Lebensbereiche und verändern unsere Art zu arbeiten, unsere Art zu spielen, zu kommunizieren, einzukaufen und nicht zuletzt eben auch unsere Art zu lernen. Wir sind Zeugen und zugleich verantwortliche Akteure dieser Veränderungen und es wäre verfehlt zu meinen - wie es gelegentlich in Diskussionen zu hören ist -, hier handele es sich um eine Art Trend, dem sich die Schulen anpassen sollten, um eine Art Mode; Schule sollte sich wieder einmal an ökonomischen Erfordernissen ausrichten.
Nein, so ist es nicht. Wir müssen und werden die technischen Voraussetzungen dort schaffen, wo gelernt wird - in den Schulen, den Hochschulen, den Weiterbildungseinrichtungen -, und wir müssen und werden diejenigen qualifizieren, die Computer und Netz im Unterricht nutzen, nämlich die Lehrerinnen und Lehrer.
Ich will die Probleme nicht verschweigen, obwohl ich weiß, dass dies in der Politik in der Regel nicht honoriert wird, sondern gewissermaßen auf einen selbst zurückgerichtet wird. Aber ich möchte sehr deutlich sagen, dass natürlich Widerstände zu überwinden sind, dass noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist, dass Geld zu mobilisieren ist, und zwar nicht nur aus Steuermitteln, sondern auch Geld aus der Wirtschaft privates Geld -, dass Know-how aus Hochschulen, aus Firmen genutzt werden muss, dass Konzepte und Software entwickelt werden müssen, dass Lehrpläne und Studienordnungen verändert werden müssen, dass sich die Methodik und Didaktik des Unterrichts in allen Bereichen verändern werden und verändert werden müssen. Dies alles soll schnell gehen, muss aber ohne Hektik geschehen; es muss mit Nachdruck geschehen, aber eben nicht eindimensional.
Das Buch behält seinen Platz und Wert. Das wird am Ende der jetzt laufenden Buchmesse wieder einmal zum Glück, finde ich - festgestellt werden.
Es behält seinen Wert und soll ihn behalten, auch in der Schule. Auch die Tafel wird übrigens ihren Stellenwert behalten, ebenso wie - und das ist noch viel wichtiger - die Persönlichkeit des Lehrers, der lehrt, der erzieht, der Werte vermittelt und der Vorbild ist.
Wir müssen hinnehmen und akzeptieren, vielleicht sogar fördern, dass vieles gleichzeitig und auch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten geschieht, dass die weiterführenden Schulen schneller sind als die Grundschulen, dass Schüler oftmals besser und schneller sind in der technischen Bedienung, in allen technischen Fragen, was die Computer angeht, als die Lehrerinnen und Lehrer. Wir müssen schließlich auch akzeptieren, dass dies nicht schlimm ist, dass Fortbildung angeboten und angenommen wird - nicht nur von staatlicher Seite, sondern auch von Unternehmen, von Hochschulen - und dass sich Geräte und Hardware, aber auch die Art und der Grad der Vernetzung noch auf sehr unterschiedlichem Niveau in den Schulen bewegen. Wir werden wohl auch in Kauf nehmen müssen, dass Technik schneller veraltet, als uns dies wegen der Investitionskosten lieb sein kann. Aber es gibt keinen anderen Weg. Es gibt nicht den Weg, erst abzuwarten, bis die jeweils nächste Generation der Geräte auf dem Markt ist, die noch einfacher und billiger sind.
Es gibt die preisgekrönten Schulen, wie etwa das Gymnasium Herderschule in Rendsburg, mit hoch entwickelten Standards der Computereinsätze in den meisten Schulfächern, es gibt die berufsbildenden Schulen wie die in Schleswig, die über vierzehn eigene
Netze verfügen, es gibt die Hauptschulen, die ihre Computerräume nachmittags als Internet-Cafe nutzen, und es gibt die Grundschulen, die das Internet zur weltweiten Kommunikation etwa mit ihren Partnerschulen im Rahmen des COMENIUS-Programms nutzen. Und es gibt den Landesbildungsserver, der sich mit 50.000 Zugriffen am Tag zu einem hervorragenden Kommunikationsmedium in Sachen „Bildung und Information“ entwickelt hat.
Es gibt Schulträger, die ihre Schulen bei der Netzpflege und Netzadministration technisch hervorragend unterstützen und dies übrigens auch als ihre Aufgabe ansehen.
Aber es gibt natürlich auch jene Schulen, die sich erst auf den Weg machen. Es gibt jene Lehrerinnen und Lehrer, die sich noch nicht fortgebildet haben, und es gibt - das haben wir noch nicht befriedigend gelöst die Gesamtproblematik der technischen Betreuung der Systeme in den Schulen. Daran arbeiten wir in einer Gruppe gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden, denn dieses Problem ist nur in gemeinsamer Arbeit von Land und Kommunen zu bewältigen.
Aber das Gesamtkonzept steht. Es heißt „Bildungsnetz Schleswig-Holstein“ und nimmt die verschiedenen Ebenen und Zielrichtungen auf, die ich genannt habe. Die Projekte reichen von Ausstattungsinitiativen wie „Schulen ans Netz“ mit der Telekom und dem ABI-Programm über ein Beratungsnetz in Fragen der Planung, Anschaffung und Pflege der Ausstattung beim IPTS, das jede Schule in Anspruch nehmen und nutzen kann, sie reichen über die Optimierung der Lehreraus- und -fortbildung, über den Aufbau und Betrieb des Landesbildungsservers, die Nutzung der elektronischen Medien im Unterricht bis hin zur Intensivierung internationaler Kooperation in der Ostseeregion, und es schließt sogar die Nutzung der elektronischen Medien in der Schulverwaltung ein.
Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung, mittelfristig die Zahl der Computer in den Klassenräumen erheblich zu erhöhen, jede Schule bis zum Ende des Jahres 2001 mit einem Internetzugang auszustatten. Die Telekom hat dieses Angebot an die Schulen - wie ich heute gesehen habe - in riesigen Anzeigen wiederholt. Ich hoffe, sie wird dies nun auch, was die Verwaltung und die Technik angeht, etwas unproblematischer als bisher umsetzen.
Zu den Zielen der Landesregierung gehört auch, dass der Aufbau der schulischen Intranets gefördert wird, die Nutzung von Internet und Multimedia im täglichen Unterrichtsgeschehen auch weiterhin vorankommt und dass die Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten in allen Phasen der Aus- und Fortbildung in die Lage versetzt werden, Computer als Werkzeug und als Inhalt im täglichen Unterricht zu nutzen.
Mit der Reform der Lehramtsstudiengänge und des Vorbereitungsdienstes ist der Umgang mit den Technologien zum Pflichtteil in Studium und Ausbildung geworden und natürlich setzen wir die Fortbildungsprogramme im IPTS auf diesem Feld fort - es gibt keine Kürzungen im nächsten Haushaltsjahr - und wir ergänzen sie durch ein übrigens bundesweit einmaliges Online-Fortbildungsangebot, das wir über den Landesbildungsserver laufen lassen.
Im Rahmen der staatlicherseits durch das IPTS angebotenen Fortbildung haben sich bis heute 8.700 Lehrkräfte - das ist immerhin rund ein Drittel der Lehrerschaft - auf diesem Gebiet fortgebildet. Die Zahl der durch die Schulen selbst organisierten Fortbildungen, die Angebote der Firmen, die auf die Schulen zugehen, und die Angebote der Hochschulen kommen hinzu. Auch auf diesem Feld schließen wir übrigens Kooperationen - ich könnte auch sagen Publicprivate-Partnership -; dies ist ein klassisches Feld für solche Kooperationen und in dieser Form bisher einmalig in Schleswig-Holstein mit dem Unternehmen Intel. Das Projekt heißt „Intel@Lehren für die Zukunft“. Innerhalb der nächsten drei Jahre werden 4.000 Lehrkräfte auf einem sehr hohen Niveau fortgebildet. Das Projekt ist am Montag dieser Woche angelaufen. Es geht dabei nicht um Technik, nicht um Bedienungsfragen, sondern um den Einsatz des Mediums im Unterricht.
Im Rahmen der Lehrplanentwicklung aller Schularten haben wir schließlich Internet und Multimedia in den Unterricht einbezogen, Konzepte weiterentwickelt und in zahlreichen Schulprojekten bereits umgesetzt.
Die von der Landesregierung gestarteten Programme zur Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien in den schleswig-holsteinischen Schulen sind - das möchte ich zusammenfassend festhalten - zahlreich und vielfältig. Ich will sie nicht im Einzelnen aufzählen. Sie finden sie in der Artwort auf die Große Anfrage aufgelistet. Vieles, was in der Antwort abgebildet wird, ist eine Momentaufnahme. Wir fragen nicht täglich die Zahl der Computer in den Schulen ab, aber ich kann Ihnen eines sagen: sie nimmt täglich zu.
und mit Unterstützung der Wirtschaft nimmt diese Entwicklung immer mehr Fahrt auf; die Entwicklung ist hoch dynamisch und das muss sie auch sein.
Auch künftig werden die Wirtschaft und insbesondere die Unternehmen aus dem I- und K-Sektor wichtige und unverzichtbare Partner der Landesregierung sein. Das gilt für gemeinsame Ausstattungsprojekte, das gilt für Netzanbindungen, das gilt für Softwareentwicklung. All dies war auf der ProNetS, der großen Computerschulmesse, im Frühjahr dieses Jahres zu sehen. Wir werden diese Messe im Frühjahr des nächsten Jahres aufgrund des großen Erfolges wiederholen.
Diese gewaltige Aufgabe - das möchte ich zusammenfassend sagen - ist nur in gemeinsamer Anstrengung von Staat und Wirtschaft zu lösen.
Die Wirtschaft hat ein Interesse an Arbeitskräften, die mit diesen Technologien vertraut sind, und deshalb ist sie auch bereit, etwas dafür zu tun. Es handelt sich hier um ein klassisches wechselseitiges Interesse.
Obwohl es ein wechselseitiges Interesse gibt, möchte ich der Wirtschaft, den vielen Unternehmen in Schleswig-Holstein Dank sagen, die dazu beigetragen haben - und auch in Zukunft bereit sind, dazu beizutragen -, dass wir so weit sind und die Ausstattung noch weiter verbessern können.