Protocol of the Session on October 18, 2000

Auch muss der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung getragen werden. Ich verweise darauf, dass 99 % der Abgabe von drei Unternehmen aufgebracht werden sollen.

Schließlich wird der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans verletzt,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Der Zweck!)

wenn der Gesetzgeber die Einnahme- und Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets organisiert.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Das wird bei immerhin 62 Millionen DM - die sollen es jetzt werden - für möglich gehalten werden müssen.

Das Gericht formuliert dann wörtlich:

„Die für die Abgrenzung zur Steuer unerlässliche Abhängigkeit der Wasserentnahmeentgelte von einer Gegenleistung bleibt allerdings nur erhalten, wenn deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigt. Anderenfalls würde die Abgabe insoweit - wie die Steuer - ‘voraussetzungslos’ erhoben.“

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Können Sie, Herr Minister, mir einmal erklären, worin der Wert der öffentlichen Leistung überhaupt liegen soll? Soll es das Verdienst des Landes oder gar Ihrer Regierung sein, dass die Elbe fließt? Dann wäre die SPD auch noch für unsere schöne schleswigholsteinische Landschaft verantwortlich. Das könnte Ihnen so passen.

(Holger Astrup [SPD]: Gute Idee! Das würde passen! - Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. - Ich zitiere wörtlich aus einer Rede vom 1. Juli 1987 im Stuttgarter Landtag:

„Hinzu kommt, dass die elementarsten Grundbedürfnisse des Menschen, nämlich Luft und Wasser, nicht auch noch mit öffentlichen Abgaben belastet werden sollten. Diese im wahrsten Sinne des Wortes unentbehrlichen Grundlebensmittel soll sich der Bürger nach unserem Rechtsverständnis auch nicht in Umkehr des Verursacherprinzips... vom Staat erkaufen müssen. Deshalb lehnen wir Sozialdemokraten die Einführung des so genannten Wasserpfennigs... ab.“

Das hat der Sozialdemokrat Dr. Münch am 1. Juli 1987 im Stuttgarter Landtag erklärt. Ich glaube, er hat Recht.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Ebenfalls zu einem Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Hentschel das Wort.

(Klaus Schlie [CDU]: Zum Thema ökologi- sche Begründung!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es absolut sinnvoll, dass sich Umweltpolitik darüber finanziert, dass Ressourcenverbrauch belastet wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD) - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Es wird kein Ressourcenverbrauch belastet! Martin Kayenburg [CDU]: Es wird nichts verbraucht!)

Das machen wir so mit dem Boden. Wenn Sie das nicht wollten, müssten Sie die Grundsteuer abschaffen. Das machen wir so mit dem Grundwasser. Das wird mit dem Erdöl so gemacht. Sie müssten dann die entsprechenden Steuern abschaffen, wenn Sie das nicht wollen. Das wird jetzt mit dem Oberflächenwasser gemacht. Es ist ein sinnvolles Prinzip von Umweltpolitik, dass nicht alle Bürger zahlen, sondern der Ressourcenverbrauch belastet wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Dieses sinnvolle Prinzip ist ganz besonders sinnvoll für Schleswig-Holstein. In den letzten Jahren haben wir eine Senkung der Strompreise von 10 Pf gehabt.

(Karl-Martin Hentschel)

Jetzt regen Sie sich furchtbar darüber auf, dass eine Steuer eingeführt wird, die zu einer zusätzlichen Belastung von 0,3 Pf führt. Ihre Argumentation ist doch absurd.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Dazu kommt, dass dieser Preis überwiegend von Betrieben in Hamburg bezahlt wird, weil unsere Kraftwerke im Wesentlichen für Hamburg produzieren.

(Lachen bei CDU und F.D.P.)

Das heißt, wir machen eine Abgabe, die im Wesentlichen dazu führt, dass Schleswig-Holstein davon profitiert.

(Holger Astrup [SPD]: Ohne Länderfinanz- ausgleich!)

Dies alles ist zu sehen vor dem Hintergrund, dass die Kernkraftwerke im Laufe der Jahre Milliardensummen an Subventionen bekommen haben. Man schätzt die Gesamtsubventionierung dieser Kraftwerke auf 29 Milliarden DM. Da ist es doch wohl angemessen, wenn sie für eine Ressourcennutzung mit 60 Millionen DM belastet werden. Was daran ist dann schlimm?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Reinhard Sager [CDU]: Wer hat das ausge- rechnet?)

Herr Kerssenbrock, der größte Hammer, den Sie herausgeholt haben, ist wohl die Sache mit der Verfassung. Ich staune. Das Gesetz ist genau in dieser Form bereits durchgeklagt. Ich glaube, auch Sie als der „Obersuperjurist“ werden nicht bestreiten können, dass die Entscheidung eines Bundesverfassungsgerichts mehr aussagt als Ihre private Meinung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Nehmen wir aber einmal an, Sie wären klüger als das Bundesverfassungsgericht und wären der oberste Verfassungsrichter. Dann müssten Sie immer noch Folgendes zur Kenntnis nehmen. MecklenburgVorpommern verhält sich verfassungswidrig - das ist klar -, denn da ist auch die PDS an der Regierung beteiligt.

(Heiterkeit bei CDU und F.D.P.)

Aber was ist denn mit Brandenburg, wo die CDU an der Regierung beteiligt ist? Was ist mit Sachsen, wo die CDU allein regiert? Was ist mit BadenWürttemberg? Sind das alles Länder, die verfassungsfeindlich sind? Da staune ich aber, meine Damen und Herren!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort, ebenfalls zu einem Kurzbeitrag, hat Herr Abgeordneter Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin durch den Zwischenruf der Sozialdemokraten, „jetzt kommt endlich ein Sachbeitrag“, natürlich herausgefordert, dem Rechnung zu tragen. Selbstverständlich kommt ein Sachbeitrag. Es wäre vielleicht für die Regierung und die die Regierung tragenden Fraktionen manchmal angemessener, auf ein paar mahnende Worte zu hören, als mit der Larmoyanz, man habe die Mehrheit und könne darüber hinweggehen, dem gar nicht mehr zu folgen.

Herr Kollege Hentschel, ich verstehe, dass Sie von allem viel verstehen. Sie sind ja ein Generalist. Das sind die Leute, die von allem sozusagen nichts wissen.

(Heiterkeit bei F.D.P. und CDU)

Die Frage ist nicht, ob das Gesetz an sich verfassungswidrig ist. Die Frage, ob eine Abgabe auf Oberflächenwasserentnahme erhoben werden kann, ist ausgeurteilt. Das darf es. Das liegt in der Gesetzgebungskompetenz des Landes.

Ich sehe diesen Lächler und Nicker schon wieder ständig nicken. Herr Minister Müller, die Frage der Zweckbindung der Abgabe ist das Entscheidende.

(Martin Kayenburg [CDU]: Genau!)

Die Tatsache, dass Sie öffentlich erklären, dass Sie von dem Aufkommen der Abgabe nur die Hälfte zweckgebunden wieder zurückführen wollen, ist das, was verfassungsrechtliche Bedenken auslöst.

(Martin Kayenburg [CDU]: Natürlich!)

Ich sehe ein, Herr Minister, dass man mit 28 oder 29 Jahren nach einem granatenmäßigen Volkswirtschaftsstudium über alles Bescheid weiß.

(Widerspruch von der SPD - Konrad Nabel [SPD]: Ja, Opa!)

Ich bin auch sehr dankbar für den Hinweis des Kollegen Kerssenbrock, den ich wiederholen will, dass keine andere Regierungskonstellation außer der, vor der wir hier sitzen, bisher so häufig mit ihren sehr weiten Aussagen zur Verfassungsgemäßheit ihrer Abgabenerhebung gescheitert ist wie diese.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)