Protocol of the Session on November 11, 2004

davon betroffen sind, in Albersdorf, in Olpenitz oder in der Fläche.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD])

Ein Letztes! Ich habe sehr viel dafür übrig, dass Sie, Herr Minister, sagen, man habe dem Antrag der Union im Haushaltsausschuss nicht beipflichten können. Ich finde es auch ganz toll, dass Rot-Grün nur vom Haushaltsausschuss spricht, vom Parlament - so, als hätten sie in Berlin keine Mehrheit. Rot-Grün kann doch im Haushaltsausschuss jeden Antrag beschließen.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Dafür braucht man die Hilfe der Opposition nicht. Wir sagen ausdrücklich: Wir sind dazu bereit.

(Ursula Kähler [SPD]: Sie müssen sich den Inhalt angucken!)

- Dann bringt doch etwas ein, das einen anderen Inhalt hat, das wir beschließen können. Solange wir im Ergebnis dazu übergehen, dass die Liegenschaften schnellstmöglich an die Kommunen gegeben werden. Eines nämlich ist sicher: Konversion beginnt damit, dass den Kommunen die Liegenschaften übertragen werden. Man kann nur entwickeln auf einer Grundfläche, die man hat. Man kann das nicht auf einer Grundfläche tun, die irgendwo in den Sternen steht.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Bringen Sie einen Antrag ein, den wir unterstützen können, und verstecken Sie sich nicht vor Ihrer Verantwortung!

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich möchte zunächst unsere neuen Besucher auf der Tribüne begrüßen, und zwar Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Pinneberg. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Als Nächstes erteile ich - ebenfalls nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung - Herrn Abgeordneten Lothar Hay das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Lasst uns einen gemeinsamen Antrag formulieren! - Heinz Maurus [CDU]: Wieso? Wir haben einen gu- ten vorgelegt! Lasst uns dem zustimmen!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige wenige Bemer

kungen machen, von dem Ansatz ausgehend, dass wir vielleicht doch zu einer sachgerechten Debatte zurückkehren können.

Wenn in Schleswig-Holstein Mittel aus bestehenden Programmen umgeschichtet werden, um den von dem Abzug der Bundeswehr betroffenen Gemeinden zu helfen, so ist das der richtige Weg. Man sollte vielleicht einmal einen Blick über die Landesgrenzen hinweg werfen, um zu gucken, wie andere Bundesländer damit umgehen. Der niedersächsische CDUInnenminister Schünemann hat erklärt, die betroffenen Gemeinden erhielten von Landesseite aus keine Hilfe. Punkt 1.

Punkt 2. Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass wir eine veränderte weltpolitische Lage haben, die natürlich auch Konsequenzen für die Bundeswehr hat, und zwar aus strategischen und taktischen Gründen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dagegen spricht doch nichts!)

Da muss man natürlich auch bereit sein, dies als Friedensdividende mit zu tragen. Trotzdem gibt es einen Punkt, den wir vielleicht zur Kenntnis nehmen sollten. Die Marine hat eine erheblich höhere Bedeutung bekommen. Es geht nämlich auch darum, für die Bundesrepublik Deutschland in Zukunft als ein rohstoffabhängiges Land, als ein Exportland die Handelswege zu sichern. Insofern sind bestimmte Äußerungen zu verstehen.

Punkt 3. Was die Änderung der Bundeshaushaltsordnung betrifft, so ist darauf hingewiesen worden, dass ein entscheidender Punkt in dem Antrag der Oppositionsfraktion im Bundestag bisher gefehlt hat, nämlich der Besserungsschein.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bringt doch ei- nen ein!)

Wenn der Besserungsschein mit drin steht, das heißt, dass eine Liegenschaft verkauft wird, werden wir dies in Berlin sicherlich durchsetzen können.

(Zurufe von der CDU)

Punkt 4 - regen Sie sich nicht auf! - ist der entscheidende Punkt. Wir haben das in der Vergangenheit diskutiert. Wenn etwas künftig verkauft werden muss und anschließend Gewinne erzielt werden, muss der Bund auch daran partizipieren, weil zu Recht ein Teil des Erlöses in den Verteidigungshaushalt fließt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

(Lothar Hay)

Der fünfte Punkt - regen Sie sich doch nicht auf! - ist, wie wir jetzt im Interesse der betroffenen Gemeinden zusammenarbeiten sollten. Das hat Frau Tengler deutlich gemacht. Im Kreis Schleswig-Flensburg arbeiten wir - mit wir meine ich Frau Dr. Kötschau, Frau Tengler, Frau Spoorendonk und ich persönlich - zusammen, um dem betroffenen Standort des Marinefliegergeschwarders 2 in Tarp/Eggebek zu helfen. Wir sind auf dem richtigen Weg - auch mit Unterstützung der Landesregierung. Das geht ohne großes Getöse. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ebenfalls nach § 56 Abs. 1 der Geschäftsordnung erhält jetzt Frau Abgeordnete Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Anmerkungen. Wenn der Bundesverteidigungsminister sagt, er lasse sich allein von militärstrategischen Überlegungen leiten, können wir das so zur Kenntnis nehmen. Das ist aus seiner Sicht der einzig richtige Weg.

Wünschenswert wäre, wenn diese Argumente des Bundesverteidigungsministers auch für die betroffenen Standorte nachvollziehbar und transparent wären. Das ist eine gerechtfertigte Forderung. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass eine Antwort darauf gegeben wird, warum an Standorten investiert wird, von denen feststeht, dass sie geschlossen werden. Es mag eine durchaus sinnvolle Überlegung geben. Die Menschen vor Ort haben ein Anrecht darauf, eine Antwort auf diese Frage zu erhalten.

Was letztlich außer Frage stehen sollte, ist die Verantwortung der Bundesregierung als Ganzes. Da trifft nämlich nicht das zu, was der Bundesverteidigungsminister sagt. Die Bundesregierung als Ganzes hat eine regionalpolitische Verantwortung.

(Beifall bei SSW und CDU)

Da kann ich dem Kollegen Kubicki nur beipflichten. Ansonsten hätten wir keine Behörden des Bundes irgendwo anders als früher in Bonn und jetzt in Berlin gehabt. Diese Verantwortung ist aus unserer Sicht ohne Wenn und Aber umzusetzen. Das muss unsere Forderung sein.

Als Letztes möchte ich sagen: Dieser Punkt lädt nicht zu weiterer Polemik ein. Ich unterstütze, was der Kollege Hay gesagt hat. Im Kreis SchleswigFlensburg, in Tarp/Eggebek bemühen wir uns partei

übergreifend. Das sollten wir alle gemeinsam jetzt auch machen. Wenn es zu weiteren Anträgen kommen sollte, kann der einzige Weg nur sein, einen gemeinsamen Antrag dieses Hauses zu verabschieden.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstes erteile ich Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Abgeordnete Tengler hat hier gerade ausgeführt, dass die Bundeswehr in den 50er-Jahren aus strukturpolitischen Gründen so stark in Schleswig-Holstein angesiedelt worden sei. Das ist eindeutig falsch. Die Begründung ist nur militärstrategisch aus der NATO-Strategie abzuleiten. Schleswig-Holstein galt als Erstschlagsgebiet, von wo aus angreifende Osttruppen möglichst lange aufgehalten werden sollten, damit sich sozusagen in der zweiten Linie, südlich von Hamburg, die Bundeswehr organisieren und strukturieren konnte, um einen Gegenschlag zu organisieren. Das hat - einmal zu Ende gedacht - damals bedeutet: Schleswig-Holstein ist in der NATODoktrin von Anfang an als aufgegebenes Land betrachtet worden.

Das hat viel Bundeswehr hierher gebracht. Wir haben an den zweiten Teil nicht gedacht. Wir haben gesehen, dass uns die Bundeswehr bei den Problemen, die wir haben, hilft, nämlich im ländlichen Raum, Ausbildung zu schaffen. Wir haben uns nie Gedanken darüber gemacht, dass wir als Erstschlagsland als Erstes verwüstet würden, als Erstes aufgegeben würden und unsere eigenen Infrastrukturmaßnahmen - -

(Widerspruch des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Das ist kein schlichter Quatsch, sehr geehrter Herr Kubicki. Das ist nun wirklich kein Quatsch.

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Man kann in den von Ihnen vorhin genannten Zeitungen nachlesen, was eine Erstschlagsdoktrin bei der NATO bedeutet hat.

Das hat zur Folge gehabt, dass wir eine Überbesetzung an Infrastrukturmaßnahmen, ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Bundeswehr, haben. Wir haben die längsten militärischen Kaimauern in der ganzen Bundesrepublik. Das sind jetzt zum Teil aber auch

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Sachen, die uns auf die Füße fallen. Weil Sie inhaltlich so diskutieren, wie Sie hier diskutieren, diskutieren Sie hier so aufgeregt und so falsch.

Wer die Bundeswehr als eine Strukturmaßnahme betrachtet, regt sich zu Recht auf, wenn ihm Standorte weggenommen werden. Wer die Bundeswehr als ein militärstrategisches Mittel ansieht, der muss sich auch fragen lassen dürfen, welche möglichen oder notwendigen Auswirkungen diese gegebenen Umständen, die sich Gott sei Dank geändert haben,

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

auf unser Land haben.