Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der SPD, selbstverständlich war mir die Teilnahme an der Beratung sehr wichtig, denn es geht um deutlich mehr als 1.800 Arbeitsplätze und um wesentliche Dinge, die bei einer Privatisierung eine Rolle spielen sollten.
Lieber Herr Vorsitzender des Sozialausschusses, Herr Beran, Ihre Frage war eine sehr populistische. Die Resolution des Kreises Ostholstein ist im Ausschuss nie Beratungsgegenstand gewesen. So viel dazu.
Die zweite Lesung des vorgelegten Gesetzentwurfes bereits zum jetzigen Zeitpunkt dokumentiert, dass die rot-grüne Landesregierung es äußerst eilig hat, die Privatisierung der psychiatrischen Einrichtungen und Entziehungsanstalten in trockene Tücher zu bringen. Allerdings ist diese plötzliche Eile doch recht erstaunlich, da außer der Anfang des Jahres getroffenen Ankündigung, dass eine Privatisierung stattfinden sollte, zunächst auf der gesetzgebenden Ebene sehr wenig passiert ist.
Da wurden im Frühling ein Mentor ausgeschrieben, Berater eingekauft und zügig eine sehr detaillierte europaweite Ausschreibung vorgenommen. Die gesetzliche Grundlage, also dieses Umwandlungsgesetz, war bis dahin dem Parlament noch nicht zugeleitet worden. Vor der Sommerpause wurde dann ein mit heißer Nadel genähter Gesetzentwurf zur ersten Lesung eingereicht, um diesen dann - ohne Rücksicht
auf die parlamentarischen Gepflogenheiten - nach der Sommerpause im Schnellverfahren durchzupeitschen.
Innerhalb von zwei Wochen - innerhalb von zwei Wochen! - durfte der Ausschuss eine Anhörung der Betroffenen und anderer Beteiligter durchführen Dass in diesem kurzen Zeitraum manche Institution nicht einmal in der Lage war, eine Stellungnahme zum vorgelegten Gesetzentwurf abzugeben, war dann aus rot-grüner Sicht nicht relevant. Wichtig war nur, die Privatisierung zum 1. Januar 2005 nicht zu gefährden. Dass der Zeitplan der Privatisierung gefährdet sei, wusste der Staatssekretär Fischer nach eigenem Bekunden im Sozialausschuss erst seit dem 18. August 2004.
Es ist sehr bedauerlich, dass die Privatisierung - gerade im Hinblick auf die zuletzt bekannten Probleme und Vorfälle in den psychiatrischen Einrichtungen in Schleswig-Holstein - jetzt so schnell über das Knie gebrochen werden soll.
Wichtiger wäre es gewesen, die derzeitigen Bedingungen in den Einrichtungen sorgfältig zu prüfen, unter denen eine Privatisierung stattfinden soll. Das gilt sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Patienten.
Offene Fragen, die der Personalrat der Fachklinik Schleswig sowohl hinsichtlich der Übergangsregelungen als auch der künftigen Sicherheit einer privatisierten Forensik - wie schon gesagt - aufgeworfen hatte, wurden dabei eher gestreift als intensiv diskutiert.
Die FDP-Fraktion wird im Sinne der Beschäftigten, die sich jetzt auf die Fristsetzungen im Ausschreibungsverfahren hinsichtlich der Privatisierung eingestellt und hervorragend - das möchte ich betonen - darauf vorbereitet haben, diese Privatisierung nicht ablehnen. Der Privatisierung werden wir aber aus einem bestimmten Grund nicht zustimmen, sondern uns enthalten: Eine originäre hoheitliche Aufgabe wie die des Maßregelvollzugs kann und darf nicht im Schnellverfahren im Wege der Beleihung privatisiert werden.
Mit diesem beschrittenen Weg ist es nämlich kein großer Schritt mehr dahin, die Justizvollzugsanstalten oder gar die Polizei zu privatisieren. Ich frage Sie: Wenn doch alles so einfach und sicher im Wege der Beleihung gehen soll, warum dann auch nicht in
diesen Bereichen? Worin soll hier der Unterschied liegen? Wir bewegen uns an dieser Stelle auf einem sehr schmalen Grat. Dieser Grat wird immer dann überschritten, wenn Rechte des Bürgers durch einen hoheitlichen Akt eingeschränkt oder gar beschnitten werden sollen. Patienten, die den strikten Regelungen des Maßregelvollzugs unterworfen sind, oder Häftlinge in einer Justizvollzugsanstalt werden in ihren Rechten Kraft hoheitlichen Aktes durch Verurteilung oder Einweisung eingeschränkt. Diese Personen dürfen nicht darüber hinaus der Unsicherheit ausgesetzt werden, dass zwar die Aufsicht durch das Land ausgeübt wird, sie aber Personen gegenüberstehen, die nicht originär für das Land agieren. Aus rein fiskalischen Gründen können diese Rechte nicht geopfert werden.
Wenn trotz dieser Bedenken die Privatisierung greift, die wir im Sinne der vielen Mitarbeiter wollen, dann gebe ich noch eines zu bedenken: Es muss für die Kreise Schleswig-Flensburg und Ostholstein in Bezug auf die Heimaufsicht ein fairer finanzieller Ausgleich im Sinne des Konnexitätsprinzips sichergestellt sein. Es darf nicht sein, dass die kommunale Ebene aufgrund der Privatisierung der Fachkliniken belastet wird.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Privatisierung der ehemaligen Landeskrankenhäuser für Psychiatrie und Forensik nimmt meine Fraktion nicht auf die leichte Schulter. Deswegen haben wir uns trotz des zugegebenermaßen enormen Zeitdrucks, der unserem Anspruch geschuldet ist, noch in diesem Haushaltsjahr die Haushaltsvorgabe zur Privatisierung zu realisieren, durch mündliche und schriftliche Anhörungen gründlich informiert.
An dieser Stelle sende ich meinen ausdrücklichen Dank an den externen Gutachter Herrn Dr. Seifert, der in Vertretung von Herrn Professor Leygraf kam. Er hat uns durch seine Ausführungen über bundes
Entgegen mancher Vorurteile bleibt festzuhalten: Bundesweit liegt die Rückfallquote bei Straftätern in der Forensik bei circa 20 %. Sie ist damit ungleich niedriger als die Rückfallquote des Strafvollzugs. Dies sage ich auch angesichts der bedauerlichen Einzelfälle, mit denen wir uns in den letzten Monaten zu beschäftigen hatten. Insgesamt kann man sagen: Die Forensik leistet Beachtliches.
Die Kostensätze der Forensikarbeit in SchleswigHolstein sind bundesweit am niedrigsten. Allerdings ist die Aufenthaltsdauer der straffälligen Patienten in der Forensik Neustadt bundesweit am längsten. Dies muss anders werden. Ich sage das in aller Deutlichkeit. Insofern haben wir uns für die Überlegungen stark gemacht, wie man mehr Geld in die Therapie investieren kann. Ich finde es sehr gut, dass sich der Petitionsausschuss in anderen Fachkliniken, insbesondere in denen, die schon privatisiert sind, sachkundig gemacht hat. Auf diese Weise gelangte die erstaunliche Erkenntnis zu uns, dass es bei entsprechenden Verträgen offenbar gelingen kann, tatsächlich die Qualität der Therapie im Resozialisierungsprozess zu steigern. Dies ist eines der Motive, aus denen wir sagen, wir können zu dieser Privatisierung stehen.
Anlässlich des Verkaufs haben sich die Bündnisgrünen aber auch um weitere gesetzliche Verankerungen von Verbesserungen bemüht. Deswegen begrüßen wir es, dass es möglich geworden ist, für die forensischen Kliniken eine externe Besuchskommission, zusammengesetzt aus Experten und Laien, gesetzlich zu verankern.
Diese Kommission soll den Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen, und zwar sowohl in Schleswig als auch in Neustadt. Sie soll aber auch einmal im Jahr dem Sozialausschuss des Landtags über die Arbeit berichten. Dies wird natürlich in entsprechend anonymisierter Form geschehen, damit Personenschutzrechte nicht verletzt werden. Ich denke, das ist ein wichtiger Baustein, der auch uns als
Parlament verpflichtet, nicht zu vergessen, dass wir in diesem Land eine Forensik haben. Es freut uns, dass die Bürgerbeauftrage an diesem Prozess mitwirkt. Ich denke, das ist eine gute Möglichkeit, die Akzeptanz und die Qualität dieser Besuchskommission zu gewährleisten.
Wir hätten als Fraktion gern noch ein wenig mehr Zeit gehabt, denn wir finden tatsächlich einen Punkt noch sehr bedenkenswert, nämlich anlässlich der Privatisierung auch darüber nachzudenken, ob im Maßregelvollzugsgesetz nicht die Formulierung zum Akteneinsichtsrecht der gesetzlichen Betreuer und Betreuerinnen beziehungsweise der anwaltlichen Vertretung von Patienten in der Forensik neu formuliert werden muss. Dazu war jetzt nicht die Zeit. Wir behalten uns die Prüfung aber vor, denn dies ist auch eine wichtige Frage, die einen Privaten bindet.
Wirklich einmalig in der Bundesrepublik und ganz wichtig ist die Formulierung der neuen rechtlichen und fachlichen Kontrolle der forensischen Kliniken durch die Landesregierung. Ich denke, hier ist die Chance tatsächlich gegeben, mehr als bisher zu tun. In Nordrhein-Westfahlen treffen sich beispielsweise regelmäßig alle Fachleute, die am forensischen Prozess beteiligt sind, nämlich aus der psychiatrischen Klinikpraxis, aus den Gerichten und aus der ambulanten Nachfolge. Dies hat uns der eingeladene Gutachter, Herr Dr. Seifert, berichtet. Das gewährt gleichermaßen mehr Sicherheit, mehr Therapie und mehr Kosteneffizienz. Ich hoffe, dass wir mit dem Gesetz die Grundlagen dafür geschaffen haben, dass die Sozialministerin - wie angekündigt - bei dem Verkauf die Qualität und nicht allein den Preis entscheiden lässt. Wir hoffen, dass dies dann sowohl für das Finanzministerium als auch für den Finanzausschuss bindend ist, der über die Art des Verkaufs nämlich das letzte Wort hat.
Frau Präsidentin, ein letzter Gedanke. Natürlich ist auch die Zukunft der Beschäftigten wichtig. Mit Interesse haben wir die kontroverse Diskussion zwischen der Gewerkschaft ver.di, dem Personalratsvorsitzenden der psychatrium Gruppe und dem juristischen Beratungsbüro der Landesregierung verfolgt. Wir haben uns für eine personalratsorientierte gesetzliche Lösung entschieden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch den hier vorliegenden Gesetzentwurf werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, damit die psychatrium Gruppe und die Fachklinik Schleswig privatisiert werden können. Diese Privatisierungen sind Teil der Umsetzung der bis 2010 geplanten Verwaltungsstrukturänderungen der Landesregierung. Hier wurde festgelegt, welche Landesaufgaben in privater Trägerschaft auf Dritte übertragen werden könnten.
Weil es im Bereich der Krankenhäuser in der Bundesrepublik eine lange Tradition für private Trägerschaft unter öffentlich-rechtlichen Vorgaben gibt, die auch bisher ganz gut funktioniert hat, hat der SSW keine grundsätzlichen Einwände gegen die hier vorgeschlagene Privatisierung. In Fragen der Privatisierung ist für den SSW nicht nur die Frage der privaten oder der öffentlichen Trägerschaft entscheidend, sondern vielmehr die Frage, welche Folgen sich aus der Umstrukturierung für die Qualität der Arbeit, für die Patienten und für die Belegschaft ergeben werden.
Die durchgeführte Anhörung, die ohne Teilnahme der größten Oppositionspartei des Landes durchgeführt wurde, hat aus unserer Sicht erheblich zur Klarstellung vieler Details geführt, bei denen wir bei der ersten Lesung noch Probleme sahen. Dankenswerterweise hat die Anwaltskanzlei Weißleder & Ewer, die als Berater für das Land tätig ist, mit ganz konkreten Änderungsvorschlägen zum Gesetz erheblich zu dieser Klarstellung beigetragen. Herr Kalinka, diese Änderungsvorschläge finden sich jetzt in der endgültigen Fassung des Gesetzes wieder.
Der Gesamtpersonalrat der psychatrium Gruppe hat in der Anhörung betont, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konstruktiv am Entwicklungsprozess beteiligt haben. Man steht der Privatisierung, die ja dem Erhalt und der Weiterentwicklung dienlich sein soll, positiv gegenüber. Es geht immerhin um 1.800 Beschäftigte und über 200 Ausbildungsplätze. Dies hat der Kollege Kalinka betont. Damit ist die psychatrium Gruppe einer der größten Arbeitgeber in Ostholstein.
- Ja, Sie waren aber leider bei der Anhörung nicht da. Es wundert mich, dass Sie alles wissen, obwohl Sie nicht da waren.
(Werner Kalinka [CDU]: Wenn Sie einen Termin setzten, zu dem wir gar nicht anwe- send sein konnten!)
- Ich sage gleich etwas dazu. - Zur positiven Grundhaltung der Beschäftigten hat auch die Sicherungsvereinbarung mit dem Gesamtpersonalrat, die unter anderem Bestandsschutz für bereits eingestellte Mitarbeiter beinhaltet, beigetragen. In diesem Zusammenhang möchte ich lobend erwähnen, dass die Sicherungsvereinbarung die Anwendung des Tariftreuegesetzes vorsieht.