Protocol of the Session on September 22, 2004

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Ihre Unentschlossenheit ist es doch, die die Modernisierung des Flughafens Kiel zu einer unendlichen Geschichte werden lässt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn es aufgrund der Bedarfsprognose wirklich zu einem Aus kommen sollte, was wir sehr bedauern würden, dann sagen Sie dies aber auch hier im Parlament klipp und klar, anstatt herumzueiern. Dass dies selbst die Ministerpräsidentin so empfunden haben muss, kann man der Presse entnehmen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Danach haben Sie in der Kabinettsitzung in der Woche vom 15. September 2004 wegen Ihrer „unzurei

(Martin Kayenburg)

chenden Kommunikationsstrategie“ einen ordentlichen Rüffel erhalten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Aber genützt hat das nichts. Denn heute ist die Kommunikationsstrategie wieder nicht zu erkennen. Nichts als leere Versprechungen!

(Beifall bei CDU und FDP)

Schauen wir einmal in das Wahlprogramm der SPD. Lieber Herr Kollege Schröder, Sie haben dort geschrieben, Sie würden die Entwicklung der Regionalflughäfen in Kiel und Lübeck durch entsprechende Ausbaumaßnahmen in ihrem Bestand sichern und zukunftsfähig machen. Nun legen Sie einmal unser Wahlprogramm daneben und sagen Sie mir, worin der gravierende Unterschied besteht. Ich mache eine Einschränkung: Ihre Formulierung trägt nicht. Sie wollen nämlich die „Entwicklung“ zukunftsfähig machen, wir wollen die Flughäfen zukunftsfähig machen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Aber die Absetzbewegungen der Sozialdemokraten lassen sich wohl dadurch erklären, dass es ihnen an Courage mangelt. Ich glaube, deshalb sollten wir in Ruhe abwarten, bis wir diesen Wirtschaftminister wieder vorführen können, wenn er das Geeiere um Kiel-Holtenau fortsetzt.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Aber auch die Region Schleswig-Flensburg braucht nicht zuletzt wegen der drastischen Reduzierung im Bereich der Bundeswehr wieder Hoffnung. Der Flughafen Jagel verfügt über eine Infrastruktur, die hervorragend für den zivilen Luftverkehr geeignet ist. Ob dieser Flugplatz als Ergänzung zu Kiel geeignet ist, zum Beispiel um Charterverkehr zu übernehmen, Herr Astrup, das wollen wir zumindest erst einmal ernsthaft prüfen. Wir werden das zügig nach dem Regierungswechsel tun, die Funktionalität prüfen und die Hausaufgaben machen, die diese Landesregierung bisher versäumt hat zu machen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Dass Flughäfen, die an der Peripherie liegen, durchaus geeignet sind, Flugverkehre von Charter über Linie bis Fracht aufzunehmen, dazu empfehle ich Ihnen einmal, Herr Minister, nach Billund zu schauen.

(Beifall der Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU] und Frauke Tengler [CDU])

Schauen Sie doch einmal in die Angebote. Da werden Sie sehen, was Sie aus solchen Flughäfen machen können. Schleswig-Holstein braucht mutige Visionen und wir werden deshalb nicht nur Jagel, sondern auch Rendsburg-Hohn vorurteilsfrei auf die flugtechnische Qualität und die Einbindung in ein Gesamtluftfahrtkonzept prüfen, ohne heute schon eine Vorfestlegung vorzunehmen.

Also, was an neuen Entwicklungen in SchleswigHolstein möglich ist, das werden wir prüfen. Gleichwohl steht für uns außer Frage, dass der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel auf lange Zeit der Passagierflughafen Nummer eins im Norden bleiben wird.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Herr Minister, wenn Sie hier sagen, es sei unsinnig, die Option für Kaltenkirchen aufrechtzuerhalten, sage ich Ihnen, dass Sie offenbar nicht mit den Verantwortlichen gesprochen haben. Der Verantwortliche der Flughafengesellschaft Fuhlsbüttel hat sogar ein Gutachten in Auftrag gegeben, um Ihre unsägliche Politik - das heißt die Ihres Nachbarn - der FFHAusweisung aufzuhalten. Das hat er doch nur deswegen getan, weil auch er die Notwendigkeit der Option Kaltenkirchen auf lange Sicht sieht. Wer davor die Augen verschließen will, der, Herr Minister, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und der tut Unrecht, wenn er sich hier hinstellt und sagt, wir müssen an dem Hauptstadtexpress zwischen Kiel und Hamburg bauen, sich aber nicht klarmacht, dass dieser Hauptstadtexpress - der für uns zwingend notwendig ist - auch eine Station in Kaltenkirchen haben wird, um diese Stadt flugtechnisch zukunftsfähig zu machen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Vorbemerkung: Es gibt auch Themen, bei denen sich die Fraktionen der Regierungskoalition nicht einig sind. Ich finde, das ist auch in Ordnung so. Es wäre komisch, wenn sich zwei Parteien in allen Positionen einig wären.

Die FDP war bisher entschieden für den Flughafen und hat nun ihre Meinung geändert, sie ist jetzt dagegen. Das ist ehrenwert. Offensichtlich hat sie die Schwäche ihrer bisherigen Position erkannt und stellt

(Karl-Martin Hentschel)

nun den nachvollziehbaren Antrag, dass die Landesregierung ein aktuelles Konzept für den Luftverkehr vorlegt. Das ist auch dringend nötig. Wenn die Subventionen in die Flughäfen Kiel und Lübeck umso schneller steigen, je mehr die Flughäfen in die Defizite geraten, dann wird es Zeit, darüber einmal nachzudenken.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kiel-Holtenau soll trotz drastisch sinkender Passagierzahlen auf jetzt 2.206 m ausgebaut werden, 1.799 m Landebahn plus 301 m Overrun plus 106 m Reservestreifen, die angeblich nicht mehr genutzt werden können. Der Finanzdeckel des Landes liegt bei 20,2 Millionen €. Dem haben wir so zugestimmt. Anderseits soll auch Lübeck weiter ausgebaut werden. Hier sind aus dem Regionalprogramm 5 Millionen € für die Installation eines Instrumentenlandesystems CAT II locker gemacht worden, weil Ryanair das will.

Da macht die Frage nach einem Konzept Sinn. Aber ein solches Konzept sollte dann auch eine Stellungnahme zu der Krise der Regionalflughäfen in Deutschland abgeben, aufgrund derer viele Experten vor Investitionsruinen warnen.

Vergleicht man das neue Gutachten mit dem vorigen und dann noch mit den aktuellen Zahlen, dann scheint das Projekt Flughafen Holtenau politisch mausetot zu sein. Deswegen ist es erfreulich, wenn das Kabinett jetzt kurzfristig zu einer Entscheidung kommen will, und zwar deutlich vor der Landtagswahl. In Kiel melden sich die Ausbaubefürworter schon fast nicht mehr zu Wort, zu schlecht sind die Passagierzahlen. Lagen der Ausbauentscheidung im Kieler Rathaus durch SPD und CDU noch die Erwartung zugrunde, dass 2003 185.000 Passagiere fliegen würden, so flogen tatsächlich nicht einmal die Hälfte, nämlich 82.000. Im Jahr 2004 sollten es nach der Prognose sogar 201.000 Passagiere sein. Geschätzt werden nach den vorliegenden Zahlen von August 2004 bis Ende des Jahres circa 55.000 Passagiere, das ist nur noch ein Viertel von dem, was einmal prognostiziert worden war. Davon stammen 13.000 Passagiere aus der Linie Köln-Bonn, die als Anschubmaßnahme für zwei Jahre von allen Gebühren freigestellt wurde. Entsprechend steigen die Defizite der Kieler Flughafengesellschaft auf über zwei Millionen Euro und haben sich innerhalb weniger Jahre damit verdreifacht.

Der Landeshaushalt ist immer mit 50 % dabei. Deswegen unterstütze ich die Forderung des Landesrechnungshofes und mittlerweile auch der CDU - dafür bin ich Ihnen dankbar, Herr Kayenburg - nach einem

Ausstieg des Landes aus der Flughafengesellschaft, sprich nach einer Privatisierung.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Nun liegen die neuen Prognosen vor, die erneut ein jährliches Wachstum von 3 % beziehungsweise 2,2 % für die Fluglinie voraussagen und hohe Zuwächse bis 2010 prognostizieren. Rechnet man allerdings die prognostizierten Zahlen für 2010, die in dem Gutachten angeben sind, zurück auf 2003 und 2004, dann kommt man zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass die Zahlen, von denen der Gutachter für 2003 und 2004 ausgegangen ist, um 42 beziehungsweise 63 % über den tatsächlichen Zahlen liegen. Auf die Frage an den Gutachter, wie es kommt, dass er von wesentlich höheren Zahlen ausgeht, als tatsächliche Zahlen für die Passagiere vorliegen, und dass er das als Ausgangsbasis für seine Hochrechnung nimmt, antwortet der Gutachter, er hätte nicht die Realzahlen genommen, sondern Zahlen, die man annehmen müsste, wenn ein idealer Zustand herrschen würde.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Solche Gutachten können nicht die Grundlage einer Förderentscheidung von Millionen Euro durch das Land sein. Sollten diese Widersprüche nicht geklärt werden können, dann muss auch noch einmal über eine zugesagte Förderung durch das Land geredet werden.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Im Unterschied zu Kiel hat der Lübecker Flughafen Blankensee durch Ryanair einen enormen Aufschwung bei den Passagierzahlen erreicht. Ein wirtschaftliches Ergebnis hat sich aber trotzdem nicht eingestellt. Wie der Presse zu entnehmen ist, sind seit 2001 Verluste in Höhe von 9 Millionen € aufgelaufen. Die Betriebsverluste der Flughafengesellschaft allein für 2004 werden auf 3,5 Millionen € geschätzt, liegen also trotz höherer Passagierzahlen fast beim Doppelten des Kieler Flughafens. Das muss die Stadt Lübeck ganz allein aus ihrem Haushalt bezahlen. Seit 2003 gilt ein Mengenrabatttarif für Ryanair, sodass die Passagierentgelte nicht mehr proportional zu den Passagierzahlen wachsen. Das bedeutet, die RyanairMaschinen werden bei wachsender Auslastung immer mehr aus dem Lübecker Haushalt subventioniert.

(Zurufe von der SPD)

Aber auch in Blankensee wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Die Linie Lübeck-Stockholm ist ab

(Karl-Martin Hentschel)

Mitte Januar 2004 von zweimal täglich auf einmal täglich umgestellt worden. Die Linie nach London ist von Ende April bis Mitte August 2004 von dreimal täglich auf zweimal täglich ausgedünnt worden. Nun könnte man sagen: Das ist das private Vergnügen der Hansestädter. Aber wenn das Land auch noch Millionen dazugeben muss, damit die Lübecker noch schneller in ihr Verderben marschieren, dann fragt man sich, ob das Sinn macht oder ob das nicht bald ein Fall für die Kommunalaufsicht ist.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Es kommen doch zwei neue Linien dazu!)

Der Grund für diese schwachen Zahlen ist relativ einfach zu erkennen. Tatsache ist nämlich, dass Schleswig-Holstein einen ausgezeichneten Flughafen hat, der international hervorragend angebunden ist und von dem alle infrage kommenden Destinationen mehrmals täglich angeflogen werden. Jährlich nutzen mehr als 3 Millionen Passagiere aus SchleswigHolstein den Hamburger Flughafen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit im Haus.

Die Entfernungen aus den Großräumen von Lübeck und Kiel zum Flughafen Hamburg sind mit cirka einer Stunde ausgesprochen kurz. Viele Großstädte in Deutschland sind erheblich weiter vom nächsten internationalen Flughafen entfernt. Selbst Passagiere aus dem Süden von München, dem Süden von Hamburg, aus dem Norden von Köln oder aus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden brauchen länger oder gleich lange zu ihrem Flughafen wie die Bürgerinnen und Bürger aus Kiel und Lübeck.

Wem das nicht genügt, dem kann auch geholfen werden. Die Anbindung zum Hamburg-Airport kann noch erheblich verbessert werden. Deshalb drängen wir Grünen weiter auf eine direkte schnelle Schienenanbindung von Neumünster über Kaltenkirchen und Norderstedt zum Flughafen und dann weiter zum Hamburger Hauptbahnhof.