Protocol of the Session on August 26, 2004

Dies geschieht durch ein festes Team und unter großer Mitwirkung der Angehörigen. Das kostet nicht mehr als ein Heimaufenthalt - oft sogar weniger - und fördert die Lebensqualität aller Beteiligten. Es ist überhaupt nicht schwierig, Pflegekräfte für diese Wohnprojekte zu finden; denn dort wollen die Leute gern arbeiten.

Fazit: Dort, wo die Arbeitsbedingungen stimmen und die Menschen, die pflegen sollen, das Gefühl haben, sie können tatsächlich sinnvoll handeln, ist es nicht schwierig, Personal zu halten oder zu gewinnen. Schwierig ist es dort, wo die Arbeitsbedingungen nicht stimmen und wo die Pflegenden spüren, dass sie nicht das Richtige tun können.

Wir freuen uns, dass die Arbeiterwohlfahrt, die Brücke und die Alzheimer Gesellschaft beispielsweise schon Projekte mit einem wohngemeinschaftsorientierten Ansatz für demenzkranke Menschen auf den Weg bringen wollen. Es kommt jetzt aber wie in Berlin darauf an, die Pflegekassen von diesem Weg zu überzeugen.

Damit komme ich zu einem wesentlichen Teil, der auch für die Situation von PLAISIR gilt. Wir befinden uns in Schleswig-Holstein in der Situation, dass das Modell ausprobiert wurde. Die bundesrechtlichen Hürden sind jetzt beseitigt. Es könnte also losgehen. Der Weg kann aber nicht von der Ministerin allein beschritten werden. Jetzt gilt es, die Pflegekassen zu gewinnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das ganze Haus ist gefordert. Frau Kleiner, da nützt es auch nicht, dass Sie jetzt kleinlich mit immer mehr Heimaufsicht kommen.

(Helga Kleiner [CDU]: Bin ich doch gar nicht!)

Solange die Heimaufsicht nach Bedingungen prüfen muss, die der MDK abgestimmt hat und die einen Pflegeschlüssel vorsehen, der gerade auch von Frau Kolb noch einmal in Erinnerung gerufen wurde, kann es nicht besser werden. Man kann durch die Organisation, also zum Beispiel durch die Vereinfachung der Dokumentation - darauf ist natürlich auch noch hinzuweisen -, einiges verbessern. Das ist durch die Fortbildung und durch die Offensive für Pflegequalität Gott sei Dank auch auf dem Weg. Wo zu wenig Personal vorhanden ist, da können sie irgendwann nicht mehr mehr tun, als rund um die Uhr zu arbeiten. Das macht sie selbst krank, was niemand wollen kann.

(Angelika Birk)

Es geht hier also darum, eine gemeinsame politische Anstrengung auf den Weg zu bringen, damit Schleswig-Holstein das erste Land ist, das PLAISIR oder ähnliche verwandte Verfahren tatsächlich anwendet. Es geht hier ja nicht um das Erstgeburtsrecht, sondern es geht um eine qualitative Steigerung.

An dieser Stelle sage ich noch einmal meinen Dank dafür, dass die Anrufe, die bei PflegeNotTelefonen eingehen, nunmehr auf eine zunehmende Anzahl von Pflegeberatungsstellen weitergeleitet werden, dass wir also einen dezentralen Ansatz verfolgen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Ich freue mich, dass die Landesregierung weiterhin Gelder für mehr Pflegeberatungsstellen zur Verfügung stellt. Ich möchte an dieser Stelle meinem Unmut darüber deutlich Luft machen, dass es immer noch Landkreise und Kommunen gibt, die das offensichtlich für überflüssig halten, obwohl sie dafür großzügig Geld von der Landesregierung erhalten. Ich kann nicht verstehen, weshalb der Kreis Ostholstein nachhaltig an der Schließung einer erfolgreichen und für ihn kostensparenden Pflegeberatungsstelle festhält. Ich denke, es ist notwendig, sich das noch einmal zu überlegen.

Die Landesregierung lässt sich von diesem Kleinmut jedenfalls nicht beirren. Sie bietet diesen Landeszuschuss für die örtliche Pflegeberatung weiterhin an. Insbesondere den Damen und Herren von der CDU sage ich: Ich denke, jeder ist gut beraten, dieses Angebot anzunehmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Fazit: Wir werden uns Ihren Antrag gründlich anschauen und bitten um Zeit dafür. Natürlich werden wir an unserem Antrag auf jeden Fall festhalten. Gegebenenfalls können Ergänzungen aus Ihrem Antrag hinzukommen. Unseren eigenen Aussagen werden wir aber natürlich nicht widersprechen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute Morgen bekam ich zu wissen, dass der Antrag der CDU, der mir und Ihnen seit längerer Zeit bekannt ist,

zurückgezogen wird. Nun haben wir einen Antrag der CDU bekommen, der auch mich etwas überfordert. Es soll ein Ergänzungsantrag sein, der zudem noch eng geschrieben ist. Es ist kaum herauszufinden, wie man das in eine Reihe kriegt. Daher würde ich - wie die Kollegin Birk - gern vorschlagen, dass wir morgen darüber abstimmen. Dann könnte man sich alles in Ruhe durchlesen.

Aus der Sicht des SSW bleiben die Umstände um die Schließung des DRK-Heimes in Flensburg weiterhin ein Skandal. Auch wenn andere Beteiligte in diesem Zusammenhang sicherlich keine glückliche Figur gemacht haben, so lag und liegt die Verantwortung doch ganz klar bei der Landesleitung des DRK. Anfang Juli hat das DRK-Präsidium die Konsequenz gezogen und ist zurückgetreten. Mich haben allerdings die in diesem Zusammenhang getätigten Aussagen des DRK-Präsidiums, sie übernähmen die verbandspolitische Verantwortung und bedauerten die aufgetretenen Probleme in der Pflegeeinrichtung, aber sie hätten sich kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen, stark verwundert. Damit verniedlicht der alte Vorstand des DRK meiner Ansicht nach die Probleme und schiebt die Verantwortung wieder weg.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus Sicht des SSW muss es aber seitens der Landespolitik darum gehen, solche Vorfälle wie die plötzliche Schließung eines Heimes wie in Flensburg mit circa 100 Bewohnern in Zukunft zu verhindert. Zumindest muss man dafür sorgen, dass dies anders abläuft. Was dort geschehen ist, kann man gebrechlichen Menschen einfach nicht zumuten. Wieder einmal liegt der Teufel im Detail des bürokratischen unübersichtlichen Gestrüpps der Verantwortlichkeiten im Pflegebereich. Im Zweifelsfall - so hat man das Gefühl - fühlt sich keiner verantwortlich oder es sind alle zusammen verantwortlich. Das zeigt das Beispiel in Flensburg.

Aus diesem Grund fordern wir von der Landesregierung, dass sie eine Notfallplanung aufstellt, die solche Fälle verhindert. Ich weiß nicht genau, ob dazu Gesetze oder Verordnungen geändert werden müssen. Ich denke, das muss die Landesregierung herausfinden. Es muss in der Zukunft aber einen Hebel geben, der in der klaren Verantwortung des Landes liegen sollte und der es ermöglicht, im Sinne der Heimbewohner zu handeln. Hier wird die Landesregierung gebeten, schnellstmöglich Lösungen zu finden. Ich darf insoweit auf den Berichtsantrag verweisen, in dem ich - zumindest unter den ersten beiden Spiegelstrichen des Originalantrags - auf diesen Bereich hinweise. Ich gehe davon aus, dass wir mit dem Bericht zu diesem Bereich etwas hören werden.

(Silke Hinrichsen)

So viel zum DRK-Skandal. Entscheidend für die Zukunft ist allerdings, dass die Politik vor dem Hintergrund der zunehmenden Überalterung unserer Gesellschaft die Rahmenbedingungen für eine verbesserte Pflege der alten Menschen schafft. Deshalb begrüßt der SSW - wie die Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände - die Offensive der Landesregierung für die Pflege in Schleswig-Holstein.

Die neue Initiative „PflegePlus“ hat viele gute Aspekte und erscheint uns daher viel versprechend. Zum einen ist es natürlich wichtig, dass die Landesregierung neue Schwerpunkte setzt und den finanziellen Zuschuss im Pflegebereich von jährlich 2 Millionen € auf 2,5 Millionen € erhöht. Richtig ist vor allem der Ansatz, die Qualität der Pflege zu verbessern. Die alten Menschen verdienen, dass die Pflege mehr Zeit in Anspruch nimmt, auch weil sich damit die Qualität der Pflege automatisch erhöht. Dazu gehört, dass die Pflegekräfte endlich weniger Zeit für die Dokumentation aufwenden können und sich auf ihre wirkliche Arbeit konzentrieren können. Der entsprechende Modellversuch sieht sogar eine Halbierung der täglichen Dokumentationszeit vor.

Positiv ist auch, dass die Landesregierung daran festhält, das Personalbemessungssystem PLAISIR einzuführen, denn mit PLAISIR steht der individuelle Pflegebedarf der Betroffenen verstärkt im Mittelpunkt aller Bestrebungen. Allerdings muss man sich trotzdem darüber im Klaren sein, dass die flächendeckende Einführung von PLAISIR nicht zum Nulltarif zu haben sein wird.

Zum anderen muss die Qualifikation der Beschäftigten im Pflegebereich verbessert werden. Wir brauchen in den Heimen und bei den ambulanten Pflegediensten gut qualifiziertes Personal. Deshalb begrüßen wir es auch, dass die Landesregierung den Zuschuss für die Altenpflegeausbildung um ein Drittel erhöhen will. Die jungen Menschen müssen auch einen finanziellen Anreiz haben, sich für die Altenpflege ausbilden zu lassen.

In diesem Zusammenhang möchte ich davor warnen, zu glauben, dass man durch die so genannten 1-€Jobs den Arbeitskräftemangel in der Pflege einfach mal so beheben kann. Es hat mich wirklich sehr gewundert, dass einige Sozialverbände sagten: Man stellt einfach jemanden ein und dann wird alles gut laufen. Wir beschäftigen uns immer mit der Qualität der Pflege. Ich habe allergrößte Zweifel, ob man die so erreichen kann.

(Beifall beim SSW)

Wer qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich haben möchte, muss

diese Leute auch ordentlich bezahlen. Überhaupt ist die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen im Pflegebereich eines der Hauptprobleme der nahen Zukunft. Allerdings ist dies ein Problem, das nur auf Bundesebene geregelt werden kann. Die Pflegekassen, die noch vor wenigen Jahren große Überschüsse anhäuften, sind quasi leer.

Der jetzt von der Bundesregierung angepeilte zusätzliche Pflegeversicherungsbeitrag für Kinderlose ist, davon abgesehen, dass er ungerecht erscheint, schwierig. Das wird sicherlich nicht ausreichen. Das heißt, dass wir auch im Bereich der Pflegeversicherung eine grundlegende Reform brauchen. Auch hier gilt, dass wir die Beiträge nicht einfach ins Bodenlose erhöhen können, weil sich die Lohnnebenkosten dann ebenfalls erhöhen. Deshalb plädiert der SSW auch in diesem Bereich für eine steuerfinanzierte Pflegeversicherung.

Dem Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir zustimmen. Wir werden den CDUAntrag in Ruhe durchlesen müssen, um zu sehen, ob er auch all diese Dinge umfasst.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Andreas Beran [SPD] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu einem Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Astrup das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir - ich meine den gesamten Landtag und damit auch die Regierungsfraktionen - sind nunmehr im Besitz der angekündigten Vorlage. Frau Kollegin Kleiner, ich rege an, dass wir die Abstimmung über den Antrag der SPD und über den Änderungsantrag der CDU auf morgen Mittag verschieben. Der Präsident hat dies bereits erwähnt. Frau Kollegin Kleiner, ich sichere Ihnen zu, dass wir in der Zwischenzeit versuchen werden, Ihre Anregungen so mit einzubauen, dass wir in diesem Punkt möglicherweise zu einem gemeinsamen Antrag kommen. Ich denke, die Sensibilität und die Gewichtigkeit des Themas lassen diese Überlegung zu. Ich hoffe, dass wir das hinkriegen.

(Beifall)

Ich erteile Frau Ministerin Dr. Trauernicht-Jordan das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Pflege betrifft uns alle, insbesondere wenn wir uns klarmachen, dass die Pflege das Thema ist, an dem sich eine solidarische Gesellschaft erweist. Was mögen wohl die Menschen in SchleswigHolstein in den letzten Monaten empfunden haben, wenn sie in Schleswig-Holstein die Zeitungen aufgeschlagen haben? Manche Schlagzeile wird vermittelt haben, die Pflege in Schleswig-Holstein sei insgesamt in keinem guten Zustand. Viele Menschen in der Altenpflege, die sich tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes abrackern, empfanden dies als einen Schlag ins Gesicht. Dies wird Ihnen auch begegnet sein.

Gerade in Zeiten der Krise und in Zeiten, in denen Missstände aufgedeckt sind, sind wir alle gefordert, nicht zu polemisieren, sondern zu differenzieren. Dazu - so meine ich - müssen wir uns gemeinsam verständigen können. Es entstand im Land auch der Eindruck, dass wir - die unterschiedlichen Fraktionen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag - beim Thema Pflege eher streiten, als dass wir gemeinsam nach Problemlösungen suchen.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kleiner und sehr geehrte Frau Abgeordnete Kolb, ich bin sehr daran interessiert, dass wir von hier aus ein Signal dahin gehend senden, dass wir bereit sind, gemeinsam an der Verbesserung der Lebensqualität alter Menschen zu arbeiten, statt dass wir uns über möglicherweise unsinnige Streitpunkte auseinander dividieren.

Wenn wir dies in Zukunft tun wollen, sollten wir aber mindestens zwei Themen ganz offen ansprechen und ausdiskutieren. Das erste Thema ist das Thema Kontrolle. Es steht ständig im Raum, dass diese Landesregierung nicht gewillt sei, die Kontrolle wirklich wahrzunehmen. Damit es ein für alle Mal klar ist: Kontrolle ist wichtig. Ich betone aber ausdrücklich: Es wird hier suggeriert, mehr Kontrolle würde die Qualität verbessern und die Missstände verhindern. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Kontrolle deckt die Missstände auf. Die Missstände werden aber nur durch Beratung und Qualifizierung verhindert. Diese Annahme muss doch ausräumbar sein, damit wir uns nicht auf diesem - wie ich finde - zu niedrigem Level ständig um die Ohren schlagen: Der eine will mehr Kontrolle und der andere will weniger. Das ist für mich jedenfalls nicht der Fall. Wir brauchen ein solides Maß an Kontrolle. Wir brauchen aber ebenfalls ein solides Maß an Beratung und Qualität.

Zu einem zweiten Streitpunkt greife ich insbesondere die Wortbeiträge der Opposition auf, und zwar sowohl von der FDP als auch von der CDU. Ich würde mich im Übrigen freuen, wenn Frau Kleiner mir zuhören würde. Vielleicht ist es aber auch für alle anderen wichtig.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

- Gut, von charmanten Herren der Opposition lasse ich mich auch gern ablenken, insofern habe ich Verständnis dafür. Zum zweiten Streitpunkt beziehe ich mich auf die beiden Wortbeiträge. Hier wird suggeriert, die Oppositionsfraktionen würden alles besser machen. Es würde mehr Personal eingesetzt, es würden mehr Projekte stattfinden, es würde mehr Geld an die Hand genommen. Alles würde besser. - Ich finde, das ist unehrlich. Denn Sie haben beide nichts zum Thema Pflegeversicherung gesagt.

Wir haben eine solidarische Pflegeversicherung, die Grundlage unseres Handelns ist. Die CDU und die FDP haben vorhin sehr deutlich gemacht, dass sie die Abschaffung der solidarischen Pflegeversicherung und stattdessen die Privatisierung des Risikos Pflege wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kolb, Frau Kleiner, wissen Sie denn gar nicht, dass die Einführung des Personalbemessungsverfahrens PLAISIR auf § 75 der Pflegeversicherung beruht? - Das heißt, irgendetwas stimmt in Ihrer Argumentation nicht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einerseits wollen Sie die Abschaffung der Pflegeversicherung und andererseits wollen Sie den Menschen hier im Land glauben machen, dass Sie mit der Einführung von PLAISIR schneller seien als wir. Nein, das lassen wir nicht im Raume stehen. PLAISIR ist das Thema der schleswig-holsteinischen sozialdemokratisch-grün-geführten Landesregierung und das wird es auch bleiben. Ich werde mit Sicherheit Wert darauf legen, dass wir in diesem Punkt zügig vorankommen.