Protocol of the Session on August 26, 2004

Insbesondere begrüßen wir die weitere Unterstützung des bewährten PflegeNotTelefons und das Fördern eines aktiven Beschwerdemanagements durch die Fortbildung der Pflegekräfte. Ein aktives Beschwerdemanagement, richtig angewandt, sorgt für ein gutes Qualitätsmanagement und damit für eine weitere Verbesserung von Qualitätsstandards. Wir begrüßen, dass der Zuschuss für die Altenpflegeausbildung deutlich erhöht wird, und hoffen, dass damit ein Anreiz für mehr Ausbildungsplätze entsteht. Auch ist es richtig, dass Pflegekräfte von Bürokratie entlastet werden. Es ist gut, wenn gut qualifizierte Pflegekräfte

(Andreas Beran)

mehr Dienst am Pflegenden leisten können und weniger Zeit im Büro verbrauchen. Wir mahnen jedoch auch an, den Verbraucherschutz in der Pflege nicht zu vernachlässigen. Wir begrüßen, dass es künftig noch mehr Durchlässigkeit in stationären Einrichtungen geben soll, sodass es zu mehr Begegnungen zwischen Jung und Alt kommen kann, und dass die unabhängigen Pflegeberatungsstellen auch künftig vom Land unterstützt werden sollen. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass sich die Kommunen aus ihrer Verantwortung stehlen.

(Beifall bei SPD BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Pflege ist eine zentrale Herausforderung an unsere Gesellschaft, dies vor allem, weil unsere Bürgerinnen und Bürger immer älter werden. Als Gesellschaft tragen wir vor allem Verantwortung für jene Ältere, die pflegebedürftig sind. Ihnen wollen wir eine bestmögliche Versorgung zusichern. PflegePlus ist hierzu ein wichtiges Instrument.

Für die SPD Fraktion beantrage ich die Annahme der Drucksache 15/3600.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich der Frau Abgeordneten Kleiner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die CDU-Fraktion hält es für geboten, den Antrag Drucksache 15/3600, Fortführung und Weiterentwicklung der Pflegequalitätsoffensive, der Regierungsfraktionen in einzelnen Punkten zu ergänzen. Mit unserem Ergänzungsantrag wollen wir sicherstellen, dass der von der Sozialministerin zu erstattende Bericht auch auf diejenigen Sachfragen eingeht, die in der Vergangenheit zwischen den Regierungsparteien und der CDU-Fraktion wiederholt kontrovers diskutiert worden sind. Das erfordert nach unserer Überzeugung schon das Prinzip des fairen Umgangs zwischen Regierung und Opposition.

Aber auch im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl halten wir es für wichtig, dass die Landesregierung eine umfassende Darstellung aller Aspekte zur Fortentwicklung der Pflegequalität vorträgt.

Zeitgerecht zur Behandlung des Antrages „Fortführung und Weiterentwicklung der Pflegequalitätsoffensive“ im Landtag ist am 23. August 2004 eine neue

Offensive „PflegePlus“ der Presse vorgestellt worden. Mit vielen schönen Worten wird in der Presseerklärung des Sozialministeriums eine Erfolgsstory beschrieben, sodass man gar nicht glauben kann, dass in Schleswig-Holstein gerade einmal wieder ein Pflegeskandal aufgearbeitet werden muss, der für viele Heimbewohnerinnen und Heimbewohner Kummer und Sorgen gebracht hat. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als eine sachgerechte, gute, liebevolle Pflege für alle Menschen hier im Land, die sie brauchen. Aber noch haben wir dieses Ziel leider nicht erreicht. Deshalb sollten Sie, Frau Ministerin, Ihre Euphorie noch ein wenig zügeln.

Als ich die Pressemitteilung vom 23. August 2004 gelesen hatte, dachte ich: Wie schade, kein Wort über PLAISIR! Anscheinend ist in der Pressekonferenz aber doch davon gesprochen worden, denn in einer kleinen Notiz in den „Kieler Nachrichten“ vom 24. August 2004 heißt es, dass die Ministerin schon 2005 eine Verbesserung der Personalsituation in den Pflegeheimen durch die Einführung von PLAISIR erwartet. Ich freue mich natürlich, wenn gerade in diesen wichtigen, von mir oft angemahnten Bereich Bewegung gekommen ist und harre der Dinge, die jetzt kommen sollen. Oder sollten Sie auf die Einführung von PLAISIR durch die CDU nach der Regierungsübernahme 2005 verwiesen haben?

Bei der Behandlung aller Punkte in dem angeforderten Bericht wird dann für Sie, Frau Ministerin Trauernicht, Gelegenheit sein, nüchtern und konkret darzulegen, ob Sie dem genannten Ziel „Solidarität stiften - Lebensqualität fördern“ näherkommen. Darüber wollen wir anschließend zwar engagiert, aber auch sachlich diskutieren. Die Bürgerinnen und Bürger können sich dann ein eigenes Urteil darüber bilden, welche Pflegepolitik sie im eigenen Interesse und im Interesse ihrer pflegebedürftigen Familienangehörigen für besser halten.

Die von uns beantragten Ergänzungen sind aus sich heraus verständlich. Sie beinhalten Konkretisierungen der beantragten Punkte von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf: Aber sie liegen noch nicht vor! - Andreas Beran [SPD]: Die bekommt Ihr gleich auch noch!)

- Das ist Bürokram, ich muss ja den Antrag nicht selbst noch verteilen.

(Heiterkeit und Zurufe)

Meine Damen und Herren, wir lassen jetzt die Rednerin weiterreden und gehen davon aus, dass der Ergänzungsantrag dem Parlament noch rechtzeitig zugeht.

Ja, das wäre mir natürlich auch recht angenehm.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich will deswegen nur einige kurze Bemerkungen zum Problemfeld der Heimaufsicht machen. Die CDU-Fraktion ist seit Jahren für eine besser strukturierte und effektivere Heimaufsicht eingetreten. Die vorige Sozialministerin hat diese ständig wiederholten Forderungen der Opposition zunächst damit abzublocken versucht, dass die ihr zustehende Fachaufsicht keine weiteren Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten vorsehe.

Als wir ihr mit einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages diese Verteidigungslinie genommen haben, hat sie zunächst ihr Heil in den so beliebten Gesprächen am runden Tisch gesucht und immer wieder - nahezu gebetsmühlenartig - geltend gemacht, man könne Pflegequalität nicht in die Pflegeheime hineinkontrollieren. Dieses Argument ist wahr und falsch zugleich. Es ist - recht besehen - nichts anderes als ein politisches Totschlagargument. Natürlich kann man Pflegequalität nicht in die Heime hineinkontrollieren, aber man kann mit einer vernünftigen Heimaufsicht sehr oft Fälle von gefährlicher Pflege verhindern.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Der Berufsstand der Altenpflegerinnen und Altenpfleger sollte sich hier nicht angegriffen fühlen. Wir wissen sehr gut, welche schwere und belastende Arbeit die in der Altenpflege tätigen Frauen und Männer leisten und dass sie ihren Beruf in aller Regel verantwortungsbewusst im Interesse der ihnen anvertrauten älteren Menschen ausüben. Der letzte Pflegeskandal im Bereiche des DRK-Landesverbandes hat dieses wiederum deutlich gezeigt.

Wir bestehen also auf einer den gesetzlichen Bestimmungen des Heimgesetzes entsprechenden Heimaufsicht und fordern weitere Verbesserungen in dem Zusammenwirken zwischen dem Sozialministerium und den Heimaufsichtsbehörden.

Nach dem neuen Heimgesetz müssen die Heimaufsichtsbehörden jetzt jedes Pflegeheim mindestens einmal im Jahr auch auf die Pflegequalität hin prüfen und sie müssen des Weiteren alle zwei Jahre einen

Tätigkeitsbericht über ihre Heimaufsicht erstellen und veröffentlichen. Außerdem müssen die Heimaufsichtsbehörden dem zuständigen Bundesministerium auf Ersuchen Informationen über die von ihnen durchgeführten Heimkontrollen liefern, damit das zuständige Bundesministerium seine Berichtspflicht gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes erfüllen kann. Die Landräte und Bürgermeister der Kreise und kreisfreien Städte haben auch diese Mehrbelastung ihrer Verwaltung - ohne eine wie auch immer geartete Unterstützung seitens der Landesregierung - schultern müssen.

Unser Informationsbedarf hinsichtlich der Praxis in der Heimaufsicht und der Durchführung der Fachaufsicht durch die Sozialministerin ist groß. Ich hatte deshalb schon am 5. April dieses Jahres eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Die Landesregierung hat diese Anfrage nur unvollständig beantwortet und dazu erklärt, sie könne sich zu den nicht beantworteten Fragen in der ihr für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht äußern. Daraufhin haben wir am 16. Juni diesen Jahres beantragt, die Landesregierung möge in der 45. Tagung einen entsprechenden Bericht erstatten. Dieser Antrag ist in der letzten Landtagtagung als Dringlichkeitsantrag eingebracht worden. Er hat jedoch nicht die notwendige Mehrheit gefunden und war daher als Drucksache 15/3515 wieder auf die heutige Tagesordnung gesetzt worden. Wir haben diesen Antrag zurückgezogen und werden jetzt die ganze Angelegenheit zum Gegenstand einer Großen Anfrage machen, die demnächst eingereicht werden wird. Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung diese Anfrage rechtzeitig bis zur 48. Tagung beantworten wird.

(Klaus-Dieter Müller [SPD]: Wenn sie recht- zeitig vorgelegt wird!)

- Ja, mein lieber Herr Müller, ich habe offensichtlich ein bisschen Pech mit meinen Papieren. Ich bin aber zuversichtlich, das übt sich hin.

(Holger Astrup [SPD]: Wir haben ja noch ein bisschen Zeit, Frau Kollegin!)

- Ja, ich hoffe auch. Wenn Sie mir dabei dann helfen und wir alle gutwillig sind, dann kriegen wir das schon hin. Die Inhalte mache ich dann, Sie machen das mit dem Papier, dann kann nichts mehr passieren.

(Beifall und Heiterkeit - Glocke des Präsi- denten)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das ist mein letzter Satz. Ich wollte mich für Ihre Aufmerksamkeit und für die konstruktive Mithilfe bedanken und bitte um Ausschussüberweisung.

(Zurufe)

- Wenn dann der Antrag irgendwann kommt.

(Beifall und Heiterkeit)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Kolb das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier über ein sehr sensibles Thema und ich möchte davon ausgehen, dass wir das nicht zu einem Gegenstand werden lassen, der in das Getriebe der Fraktionen oder des Wahlkampfes kommt. Uns allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, vereint doch eines: Wir wollen grundsätzlich eine gute Pflege und bessere Pflegebedingungen, Pflegepersonal, das Spaß an seinem Beruf hat, und Bewohner in Pflegeeinrichtungen, die keine Angst davor haben müssen, schlecht gepflegt zu werden. Angesichts der in den vergangenen Monaten festgestellten Missstände in der Pflege hat die Sozialministerin jetzt die Flucht nach vorn angetreten und mit dem Konzept „PflegePlus“ eine neue Offensive für die Pflege gestartet. Diese Initiative soll Solidarität stiften und Lebensqualität im Alter fördern. Das sind Ziele, deren Erreichung wir alle ohne Wenn und Aber unterstreichen werden und unterstreichen können.

(Beifall bei der FDP)

Auf dem Weg dorthin bietet das Konzept „PflegePlus“ mit seinen fünf Handlungsfeldern allerdings nicht viel Neues. Die bereits im Jahr 2000 vorgestellte Pflegequalitätsoffensive der Landesregierung beinhaltet die in dieser Woche als neu verkauften Inhalte bereits vollständig. Der kleine Unterschied zu damals ist allerdings, dass die Sozialministerin künftig auf die so genannten 1-€-Jobs des Hartz-IV-Konzeptes baut, um Langzeitarbeitslose und arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger sinnstiftend im sozialen Bereich einsetzen zu können. Wie das praktisch alles umgesetzt werden soll, wird erst einmal nicht verraten.

Meine Damen und Herren, die Problematik um die DRK-Pflegeeinrichtungen haben zuletzt ganz offen gezeigt, dass das gravierendste Problem die Personalausstattung vieler Pflegeeinrichtungen ist und künftig auch bleiben wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Es ist ein offenes Geheimnis, dass für Schwerstpflegebedürftige - und diese Personengruppe ist es, die in diesen Einrichtungen besonders stark vertreten ist - ein anderer Personalschlüssel erforderlich ist, als er derzeit vorgeschrieben ist. Daraus resultieren im Wesentlichen die unzumutbaren Arbeitsbedingungen der Pflegerinnen und Pfleger und letztendlich auch die mangelnde Pflegequalität in einigen Einrichtungen.

Das Ergebnis des Modellversuchs PLAISIR hat gezeigt, dass in den stationären Einrichtungen ein durchschnittlicher Personalmehrbedarf von etwa 15 % besteht, um den Pflegebedarf abzudecken. Nach PLAISIR kommen auf eine Pflegeperson rund 2,08 Pflegebedürftige. Der derzeitige Pflegeschlüssel in Schleswig-Holstein liegt jedoch bei 1:3,4. Woher dieses professionelle Pflegepersonal dann kommen soll, wenn bereits jetzt zu wenig Pflegekräfte da sind, kann nicht allein durch mehr Freiräume der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantwortet werden, die künftig weniger bürokratische Anforderungen im Bereich der Pflegedokumentation zu erfüllen haben, wenngleich wir das natürlich begrüßen.

(Beifall bei der FDP)

Vor diesem Hintergrund hilft es auch wenig, sich von der Schaffung so genannter 1-€-Jobs, zusätzlicher Plätze im Freiwilligen Sozialen Jahr oder gar durch so genannte Ich-AGs eine große Entlastung zu versprechen. Auch die angekündigten Bezuschussungen von zusätzlich 150 Ausbildungsplätzen sind bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn die Anforderungen von PLAISIR tatsächlich umgesetzt werden sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um es klarzustellen, die FDP-Fraktion fordert seit vielen Jahren, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zu hohen bürokratischen Anforderungen in der Pflege befreit werden. Es muss endlich dem Pflegepersonal die Chance gegeben werden, sich mit den Menschen zu beschäftigen und nicht mit der Verwaltung. Wenn wir aber mehr Menschen und dazu mehr ausgebildetes Personal in der Pflege einsetzen wollen, müssen wir die Ausbildung in dem sehr anspruchsvollen Beruf der Altenpflege in Schleswig-Holstein künftig besser planen.

Ich vermisse eine strukturierte Planung der Landesregierung, wie diese Ausbildungsmöglichkeiten künftig sichergestellt werden sollen. Wurde der Bedarf an künftigen Ausbildungsplätzen und Ausbildungsmöglichkeiten bei den verschiedenen Einrichtungen in Schleswig-Holstein jemals abgefragt? Ich habe davon nichts hören können. Inwieweit hat darüber hinaus