Drittens. Ich begrüße nicht, dass der durchschnittliche Bullenmastbetrieb nahezu 60 % seiner jährlichen Prämie verliert.
Viertens. Ich begrüße nicht, dass durch die erhebliche Verunsicherung über die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe in Schleswig-Holstein nicht mehr investieren.
Fünftens. Ich begrüße nicht, dass die neue Agrarreform den Strukturwandel rasant beschleunigt und Tausende Betriebe zur Aufgabe zwingt.
Zur Klarstellung, Herr Wodarz: Die EU-Agrarreform können wir nicht zurückdrehen. Das wissen wir alle. Wir werden damit leben müssen. Die CDU hat dennoch den Mut, die Auswirkungen deutlich zu machen, und zeigt damit mehr Verantwortung als alle anderen agrarpolitischen Schönredner hier im Lande. Ich will die Agrarreform nicht verteufeln. Sie hat auch einige Seiten, die in die richtige Richtung gehen. Aber mit jedem Euro, der künftig aus Brüssel nicht mehr bei uns ankommt, geht unserer Wirtschaft ein Stück Wirtschaftskraft gerade im agrarpolitischen Bereich bei den Landwirten verloren.
Das geht uns alle an. Schleswig-Holstein befindet sich nicht in der Situation, auf Mittelzuflüsse verzichten zu können. Dies gilt auch, wenn die Mittel unserer Landwirtschaft zugute kommen. Rot-Grün hat bereits die Agenda 2000 begrüßt, die der Landwirtschaft schmackhaft gemacht wurde mit der Behauptung, damit erhalte sie langfristige Planungssicherheit. Ich erinnere nur an die Halbzeitbilanz, die wir hinter uns haben. Man spricht schon von einer neuen Halbzeitbilanz 2009 und damit sind insbesondere jüngeren Landwirten keine Planungssicherheiten gegeben.
Jetzt wird alles über den Haufen geworfen und alles um 180 Grad gedreht. Die nächste Halbzeitbilanz wird kommen. Wiederum befindet sich die Landwirtschaft in einer unsicheren Zwischenphase, die eine langfristige Planungssicherheit nicht zulässt. Das alles begrüßen wir im Gegensatz zu Rot-Grün nicht. Die Landwirtschaft hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie in der Lage ist, auf Veränderungen flexibel zu reagieren. Darauf vertrauen wir und dafür sind die Landwirte auch bekannt.
Wir werden den SPD-Antrag, wie er hier von Herrn Wodarz vorgetragen worden ist, aus den von mir genannten Gründen ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was für ein Antrag! Nachdem sich die geschätzten Kollegen der rot-grünen Regierungskoalition noch Ende Mai den Mund darüber zerrissen haben, dass die FDP einen Antrag zur Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik in der EU eingebracht hatte, soll der Schles
wig-Holsteinische Landtag heute die inzwischen in Berlin gefällten Entscheidungen begrüßen beziehungsweise bedauern frei nach dem Motto: Wir können zwar nichts mehr machen, aber wir reden darüber.
Seit Anfang Juli ist doch alles gelaufen. Die besonderen Interessen der schleswig-holsteinischen Landwirte sind verkauft. Keiner von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, geschweige denn der grüne Umwelt- und Landwirtschaftsminister haben sich dafür ins Zeug gelegt, mehr für die schleswig-holsteinischen Landwirte herauszuholen als das, was in Berlin jetzt beschlossen worden ist.
Kollege Ehlers nannte eben beispielsweise die 18 Millionen €, die zukünftig weniger nach Schleswig-Holstein fließen werden. Im Gegenteil, hätte es den Vermittlungsausschuss nicht gegeben, sähe die Sache noch schlimmer aus. Was also soll heute das Nachklappen? Statt aktiv und gestaltend an Entscheidungsfindungen mitzuwirken, die ohne Frage von vielen Vorgaben aus Brüssel und Berlin überschattet sind, sollen wir uns jetzt zum Pfötchengeber für bereits getroffene Entscheidungen degradieren. Was haben Sie von Rot-Grün eigentlich für ein Parlamentsverständnis? Haben Sie sich wirklich schon so weit aus der aktiven Politik verabschiedet, dass es zu mehr als kraftlosen Reaktionen nicht mehr reicht? Vielleicht ist es aber auch nur der schlichte Versuch als Regierungsfraktion, auch einmal EU-Agrarpolitik auf die Tagesordnung gebracht zu haben, noch dazu - und ich hoffe, ich beleidige damit niemanden aus der Landwirtschaft - bauernschlau mit Formulierungen, die auch wir inhaltlich nicht ablehnen.
Beispiel Entkoppelung - das ist der Punkt zwei in Ihrem Antrag -: Es ist Ihnen allen bekannt, dass die FDP bereits im Jahre 2001 auf ihrem Bundesparteitag einstimmig das Konzept der Kulturlandschaftsprämie beschlossen hat. Im Mittelpunkt dieses FDPModells steht die Entkoppelung der Prämien von der Produktion. Mit der Einigung im Vermittlungsausschuss zur Umsetzung der EU-Agrarreform wird das FDP-Modell einer Kulturlandschaftsprämie in Deutschland Wirklichkeit. Das könntest du dann auch einmal zur Kenntnis nehmen, Fritz. Damit hat die FDP den Grundstein für eine stärker unternehmerisch und marktwirtschaftlich orientierte Landwirtschaft gelegt. Natürlich begrüßen wir deshalb auch inhaltlich die mit der zukünftigen Entkoppelung entstehenden Freiräume für die Landwirte. Das habe ich schon einige Male in diesem Plenum gesagt.
Aus Sicht der FDP konnten darüber hinaus im Vermittlungsausschuss auch Verbesserungen für die Vieh haltenden Betriebe durchgesetzt werden. Insbesondere die Verabschiedung der Umverteilung der Prämien von 2007 auf das Jahr 2010 eröffnet Spielräume, damit sich die Landwirtschaft angemessen an die geänderten gesellschaftlichen Erfordernisse anpassen kann. Weitere Hilfen für die benachteiligten Grünlandbetriebe stehen über die Verwendung der Modulationsmittel bereit. Vor dem Hintergrund der skandalösen Erfahrungen mit den so genannten Bauernspionen ist es uns außerdem wichtig, dass die Einvernehmensregelung mit dem Bundesumweltministerium zur Umsetzung von Umweltauflagen gestrichen wurde. Die EU-Vorgabe bei Cross Compliance muss nunmehr wettbewerbsneutral so in nationales Recht umgesetzt werden, dass die Landwirtschaft nicht durch zusätzliche Standards für Umwelt-, Natur- und Tierschutz belastet wird. Es muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass die Cross-ComplianceMittel in der Region verbleiben und nicht zurück nach Brüssel gehen.
Sie können versichert sein, dass wir ein besonderes Augenmerk darauf haben werden, dass die im Vermittlungsausschuss gefundenen praxisgerechten Regeln nicht nachträglich unterlaufen werden. Gleichwohl bleibt der Antrag eine Farce. Wie viel hätten wir erreichen können, wenn sich der Landtag im Weg aktiv gestaltender Politik für die Chancen der Landwirte in Schleswig-Holstein eingesetzt hätte! Stattdessen alles ohne Aussprache, die Anträge der Opposition abgebügelt, dafür heute müde kraftlose Begrüßungsbekundungen. Das ist nicht das Politikverständnis der FDP. Deshalb lehnen wir diesen Antrag, wie er hier vorliegt, ab.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Am 9. Juli 2004 haben Bundesrat und Bundestag dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses mit großer Mehrheit zugestimmt. Damit ist die große Agrarreform der Europäischen Union in Deutschland und auch in Schleswig-Holstein umge
Das wichtigste Element der Reform ist die Entkoppelung der öffentlichen Transferleistungen und der Agrarprämien von der Produktion. Butterberge, Milchseen und überfüllte Kühlhäuser sollte es in Zukunft kaum noch geben, wurden die Überproduktionskrisen doch zumeist durch Agrarsubventionen ausgelöst.
Mit der Entkoppelung wird endlich ein Schlussstrich unter eine völlig fehlgeleitete Agrarpolitik gezogen, die im Wesentlichen der CDU/CSU zuzuschreiben ist, auch wenn in der agrarpolitischen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mitunter ein FDPMinister das Sagen hatte. Diese Geschichte war von der Marktwirtschaft so weit entfernt wie der Papst vom Heidentum.
Gleichzeitig war diese Politik praktisch direkt vom Bauernverband und seinen Funktionären geprägt. Die Verquickung zwischen Spitzenfunktionären des Bauernverbandes, diversen Aufsichtsrats- und anderen Funktionen in Chemie, Maschinenbau, Verarbeitung und Banken sowie einem festen Sitz im Bundestag war die typische personelle Umsetzung der Agrarpolitik der CDU, die dabei nicht müde wurde, den armen, kleinen, schwer arbeitenden Bauern zur Durchsetzung von Lobbyinteressen vorzuschieben.
Im Kleinen können wir die Kontinuität dieser Mischung auch hier im Landtag Schleswig-Holstein beobachten. Bezeichnenderweise hat von der Opposition - insbesondere von der CDU - bisher auch niemand gesagt: Wir finden die Entkoppelung gut. Eine solche Botschaft hätte ich mir von der CDU heute endlich einmal gewünscht.
Nein, die Entkoppelung wird zähneknirschend akzeptiert, weil dagegen einfach nicht zu argumentieren ist.
Mit der großen Agrarreform ist eine Wende weg von produktbezogenen Subventionen und hin zu mehr Markt durch Entkoppelung sowie zum vom Kollegen Fritz Wodarz erwähnten Cross Compliance, also der Einhaltung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen als Voraussetzung, in Zukunft weiterhin öffentliche Transferleistungen beziehen zu können, eingeleitet worden.
Die Einhaltung der Vorschriften in ganz Europa beseitigt auch marktverzerrende Unterschiede im innereuropäischen Wettbewerb durch die unterschiedliche
Handhabung der Umsetzung und Kontrolle der Vorschriften. Der hohe Ausbildungsstand und die gute fachliche Praxis in den Betrieben in SchleswigHolstein kombiniert mit einer vorhandenen guten Verwaltung machen mich optimistisch, dass wir in unserem Lande keine größeren Probleme mit dem Cross Compliance haben werden. Es soll nicht zu einer Verschärfung von nationalen Regelungen kommen. Dafür besteht auch keine Notwendigkeit. Wir konzedieren der CDU und der FDP ihre Forderungen und haben sie in unseren Antrag aufgenommen. Diesen Antrag haben wir im Agrarausschuss intensiv erarbeitet. Viele dort diskutierte gemeinsame Standpunkte finden sich hier wieder. Darum konnte der Kollege Hildebrand auch nicht anders: Er hat alle Einzeldinge begrüßt. In toto musste er aber ablehnen, weil er nun einmal auf der anderen Seite hier im Hause sitzt.
Der Verwaltungsaufwand für Cross Compliance wird natürlich steigen, an anderer Stelle wird er aber deutlich sinken, weil durch die Entkoppelung Mutterschaf-, Extensivierungs-, Bullensonder-, Mais-, Ölsaaten-, Schlachtprämien und wie sie alle heißen und damit auch der administrative Aufwand der Prüfung und Antragsbearbeitung wegfallen.
Insgesamt ergeben sich aus der neuen Agrarpolitik Vorteile für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie des Umwelt- und des Tierschutzes. Das begrüßen wir sehr.
Durch die Schieflage in der bisherigen produktbezogenen Förderung haben sich große Unterschiede in der Höhe des Prämienvolumens etabliert, das bei den einzelnen Betrieben ankommt. Benachteiligte des Systems waren vor allen Dingen die Grünlandbauern. Das soll jetzt schrittweise beendet werden. Wir begrüßen daher, dass sich das so genannte Betriebsmodell - vom Bauernverband und von der CDU gefordert - nicht durchgesetzt hat; denn danach wäre alles beim Alten geblieben.
Mit dem Kombinationsmodell wurde ein Übergangsmodell mit der Perspektive einer gleichen Flächenprämie für alle Betriebsarten in der Zukunft gewählt. Nicht gut dabei ist jedoch, dass die Benachteiligung des Grünlandes erst ab 2010 wirklich abgebaut sein wird. Wir haben uns gewünscht, dass dies sehr viel schneller geschieht. Dies konnten wir in den Verhandlungen leider nicht durchsetzen. Daher sollte die Landesregierung von den Flexibilisierungsoptio
Vielleicht noch eine Petitesse am Rande, wenn es öffentlich auch kaum bemerkt wurde: Die Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg ist auch im Agrarbereich vorangekommen. Beide Länder haben ihre Kooperation ausgebaut und sich zu einer Prämienregion zusammengeschlossen. Und das ist gut so. Nebenbei wird die schleswig-holsteinische Stimme bei den Verhandlungen durch den Hamburger Anteil gestärkt. Das war taktisch außerordentlich klug von unserem Landwirtschaftsminister Klaus Müller.
Der Weg in die neue Agrarpolitik ist nicht leicht. Wir haben die erweiterte Modulation und die Vorschriften des Cross Compliance umzusetzen. Aus der Sicht der Verbraucher stellt diese Reform im Ergebnis einen großen Fortschritt dar. Sie bietet gerade den unternehmerisch handelnden Landwirten in SchleswigHolstein neue Chancen.