Protocol of the Session on August 25, 2004

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Ich sage Ihnen: Sie sind in solchen Dingen, was Dreistigkeit angeht, richtig Spitze. Das ist wie bei Hartz IV. Im Vermittlungsausschuss jede Gemeinheit gegen Arbeitslose fordern, aber dann - wie Herr Milbradt - an der Spitze der Montagsdemonstrationen mitgehen. Das ist Ihre Methode.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ist es konsequent, wenn Herr Böhr - den kennt zwar keiner -

(Zurufe von der CDU)

stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU, der Bundesregierung die Verantwortung für mögliche Steuermindereinnahmen in die Schuhe zu schieben versucht. Ich sage Ihnen: Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Erst mit dem Regierungswechsel 1998 haben wir solidarische Steuerregelungen im Steuerrecht verankert.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Wiegard [CDU])

Nach dem vorläufigen Ergebnis der aktuellen Körperschaftsteuerstatistik haben die Unternehmen Verluste von 284 Milliarden €, die sie vor sich herschieben. Dieses unseriöse Abschreibungsbegehren von Vodafone verdeutlicht mehr als alles andere, dass wir ein sozial gerechteres und einfacheres Steuersystem brauchen. Einzelne Großunternehmen oder bestimmte Strukturen dürfen nicht weiter bevorzugt werden, unberechtigte Privilegien müssen auf den Prüfstand, Bemessungsgrundlagen müssen anders ausgestaltet werden und wir müssen das in der EU insgesamt koordiniert tun. Positive Beispiele - die gibt es ja auch - können Sie beispielsweise bei Airbus sehen, wo sich vier nationale Steuerbehörden verständigt haben, wie man so etwas macht. Ich bin mir sicher, dass die Düsseldorfer Finanzbehörden die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen auch vernünftig und konsequent prüfen werden.

Falls diese groteske Entwicklung aber nicht zu stoppen ist, bevor dann unsere Steuerkonzeptänderung beschlossen sein wird, glaube ich, dass solche Anträge wie der heutige in die richtige Richtung führen.

Ich möchte Ihnen noch sagen, lieber Herr Wiegard: Sie waren hier so unvorsichtig, gegenüber Herrn Neugebauer von der Kreisklasse zu reden. Raspo Elmshorn spielt wenigstens in der Oberliga, die CDU

Elmshorn war wirklich Kreisklasse, Herr Wiegard. Dieser Antrag geht in die richtige Richtung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf die Gelegenheit nutzen, die Damen und Herren des Ortsvereins Büchen ganz herzlich hier bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag zu begrüßen.

(Beifall)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Finanzminister Dr. Stegner, über den Bekanntheitsgrad von Unionspolitikern würde ich mir an Ihrer Stelle keine Sorgen machen. Ich würde mir an Ihrer Stelle Sorgen um Ihren Bekanntheitsgrad machen. Der ist, wie man am Samstag lesen durfte, nicht allzu hoch ausgeprägt, was ich aber nach diesem Redebeitrag irgendwie verstehen kann.

Herr Minister Stegner, ich gebe Ihnen Recht, es mag nicht alles legitim sein, was legal ist. Was mich aber hier noch einmal nach vorn getrieben hat, war, mit welchem Engagement und mit welchen Tränen in den Augen Sie hier die Belastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgetragen haben. Das mag so sein und moralisch - das habe ich am Anfang gesagt - mag man den einen oder anderen Satz des Kollegen Neugebauer durchaus verstehen und nachvollziehen. Ich finde es aber geradezu heuchlerisch, wenn Sie sich hier hinstellen, die Praxis bei Vodafone anklagen und dabei verschweigen, dass es Bundesfinanzminister Eichel war, der durch künstlich in die Höhe getriebene Telekom-Kurse - in Kürze hochgetriebene, so war Ihre Formulierung - ganz mächtig davon profitiert hat. Da möchte ich doch wissen, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie lange dafür arbeiten müssen. Wenn Ihre Truppe davon profitiert, dann ist das in Ordnung. Wenn andere genau dasselbe machen, sich nämlich nach Recht und Gesetz verhalten, dann wird das moralisch hier so angeprangert, wie Sie das tun. Dieses Messen mit zweierlei Maß finde ich unmoralisch, sehr geehrter Herr Dr. Stegner. Im Übrigen werden wir, was Hartz IV anlangt, auf Ihre Doppelmoral morgen noch zu sprechen kommen. Darauf freue ich mich.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will kurz auf zwei Einwände eingehen, die hier nicht so stehen bleiben sollen. Kollege Neugebauer hat ausgeführt, wir hätten den Dringlichkeitsantrag im Juni abgelehnt, weil wir noch Bedenkzeit zum Inhalt des Antrages brauchten. Das war schon ein bisschen weit hergeholt, lieber Günter Neugebauer. Wir haben die Dringlichkeit abgelehnt, weil die Dringlichkeit zweieinhalb Jahre her ist, weil es um eine - -

(Zurufe von der SPD)

- Entschuldigung: „Ziel ist es zu verhindern, dass sich… Vodafone durch die ungerechtfertigten Teilwertabschreibungen künstlich arm rechnen kann.“ Dieser Antrag zur steuerlichen Erklärung von Vodafone stammt aus dem ersten Halbjahr 2002 für das Jahr 2001. Er war also zum Zeitpunkt Ihres Dringlichkeitsantrags schon zwei Jahre alt. Deshalb haben wir die Dringlichkeit erstens abgelehnt.

Zweitens haben wir die Dringlichkeit auch in der Sache und auch heute noch nicht für notwendig befunden, weil der Sachverhalt inzwischen geklärt ist. Eigentlich haben das ja Herr Stegner und Sie selbst und alle anderen auch zugegeben. Sie haben aber immer noch ein bisschen versucht, für sich daraus positive Punkte zu entwickeln. Da muss ich Ihnen sagen: Steueränderungsgesetz 1999 mit der Folge, dass wir in den beiden Jahren darauf in SchleswigHolstein 370 Millionen Steuermindereinnahmen hatten, in Deutschland über 40 Milliarden; Steueränderungsgesetz 2002, Steueränderungsgesetz 2003: Wissen Sie, wenn Sie Ihren Antrag überschrieben hätten „Konsequenzen aus rot-grüner Steuerpolitik ziehen“, wären wir sofort dabei, denn was Sie inzwischen in Deutschland an Steuerchaos angerichtet haben, geht auf keine Kuhhaut.

(Beifall bei CDU und FDP)

Hier geht es darum, dass wir Verlässlichkeit hineinbringen. Deshalb haben wir eine Diskussion über die steuerpolitischen Vorschläge der Union in Deutschland. Herr Stegner und Frau Simonis haben dazu auch ein paar Vorschläge gemacht, aber die will offensichtlich keiner hören. Ich wundere mich, dass Sie drei Monate nach der Vorlage der Steuerkonzepte von Herrn Stegner hier offensichtlich schon eine Nachbesserung dieser unzureichenden Steuerkonzepte verlangen. Sie bewegen hier alte Hüte. Sie gehen

nicht in die Zukunft, sondern wir müssen eine Steuerpolitik in die Zukunft machen. Da verweisen wir auf unsere Vorschläge: einfacher, gerechter und auch an der Leistung gemessen. Das ist das Notwendige, was wir tun müssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann darf ich fragen, wie zu verfahren ist. Soll Ausschussüberweisung erfolgen oder in der Sache abgestimmt werden?

(Rainer Wiegard [CDU]: Was soll das denn? - Zurufe: In der Sache!)

- In der Sache.

(Rainer Wiegard [CDU]: So einen Quatsch kann man doch nicht in den Ausschuss ü- berweisen!)

- Es gibt immer noch die Möglichkeit, sich nach der Geschäftsordnung zu melden, sofern man den Dreiminutenbeitrag nicht verbraucht hat. Ansonsten bitte ich, dass der Dialog über die Freigrenze hinweg hier unterlassen wird.

Wir haben keinen Antrag auf Ausschussüberweisung. Der ginge nämlich der Abstimmung in der Sache vor. Wir stimmen also nur in der Sache ab.

Wer dem Antrag „Konsequenzen aus VodafoneAbsichten“ der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/3524 (neu) in der Sache seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung des Abgeordneten Greve angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 9 ist damit erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 23. Ich will darauf hinweisen, dass die für die Beratung insgesamt angemeldete Redezeit 35 Minuten beträgt. Wir werden also in die Mittagspause hinein beraten müssen. Ich sage das nur für die Planung der einzelnen Abgeordneten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Veräußerung der Kommanditanteile an der GmbH & Co. KG NordwestLotto Schleswig-Holstein

Antrag der Landesregierung Drucksache 15/3439

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/3467

Ich weise darauf hin, dass eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses noch nicht vorliegt. Die Vorsitzende des Finanzausschusses beabsichtigt, dem Plenum einen mündlichen Zwischenbericht zu erstatten. Deswegen erteile ich zunächst der Berichterstatterin des Finanzausschusses, der Frau Abgeordneten Kähler, das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Landtag im Mai in erster Lesung über die geplante Veräußerung von NordwestLotto debattiert hatte, hat sich der Finanzausschuss im Juni mit den Anträgen der Landesregierung und der FDP befasst und sich in seiner ersten Sitzung nach der parlamentarischen Sommerpause darauf verständigt, eine Beschlussempfehlung an den Landtag zur August-Tagung zu verabschieden. Von der Möglichkeit der Landesregierung, zur Veräußerung von NordwestLotto Fragen zur schriftlichen Beantwortung über die Sommerpause zu stellen, haben die Fraktionen keinen Gebrauch gemacht, zumindest nicht bis gestern Abend oder heute Morgen, wie mir auf Nachfrage noch einmal versichert wurde.

Weil die Beratung über den Gesetzentwurf der Landesregierung über in öffentlicher Trägerschaft veranstaltete Lotterien und Sportwetten, dessen Verabschiedung Grundlage für die beabsichtigte Transaktion ist und zu dem der federführende Innen- und Rechtsausschuss schriftliche Stellungnahmen eingeholt hat, noch nicht abgeschlossen ist, hat der Finanzausschuss letzte Woche vereinbart, die Beschlussfassung über die Anträge und das Lotteriegesetz auf die nächste Sitzung zu vertagen. Die Vorlagen sollen zusammen in der September-Tagung des Landtages in zweiter Lesung verabschiedet werden.

Nichtsdestotrotz bittet der Finanzausschuss den Landtag, an der in dieser Tagung, also heute, vorgesehenen Debatte über die beabsichtigte Veräußerung von NordwestLotto festzuhalten. In der Sitzung am letzten Donnerstag hat der Ausschuss die Thematik auf der Grundlage vertraulicher Unterlagen des Finanzministeriums und des Landesrechnungshofs sowie eines ausführlichen mündlichen Berichts des Finanzministers erörtert. Auf Wunsch des Finanzausschusses hat Minister Stegner zugesagt, dem Ausschuss seinen Bericht in schriftlicher Form nachzureichen.

Mit dem Umdruck 15/4833 liegt Ihnen der Bericht des Ministers seit heute Morgen vor. Den Ausführungen zur inhaltlichen Debatte, die wir letzten Donners

tag geführt haben, möchte ich als Ausschussvorsitzende nicht vorgreifen. Lieber wäre es mir, jetzt in die Debatte einzusteigen. Herr Präsident, ich weiß nicht, wie jetzt weiter verfahren werden soll. Ich bin die nächste Rednerin für meine Fraktion. Ich könnte also eigentlich hier vorne stehen bleiben. Das Präsidium muss das aber entscheiden.

(Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Wir machen keine Bewegungsvorgaben. Zunächst gibt es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Herr Kollege Dr. Garg.

Herr Präsident! Ich beantrage, dass wir zunächst den Bericht des Ministers hören, der uns zugesagt wurde, und danach in die Debatte eintreten.

(Holger Astrup [SPD]: Das macht Sinn!)

Ich stelle das Einvernehmen der Mitglieder des Hauses fest, dass zunächst Herr Finanzminister Dr. Stegner den Bericht mündlich vorträgt, der einigen Mitgliedern mit dem Umdruck wahrscheinlich schon schriftlich ausgehändigt worden ist.