Jetzt wieder auf Deutsch: Ich habe keine weiteren Wortmeldungen und schließe daher die Beratung. Ein Antrag ist auf Überweisung des Berichts an den Europaausschuss zur abschließenden Beratung gestellt worden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wir verfahren so.
Bericht zur Förderung der deutschen Minderheit in Nordschleswig Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/3503
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit diesem Antrag wird in dieser Tagung ein mündlicher Bericht erbeten. Ich lasse zunächst über diesen Berichtsantrag abstimmen. Wer diesem Berichtsantrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Wir haben einstimmig so beschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jürgen Habermas, der heute 75 Jahre alt wird, hat mit seiner Theorie des kommunikativen Handelns die Kommunikation als mögliche Quelle der Vernunft bezeichnet. Dies funktioniert jedoch nach Habermas nur dann, wenn diese Prozesse vernunftorientiert organisiert werden. Das gelingt uns sicherlich nicht immer. Es gelingt uns bisher aber immerhin meistens bei der schleswigholsteinischen Minderheitenpolitik, denn die Politik für Minderheiten ist nicht nur eine geschichtliche Verpflichtung. Die gute Integration von Minderheiten in Schleswig-Holstein und der deutschen Minderheit in Dänemark
ist auch das Ergebnis eines parteiübergreifenden Konsenses über die Bedeutung dieser Politik. Sollten wir das je vergessen, so würden uns notfalls der SSW oder Renate Schnack daran erinnern.
Schleswig-Holstein ohne den gemeinsamen Lebensraum der Volksgruppen in Schleswig wäre nicht Schleswig-Holstein. Alles, was wir kommunizieren, so fordert Habermas, muss auch begründbar und kritisierbar sein. So will die FDP mit ihrem Antrag vielleicht gar nicht den Konsens verlassen, sondern vielmehr der Maßgabe des zitierten Philosophen entsprechen. Dieses angenommen, will ich versuchen, Licht in die Zukunft der Förderung der deutschen Volksgruppe Nordschleswig zu bringen.
Ihr Antrag bezieht sich auf die Fragen des Vermittlungsausschusses und des Prozesses im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück aus dem März 2003. Diese haben die allgemeinen parteiübergreifenden Forderungen nach Subventionsabbau konkretisiert und eine umfangreiche Liste von Kürzungsvorschlägen im Bereich steuerlicher Vorschriften sowie bei unmittelbaren Finanzhilfen des Bundes vorgelegt, die wenig differenzierte dreistufige lineare Kürzungen vorsah. Auch für die Förderung der Nordschleswiger hätte dies eine Kürzung der Bundesmittel um zunächst 6, dann 8 und um 12 % bedeutet.
Im Vermittlungsausschuss wurden diese Vorschläge beraten. Es wurde versucht, so wenig wie möglich Ausnahmeregelungen und Sonderregelungen zuzulassen, weil dies - ähnlich wie bei der europäischen Verfassung - das gesamte Paket infrage gestellt hätte. Wir alle wissen, wie nötig der Subventionsabbau ist. Wir alle reden davon. Wenn es darum geht, ihn auch wirklich zu machen, sind wir unterschiedlich mutig. Darüber haben wir uns an anderer Stelle schon unterhalten.
Wichtig ist jedenfalls: Man konnte nicht viele Ausnahmen machen. Dennoch hat sich die schleswigholsteinische Landesregierung im Vorfeld des Vermittlungsausschusses und im Vermittlungsausschuss selbst - ich war das selbst - ausdrücklich und ergebnisorientiert dafür eingesetzt, die vorgesehenen Kürzungen bei der deutschen Volksgruppe herauszunehmen. Wir haben dann - das gehörte für mich zur strategischen Klugheit dazu - den Hamburger Bundestagsabgeordneten Ortwin Runde dafür gewinnen können, das in der Runde offiziell anzusprechen, weil es die Durchsetzungsfähigkeit erleichtert, wenn das nicht jemand aus dem eigenen Land macht. Wir hatten auch allerlei andere Dinge vorgeschlagen. Wir
haben dann vereinbart, dass es eine politische Verständigung darüber gibt, dass diese Kürzungsabsicht - ebenso wie die vorgesehene Kürzung bei der Stiftung für das sorbische Volk in Sachsen - nicht weiterverfolgt wird. Ich habe das auch kommuniziert.
Im Vermittlungsausschuss erreicht man solche Dinge über kluges und diskretes Handeln, nicht über die öffentlichen Lautsprecher der Herren Austermann und Koppelin, die übrigens beide nicht dem Vermittlungsausschuss angehören. Der tagt vertraulich. Insofern wissen die beiden Herren gar nicht, was dort gesprochen wird.
Dennoch tauchte die Kürzungsabsicht von 474.000 € im März zunächst wieder auf einer Einsparliste des Bundesfinanzministeriums auf, sodass ich in einem Brief an den zuständigen Staatssekretär auf diesen Fehler hinweisen musste. Herr Diller hat unabhängig von unserer Einigung auf die Möglichkeiten des Bundesinnenministeriums verwiesen, in begründeten Einzelfällen Umschichtungen vorzunehmen. Deswegen habe ich sowohl die SPDBundestagsfraktion als auch die Mitglieder des Vermittlungsausschusses erneut auf diese Problematik hingewiesen. Mir wurde noch mal bestätigt, dass das unsere Vereinbarung war. Mittlerweile hat mir der Staatssekretär des Innern - ich habe den Brief mit - zugesichert, er werde für eine entsprechende Änderung im Vollzug sorgen. Ich gehe also davon aus, dass es zu keiner Mittelkürzung kommen wird und dass dieser Ansatz auch für die folgenden Haushalte, die noch nicht aufgestellt sind, weiter trägt.
Es würde allerdings nicht schaden, wenn der Schleswig-Holsteinische Landtag und die verschiedenen Bundestagsabgeordneten über ihre Pressemitteilungen hinaus den Einsatz der Landesregierung für den Erhalt der Förderung weiter unterstützten, von dem ich davon ausgehe, dass er dem Konsens dieses Hauses entspricht.
Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht und eröffne die Aussprache. Ich erteile zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei früheren Landtagsdebatten zur Minderheitenpolitik im Grenzland ist die Ungleichgewichtigkeit der Minderheitenförderung von deutscher und von dänischer Seite zur Sprache gebracht worden. Es ist seit
langem klar, dass Dänemark hier mehr leistet als der Bund und das Land Schleswig-Holstein zusammen. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Haushaltsansätze auf deutscher Seite seit vielen Jahren unverändert geblieben sind. Sie werden ständig überrollt, während auf dänischer Seite im Laufe der letzten Jahre deutlich höhere Mittel zur Verfügung gestellt worden sind.
Was die deutsche Seite angeht, so kann man dies angesichts der Sparzwänge, die es hier seit geraumer Zeit gibt, in gewissem Maße nachvollziehen. Trotzdem bleibt es dabei: Die Minderheitenförderung beider Seiten gerät zunehmend aus dem Lot. Vor diesem Hintergrund ist auch die Diskussion über das so genannte Koch-Steinbrück-Papier zu sehen, das unter der Überschrift „Subventionsabbau im Konsens“ steht und das für einen Zeitraum von drei Jahren effektive Kürzungen vorsieht, nämlich jeweils 4 %, eben auch für die deutsche Volksgruppe in Nordschleswig.
Für 2004 ist die drohende Kürzung, die 474.000 € ausgemacht hätte, abgewendet worden. Herr Stegner hat das zutreffend dargestellt. Diese Gelder bleiben in diesem Jahr der Minderheit sicher erhalten. Das ist eine gute Nachricht. Leider gibt es auch eine schlechte Nachricht. Nach dem Koch-Steinbrück-Papier und den darauf aufbauenden Haushaltsvorlagen des Bundesfinanzministeriums geht es um einen in drei Stufen auf drei Jahre verteilten Abbau von Finanzhilfen. In den entsprechenden Haushaltsunterlagen ist klar ausgewiesen, dass die Situation 2005 und 2006 genauso wieder auf die Tagesordnung kommen wird.
Es gibt in den Haushaltsunterlagen des Bundes einen Vermerk, nachdem im Ausnahmefall eine solche Kürzung durch interne Umschichtungen im jeweiligen Einzelplan des Bundeshaushaltes abgewendet werden kann. Im Klartext heißt das: Es wird in den beiden kommenden Jahren - 2005 und 2006 - wieder um jeweils eine Einzelfallentscheidung gehen, ob man wieder so wie im laufenden Jahr 2004 einen solchen internen Umschichtungsvorgang, also eine Ausnahmeregelung, ein zweites und drittes Mal wird erreichen können. Diese Unsicherheit schwebt nach wie vor über der deutschen Minderheit.
Weshalb - das frage ich noch einmal, Herr Dr. Stegner - war die Landesregierung nicht in der Lage, im Vermittlungsverfahren vor Weihnachten von vornherein eine Herausnahme der deutschen Volksgruppe aus dem Koch-Steinbrück-Papier zu erwirken? Wenn das schon bei einer für den Bundeshaushalt vergleichsweisen marginalen Summe von dreimal knapp einer halben Million € nicht erreicht werden konnte, muss man sich doch fragen, was für ein Fliegengewicht diese Landesregierung beim Bun
Das jährliche Gesamtvolumen des „Subventionsabbaus“ nach der Koch-Steinbrück-Liste beträgt jeweils 800 Millionen € pro Jahr. Das heißt, wir reden hier über einen Anteil, der etwa 0,6 ‰ entspricht. Da konnte jedenfalls die Regierung Simonis/Stegner im Vermittlungsausschuss keine Sicherheit und auch keine Planungssicherheit für den dort in Rede stehenden Drei-Jahres-Zeitraum durchsetzen.
Im Übrigen - das macht die Sache noch merkwürdiger - hat einer der beiden Namensgeber dieser Liste, der hessische Ministerpräsident Roland Koch, unterdessen während eines Kopenhagen-Besuchs die Erklärung abgegeben - Zitat -: Es sei nie seine Absicht gewesen, die deutsche Minderheit in Nordschleswig als Subventionsempfänger einzustufen. Das macht die Sache nun ganz eigenartig. Wenn schon einer der beiden Ministerpräsidenten das jetzt erklärt, frage ich mich, warum man dann im Vermittlungsausschuss nicht eine einvernehmliche Herausnahme der deutschen Minderheit hat erreichen können.
Und auch die Aussage, die der Pressesprecher des Landesfinanzministeriums im Dezember abgegeben hat, dass im Vermittlungsausschuss in dieser Hinsicht allgemeine Einigkeit erzielt worden sei, ist angesichts der Vorlage vom März - die Sie auch angesprochen haben - so nicht haltbar.
Meine Damen und Herren, ich muss mich jetzt etwas kürzer fassen und das abschließen. Die FDP-Fraktion erwartet von der Landesregierung einen Einsatz dafür, dass die deutsche Volksgruppe in Nordschleswig, und zwar möglichst bald, Klarheit darüber hat, dass sie so wie in diesem Jahr 2004 auch in den beiden kommenden Jahren von einer Einbeziehung in die Koch-Steinbrück-Liste ausgenommen wird, dass sie davon verschont bleiben wird.
- Herr Präsident, das ist mein letzter Satz. Ich verweise darauf, dass schon die Überrollung Jahr für Jahr praktisch angesichts der steigenden Personalkosten in Dänemark zu einem Defizit von über einer halben Million € führt, was in diesem Jahr mit Streichungen von sieben bis acht Lehrerstellen, der Schließung von zwei Kindergärten und anderen Kürzungen im Bereich der Kulturarbeit, der Bildungsarbeit der Volksgruppe verbunden ist. Das heißt, wir haben wirklich
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist in der Tat ein sehr merkwürdiger Vorgang, der hier von der FDP angesprochen wird. Da kommen einmal die beiden Ministerpräsidenten Steinbrück und Koch zusammen, um eine Streichliste für Subventionen bundesweit bindend für Bund und Länder festzulegen. Das allein bereits ist merkwürdig, andere halten ein solches Vorgehen sogar für verfassungswidrig;
das Haushaltsrecht liegt immerhin noch beim Bundestag. Merkwürdig ist auch, dass beide die staatliche Leistung an die Minderheiten als „Subventionen“ bezeichnen. Koch ist ihr Mann, Steinbrück, den ich ansonsten sehr schätze, müsste es zumindest aus seiner Zeit hier im Land besser wissen. Es sind keine Subventionen, es sind die notwendigen Hilfen für einen ganz wesentlichen positiven Faktor im Grenzland und für Europa. Die Minderheiten erbringen für uns eine wichtige Dienstleistung, nämlich die der bewussten engen Verzahnung der Nachbarnationen und -staaten. Und wir können sie nicht missen.
Merkwürdig ist aber auch ein anderer Vorgang. Nach unseren Informationen - sie mögen falsch sein - trat am 10. März 2004 der Haushaltsausschuss des Bundestages zusammen, um über die Koch-SteinbrückListe zu beraten. In dieser Sitzung wurde unter anderem der Betrag für die Minderheit mit einem Sternchen versehen. Dies bedeutete, dass der entsprechende Betrag umgeschichtet werden kann zulasten anderer Positionen, sodass das Geld dennoch ausgezahlt werden könnte. Auch soll der Parlamentarische Staatssekretär Diller ausdrücklich erklärt haben, dass im Rahmen des Haushaltsvollzugs die Mittel für die Minderheiten gezahlt werden könnten. Also: ein Schritt in die richtige Richtung. Die eigentlich folgerichtige Herausnahme des Betrages aus der Liste wäre sicherlich besser gewesen.
Nun passiert wiederum nach unserer Kenntnis - auch die mag falsch sein - etwas Merkwürdiges, nämlich
Einen Tag später wird dann die von Rot-Grün beabsichtigte Mittelkürzung bitter bejammert. Das nenne ich nun auch wieder merkwürdig, um nicht zu sagen einen freizügigen, einen gewissen laxen - böse Zungen würden sagen: liberalen - Umgang mit den Tatsachen.
Ihren Einsatz für die Minderheiten hier und heute kann ich nur begrüßen. Schön wäre es, wenn dieser Einsatz durchgehend auf Landes- und Bundesebene passieren würde. Dann wäre die eigentliche Frage nämlich nicht: Was hat die Landesregierung getan, was haben aber auch die anderen Parteien, beispielsweise die FDP, getan?