Die Abschaffung der Saldierung muss wohl ähnlich betrachtet werden. Abweichend vom Antrag halte ich die zeitweise Aussetzung - ich betone: die zeitweise Aussetzung - der Saldierung für den richtigen Weg. Ich bitte dies bei der Bewertung des Antrags zu berücksichtigen.
Darüber hinaus halte ich es für wichtig, eine bundesweite Handelbarkeit der Milchquoten zu ermöglichen. Die Milchquoten müssen zu den Grünlandgebieten gehen, dorthin, wo optimale Bedingungen bestehen und die Wettbewerbskraft langfristig Bestand hat.
Die Bemühungen der Landwirtschaft und ihrer Verbände, mit den Handelsketten zu vernünftigen Regelungen zu kommen, halte ich nicht für besonders Erfolg versprechend. Wie man in den Medien verfolgen kann, bewegt sich in diesem Bereich wenig. Der Vorschlag, durch engere Verzahnung der genossenschaftlichen Meiereien die Macht der Milchanbieter zu stärken, ist grundsätzlich richtig. Aber bis es dazu kommt, werden möglicherweise noch Jahre vergehen. Die landwirtschaftlichen Milchproduzenten haben jetzt existenzielle Probleme, auf die die Politik jetzt Antworten geben muss.
- Hör mir doch erst einmal zu! - Vertröstungen auf Lösungsvorschläge, deren Verwirklichung länger dauert, als eine Milchkuh lebt, sind in der jetzigen Situation überhaupt nicht hilfreich, ganz im Gegenteil. Es besteht durchaus der Eindruck, dass einigen Politikern diese Lage recht willkommen erscheint. Ich habe das Gefühl, dass der Staat ein starkes Interesse an einer Überproduktion in allen Bereichen hat, damit wir das Volk weiterhin zum Nulltarif ernähren, Herr Vorsitzender.
Helfen kann nur, was umsetzbar ist. Umsetzbar sind die Elemente der geltenden Milchmarktordnung. Dazu gehören die Exportförderung und Marktentnahmen. Beides kann die EU sofort umsetzen und damit kurzfristig eine Preisstützung erzielen. Die Exportförderung ist in jüngster Zeit, zuletzt im April, angehoben worden. Dies können und sollen keine Dauermaßnahmen sein.
Auch die Anwendung dieser Instrumente bedeutet Markteingriffe, die wir vom Grundsatz her ablehnen. In einem voll regulierten Markt erscheint mir aber
derzeit kein anderer Weg geeignet, eine existenzbedrohende Situation für die Landwirtschaft und insbesondere die Milchbauern abzuwehren.
In der Zielrichtung sind wir uns mit dem Obmann von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag einig. Er fordert, Angebot und Nachfrage auf einen Nenner zu bringen und die Saldierung des Bundes, der Molkereien und der Betriebe einzuschränken, bis hin zur Aussetzung der Saldierung. Im Kern beinhaltet unser Antrag genau diese Forderung. Die übrigen Elemente sind geltendes EU-Recht. Unsere Landwirtschaft braucht Sofortmaßnahmen. Deshalb bitte ich Sie, unserem Vorschlag zuzustimmen.
Wir möchten gern im Ausschuss darüber diskutieren. Deshalb beantrage ich Ausschussüberweisung in den Agrarausschuss mit der Bitte, möglichst schnell tätig zu werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der aktuelle Milchpreis ist eingebrochen. Bauern demonstrieren vor Lidl und ALDI, Bauern wollen einen Hof anzünden, ihn mit Milch löschen, um zu demonstrieren, dass Milch zurzeit billiger als Wasser sei, und die CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag stellt unverständliche Anträge.
Hinzu kommt die EU-Agrarstrukturreform, die in diesen Diskussionsmix einbezogen wird, aber in keinem sachlichen Zusammenhang steht. Ich muss dazu sagen, der Kollege Ehlers hat das nicht getan, aber seine Parteikollegen tun das leider landauf, landab. Tatsache ist, dass die Diskussion um die Probleme zeitgleich geführt wird und die CDU in der Öffentlichkeit munter in unzulässiger Weise alles miteinander vermischt.
Tatsache, lieber Peter Jensen-Nissen, ist, dass wir eine Überproduktion an Milch haben - das hat der
Kollege Ehlers richtig dargestellt -, trotz oder wegen der vorhandenen Regulierung wie Quotierung oder Saldierung. Das hat zur Folge, dass die Milchauszahlung in den letzten Jahren von netto circa 32,06 c/kg im Jahr 2001 auf circa 26 c/kg zurückgefallen ist. Das ist übrigens der Marktpreis. Kollege Ehlers sprach vom Interventionspreis.
Nun wäre es angesichts dieser Situation vielleicht konsequent, die Quoten zu reduzieren. Bauernpräsident Sonnleitner fordert zum Beispiel eine Kürzung um 5 %. Doch so einfach funktioniert es auf einem planwirtschaftlichen Markt leider nicht. Zunächst wehren sich die südlichen EU-Länder gegen eine Quotenkürzung und erreichten gemäß den so genannten Luxemburger Beschlüssen eine Erhöhung der nationalen Referenzmenge von 1,5 % für das Jahr 2006 - gegen den Willen der Bundesregierung, deren Position auch wir, Minister Müller, unterstützen. Außerdem führt nach Einschätzung der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle, der ZMP, eine Kürzung zu einem erhöhten Quotenpreis und zu einem vermehrten Zustrom von Importen. So werden nennenswerte Preisvorteile für den Landwirt überhaupt nicht herauskommen.
Weiterhin fordert die CDU die Abschaffung der Saldierung der Milchquotenunterlieferung und -überlieferung. Herr Kollege Ehlers, haben Sie einmal bedacht, wen Sie damit ansprechen? Es sind die leistungsfähigen Betriebe, die sich auf den Wettbewerb ausrichten. Bauernpräsident Steensen kritisiert: „Einige Berufskollegen powern bei der Milcherzeugung voll durch, in der Hoffnung, dass andere unterliefern.“ Auch Sie haben das eben fast wörtlich zitiert. Es kommt übrigens von Steensen.
Klartext an die Bauern, das ist die Message: Leute, arbeitet nicht so effektiv. Das kann es doch nicht sein. Diesen Landwirten so ins Gewissen zu reden ist planwirtschaftliche Romantik, und das von der CDU.
Gleichwohl hat der Herr Steensen das Problem auf den Punkt gebracht, wenn er sagt: Das ist brutaler Wettbewerb, wir haben zu viel Milch. Wenn wir die betriebsindividuelle Prämie im Zuge der Entkoppelung und auch die Quoten abschmelzen, so werden wir auf diesem Markt noch mehr Wettbewerb haben. Auch Sie haben das angesprochen. Auch unter den heutigen Bedingungen gelten einige Parameter, die im CDU-Antrag gar nicht angesprochen werden. Sie haben es allerdings in Ihrem Redebeitrag gesagt.
Die großen Discounter tragen sicherlich zu einem Preisverfall bei. Doch muss die Frage erlaubt sein, wer ihnen denn diese günstigen Preise anbietet. Es
sind die großen Meiereien, die sich auf diesen ruinösen Wettbewerb einlassen, Meiereien - auch hier Klartext -, die meist genossenschaftlich organisiert sind und in deren Aufsichtsräten Landwirte sitzen. Dies muss man einmal ganz deutlich sagen. Der Deutsche Bauernverband hat jetzt Gespräche mit den großen Meiereien aufgenommen. Witzigerweise wird das in der Öffentlichkeit gar nicht so publiziert. Es werden immer ALDI und Lidl an den Pranger gestellt. Ich halte diese Gespräche für den richtigen Schritt, damit das klar ist.
Auf dem Milchforum der ZMP in Berlin wurden meines Erachtens die richtigen Strategien diskutiert. Das ist einmal die Frage der Kostenführerschaft. Da sind strategische Allianzen für Absatz und Bezug in der Diskussion, hohe Wertschöpfung durch die Ausnutzung von Premiumprodukten, die Ausrichtung als regionale Spezialisten. Der Milchindustrieverband sieht daneben durch die EU-Erweiterung Chancen für die deutsche Milchwirtschaft insbesondere für qualitativ hochwertige und innovative Produkte. Dies sind marktwirtschaftliche Strategien, wie sie die Milchwirtschaft einfordert.
Der CDU-Antrag macht wieder einmal deutlich: Sie reden in der Landwirtschaftspolitik zwar ständig von Marktwirtschaft, Sie sind aber tief im planwirtschaftlichen Denken verhaftet und rufen ständig nach dem Staat.
Deshalb, Herr Kollege Ehlers, lehnen wir Ihren Antrag in der Sache ab. Das Thema allerdings, das den betroffenen Landwirten so unter den Nägeln brennt, muss diskutiert werden. Deshalb sind wir mit einer Überweisung, allerdings zur abschließenden Beratung, in den Agrarausschuss einverstanden.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Klasse statt Masse, das sollte die von Verbraucher- und Landwirtschaftsministerin Künast gepriesene Agrarwende bringen. Schön gesagt, doch offenbar hat es keiner gehört, und heute kann es schon keiner mehr hören, die Verbraucher nicht und die Landwirte schon
An kaum einem Beispiel wird das so deutlich wie bei den Milchpreisen: Sie sind seit etwa zwei Jahren im freien Fall und haben inzwischen das niedrigste Niveau seit 1977 erreicht, in Schleswig-Holstein darüber hinaus das niedrigste Niveau bundesweit. Nach Angaben des Bauernverbandes werden mittlerweile nur noch 23 bis 27 c/l gezahlt, Tendenz fallend. Dem stehen, je nach Betrieb, Produktionskosten zwischen 29 und 37 c gegenüber. Die Einnahmen aus der Milchviehhaltung decken damit noch nicht einmal die Kosten; von Überschuss reden wir schon lange nicht mehr.
Es bedarf kaum weiterer Ausführungen dazu, dass dieser Preisverfall für viele Betriebe nicht nur substanzgefährdend, sondern existenzbedrohend ist. Maßnahmen gegen den Milchpreisverfall, wie sie vom Bauernverband und mit dem heutigen Antrag auch von der CDU gefordert werden, sind also geradezu zwingend und sie sind dringend. Denn auch die aktuellen Verhandlungen der Molkereien mit dem Lebensmitteleinzelhandel über die Preise für Milchprodukte in den nächsten Monaten lassen keine Erhöhung der Milchpreise erwarten. Im Gegenteil, der Lebensmitteleinzelhandel lehnt - vielfach mit Hinweis auf die Senkung der Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver zum 1. Juli 2004 - die Forderungen der Molkereien nach Preissteigerungen ab, schlimmer noch, er erwartet sogar noch weitere Preissenkungen.
Hinzu kommt, dass die Milchviehhalter durch die anstehende GAP-Reform immer mehr mit dem Rücken zur Wand stehen. Was der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister als Erfolgsstory für Schleswig-Holstein verkaufen will, ist für viele Milchbauern im Lande, ja im ganzen Bundesgebiet tatsächlich ein Albtraum.
Selbst seiner grünen Kollegin auf Bundesebene, Frau Ministerin Künast, scheint das nach misslungener eigener Arbeit bewusst zu sein, denn sie hat bereits Korrekturbedarf angemeldet. Ich zitiere aus ihrer Rede in der 102. Sitzung des Deutschen Bundestages am 1. April 2004:
„Wir werden im Bundesrat zufrieden stellende Regelungen zur Milchproduktion finden müssen, denn bis jetzt ist das noch nicht gelungen.“
Nur Mut also, Herr Minister Müller, unterstützen Sie Ihre grüne Kollegin! Sie sind ja auch sonst voll des Lobes für sie, ganz gleich, ob das auf Kosten der schleswig-holsteinischen Landwirte geht oder nicht. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, die Bundesministerin zu unterstützen und gleichzeitig auch einmal etwas für die hiesige Landwirtschaft zu tun. Oder stört Sie Letzteres?
An Vorschlägen für Maßnahmen gegen den Milchpreisverfall mangelt es im CDU-Antrag nicht. Es sind, wenn ich richtig gezählt habe, vier. Die Fachleute in ganz Europa sind sich einig, dass es beim gegenwärtigen Stand der Dinge angebotsbeeinflussender Maßnahmen bedarf, um die Milchmenge in der EU - übrigens trotz der gegenteiligen GAP-Beschlüsse - insgesamt zu kürzen.
Wir können hierzulande besonders deutlich beobachten: Schleswig-Holstein und Hamburg sind aktuell Spitzenreiter in puncto Milcherzeugung; gleichzeitig stehen die Milcherzeugerpreise hierzulande bundesweit auf dem Tiefststand. Angesichts dieses Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage lässt es sich nach meiner Auffassung kaum noch verantworten, die Exporterstattungen für Butter und auch für Magermilchpulver weiter herabzusetzen.