Protocol of the Session on May 26, 2004

Meine Damen und Herren, ich denke, dass die Forderung im Ergebnis richtig ist. Es macht keinen Sinn, Studierende daran zu hindern, in Eckernförde zu studieren, wenn sie gleichzeitig in Lübeck ihr Studium noch nicht aufnehmen können, weil der Fahrplan nicht einzuhalten ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Hochschulbeirat hat Ihnen auch ins Stammbuch geschrieben, dass, wenn es um die Zukunft von Stu

(Jost de Jager)

dierenden geht, nicht Rechthaberei die Maßgabe sein sollte, sondern praktische Vernunft. Ich denke, dies kann man nur unterstützen.

Die Aussage des Beirates der Fachhochschule Kiel hinsichtlich der Rechthaberei setze ich noch einmal ins Verhältnis zu dem, was Sie am 12. Dezember zu den Zielvereinbarungen gesagt haben. Sie haben gesagt, es habe eine neue Ära begonnen, die ihresgleichen suche. Ich denke, dem ist tatsächlich nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Weber das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege de Jager hat seinen Redebeitrag mit der Bemerkung eingeleitet, die Dinge gingen ihren sozialistischen Gang. Dazu will ich sagen: Das ist immer noch der beste Gang, den man gehen kann.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

- Es ist schön, dass Sie sich darüber immer noch aufregen können; das freut mich. Es gibt gewisse Konstanten in der Politik und die braucht man ja auch.

Meine Damen und Herren, als im März 2003 die Kommission unter Leitung von Professor Erichsen die Schwächen und Stärken der Hochschullandschaft Schleswig-Holsteins beschrieben hat, hat es niemanden gegeben, der dies insgesamt verworfen hat. Es gab durchaus eine gewisse Übereinstimmung darin, diesen Prozess gemeinsam konstruktiv zu begleiten. Allerdings war von vornherein erkennbar, dass es die Opposition - ich muss präziser sagen: die CDU - vermieden hat, gerade bei standortrelevanten Fragen klar Stellung zu beziehen - frei nach dem Motto: Wenn ich mich nicht festlege, fällt es mir hinterher auch leichter, die Regierung für das zu kritisieren, was sie anpackt.

Dieser Form der - ich sage es einmal so - prinzipienentkleideten Opposition haben Sie noch eins draufgesetzt, indem Sie hier im Landtag gegen die Zielvereinbarungen, die Landesregierung und Hochschulen abgeschlossen haben, gestimmt haben.

Darüber will ich jetzt aber gar nicht mehr lange reden; hierüber kann sich jeder selbst ein Bild machen. Die Dinge, die die Ministerin vorgetragen hat und die den aktuellen Stand der Umsetzung betreffen, muss und will ich auch nicht alle wiederholen. Vielmehr

will ich etwas über den hochschulpolitischen Hintergrund der heutigen Diskussion und des Berichtsantrages der CDU sagen.

Man kann sehr schön nachvollziehen, wie hier argumentiert wird und argumentiert werden soll.

Wenn ich einen Punkt herausgreifen sollte, der eine gewisse Schwäche in der Arbeit der ErichsenKommission war, so war dies ohne Zweifel die nicht vorhandene Verzahnung mit dem, was die DohnanyiKommission in Hamburg gemacht hat. Wir wissen, dass im Hinblick auf die Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg im DohnanyiBericht so gut wie nichts und im Erichsen-Bericht ein wenig steht, aber immer noch weniger als das, was faktisch schon geschieht. Auch die CDU hat auf dieses Defizit hingewiesen und eine verstärkte gemeinsame Planung angemahnt. Sie schlägt jetzt sogar einen Staatsvertrag vor. Gleichzeitig stellen Sie sich aber öffentlich hin und weinen Krokodilstränen, wenn Sie die Gefahr an die Wand malen, dass junge Leute aus Schleswig-Holstein gegebenenfalls Studienplätze an einer Hochschule in Hamburg besuchen wollen, weil ihnen das Angebot - gerade im Hinblick auf das Bauwesen - in Schleswig-Holstein nicht passt, und tun so, als gäbe es hier einen negativen Brain drain. Sie diskutieren und argumentieren also in diesen Fragen nicht konsistent. Das ist die Hauptkritik, die ich Ihnen vorhalten muss.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Jeder weiß, dass man schwierige Strukturveränderungen nicht auf Knopfdruck umsetzen kann. Sie argumentieren, es entstünden Umzugskosten, die bislang nicht berechnet gewesen seien, und diese dürfe man nicht aus dem Innovationsfonds nehmen. Wenn Sie aber innovative Strukturen aufbauen wollen, wenn Sie etwas verändern wollen, so entstehen sehr viele verschiedene Kostenmöglichkeiten. Wenn ein kleiner Teil dieser Innovationsvorhaben auch dazu führt, dass Dinge verlagert werden müssen, so sind natürlich auch Sachkosten aus dem Umzugsbereich - wenn sie einen kleinen Teil des gesamten Bereichs betreffen - Schritte zur Innovation. Die Trennung dieser beiden Dinge ist meines Erachtens sachlich und politisch nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen finde ich es vernünftig, wie die Landesregierung hiermit umgeht.

Nach nicht einmal einem halben Jahr seit der Beschlussfassung über die Zielvereinbarungen ist es sowieso noch ein wenig früh, um die Umsetzungsschritte en détail zu bewerten. Die Ministerin hat hierzu einiges gesagt.

(Jürgen Weber)

Ich will gern noch einmal an die Eckpunkte der Kommissionsempfehlungen erinnern. Diese waren: die Anpassung an den Bologna-Prozess, ein Hochschulvertrag als Rahmensetzung, die Einrichtung eines Hochschulrates, den wir - das wissen Sie - kritisch sehen, und die Neujustierung der Kompetenzen der Hochschulgremien, vor allem des Rektorats, worüber wir morgen wieder zu reden haben werden.

Im Mittelpunkt stehen zahlreiche Empfehlungen, die dazu beitragen sollen, dass die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel von den Hochschulen so eingesetzt werden, dass sie effizienter sind. Auch wenn wir immer gesagt haben, dass die eigenständigen Standorte erhalten bleiben sollen, bedeutet dies aber auch, dass es Gewinner und Verlierer in diesem Prozess geben wird. Die CDU hat es sich von vornherein immer sehr einfach gemacht. Der grundsätzlichen Zustimmung stand immer die Argumentation entgegen, man wolle vor Ort genau prüfen, was nichts anderes heißt als: Man will sich die Option offen halten, an jedem Ort auf das aufzuspringen, was gegebenenfalls an Kritik und Protest geäußert wird. Das ist politisch legitim, aber nicht hilfreich für den Entwicklungsprozess unserer Hochschulen insgesamt, den wir dringend brauchen. Es klappt ja auch nicht immer, besonders dann nicht, wenn man über einen Spitzenkandidaten verfügt, der, wie der Ihre, wissenschaftspolitischen Belangen fern steht und der weiterhin die Verlagerung der kompletten Realschullehrerausbildung nach Flensburg fordert - bar jeden inhaltlichen Sinns und jeder Finanzierungsmöglichkeit. Dies muss man im Gesamtkontext durchaus sehen.

Für unsere Hochschulen ist es ein gutes Zeichen, dass es gelungen ist, diesen komplizierten Prozess der Hochschulstrukturreform nicht nur in geordneten Bahnen umzusetzen, sondern auch mit einem Maximum an Konsens. Dies will ich unterstreichen. Wenn man umziehen und Dinge neu gestalten muss, so ist dies nicht einfach, weder im investiven Bereich, organisatorischen und logistischen Bereich noch im Bereich mentaler Barrieren. Dass jetzt für einen solch schwierigen Prozess Mediatoren eingesetzt werden, finde ich löblich. Wenn hieran dann so herausragende Persönlichkeiten wie der ehemalige Universitätsrekor Haensel mitwirken, so kann dies auch der Landtag - denke ich - nur begrüßen und sollte dies auch tun.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss will ich noch sagen: Nach Auffassung der SPD-Fraktion arbeiten Bildungsministerium und Hochschulen gemeinsam lösungsorientiert an den Fragen, die zu lösen sind, und das ist gut so.

Um ein Beispiel zu nennen: Dass Eckernförde künftig nicht mehr Standort eines Fachbereichs der Fachhochschule Kiel sein wird, ist ohne Frage eines der größeren Probleme gewesen. Umso bedauerlicher ist es, dass jetzt öffentlich versucht wird, aus Umsetzungs- und Abwicklungsproblemen, die in einer solchen Frage entstehen müssen, ein grundsätzliches Scheitern der Hochschulstrukturreform zu konstruieren, wie das der Kollege de Jager versucht. Nein, dies ist nicht der Fall, meine Damen und Herren!

Die planungssichere Option unserer Hochschulen für fünf Jahre ist ein Erfolg. Das stört Sie.

(Beifall bei der SPD)

Die Strukturmaßnahmen werden von den allermeisten Beteiligten mitgetragen. Das stört Sie. Die Landesregierung - um das abschließend zu sagen - macht in der Tat eine zukunftsweisende und erfolgreiche Hochschulpolitik. - Vergleichen Sie das mit Prozessen in anderen Ländern! - Das stört Sie am allermeisten.

Meine Damen und Herren, Probleme, die auftreten, werden wir anpacken und lösen, zumindest dort, wo man sie lösen kann. Mit schadenfrohen Nörgeleien werden Sie nicht punkten, Herr de Jager. Ich fürchte, das haben Sie nur noch nicht bemerkt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die Landesregierung bislang in Sachen Umbau der Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein zustande gebracht hat, lässt sich wirklich nur mit einem einzigen Wort beschreiben: Murks. Sie hat sich lieber über selbstverfasste Erfolgsmeldungen gefreut, anstatt nüchtern zu prüfen, was die Verlagerung von Studiengängen konkret bedeutet und welche Rahmenbedingungen eine solche Entwicklung erfordert.

Am 1. September soll der Studiengang Maschinenbau von der Fachhochschule Westküste nach Flensburg umziehen. Mir scheint, man hat im Bildungsministerium diesen Umzug wie die Verlagerung einer Pommesbude von Heide an die Flensburger Förde behandelt. Dass es um einen Studiengang mit der kompletten Ausstattung geht, der auch entsprechende räumliche Voraussetzungen erfordert, ist offensichtlich nicht bedacht worden. Jetzt ist von einer Kostenschätzung der GMSH in einer Größenordnung von

(Dr. Ekkehard Klug)

3,5 Millionen € die Rede. Die Flensburger Hochschule, die FH Flensburg, verfügt über keinen einzigen Raum, der für die vier Meter hohe Versuchsanlage für Verfahrenstechnik, die zum Maschinenbau-Studiengang gehört, hoch genug ist - so die Auskunft des Rektors der FH Flensburg. Wohin soll das Ding denn? Wollen Sie ein Zeld auf dem HochschulCampus in Flensburg aufbauen? Da wird - wie ich finde - ein Maß an Fahrlässigkeit und auch an Unfähigkeit bei der Umsetzung dieser Transferentscheidung sichtbar, das wirklich bemerkenswert ist.

Wie stellt man sich eigentlich im Bildungsministerium die Durchführung eines qualifizierten ingenieurwissenschaftlichen Studiengangs vor - etwa mit einem Pendelverkehr zwischen Heide und Flensburg oder mit provisorisch angemieteten Fabrikhallen, also Notlösungen, wie sie auch vonseiten des Flensburger FH-Rektorats im April zur Sprache gebracht worden sind? Was erwartet man eigentlich von Studenten, die laut Auskunft der Landesregierung im Juni erfahren sollen, welche Lehrveranstaltungen ab Anfang September in Heide und welche anderen Lehrveranstaltungen in Flensburg stattfinden werden? Wie viele Studenten werden sich wohl unter solchen Umständen dafür entscheiden, lieber anderswo zu studieren als in einem Land, in dem ihnen derart chaotische Studienbedingungen aufgenötigt werden?

Wann hat sich das Bildungsministerium - Frau Ministerin, das haben Sie in Ihrer sehr schnell vorgetragenen Rede nach meiner Erinnerung nicht gesagt - überhaupt erstmals mit den konkreten Konsequenzen aus den im vergangenen Jahr getroffenen Strukturentscheidungen beschäftigt - vorher oder nachher? Seit wann liegt die Kostenberechnung der GMSH exakt vor?

Meine Damen und Herren, Hochschulvertrag und Zielvereinbarungen sind im vergangenen Jahr vergleichsweise kurz vor der Verabschiedung des Doppelhaushaltes unter Dach und Fach gebracht worden, zuletzt unter ziemlichem Zeitdruck und - wie man hört - verbunden auch mit erheblicher Seelenmassage der Vertragspartner. Im Lichte der heutigen Kenntnisse muss man sagen: Da ist offenkundig mit ziemlich heißer Nadel gestrickt worden,

(Beifall bei der FDP)

um vor Verabschiedung des Landeshaushalts die nötigen Erfolgsmeldungen für die Pressestelle bereitzustellen. Oder aber hat man von den 3,5 Millionen € Kosten für den Umzug allein dieses einen Studiengangs von Heide nach Flensburg damals schon gewusst?

Diese Umzugskosten will das Ministerium jetzt aus dem „Innovationsfonds“ des Hochschuletats decken. Dies ist wieder so ein Schildbürgerstreich aus dem rot-grünen Absurdistan im Norden Deutschlands. Noch am 30. Januar hat die Landesregierung verkündet - nachzulesen in Landtagsdrucksache 15/3186, Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen de Jager -, das Bildungsministerium habe im „Innovationsfonds“ zwei „Fächer“ gebildet. „Fach 1“ diene der Förderung von Forschung und Technologietransfer, und zwar durch Maßnahmen zur Verbesserung der Forschungsinfrastruktur, zur Entwicklung von Forschungsvorhaben und von Vorhaben des Technologie- und Wissenstransfers. Darunter kann der Umzug mit Sicherheit nicht fallen. „Fach 2“ hingegen - so die Antwort des Ministeriums Ende Januar dieses Jahres - diene der „Verbesserung der Zukunftsfähigkeit des Hochschulsystems“ vor allem durch Maßnahmen zur Profilbildung und Qualitätsentwicklung. Wenn diese Definition jetzt auch die Finanzierung von Umzugskosten abdecken soll, dann könnte man auch gleich den privaten Umzug der Ministerpräsidentin von Bordesholm nach Kiel als innovativen Beitrag zur Landespolitik deklarieren.

(Beifall bei der FDP)

Es sollte unstrittig sein, dass die ohnehin knapp bemessenen Mittel des Innovationsfonds dazu dienen sollten, neue Akzente in Forschung und Lehre zu setzen, zum Beispiel in der Medizintechnik, in den Biowissenschaften und - wir werden darüber morgen anhand eines von uns vorlegten Antrages debattieren - etwa auch für einen neuen Studiengang im Bereich der Elementarpädagogik.

Das Trauerspiel um den Transfer des MaschinenbauStudiengangs von Heide nach Flensburg ist eigentlich für den Hochschulstandort Schleswig-Holstein allein schon schlimm genug. Noch schlimmer aber wird die Tatsache, dass Ähnliches auch bei der Verlagerung des Fachbereichs Bauwesen aus Eckernförde nach Lübeck stattfinden könnte. Sofern die Landesregierung die auch in diesem Falle entstehenden Umzugs- und Baukosten aus dem Innovationsfonds bestreiten würde, wäre der Fonds jedenfalls für die nächsten Jahre schon weitgehend ausgeschöpft. Für echte Innovationen blieben dann in den nächsten Jahren kaum noch Mittel übrig.

Frau Erdsiek-Rave, Sie sind dem Parlament, der Öffentlichkeit und den Studenten viele Antworten schuldig geblieben: Unter welchen Bedingungen wird das Studium für die betroffenen Studenten in diesen Fächern stattfinden? Was kosten die Verlagerungen und wie werden sie finanziert, vor allem im Falle der Entscheidung Eckernförde - Lübeck? Wie soll der

(Dr. Ekkehard Klug)

Innovationsfonds im Doppelhaushalt 2004/05 überhaupt konkret verwendet werden?

Ich meine schon, dass man zur Mitte eines Haushaltsjahres in der Lage sein müsste, dazu dem Parlament eine präzise Auskunft zu geben, und nicht erst ein Vierteljahr später, wie Sie es in Ihrer Rede vorhin angekündigt haben. Früher gab es im Bildungsministerium die bekannte Arbeitsteilung: die Ministerin zuständig für die schönen Events, der Staatssekretär für die harten Probleme. Inzwischen wird Frau Erdsiek-Rave in der Leitung ihres Hauses immerhin durch zwei Staatssekretäre unterstützt, aber man kann nicht erkennen, dass sich dort das Politikmanagement spürbar gebessert hätte.