„Freiwillige Lösungen scheinen da Erfolg versprechender. Die Stadt Neumünster ist seit Jahren um eine konstant hohe Zahl von Ausbildungsplätzen auch über Bedarf bemüht. Im Ergebnis werden die Ausbildungsleistungen der Stadt Neumünster durch diesen Gesetzentwurf nicht anerkannt.“
So weit das Zitat eines Sozialdemokraten, der vor Ort die Scherben Ihrer Politik beiseite räumen muss. Meine Damen und Herren, der Mann hat Recht, Ihr Gesetz hilft uns keinen einzigen Schritt weiter.
Wir möchten als CDU-Landtagsfraktion von Ihnen heute ganz konkret wissen - darum fragen wir noch einmal nach -, wie sich die Landesregierung im weiteren Verfahren engagieren will, um diese Belastungen für die Wirtschaft und die Verwaltungen ganz konkret zu verhindern. Wie werden Sie sich im Bundesrat einlassen?
Stellen Sie uns bitte dar, inwieweit die Forderungen der Landesregierung beim bisherigen Gesetzgebungsverfahren überhaupt Berücksichtigung gefunden haben. Bisher finden sie in Berlin mit Ihren Forderungen gar nicht statt. Erklären Sie uns hier und heute, wie das Ziel der Landesregierung erreicht werden soll, regionale Erfolge bei der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen zu berücksichtigen. Darüber redet kein Genosse in Berlin.
Wir wollen hier von Ihnen keine Ankündigung, Herr Minister, mit der Sie bei der Wirtschaft vielleicht punkten können. Wir wollen ganz konkret wissen, wie Sie sich in dieser Frage verhalten werden, damit wir dieses bürokratische Monstrum verhindern können.
Diese Ausbildungsplatzabgabe ist Gift für die deutsche Wirtschaft. Sie ist eine Katastrophe für die kommunalen Haushalte und sie ist der K.o.-Schlag für die sozialen Verbände in Deutschland. Wir werden dem Antrag der liberalen Fraktion zustimmen. Diese gemeinsame Haltung - vielleicht bekommen wir sie ja hin - wäre das beste Signal an die junge Generation in Schleswig-Holstein.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im vergangenen Jahr haben in der Bundesrepublik 35.000 junge Menschen keinen Ausbildungsplatz gefunden. Nicht mitgerechnet habe ich die 47.000 Bewerber in den so genannten Warteschleifen. 2002 waren es 23.000 Menschen, im Jahr davor 20.000. Für dieses Jahr prognostiziert die Bundesagentur für Arbeit sogar ein Lehrstellendefizit von 60.000 bis 70.000 Stellen. Von 2,1 Millionen Betrieben bilden nur noch 23 % aus. Schleswig-Holstein steht noch relativ gut da. Aber auch unser Handwerk bietet von Jahr zu Jahr weniger Ausbildungsplätze an.
- Auch diese Entwicklung gibt es schon seit Mitte der 80er-Jahre. - So ist es wohlfeil, wenn die Opposition ständig neue Resolutionen mit der Überschrift „Keine Ausbildungsplatzabgabe“ einbringt, aber keine Alternative für die Milderung der Ausbildungsplatzmisere bietet, bis auf die Forderung vielleicht: „Weniger Geld für Lehrlinge“.
(Veronika Kolb [FDP]: Sie sollten zuhören, bevor Sie solche Vorschläge unterbrei- ten! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie viel Leute bilden Sie denn aus?)
Wir Sozialdemokraten haben zumindest Vorschläge gemacht. Wir haben uns stets für eine umlagefinanzierte Ausbildung als Ultima Ratio ausgesprochen und haben gesagt, es müssten zahlreiche Maßnahmen vorgeschaltet werden, und nur wenn diese nicht wirkten, könnte es zu einem solchen Instrument kommen. Wir haben einige Dinge mit anderen auf den Weg gebracht. Ich nenne nur die Bevorzugung von Betrieben, die Ausbildungsplätze anbieten, bei der Vergabe von Aufträgen und Fördermitteln durch das Land, ich nenne die Erschwerung von Mehrfachzusagen durch Auszubildende, die Maßnahmen zur Absenkung der Abbrecherquoten, Programme für mehr Ausbildung und Qualifizierung, besonders das 100.000-PlätzeProgramm der rot-grünen Bundesregierung für benachteiligte Jugendliche, die Finanzierung von Ausbildungsplatz-Akquisiteuren und Fördermittel für Ausbildungsverbünde, die flexible Organisation des Berufsschulunterrichts, die Entwicklung neuer Berufe und Ausbildungsordnungen und Bescheinigungen für
(Veronika Kolb [FDP]: Was hat es ge- bracht? - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das war wohl alles sehr erfolgreich! - Veronika Kolb [FDP]: Wenn es erfolgreich gewesen wäre, brauchten wir die Abgabe nicht!)
Dennoch - das wurde schon in vielen Zwischenrufen deutlich - wurde es nicht besser. Vielmehr werden immer mehr Jugendliche in berufsvorbereitenden Maßnahmen untergebracht. Der Staat, der Steuerzahler, muss also die Ausbildung finanzieren.
An unseren Berufsschulen befinden sich inzwischen über 50 % der Schülerinnen und Schüler in Vollzeitklassen beziehungsweise berufsvorbereitenden Maßnahmen. So muss sich keiner wundern, wenn der Ruf nach einer solidarischen Umlagefinanzierung immer lauter wurde, übrigens auch seitens der Unternehmen selbst.
Herr Kollege, können Sie mir sagen, wie sich die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse im Lande entwickelt haben und ob Sie einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Arbeitsplätze und den Ausbildungsplätzen sehen?
Der Minister hat vorhin berichtet und hat die schleswig-holsteinischen Zahlen genannt. Er hat deutlich gemacht, dass bis zum März dieses Jahres von den nicht untergebrachten Ausbildungswilligen 279 - die Zahl meine ich in Erinnerung zu haben - noch nicht versorgt sind. Ich habe gesagt, dass das in SchleswigHolstein alles etwas positiver aussieht. Aber ich habe in meinem Redebeitrag auch gesagt, dass man nicht verkennen darf, dass viele in berufsvorbereitenden Vollzeitmaßnahmen untergebracht sind und dass sich die Zahl dadurch insgesamt günstiger gestaltet.
Um meinen Gedanken fortzusetzen: Es gibt eine Alternative, nämlich die, die uns das CDU-regierte Hamburg gerade vorführt. Wir können als Staat vor der Ausbildungsunwilligkeit vieler Unternehmer kapitulieren und das duale System gleich abschaffen. Die Hamburger führen jetzt eine zweijährige vollzeitschulische Berufsausbildung ein, die zum Gesellen
brief führen soll. Das ist ein seltsames Verständnis von sozialer Marktwirtschaft: Die Gewinne werden privatisiert, die Kosten vergesellschaftet.
Kollege Geerdts, Sie befürchteten bei einer umlagefinanzierten Ausbildung mehr Staat. Was macht denn dann Hamburg? Das ist doch die Verstaatlichung der Ausbildung und nichts anderes! Was Sie befürchten, führen uns die Hamburger jetzt vor.
Das Berufsausbildungssicherungsgesetz sieht vor, dass im Herbst eine Abgabe erhoben wird, wenn das Lehrstellenangebot die Zahl der Bewerber nicht um mindestens 15 % übertrifft. Zahlen sollen Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten, in denen Auszubildende weniger als 7 % der Belegschaft ausmachen. Das würde für lediglich 18 % der Betriebe im Bund zutreffen. Wer mehr ausbildet, erhält das Geld. Wo Ausnahmen sinnvoll sind, werden wir sie im Gesetz definieren.
Der Minister sagt, dass man über die finanziellen Auswirkungen der Ausbildungsplatzumlage auf die Wirtschaft nur spekulieren könne. Ich behaupte, dass sie auf jeden Fall mehr für die jungen Menschen bringen wird als Appelle, die ungehört verhallen.
Die Landesregierung wird ihr Verhalten bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf davon abhängig machen, wie dieser Gesetzentwurf in naher Zukunft noch verändert wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über den Entwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Sicherung und Förderung des Fachkräftenachwuchses und der Berufsausbildungschancen der jungen Generation - so heißt es korrekt - wird kontrovers und heftig diskutiert. Das ist absolut angemessen, denn es geht um ein Grundproblem unserer Gesellschaft und der Wirtschaft: Wie schaffen wir es, dass alle jugendlichen Schulabgängerinnen und Schulabgänger eine Chance bekommen, einen Ausbildungsberuf zu lernen? Wir wissen, dass unter den
Arbeitslosen Menschen, die keine Ausbildung haben, weit überproportional vertreten sind, dass die Chancen, ohne Ausbildung einen Arbeitsplatz zu bekommen, immer geringer werden. Waren in den 70erJahren noch 30 % der Arbeitsplätze so genannte angelernte Arbeitsplätze, für die man keine Ausbildung brauchte, so stehen in der heutigen Situation nur noch 10 % der Arbeitsplätze für Ungelernte zur Verfügung. Und die Zahl sinkt.
Das heißt, wir müssen es mit unseren Anstrengungen schaffen, dass alle Jugendlichen eine vernünftige Berufsausbildung bekommen. Das muss das Credo sein, über das wir diskutieren. Hierauf müssen wir uns konzentrieren.
In den letzten Jahren - das ist schon gesagt worden - stieg die Zahl der notwendig staatlich finanzierten Ausbildungsplätze. Es stimmt nicht, dass der Staat nichts für die Ausbildung tut. Mittlerweile sind, wie schon gesagt worden ist, an den Berufsschulen mehr Jugendliche in staatlichen Maßnahmen, als sich Jugendliche in der dualen Ausbildung befinden. Das heißt, wir sind mittlerweile in einer Situation, in der die duale Ausbildung gerade noch die Hälfte der Ausbildung insgesamt leistet. Der Rest findet in staatlichen Einrichtungen statt. Das ist die Realität. Der Grund dafür ist, dass sich immer mehr Betriebe aus der dualen Ausbildung verabschieden. Wenn nur noch 23 % der Betriebe ausbilden, so heißt das: 77 % der Betriebe bilden nicht mehr aus. Das ist Fakt. Da können Sie, Herr Kubicki, noch so viele tolle Reden hier halten, es ist ein Fakt, dass 77 % der Betriebe in diesem Land nicht ausbilden, dass all Ihre schönen Appelle der Vergangenheit hieran nichts geändert haben, dass sich das aber ändern muss!
Es ist auch ein Fakt, dass eine Ausbildungsplatzabgabe, wenn sie kommt, nicht zur Belastung der Betriebe führt, die ausbilden. Sie führt vielmehr zur Belastung der Betriebe, die nicht ausbilden. Sie führt damit zur Entlastung der Betriebe, die ausbilden; denn sie bekommen etwas dafür.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: So ein Quatsch! - Veronika Kolb [FDP]: Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden!)
Das heißt, wir müssen erst einmal zu den Fakten zurückkehren und dann können wir darüber diskutieren,
Herr Kubicki, Sie haben unbestritten eine wunderbar rhetorische Rede gehalten. Wer sich aber hier hinstellt, eine wunderbar rhetorische Rede hält und sagt, dass alles Mist ist, aber nicht in der Lage ist - -