(Christel Aschmoneit-Lücke [FDP]: Ich ma- che das gern, aber soweit ich weiß, sollte Herr Dr. Garg reden!)
- Der erste Antrag war der Antrag der FDP. Aber ich gebe auch gern erst einmal dem Vertreter der CDU - -
- Entschuldigung. Das ist hier falsch angekommen. Dann erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Aschmoneit-Lücke hätte das genauso gern und genauso gut gemacht.
Wir sind dabei, bei dem größten Reformvorhaben dieser Bundesregierung auf einen wahrlichen SuperGAU zuzusteuern. Hartz IV droht für 4 Millionen Männer und Frauen zu einer Katastrophe zu werden, nämlich für 4 Millionen Männer und Frauen, die möglicherweise am 1. Januar 2005, wenn das Gesetz nach heutigem Willem in Kraft treten soll, keinen einzigen Cent mehr an Leistung bekommen. Sie stehen vor ihren kommunalen Ämtern, vor den Sozial
ämtern und erhalten nichts. Denn mit In-Kraft-Treten des Gesetzes ist die Sozialhilfe abgeschafft und die Arbeitslosenhilfe gibt es auch nicht. Das haben auch die Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein erkannt, wie man in den letzten beiden Tagen aus der Presse entnehmen konnte.
Nachdem ich den Kollegen Baasch und den Kollegen Fraktionsvorsitzenden der SPD, Lothar Hay, gehört habe, habe ich mich die ganze Zeit gefragt: Wo bleibt eigentlich die Initiative der SPD-Landtagsfraktion, das In-Kraft-Treten von Hartz IV zu verschieben?
Nachdem ich die Äußerungen von Lothar Hay und Ihnen, Herr Baasch, gehört habe, wäre das das einzig Konsequente, was man in dieser Situation hätte tun können. In einem sind wir uns wohl einig - sonst hätten Sie sich öffentlich nicht so geäußert -: Dass die Umsetzung von Hartz IV hier in Schleswig-Holstein für Zigtausende arbeitslose Männer und Frauen, nämlich die potenziellen Bezieher von Arbeitslosengeld II, zu einer absoluten Katastrophe führen kann. Und wo bleibt die logische Konsequenz, auch etwas zu tun? Sie reden immer nur davon. Das ist ähnlich wie in der letzten Debatte. Sie benennen die Probleme immer nur. Sie greifen möglicherweise Ihre eigene Bundesregierung an. Wenn Sie dann aber gefragt sind, etwas zu ändern, kneifen Sie. Der Antrag fehlt - bis heute.
- Dass Sie hier so rumschreien, Frau Birk, zeigt mir nur, dass wir den Nagel auf den Kopf getroffen haben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir die Optionsmöglichkeit, wie sie die Bundesregierung vorgeschlagen hat, in dieser Form nicht wollten. Wir wollten die Zuständigkeiten grundsätzlich bei den Kommunen dezentralisieren, weil wir das für die richtige Lösung halten.
Denn schon heute ist die umbenannte Bundesagentur für Arbeit mit der Verwaltung von 4,5 Millionen offiziell arbeitslos gemeldeten Männern und Frauen hoffnungslos überfordert. Ein Mensch muss mir einmal erklären, wie 4 Millionen potenziell hinzukommende ALG-II-Empfänger von dieser Mammutbehörde noch verwaltet werden sollen, wenn sie mit den 4,5 Millionen anderen schon nicht zurecht kommt.
Im Übrigen ist gerade für Schleswig-Holstein ein spezielles Problem, dass viele Beschäftigungsinitiativen vor Ort, „Neuland“ in Plön oder die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft in Lauenburg oder das viel gerühmte „Elmshorner Modell“, bei der Umsetzung des jetzigen Vorschlags Ihrer Bundesregierung schlicht und ergreifend den Bach runtergehen. Sie müssten ihre Arbeit einstellen, weil jede Kommune bei dem jetzigen Finanztableau mit dem Klammerbeutel gepudert wäre, wenn sie optieren würde, weil sie sich in den finanziellen Ruin treiben würde. Also optieren sie nicht. Das heißt, die BA ist automatisch dafür zuständig. Das heißt in der Konsequenz, dass viele heute erfolgreiche Beschäftigungsinitiativen in Zukunft nicht mehr stattfinden würden.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat daher bereits vor einiger Zeit beantragt, den Kommunen tatsächlich die finanzielle Sicherheit zu geben, um den Kommunen das, was an finanzieller Sicherheit notwendig ist, um überhaupt optieren zu können, durch eine Grundgesetzänderung zu sichern. Die Bundesregierung will ja, dass die Länder Durchgangsstation für dieses Geld werden. Was bei der jetzigen Haushaltssituation vieler Länder dann noch bei den Kommunen übrig bleibt, kann sich jeder ausmalen. Deswegen werden die Kommunen nicht optieren. Die Kommunen werden mit der Umsetzung allein gelassen. Sie sind überhaupt nicht in der Lage, pünktlich umzusetzen. Aus diesem Grund verlangen wir in unserem Antrag neben der Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundgesetzes, um die Finanzierungsströme zu gewährleisten, einen entsprechenden Bericht ab dann, wenn die Umsetzung von Hartz IV in SchleswigHolstein vonstatten geht.
Ich fordere die SPD-Landtagsfraktion auf - diese Debatte hat einen ganz neuen Dreh bekommen -: Legen Sie Ihren Antrag vor, das In-Kraft-Treten von Hartz IV zu verschieben. Wenn Sie der Auffassung sind, dass die Hartz-IV-Gesetzgebung für Hunderttausende von Männern und Frauen zu einer Katastrophe wird, müssen Sie alles dafür tun, dass das InKraft-Treten verschoben wird.
Denn sonst sind Sie genauso schuldig daran, dass diese Männer und Frauen am 1. Januar keine Leistungen erhalten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Hartz IV, wird zurzeit heftig diskutiert. Das Gesetz sieht die längst überfällige Zusammenfassung von Aufgaben des Arbeitsamtes und der Sozialämter vor. Die bisherige geteilte Zuständigkeit für soziale Absicherung und berufliche Integration von Arbeitslosen ist nicht mehr zeitgemäß. Die finanzielle Verantwortung für die Arbeitslosen ist insgesamt vom Bund zu tragen. Diese Ziele der Reform bleiben bestehen und sind nach wie vor vernünftig.
Eine Arbeitsmarktreform, die ein Arbeitslosengeld II schafft, die Job-Center schafft und damit Zukunftsperspektiven für Betroffene eröffnen will, ist zwingend notwendig. Ein derartiges Ziel darf nicht durch Vorgaben für Haushaltseinsparungen ersetzt oder diesem gar untergeordnet werden. Die Integrations- und Beschäftigungsförderung muss durch passgenaue, die Betroffenen aktivierende Hilfepläne und Maßnahmen gestaltet werden. Alle Arbeitslosen müssen Leistungen aus einer Hand erhalten. Diese Leistungen müssen regional gestaltet sein und dürfen nicht zur Diskriminierung der Betroffenen führen. Um dies zu gewährleisten, ist die Bildung von Arbeitsgemeinschaften zwischen den Arbeitsagenturen und den Kommunen derzeit der wohl sinnvollste Weg. Da haben wir in unserer Diskussion einen Prozess durchgemacht. Wir wollten auch, dass die Kommunen für die Langzeitarbeitslosen zuständig sind.
Nach dem vorliegenden Optionsgesetz ist das im Moment nicht zu organisieren, nicht zu schaffen. Deswegen ist es notwendig, dass wir zu Arbeitsgemeinschaften zwischen Kommunen und Arbeitsagenturen kommen. Diesen Weg sollten wir favorisieren.
Mit diesem Erkenntnisstand sollten wir alle uns werbend auf der kommunalen Ebene in SchleswigHolstein einbringen. Auch da gibt es - ich denke nur an Stellungnahmen von Landkreistag und Städtetag - durchaus unterschiedliche Ideen und Diskussionen.
Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaften muss sichergestellt sein, dass die Kommunen auf gleicher Augenhöhe mit der Agentur für Arbeit zusammenkommen. Sie sollen zu fairen Bedingungen und ohne Gängelung ihr Know-how bei der Vermittlung von Hilfe für erwerbsfähige langzeitarbeitslose Bürgerinnen und Bürger einbringen können.
Nur gemeinsam kann die neue Aufgabe mit Erfolg für jeden Einzelnen, der davon betroffen ist, organisiert werden.
Herr Kollege Dr. Garg, ich glaube, darin unterscheiden wir uns. Ich glaube, dass in diesem Prozess die Beschäftigungsgesellschaften - ob nun „Neuland“ oder auch das „Elmshorner Modell“ - sehr wohl auch ihren Platz finden können; denn auch diese werden sich bei den Arbeitsagenturen um Maßnahmen bewerben können. Das ist unstreitig, dass sie das können. Das Zweite ist: Nur wenn es zu einer Arbeitsgemeinschaft kommt, in der beide zusammenarbeiten, ist man auch in der Lage, sich selbst zu beauftragen. Auch das ist ein großer Vorteil. Insofern glaube ich, dass man in diesem Zusammenhang nicht so schwarz malen sollte.
- Ja, gut, wir haben von verschiedenen Diskussionen auf der kommunalen Ebene gehört. Wenn ich mir die Stellungnahmen des Städtetages oder des Landkreistages angucke, weiß ich aber auch, wie gesteuert man solche Diskussionen auf den Weg bringen kann.
Die erfolgreiche Umsetzung wird damit beginnen, dass die heute Sozialhilfeberechtigten und die Beziehenden von Arbeitslosenhilfegeld pünktlich zum 1. Januar 2005 die ihnen zustehenden Leistungen erhalten und weiter erhalten müssen. Die Probleme, die sich bei der Umsetzung von Hartz IV abzeichnen, müssen sehr klar analysiert werden und dürfen keineswegs zu Belastungen für die Betroffenen führen. Die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit sind aufgefordert, den reibungslosen Übergang zu garantieren. Sollte dies nicht zu gewährleisten sein, so muss über eine Verschiebung des Inkrafttretens von Hartz IV nicht nur nachgedacht werden.
Und ich sage auch: Spätestens bis zum Sommer muss klar sein, ob diese Aufgabe gemeistert werden kann. Ich glaube, dann ist nämlich der richtige Zeitpunkt, zu einer Entscheidung zu kommen. Denn heute sind wir noch bei „wenn“ und „könnte“. Ich finde, in allen Diskussionen mit den Verantwortlichen, mit unseren Kommunalpolitikern und den kommunal Zuständigen, ob Bürgermeister oder Sozialamtsleiter, müssen wir ihnen sagen, dass sie sehr genau hinschauen sollen. Und spätestens im Sommer muss man dann auch zu einer Entscheidung kommen. Ich glaube, dass das der richtige Weg ist und man nicht jetzt schon sagen sollte, dass das alles so nicht geht. Und wenn die Arbeitsgemeinschaften wie hier in Kiel - da ist man schon sehr weit - auf den Weg gebracht werden kön
- Nein, wir haben gesagt, dass wir Sorge haben, dass das eventuell nicht klappt. Das haben wir schon ganz klar eingeschränkt. Da muss man schon sehr genau hinsehen.
Die Bundesregierung und die Bundesagentur haben einen reibungslosen Übergang zu garantieren. Bis zum Sommer muss das entschieden werden können. Für den Fall des Nicht-In-Kraft-Tretens muss man zu einer Verschiebung kommen.
Das Letzte allerdings, was wir in diesem Zusammenhang brauchen, ist der Antrag des Abgeordneten Kalinka, der eine Gebietsreform einfordert, damit sich die Kreise des Landes Schleswig-Holstein in Übereinstimmung mit den Zuständigkeitsbereichen der Bundesagentur für Arbeit befinden,