Protocol of the Session on March 11, 2004

Der Staat bestimmt mit der Menge der ausgegebenen Lizenzen das Angebot und die maximal erlaubte Emissionsmenge. Die Nachfrage kommt von denen, die CO2 emittieren wollen. So verwirklichen wir das Verursacherprinzip: Wer emittieren will, muss bezahlen.

Ich darf daran erinnern, Herr Kollege Malerius, dass ich in diesem Hause den Emissionshandel schon lange gefordert habe und dafür eingetreten bin.

(Beifall bei der FDP)

Das gesamte Verfahren des Emissionshandels beeinflusst auch die Nachfrage nach den Endprodukten. Die unsichtbare Hand des Marktes sorgt dafür, dass sich Ökonomie und Ökologie ergänzen, ganz anders, als es bei der FFH-Tragödie des Ministers Müller der Fall ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein weiterer großer Vorteil der Lizenzen ist, dass sie den technischen Fortschritt anheizen. Das geschieht, weil es sich für die Unternehmen lohnt, Emissionen zu vermeiden, wenn die Vermeidung pro Emissionseinheit preiswerter ist als die Lizenz für eine Emissionseinheit.

Insofern - ich betone das noch einmal - begrüßen wir die Einführung des Emissionshandels für CO2 in Europa. Damit bekommen allerdings zwei Gruppen wirkliche Probleme: Rot-Grün und die Windkraftindustrie. Das belegt eindrucksvoll ein neues Gutachten des wissenschaftlichen Beirates beim Bundeswirtschaftsministerium. Der Kollege Graf Kerssenbrock hat hieraus ausführlich zitiert; ich brauche es deswegen selber nicht zu tun. Es lohnt sich in der Tat, dieses Gutachten durchzuarbeiten. Es hat übrigens nicht 17, sondern 21 Seiten. Es lohnt sich wirklich, es von der ersten bis zur 21. Seite durchzuarbeiten.

Rot-Grün hat hier immer behauptet, es wolle die Windkraft fördern, um das Weltklima zu schützen. Die Windkraftindustrie wird deshalb erheblich

(Christel Aschmoneit-Lücke)

subventioniert, und zwar mit der Einspeisevergütung nach dem Gesetz über die Förderung erneuerbarer Energien, kurz EEG genannt. Aber mit dem Beginn des Emissionshandels - das müssen wir noch einmal ganz klar sagen - wird das EEG überflüssig; denn die Subventionen der Windkraft verhindern dann keine CO2-Emissionen mehr.

(Beifall bei FDP und CDU)

Warum? Das ist ganz einfach: Wie viel CO2 emittiert wird, bestimmt allein die Zahl der verfügbaren Lizenzen. Windmühlen konkurrieren mit Kraftwerken, die CO2 emittieren. Letztere werden nahezu komplett dem Emissionshandel unterworfen. Subventionen für Windkraft senken dann nur noch den Preis für Lizenzen. Die emittierte CO2-Menge ändert sich nicht.

Aber die Vermeidung von CO2-Emissionen durch Subventionen für Windmühlen wird dann sehr teuer. Ausgehend von den derzeitigen Einspeisevergütungen und einem Lizenzpreis von 10 € pro Tonne CO2Emissionen ist die CO2-Vermeidung per EEG um bis zu 2.500 % teurer als die CO2-Vermeidung durch die Modernisierung herkömmlicher Kraftwerke.

Unter dem Blickwinkel des Klimaschutzes wird das EEG damit zur reinen Ressourcenverschwendung. Aber es wird noch schlimmer: Das EEG hebt den Strompreis und verstärkt damit den Anreiz, Stromproduktion und andere CO2-intensive Produktionen in Länder zu verlagern, die sich nicht so um den Klimaschutz kümmern.

(Beifall bei FDP und CDU)

Damit sinken die CO2-Emissionen bei uns. Allerdings nützt das dem Weltklima überhaupt nicht; denn anderswo steigen die Emissionen entsprechend an.

Wird die Produktion verlagert, gehen selbstverständlich die Arbeitsplätze mit. So bremst das EEG bei uns das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und erhöht bei uns die Arbeitslosigkeit, aber es stärkt Wachstum und Beschäftigung woanders. Folglich werden die Länder, in die die Produktion abwandert, sich bei Selbstverpflichtungen zum CO2 -Ausstoß zurückhalten, was dem Weltklima nicht nützt, sondern schadet.

(Beifall bei FDP und CDU)

Warum wohl haben die USA die Kyoto-Protokolle nicht unterschrieben? - Ich finde das nicht gut, um Gottes Willen, nein

(Günter Neugebauer [SPD]: Wir auch nicht!)

- das weiß ich, natürlich finden Sie das nicht gut -, aber sie haben wirtschaftlich denkend gehandelt, weil

sie genau wussten, dass sich die Produktion dadurch verlagern wird.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Häufig wird für das EEG vorgebracht, dass es die Exportchancen der zukunftweisenden Technologie fördere. Unter dem Aspekt des Weltklimaschutzes ist dies mehr als fragwürdig. Viel stärker und viel preiswerter würde es dem Weltklima helfen, wenn die Modernisierung von Kohlekraftwerken in Schwellen- und in Entwicklungsländern gefördert würde.

(Beifall bei der FDP - Glocke des Präsiden- ten)

Bitte beachten Sie die Redezeit!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

In China zum Beispiel ist der Stromverbrauch letztes Jahr um 15 % gestiegen. Und wer - wie ich - längere Zeit in Entwicklungsländern gelebt hat, weiß, dass diese Entwicklungsländer auf Energie angewiesen sind. Und sie werden sich das auch nicht verbieten lassen.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es wäre katastrophal - Herr Präsident, mein letzter Satz -, wenn das Land, wenn Rot-Grün weiterhin eine Vorreiterrolle in die falsche Richtung spielt und dem Steckenpferd ihrer Windpolitik nachrennt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke der Landesregierung für den Bericht. Zukünftige Energiepolitik - das heißt Energiewende mit den drei Elementen: Einsparung, Effizienz und erneuerbare Energien. So hat es die Landesregierung in ihrem Bericht dargestellt und so sieht auch meine Fraktion das, und zwar nicht erst, seit die CDU den Berichtsantrag gestellt hat, sondern schon immer. Es gibt kaum ein anderes Politikfeld, bei dem es so große Unterschiede in der politischen Strategie gibt wie bei der entscheidenden Frage nach der Zukunft der Ener

(Detlef Matthiessen)

giepolitik. Wir in Schleswig-Holstein sind uns zumindest mit den Sozialdemokraten in dieser Frage sehr einig, auf Bundesebene gibt es allerdings das Problem der Kohlesubvention, die den Steuerzahler mit 44 € pro Kopf und Jahr belastet. Allein das ist zehnmal mehr als der Preis für regenerative Energien in Deutschland.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und beim SSW)

Das stört offenbar die CDU wenig. Die CDU allerdings wie die FDP wollen so weitermachen wie bisher, das heißt zentrale Großkraftwerke auf der Basis fossiler Energieträger und Atomkraft.

(Zurufe von CDU und FDP)

Klimaschutz, Endlichkeit der Vorräte an Energieträgern und teilweise die Gefahren des atomaren Weges werden zwar als Lippenbekenntnisse genannt - wie könnte man auch an den Problemen vorbeisehen -, aber Instrumente zur Lösung werden nicht genannt.

(Widerspruch bei der FDP)

Dagegen werden alle Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierung bekämpft. Von den 22 Gesetzen und Initiativen im Bereich Klimaschutz und Energie hat die CDU auf Bundesebene nur dreien zugestimmt, die FDP keinem und keiner. Es kommt nicht nur darauf an, richtige Fragen zu stellen, es kommt auch darauf an, eine solide Politik zu formulieren, Konzepte für eine Lösung zu erarbeiten. Da tut die Opposition so gut wie gar nichts.

Die Opposition hat in Bund und Land keine Kompetenz auf diesem Gebiet und beschränkt sich aufs Nörgeln, was insbesondere der Beitrag des Kollegen Kerssenbrock heute wieder unterstrichen hat. Dabei ist die Energiepolitik und die damit verbundene Technologiepolitik für unser Land als Industrie- und Exportnation von elementarer Bedeutung. Ich möchte hier auf das Thema Verfügbarkeit der Energierohstoffe und Importabhängigkeit etwas näher eingehen, weil das Energiepreisniveau entscheidend davon abhängt. Wir haben 2003 Energieträger im Wert von 34,1 Milliarden € importiert, wobei insgesamt 44 Milliarden € eingeführt und 10 Milliarden € exportiert wurden. Das zeigt, dass dort eine erhebliche Handelstätigkeit zu beobachten ist. Herr Kollege Kerssenbrock, im Übrigen haben wir einen Nettostromexport, wir sind also mit unserer Energiewirtschaft und Stromwirtschaft sehr gut aufgestellt. Wir konnten diesen Export 2003 auf über 18 % steigern.

Die Abhängigkeit vom Import beträgt beim Uran 100 %, beim Öl 97 %, beim Erdgas 82 % und bei der Steinkohle 59 %. 2003 ist gegenüber dem Vorjahr Öl um 15 % teurer geworden, die Preissteigerung betrug bei Erdgas 5 % und bei der Steinkohle 30 %. Braunkohle, Wind- und Wasserkraft und sonstige Energieträger, hierzu zählt auch die Müllverbrennung, sind praktisch vollständig inländische Erzeugung. Das bedeutet, wir decken 74 % unseres Energiebedarfs durch Import ab - bei stark steigenden Preisen.

Gleichzeitig sagt der Bericht - das ist hier heute auch schon erwähnt worden -, dass wir 22 GW atomare und 40 GW fossile Kraftwerkleistung in Deutschland und 200 GW in Europa bis zum Jahr 2020 ersetzen müssen, weil die Anlagen ihr technisches Lebensende erreichen. Zur Verdeutlichung: Die Sterbelinie des deutschen Kraftwerkparks verläuft also so, dass mehr als zwei Drittel der Stromerzeugung ersetzt werden müssen. Also werden beide Faktoren, sowohl auf der Rohstoffseite als auch bei der Energieumwandlungstechnik, die Kosten in Zukunft erheblich steigern. Energiebilligpreise wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Zugleich ist es Tatsache, dass wir die Energievorräte gar nicht verbrauchen dürfen, weil die Aufnahmefähigkeit der Umwelt längst überschritten ist. Wir können Kraftwerke nicht nur durch den Zubau, sondern auch durch Einsparungen ersetzen. Allein der nicht notwendige Standby-Strom wird mit 5 Milliarden € pro Jahr angegeben. Der Heizverbrauch kann durch wärmetechnische Sanierung von Altbauten um Größenordnungen reduziert werden. Dezentrale KraftWärme-Kopplung kann die Mehrheit der Großkraftwerke ersetzen. Graf Kerssenbrock, hören Sie zu, denn Sie fragten ja, wie das ersetzt werden soll! Die Kraft-Wärme-Kopplung ist da ein strategisch im Mittelpunkt stehendes Instrument. Effiziente GuDKraftwerke sind schnell steuerbar und nutzen die Energie fast vollständig aus, was Großkraftwerke nur zu einem Drittel tun.

(Zurufe von der CDU)

- Reden Sie von Müllverbrennung?

(Dr. Trutz Graf Kerssenbrock [CDU]: Geis- tiger Müll! - Weitere Zurufe von CDU)

- Aha, ich hatte das Gefühl, dass ich hier ein paar Sachargumente vortrage, aber wenn Sie das mit Müll abtun, Kollege Kerssenbrock, unterstreicht das Ihre große Kompetenz auf dem Gebiet der Energiepolitik.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

(Detlef Matthiessen)

Dies jedenfalls sind Wege in eine freundliche Energiezukunft und eines geht nicht, meine Damen und Herren von der Opposition, so weitermachen wie bisher. Das geht nicht und Sie müssen sich bewegen.