Protocol of the Session on September 28, 2000

Ich rufe also Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente

Große Anfrage der Fraktion der CDU Drucksache 15/273

Antwort der Landesregierung Drucksache 15/333

Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich dem Herrn Minister für Finanzen und Energie das Wort und möchte an meine Eingangsbemerkung erinnern; es liegt uns alles schriftlich vor.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Konzept über die Zwischenlagerung von Brennelementen ist Gegenstand der Konsensvereinbarungen. Darüber haben wir diskutiert. Wir werden über einen Berichtsantrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Oktober ausführlich diskutieren. Natürlich ist es das gute Recht, mithilfe einer Großen Anfrage Zwischenfragen zu stellen und das hat nach der Geschäftsordnung des Landtages auch Vorrang. Ich verweise auf die ausführliche Stellungnahme und die Beantwortung der Fragen. Es ist nicht so, dass wir hier aus taktischen Gründen, wegen eines Berichtsantrages einer anderen Fraktion, nicht ausführlich geantwortet hätten.

Ich weise darauf hin: Es ist neu, dass für zwei Kernkraftwerke nicht nur Zwischenlager beantragt worden sind, sondern Hilfszwischenlager. Ich will hier noch einmal deutlich sagen, die Zuständigkeit für die Genehmigung liegt beim Bundesamt für Strahlenschutz. Nach wie vor sind wir der Auffassung, dass wir in Schleswig-Holstein nicht drei Zwischenlager benötigen. Wenn wir uns schnell auf einen Standort für Zwischenlager in Schleswig-Holstein verständigen, werde ich dafür eintreten, dass die Genehmigungsverfahren zügig durchgeführt werden. Dann brauchten

(Minister Claus Möller)

wir auch nicht diese Hilfszwischenlager, denn dann wäre die Entsorgungssituation so, dass das nicht erforderlich wäre.

Die Transporte liegen ebenfalls in der Zuständigkeit des Bundes. Ich denke, der Wunsch des Fragestellers, daraus im Interesse der Sicherheitskräfte eine geheime Kommandosache zu machen, ist ein Spannungsfeld zwischen dem Informationsgesetz, das der Landtag hier beschlossen hat, und zum Beispiel den berechtigten Interessen der Polizei. Ich denke, die Praxis der Transporte in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass wir das zwar nicht ganz in der Hand haben, da wir nicht die Genehmigungsbehörde sind, dass wir aber beide Interessen auf einen Nenner gebracht haben. Das werden wir auch in Zukunft tun.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, ich bin geneigt, schon wieder zu kommentieren. Das werde ich aber unterlassen.

Wir kommen zur Aussprache; ich eröffne sie und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Trutz Graf Kerssenbrock das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst ein persönliches Wort sagen. An der letzten Debatte im Juli konnte ich nicht teilnehmen. Ich habe mich über die Grüße sehr gefreut, die mir zugekommen sind.

Herr Minister, wir können verstehen, warum Sie, die Regierungsfraktion, den Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 15/136, im Juli ohne Ausschussüberweisung einfach abgelehnt haben. Sie wollten sich vor für Sie doch höchst peinlichen Antworten drücken. Noch im April hatten Sie vollmundig in einer großen Pressekonferenz angekündigt: „Das ist völlig überdimensioniert und absurd“ - so Ihr wörtliches Zitat vom 7. April 2000 in den „Kieler Nachrichten“. Und die Überschrift des Artikels lautete: „Kiel lehnt Krümmel ab“.

Nun, nach dem so genannten Ausstiegskonsens - und eben haben wir das auch noch einmal von Ihnen gehört -, der eigentlich kein richtiger ist - darauf komme ich noch -, müssen Sie zu Kreuze kriechen und bekennen, dass der zuständige Bund sich um seinen Senf überhaupt nicht kümmert. Sie ziehen vielmehr das, was Sie und die Wirtschaft für richtig halten, durch.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Herr Minister, Sie und Ihre Regierung mit Ihrem radikalen Ausstiegskurs und auch Ihrer Kritik am Ausstiegskonsens werden in Berlin offensichtlich überhaupt nicht mehr ernst genommen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Offensichtlich stehen Sie völlig allein mit Ihrer Auffassung.

(Martin Kayenburg [CDU]: Nicht nur dabei!)

Sie müssen zerknirschte Miene zum bösen Spiel Ihrer Bundesregierung machen. Das kann man in der Antwort auf die Große Anfrage sehr schön nachlesen. Positiv bewerten Sie jetzt an den Genehmigungsanträgen allenfalls, dass Sie in die eingeleiteten Verfahren eingebunden werden. Das ist ohnehin geltende Rechtslage. Sie bekräftigen aber trotzdem Ihren abweichenden Standpunkt. Das haben Sie eben auch wieder getan. Das ist frei nach dem Bild: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter. Die Hunde sind die rot-grünen Hunde aus dem Norden und die Karawane ist die Bundeskarawane.

(Beifall der Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU] und Frauke Tengler [CDU])

Ich kann es ja menschlich verstehen, dass Sie uns die Offenbarung Ihrer schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten mit Ihrer eigenen Regierung in Berlin vorenthalten wollen. Nur, Herr Minister, wir lassen uns das als Opposition nicht bieten. Deshalb haben wir auch diese Große Anfrage gestellt.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Sie haben versucht, das Eingeständnis Ihres Scheiterns beim Verhindern der Zwischenlager der Öffentlichkeit und dem Parlament zu verheimlichen und haben unseren Antrag erst einmal abgelehnt. Trotz Ihrer viel zu langen Regierungszeit - schon jetzt - müssen Sie lernen, dass wir uns das als Opposition nicht bieten lassen.

Was also findet jetzt statt? Was findet in Form der Durchführung der Ausstiegsvereinbarung statt, die ja die Zwischenlager, Interimslager - das haben Sie ja eben gesagt -, beinhaltet, wenn wir Ihre eigenen Worte nehmen, Herr Minister? - Absurdes Theater, offensichtlich nach Ihren eigenen Worten.

So gibt Ihre Antwort unfreiwillig einen Blick auf das Innenleben von Rot-Grün frei. Sie jedenfalls wollen die Inhalte der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 so gar nicht, weil das nach Ihrer Auffassung kein Sofortausstieg ist, wie Sie ihn für möglich halten. Er geht Ihnen offensichtlich nicht weit genug. Ihre Regierung wird dann wahrscheinlich auch weiterhin versuchen, der Energiewirtschaft - insbesondere den Kernkraftbetrei

(Dr. Trutz Graf Kerssenbrock)

bern - Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wo Sie können.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Sie werden auch weiterhin teure Gutachten zu Scheinproblemen einholen, um die angeblich vermeintliche Gefahr, die von deutschen Kernkraftwerken ausgeht, zu belegen und Emotionen wach zu halten. Sie werden auch weiterhin unter dem Deckmantel von Umweltzwecken die Abgaben- und Steuerschraube für die Kernkraftwerksbetreiber anziehen wo Sie können, ohne Rücksicht auf die davon betroffenen Arbeitsplätze zu nehmen. Und von Investitionssicherheit können Kernkraftwerksbetreiber in Schleswig-Holstein ohnehin nur noch träumen.

All das zeigt, dass Sie die Ausstiegsvereinbarung gar nicht wollen. Wenn das so ist, sollten Sie das aber auch öffentlich dem Parlament sagen. Dann wird nämlich deutlich, was Sie in Wahrheit sind: die umweltpolitischen Geisterfahrer der Republik.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, nun werden Sie sich möglicherweise vielleicht auch Herr Minister Müller - noch einmal hinstellen und mit dem Brustton der Überzeugung der Regierenden darauf hinweisen, Sie hätten für Ihre Politik ein Mandat. Aktuell bestreitet das niemand von uns. Aber in einer Demokratie ist so etwas Gott sei Dank vergänglich. Seien Sie sicher: Das wird sich eines Tages ändern. Was wir von Ihnen einfordern, ist, dass Sie von Ihrem Mandat verantwortungsvoll Gebrauch machen und den Menschen auch sagen, was geht und was nicht geht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

So wie Sie - insbesondere die Grünen, Herr Hentschel - Ihren Wählern zu erklären haben werden, dass auch deutlich längere Laufzeiten als 30 oder 35 Jahre für einzelne Kernkraftwerke Inhalt des Ausstiegskonsenses sind, ja der Konsens keineswegs irreversibel ist, so werden auch Sie, die Regierungsparteien insgesamt, auf diesem energiepolitischen Kurs ins Nirwana irgendwann zurückrudern müssen.

Wenn aufgrund der Stilllegung der ersten Kernkraftwerke und der weiteren Steigerung des Stromverbrauchs, den ich für sicher halte, der CO2-Ausstoß um 170 Millionen Tonnen in Deutschland ansteigt, statt wie zugesagt um 25 % bis zum Jahr 2005 abzunehmen - und Herr Trittin schmückt sich ja in seiner ganzen Hilflosigkeit inzwischen mit den Zahlen der Bundesregierung unter Helmut Kohl, weil in der DDR die Betriebe stillgelegt worden sind und dadurch die CO2-Immission so zurückgegangen ist -, dann wird der

Zeitpunkt da sein, wo Sie wahrnehmen werden, welchen Irrweg Sie beschritten haben.

(Beifall bei der CDU)

Aber möglicherweise und wahrscheinlich sitzen Sie dann auf der längst verdienten Oppositionsbank.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Man muss sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, was der Energieminister mit seiner Ablehnung der Zwischenlager im April wirklich gewollt hat.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind unbelehrbar, Herr Kerssenbrock!)

Er glaubte, so viel Geld zu haben, dass er meinte, sich danach sehnen zu dürfen, endlich wieder einmal Geld für Polizeieinsätze zum Schutz von CastorTransporten innerhalb Schleswig-Holsteins ausgeben zu dürfen. Das ist ja nicht Ihr Geld, sondern das Geld der Steuerzahler. Ein Einsatz kostete in Niedersachsen 61 Millionen DM. Wir wollen die Zahlen für Schleswig-Holstein nicht hochrechnen; hoffentlich kommt es nicht dazu.

Herr Minister, wenn sich die Energieversorger dazu entschließen, werden es ja die Stromkunden zu bezahlen haben, diese teuren Zwischenlager zu bauen auch aufgrund Ihrer Politik, die Sie ja herbeigeführt haben, nämlich die Castor-Transporte dadurch zu vermeiden, dass Sie Zwischenlager bauen. Dann werden sie nach dem Motto daherkommen: Wenn ihr uns die Demos bei Gorleben nehmt, dann machen wir in Schleswig-Holstein unsere eigenen!

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Warum wollen Sie diese von Ihren eigenen politischen Mitstreitern aus der Not geborene vernünftige Idee der Zwischenlager eigentlich unterlaufen? Da können Sie nicht kommen und sagen, die Kapazitäten würden nicht gebraucht. Sie wissen noch gar nicht, wie lange das letztlich dauern wird. Sie wollten hier nur wieder politischen Druck erzeugen, statt sich um die geordnete Stromversorgung des Landes, seiner Bürger, seiner Arbeitnehmer zu kümmern.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Stellen Sie sich nicht mit verschränkten Armen als distanzierter Betrachter in die beleidigte Ecke wie ein schmollender Schüler, sondern leisten Sie Ihren Beitrag zum Schutz unserer Bürger und unserer Polizeibeamten, zur Verminderung der Zahl der CastorTransporte. Das heißt, Sie müssen zu diesen Zwi

(Dr. Trutz Graf Kerssenbrock)