Protocol of the Session on February 19, 2004

Dem gegenüber möchte ich eine kommunale Beschäftigungsgesellschaft stellen, in diesem Fall Neuland. Die haben im Jahr 2003 von 82 Langzeitarbeitslosen 37 Menschen einen Arbeitsplatz vermitteln können. Das sind weit über 40 %. Gut, das war nach einem Jahr, das andere war nach einem halben Jahr. Trotzdem: Wenn wir das hochrechnen und davon ausgehen, dass nur die Hälfte aller Landkreise und kreisfreien Städte ein ähnliches Erfolgserlebnis hätten und man auch da von 80 bis 100 Personen ausgehen könnte, dann kommt man zu einem Ergebnis, das sich mindestens mit dem der PSA messen lassen kann. Ich glaube, es wäre sogar weit besser.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Angelika Birk)

Eine solche Hochrechnung würde lohnen. Ich denke auch, wir sollten im Arbeitskreis danach fragen.

(Werner Kalinka [CDU]: Können Sie sagen, aus welchem Kreis das kommt?)

Nun erreichte uns allerdings eine Nachricht, die uns alarmieren sollte: Maatwerk, eine Verleihagentur mit 200 Serviceeinheiten im Bundesgebiet, die mit einem Viertel aller Aufträge der wichtigste PSA-Partner der Bundesagentur für Arbeit ist und - wenn ich mich Recht erinnere - nach dem Rezept der Niederlande bisher jedenfalls mit großem Erfolg arbeitete, muss nun Konkurs anmelden. Im Klartext: Selbst internationale Profis oder jedenfalls solche, die sich in der Form ihrer Verleiharbeit an internationalen Maßstäben orientieren und Erfahrung im Geschäft haben, erreichen die angestrebten Vermittlungsquoten nicht und können offensichtlich nicht mit den Vorgaben des Arbeitsamtes beziehungsweise der Bundesagentur für Arbeit zurechtkommen. Das sollte uns zu denken geben.

Lernt die Bundesagentur aus diesem Desaster? - Nein! Nunmehr, so ist zu hören, sollen Ausschreibungen auf vier zentrale Dienststellen konzentriert werden. Eine Einrichtung in Potsdam soll zukünftig für europaweit ausgeschriebene Vergaben der Arbeitsämter in ganz Norddeutschland zuständig sein. Die Qualitätsmaßstäbe bleiben dabei nebulös und werden als Vergabekriterium immer nur im Bereich zwischen 40 % und 60 % gegenüber anderen Kriterien, wie zum Beispiel den Kosten, angegeben.

Die umfangreichen Ausschreibungskataloge geben zwar DIN-Normen für Computerräume vor, aber keine inhaltlichen Qualitätskriterien für die Pädagogik und die Einbindung in die Arbeitsmarktsituation vor Ort. Dies haben auch schon die Fachleute der Regierungsfraktionen im Bundestag zu Recht öffentlich kritisiert.

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen am Schluss eine Stellenanzeige aus dem InternetAngebot des Arbeitsamtes Kiel nicht vorenthalten. Für den Raum Kiel sucht eine Weiterbildungsstiftung, die bei einer Ausschreibung als preisgünstigste den Zuschlag erhalten hat, Fachleute aus der Region für die Vermittlungsberatung. Ich zitiere aus der Stellenbeschreibung:

„Wir suchen hauptberufliche und freiberufliche Mitarbeiter. Es können sich somit auch Pädagogen und Dozenten angesprochen fühlen, die eine Ich-AG gegründet haben.“

Das billigste Angebot von außerhalb der Region beruht also auf heimlicher Doppelförderung durch die Arbeitsverwaltung, denn diese Leute mit der Ich-AG

bringen der Vermittlungsagentur sozusagen ihren eigenen Lohn huckepack - bezahlt vom Arbeitsamt - mit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Lage ist also durchaus ernst. Wenn wir nicht wollen, dass solche Beispiele die Regel werden, müssen sich Parlament und Landesregierung mit aller Entschiedenheit dafür einsetzen, sich gemeinsam für regionale Weiterbildungsverbünde einzusetzen und den von der Bundesagentur für Arbeit eingeschlagenen Weg kräftig stoppen. Es ist höchste Eisenbahn und fünf vor zwölf!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Abgeordneter Hinrichsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Rahmen des Hartz-Konzeptes spielte das Instrument der Personalserviceagenturen bei der Bemühung um eine schnellere und zielgenauere Vermittlung von Arbeitslosen eine nicht ganz unwichtige Rolle. Die Idee war, dass die Arbeitsämter flächendeckend als Träger Personalserviceagenturen errichten und qualifizierte Arbeitslose zum örtlichen Tariflohn als Leiharbeiter vermitteln sollen. Das Konzept der vermittlungsorientierten Zeitarbeit setzte also darauf, Arbeitslose in den Unternehmen zu beschäftigen.

Der Vorteil schien damals für alle Beteiligten auf der Hand zu liegen: Zum einen sollten die Personalserviceagenturen die Arbeitslosen schneller wieder in Arbeit bringen, indem sie diese an Firmen für bestimmte Aufgaben auf Zeit verliehen. Zum anderen sollten die Unternehmen durch dieses Angebot flexibler auf wirtschaftliche Entwicklungen reagieren können, indem sie qualifizierte Leiharbeiter bei konkreten Auftragseingängen oder Projekten schnell und unbürokratisch durch die PSA erhalten, ohne sich langfristig zu binden und ohne Kündigungsschutzbestimmungen einhalten zu müssen.

Die Bundesagentur spart Arbeitslosengeld und die Leiharbeitsfirma bekommt pro vermittelten Arbeitslosen einen Zuschuss.

Bei der Präsentation des Hartz-Modells im Sommer 2002 gingen die Experten deshalb auf Sicht von mehreren hunderttausend Beschäftigten bei den PSAs aus. Der vorliegende Bericht zeigt, dass die Einführung der Personalserviceagenturen auch in SchleswigHolstein äußerst schleppend verläuft.

(Silke Hinrichsen)

Zum 31. Dezember 2003 sind knapp über 1.100 Arbeitslose in Schleswig-Holstein real bei einer PSA beschäftigt und verdienen als Leiharbeiter ihr Geld. Auch die durchschnittliche Verleihquote liegt mit zirka 40 % nicht sehr hoch. Das sind schon enttäuschende Zahlen.

(Unruhe)

- Herr Dr. Garg, ich finde es schade, dass Sie sich im Moment unterhalten, da Sie sich vorhin darüber beschwert haben, dass man sich über einige Dinge lustig gemacht habe.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Herr Kollege, Sie sollten Frau Hinrichsen zuhören!)

- Und Kollege Behm zeigt mir sogar den Rücken.

Bundesweit sind die bisherigen Zahlen der Personalserviceagenturen ebenfalls nicht berauschend. Natürlich liegt das vor allem an der schwachen konjunkturellen Entwicklung. Das zeigt ja auch die Insolvenz des großen privaten Leihunternehmens Maatwerk, das fast 200 Verträge mit der Bundesagentur und zirka 9.500 Personalserviceagenturen-Beschäftigte im ganzen Bundesgebiet hat.

Maatwerk galt als ein Personaldienstleister, der ausgesprochen offensiv das Instrument der PSA einsetzte, und dieses scheint jetzt gescheitert zu sein.

Ich bin froh darüber, dass der Herr Minister ausdrücklich gesagt hat, dass für die Beschäftigten in Schleswig-Holstein eine Lösung gefunden sei und dass diese nicht wieder - was sie vielleicht schön häufig erlebt haben - auf der Straße stehen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich müssen in der Anfangsphase erst einmal die vielen bürokratischen und praktischen Hindernisse, die sich bei der Umsetzung der PSAs vor Ort ergeben haben, überwunden werden. Aber auch die Wirtschaft scheint dieses Instrument noch nicht so anzunehmen, wie man es sich damals vorgestellt hatte.

Es ist deshalb aus der Sicht des SSW festzustellen, dass wir angesichts der großen strukturellen Arbeitslosigkeit auch in Zukunft kaum an die Zahlen, die 2002 vom Hartz zu den PSAs genannt wurden, herankommen werden.

Deshalb ist die Errichtung von PSAs aber keineswegs verkehrt, aber sie können nur als eine Ergänzung zu den vielen anderen Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik und nicht als der große Wurf angesehen werden.

(Beifall bei SSW und SPD)

Die große Lösung der Probleme sind sie eindeutig nicht. Das steht jetzt schon fest.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wo bleibt jetzt Ihr Applaus?)

Deshalb muss die Bundesagentur für Arbeit auch genau überlegen, welche Prioritäten sie in der Arbeitsmarktpolitik für die nächsten Jahre setzt.

Der SSW bleibt dabei, dass die Bundesagentur in der jetzigen Lage keine Kürzungen im Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die auf den zweiten Arbeitsmarkt zielen, und bei den vielen Bildungseinrichtungen, die sich mit der Qualifizierung der Arbeitslosen beschäftigen, vornehmen darf. Eine solche Politik zerstört gewachsene Strukturen und schafft viele neue Arbeitslose, ohne dass entsprechende Ausgleichmaßnahmen vorhanden sind.

Das zumindest zeigt der Bericht über die aktuelle Situation bei den PSAs. Ich freue mich auf die Beratungen im zuständigen Sozialausschuss, wo wir vielleicht einvernehmlich darüber reden können, was langfristig aus diesem Instrument wird und wie wir es inzwischen bewerten.

(Beifall bei SSW und SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag gemäß § 56 Absatz 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Kalinka.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Beitrag der Kollegin Birk verdient es aus meiner Sicht, eine Antwort zu bekommen.

(Zuruf von der SPD: Da freut sie sich!)

- Ich kann mir vorstellen, dass Sie von der SPD ein bisschen betreten sind, dass Sie mit Ihrer Meinung zu diesem Thema isoliert in diesem Hause stehen. Das muss Sie nachdenklich machen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Birk, Sie haben hier sehr zutreffend Dinge dargestellt. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die Agentur Neuland im Kreise Plön sitzt. Ich bedanke mich für das Lob, dass wir im Kreis Plön so gute Arbeitsmarktpolitik machen. Vielen Dank für diesen Hinweis.

(Beifall bei CDU und FDP - Glocke der Prä- sidentin)

Herr Abgeordneter Kalinka, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?

Herr Kollege Kalinka, Sie haben darauf hingewiesen, wo sich die Agentur Neuland befindet. Wissen Sie auch, welcher Partei der Geschäftsführer der Agentur Neuland angehört?

- Herr Kollege Garg, im Kreis Plön geht es nicht nach der Parteifarbe, sondern nach Qualität.