Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Landtagssitzung des letzten Monats, im Januar, haben wir sehr intensiv und ausgiebig über die Arbeitsmarktpolitik in Schleswig-Holstein diskutiert. Grundlage war die Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage. Heute nun liegt der Bericht der Landesregierung mit der Überschrift „Personalserviceagenturen“ vor, ein Bericht, der aufzeigt, dass Personalserviceagenturen eines von mehreren Instrumenten sind, mit denen arbeitslosen Menschen möglichst rasch wieder in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Die neu geschaffenen Personalserviceagenturen sind ein Baustein im Rahmen des Umbaus des alten Arbeitsamtes zur Bundesagentur für Arbeit als ein moderner Dienstleister. Nicht mehr die Verwaltung von Arbeitslosigkeit soll im Mittel
punkt der Aktivitäten der Bundesargentur stehen, sondern der Wille, alle relevanten Arbeitsvermittlungen unter einem Dach in einem Jobcenter zusammenzufassen. Dazu gehört dann auch die PSA. Ich glaube, der bisherige Bericht zeigt deutlich, dass das nur ein Baustein unter vielen Antworten ist, die wir auf die Arbeitslosigkeit geben müssen.
Arbeitslose können nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit bei einer PSA eingestellt werden und über den Weg der Qualifizierung in Leiharbeit und mit begleitenden Maßnahmen in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse gebracht oder vermittelt werden. Auch hier gilt das Motto: sich aus Arbeiten in Arbeit zu bewerben ist leichter und Erfolg versprechender als sich aus der Arbeitslosigkeit bei Unternehmen vorzustellen.
Bundesweit haben bisher 15.300 arbeitslose Menschen die Personalserviceagenturen genutzt. Davon haben 6.375 Personen einen dauerhaften Job im ersten Arbeitsmarkt gefunden. Das sind rund 40 %. In Schleswig-Holstein liegt dies durchschnittliche Integrationsquote bei 46,4 %.
Das macht deutlich, dass das System der Personalserviceagenturen Arbeit akquirieren kann, erfolgreich sein kann, aber auch noch deutlich verbessert werden muss. Und hier kommen wir wieder zu der alten Auseinandersetzung in diesem Haus. Sind 46,4 % Integration in den ersten Arbeitsmarkt erfolgreich oder nicht? - Für mich ist das eindeutig. Die 474 Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner und ihre Familien, die über die PSA eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben, sind heilfroh, dass sie diesen Weg gehen konnten.
Selbstverständlich muss sich dieser Weg - wie übrigens jedes politische Konzept, wie jedes Arbeitsmarktkonzept - auch ständig der Veränderung, der Überprüfung stellen - dies auch vor dem Hintergrund der aktuellen Maatwerk-Pleite. Es scheint so, es habe sich das Maatwerk, ein Unternehmen, deutlich darin überschätzt, die notwendigen Kenntnisse über lokale Arbeitsmärkte zu haben. Und auch Erfahrungen im Bereich der Verleiharbeit scheinen bei Maatwerk nicht in ausreichendem Maß vorhanden gewesen zu sein. Deshalb ist es bedauerlich, dass nun erneut Beschäftigte, die Hoffnung in Personalserviceagenturen gesetzt haben, enttäuscht worden sind. Die MaatwerkInsolvenz betrifft in Schleswig-Holstein glücklicherweise lediglich eine Maßnahme im Rahmen der Regionaldirektion Nord. Die Bundesagentur - Herr Kollege Kalinka hat darauf hingewiesen - hat 90 Beschäf
tigte. Nach meinen Informationen haben aber alle diese Beschäftigten auch in anderen Personalserviceagenturen eine weitere Anstellung gefunden, so dass hier die Enttäuschung aufgefangen werden kann beziehungsweise gar nicht erst entstehen musste.
Gleichwohl macht die Maatwerk-Insolvenz deutlich, dass in Zukunft auch Aspekte für die regionale Verankerung und ausreichende Erfahrungen im Verleih von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beziehungsweise im Bereich von Zeitarbeit ein Kriterium für die Übertragung von Aufgaben an PSAs sein müssen. Wenn die Bundesagentur entsprechende Ausschreibungen durchführt, sollte sie das in größerem und stärkerem Maße berücksichtigen. Vor allem die regionale Verankerung kann hier ein zusätzliches und wichtiges Kriterium sein, um zusätzliche und neue Arbeitsplätze zu akquirieren, damit auch die Erfolgsquote der Integration über Personalserviceagenturen gesteigert und zusätzliche Arbeitsplätze erschlossen werden können. Das Elmshorner Modell ist und bleibt in diesem Zusammenhang übrigens ein sehr vorbildliches und attraktives Projekt.
Vor diesem Hintergrund wollen wir die Diskussion im Ausschuss gern weiterführen. Wir beantragen die Überweisung an den Sozialausschuss.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal habe ich mich gefragt, als ich den Antrag der CDU gelesen habe, warum der Kollege Kalinka den Antrag zu den Personalserviceagenturen stellt, obwohl in unserer Großen Anfrage doch 28 Fragen zu den Personalserviceagenturen enthalten waren, die auch beantwortet worden sind. Dann habe ich mir noch einmal angeschaut, was das Kernstück von Hartz IV war und habe gesehen - es ist ja ganz interessant, wenn man sich das noch einmal vergegenwärtigt -, dass das Herzstück von Hartz IV die Personalserviceagenturen sein sollten. Man muss sich das vergegenwärtigen, mit welchem Anspruch man daran gegangen ist und Politik gemacht hat: Die Grundaussage lautete, man wolle 500.000 Menschen bundesweit - 500.000 Menschen! - wieder in Beschäftigung bringen.
Ich werden heute kein abschließendes vernichtendes Urteil über das Gesamtkonzept fällen, aber zur Ehrlichkeit gehört auch - -
- Herr Nabel, ich finde diese Sprüche ganz witzig, aber es wäre auch sehr schön, wenn Sie mir häufig einfach einmal zuhören würden. Sie sollten einfach einmal zuhören, dass von den angepeilten 500.000 Menschen, die Arbeit finden sollten, genau 675 Menschen Arbeit gefunden haben. Herr Nabel, Ihre platten Sprüche zeigen, dass Ihnen das egal ist. Mir ist das nicht egal.
Ich finde, wie Sie sich hier über arbeitslose Männer und Frauen lächerlich machen, das geht langsam wirklich zu weit. Das haben diese Menschen nicht verdient.
(Konrad Nabel [SPD]: Sie sollten aufhören, hier herumzulügen! Was fällt Ihnen eigent- lich ein, hier so herumzulügen? - Weitere Zurufe von der SPD)
In Schleswig-Holstein sind von den 1.445 vorhandenen PSA-Leiharbeitsplätzen derzeit 1.113 besetzt. Und in Schleswig-Holstein wurden bisher 129 Arbeitslose vermittelt. Herr Minister Rohwer, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, dass Sie völlig nüchtern und korrekt dargestellt haben, dass das bisher alles andere als ein Erfolg gewesen ist. Deshalb verstehe ich Ihr Geschrei dahinten noch viel weniger.
- Bisher habe ich nicht geschrien. Sie hätten das vielleicht gern! Ich möchte nur auf einen Aspekt eingehen, weil es wenig Sinn hat, die Zahlen dreimal herzubeten. Ich möchte auf den Aspekt eingehen, der mir ganz besonders wichtig ist: Wir sind in Deutschland mittlerweile bei fast 7,7 Millionen Arbeitslosen. Davon sind 4,6 Millionen offiziell gemeldet. Wir sind in Deutschland mittlerweile Weltmeister im Organisieren und Verwalten von Arbeitslosigkeit geworden. Wir sind ganz weit hinten, wenn es darum geht, Menschen wirklich wieder eine Perspektive zu bieten, in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukommen.
Das ist so, weil es eklatante Defizite in der Politik gibt. Ich gebe es gern zu: Das ist nicht erst seit den Zeiten von Rot-Grün so. Sozialreformen wurden auch
schon unter Schwarz-Gelb verbummelt. Das ist gar keine Frage. Das ist gar kein Streitpunkt, das habe ich hier immer wieder gesagt. Weil aber große Strukturreformen - wie die Reform der sozialen Sicherungssysteme oder ein transparentes und einfaches Steuersystem - bis heute liegen bleiben, begibt sich Politik auf ein Ersatzspielfeld und guckt, wie man Arbeitslosigkeit organisiert und verwaltet.
Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass Menschen mit einer Sache Geld verdienen. Womit ich aber ein Problem habe ist, dass es immer lukrativer wird, mit der Arbeitslosigkeit Geld zu verdienen.
Da wird kein Geld in Unternehmen verdient, sondern da wird Geld von Beitragszahlern und aus Steuermitteln verdient. Auch wenn Sie beim Kollegen Kalinka immer so kräftig schreien mögen. In einem Punkt hat er vollkommen Recht:
- Ja, lieber Kollege Matthiessen, das ist leider der entscheidende Punkt. Arbeitsplätze werden von Unternehmen in der Wirtschaft geschaffen. Alles andere mag begleitend und sozialpolitisch notwendig sein. Wir glauben doch aber nicht im Ernst, dass wir 4,5 Millionen Arbeitslose durch ASH, BSH, PSA oder wie sie alle heißen wegbekommen. Das muss aber unser Ziel sein. Unser Ziel muss sein, Arbeitslosigkeit wirklich zu bekämpfen und Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen!
(Beifall bei FDP und CDU - Konrad Nabel [SPD]: „Wie“ ist die Frage! - Zuruf von der SPD: Tolle Idee!)
- Mit den Kräften des Marktes. Wenn Sie Markt verhindern, dann werden wir es mit Sicherheit nicht schaffen, Herr Kollege Nabel. Herr Minister Rohwer, ich sage es noch einmal: Ich fand Ihre Rede heute wohltuend. Das ist ein erster kleiner Schritt.
- Ja, ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin! - Es ist ein erster Schritt, wenn man ganz klar sagt, dass das bisher alles andere als ein Erfolg war. Tun wir alles, dass es in Zukunft ein Erfolg wird, und zwar nicht Placeboeffekte der aktiven Arbeitsmarktpolitik, sondern das Generieren von Wachstum, damit Arbeitsplätze entstehen können. Herr Minister, das war Ihr Credo. Hier nehmen wir Sie beim Wort. Darauf warten wir und darauf warten auch 200.000 arbeitslose Menschen in Schleswig-Holstein.
Meine Damen und Herren! Ja, man kann das Ergebnis der PSAs durchaus so bezeichnen: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Dieser Berg ist die Bundesagentur für Arbeit. Ich muss sagen, die Zahlen haben mich alles andere als begeistert. Herr Rohwer, auch wenn es sich nur um ein halbes Jahr handelt, man muss sich das einmal klarmachen: Nur 27,6 % von insgesamt gut 1.000 Menschen haben auf diesem Wege nach einem halben Jahr einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Was der ganze Spaß gekostet hat, das kann uns offensichtlich auch niemand sagen, jedenfalls niemand von der Bundesagentur für Arbeit. Auch dieses macht nachdenklich.
Wir wissen jedenfalls, wie viele Maßnahmen anderer Art in der Weiterbildung und auf dem so genannten zweiten Arbeitsmarkt dafür aufgegeben werden mussten, denn dazu haben wir in Briefen Klagen erhalten.
Angesichts der bisherigen Profile, denn es handelt sich um Langzeitarbeitslose, und angesichts des bisherigen Geschäfts von Verleihagenturen wundert es auch nicht, dass diejenigen, die von dieser Art von Vermittlung erfasst wurden, doppelt so häufig Männer als Frauen waren. Das will ich in diesem Fall gar nicht zum Vorwurf machen. Es hängt einerseits mit der Langzeitarbeitslosenstruktur zusammen. Andererseits hängt es auch damit zusammen, wie viele Frauen sich erwerbslos melden. Trotzdem sollten wir diese Zahlen noch einmal genauer analysieren.
Dem gegenüber möchte ich eine kommunale Beschäftigungsgesellschaft stellen, in diesem Fall Neuland. Die haben im Jahr 2003 von 82 Langzeitarbeitslosen 37 Menschen einen Arbeitsplatz vermitteln können. Das sind weit über 40 %. Gut, das war nach einem Jahr, das andere war nach einem halben Jahr. Trotzdem: Wenn wir das hochrechnen und davon ausgehen, dass nur die Hälfte aller Landkreise und kreisfreien Städte ein ähnliches Erfolgserlebnis hätten und man auch da von 80 bis 100 Personen ausgehen könnte, dann kommt man zu einem Ergebnis, das sich mindestens mit dem der PSA messen lassen kann. Ich glaube, es wäre sogar weit besser.