Protocol of the Session on February 18, 2004

Zusammengefasst will ich auch noch einmal einen Blick auf die Einnahmesituation dieser Einrichtungen lenken. Wir haben die Eigeneinnahmen der Institutionen um circa 700.000 € steigern und damit den Zuschussbedarf des Landes um 160.000 € senken können. Dies verdient besondere Anerkennung, weil das in eigenwirtschaftlicher Leistung erbracht worden ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

In dieser Rechnung sind enthalten - das habe ich schon erwähnt - die 7 Millionen € Modernisierungsmittel, die wir insgesamt für Bildungsstätten aufgebracht und die letztlich auch zu dieser Aufwärtsentwicklung bei den Bildungsstätten beigetragen haben.

Ich habe die 156 Bildungsstätten erwähnt, die in dem Bericht auftauchen, aber die werden keineswegs alle gefördert. Das muss man einmal klarstellen. Aber wir sind der Auffassung, jetzt muss es Schwerpunkt sein, dieses Bildungsstättenkonzept zu entwickeln. Ich bin auch der Auffassung, dass die Vielzahl erhalten bleiben muss. Wenn sich Wirtschaft und Gesellschaft in einem permanenten Wandel befinden, und zwar in größerem Umfang als zur Gründungszeit der Heimvolkshochschulen, muss für diese vielfältigen Herausforderungen auch ein vielfältiges Angebot bereitge

(Hermann Benker)

stellt werden. Das haben wir in Schleswig-Holstein erreicht.

Trotzdem: Das Befangen, das Sie ausgedrückt haben, Herr de Jager, will ich einmal an ein paar Punkten konkretisieren, die im Hintergrund auftauchen, die auch in dem Bildungskonzept als Bemerkung und im Bericht selber auftauchen. Trotz der hohen Teilnehmerzahl, die die Ministerin genannt hat, nimmt nur etwa jeder zweite Schleswig-Holsteiner an Weiterbildung teil, obwohl finanziell und vom Volumen her der Weiterbildungsbereich inzwischen der größte Bereich in Schleswig-Holstein geworden ist. Das als Erstes.

Zweitens. Teilnehmer an Weiterbildung sind in der Regel diejenigen, die eine gute Erstausbildung erhalten haben. Gedacht war aber eher daran, dass bildungsfernere und bildungsbenachteiligte Gruppen eine zusätzliche Chance erhalten sollen. Diese Forderung haben wir deshalb mit in unseren Antrag aufgenommen.

Drittens. Ältere Personen und ausländische Mitbürger nutzen die Chance zur Weiterbildung immer noch zu wenig.

Viertens. Die Arbeitsmarktsituation, die Angst um den Arbeitsplatz sind Hemmnisse, Weiterbildungsstätten zu besuchen. Dabei ist das Hemmnis weniger die unmittelbare Kostenfrage selbst, sondern es sind eher personelle Engpässe und zeitliche Dispositionen im Betrieb sowie vor allem Einstellungen der Chefs und der Abteilungsleiter zu Weiterbildungsmaßnahmen insgesamt. Die Interessenten werden madig gemacht, damit sie sich gar nicht erst bewerben.

Trotz dieser Feststellungen ist Schleswig-Holstein in der Weiterbildungslandschaft gut aufgestellt. Damit es noch besser wird, haben wir diesen Antrag gestellt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Bericht liefert eine gute Informationsgrundlage zur Situation der Bildungsstätten in Schleswig-Holstein; er verdeutlicht jedenfalls in quantitativer Hinsicht die Leistungen der vom Land geförderten Einrichtungen. Aber je nachdem, welches Ministerium für die einzelnen Bildungsstätten zuständig ist, fällt die Förderung durch das Land wirklich extrem unterschiedlich aus. Beispiele sind auch schon

genannt worden. Ich nehme noch ein Beispiel dazu: Wenn man einmal die Situation, in der sich die internationale Begegnungsstätte Jugendhof Scheersberg befindet, mit der Situation der Akademie für Natur und Umwelt vergleicht, dann muss man sagen, auf dem Scheersberg werden fast fünfmal so viele Veranstaltungen durchgeführt

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

mit zweieinhalbmal so vielen Teilnehmern und sechsmal so vielen Teilnehmertagen. Aber die Höhe der Förderung liegt nur etwa bei der Hälfte der Landesmittel, die der Akademie für Natur und Umwelt zur Verfügung stehen.

Weshalb Bereiche wie die Jugendbildung, die kulturelle Bildung und die Umweltbildung in unterschiedlichen Trägerschaften organisiert sind - bei der Akademie für Natur und Umwelt handelt es sich ja um eine nicht selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts; bei vielen anderen Trägern handelt es sich um freie Trägerschaften -, ist eigentlich nicht ersichtlich. Auch warum es sehr unterschiedliche Konditionen der Förderung gibt, erschließt sich aus dem vorliegenden Bericht der Öffentlichkeit und dem Parlament nicht.

Wünschenswert wären eine transparente Kosten- und Leistungsrechnung für alle Einrichtungen, die vom Land gefördert werden, und allgemein nachvollziehbare Kriterien, denen sich dann alle Einrichtungen gleichermaßen unterwerfen müssten. Sonderkonditionen im Einzelfall für einzelne Bereiche müssten mit einer sehr plausiblen und für die Öffentlichkeit und das Parlament nachvollziehbaren Begründung versehen werden.

Meine Damen und Herren, im Zuständigkeitsbereich des Kultusministeriums gibt es eine einheitliche Konzeption für alle Einrichtungen, die zu der Ressortverantwortung der Kultusministerin gehören, eine transparente Förderstruktur, die dem Anspruch an überschaubare, plausible, transparente, einheitliche Kriterien wirklich gerecht wird. Insoweit kann der Bereich der Bildungsstätten, die zum Aufgabenbereich des Bildungsministeriums gehören, gewissermaßen auch als vorbildlich angesehen werden.

Das Gespräch, das der Bildungsausschuss am 21. August des letzten Jahres mit dem Sprecher des Arbeitskreises dieser Bildungsstätten, mit dem Verbandsgeschäftsführer des Landesvolkshochschulverbandes, geführt hat, hat aber auch Probleme deutlich gemacht, über die wir im Zusammenhang mit der Beratung über den Antrag der beiden Koalitionsfraktionen noch einmal reden sollten. Generell sind die

(Dr. Ekkehard Klug)

Bildungsstätten - das hat sich gezeigt - in immer stärkerem Maße von Teilnehmerbeiträgen abhängig. Das heißt, sie müssen mit ihrem Angebot auch verstärkt auf Kundennachfrage reagieren. Das ist auf der einen Seite sicherlich ein positiver Aspekt - größere Eigenfinanzierung, stärkere Kundenorientierung -, aber das bedeutet auf der anderen Seite, dass auch bestimmte Felder der Bildungsarbeit, die nicht so stark nachgefragt werden, tendenziell unter die Räder geraten.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Dazu gehört zum Beispiel der Bereich der politischen Bildung. Das bedeutet zugleich, dass bestimmte Teilnehmerkreise immer weniger in den Veranstaltungen präsent sind. Wenn Teilnehmer aus bildungsferneren Schichten solche Angebote nicht nachfragen und nicht bereit oder in der Lage sind, die teilweise schon relativ hohen Eigenbeiträge aufzubringen, dann wird hier eine ganze Gruppe aus diesem Bildungsangebot ausgeschlossen. Das ist eine Tendenz, die gerade - so denke ich - für rot-grüne Bildungspolitik durchaus bemerkenswert ist und die Ihnen auch Anlass zum Nachdenken geben sollte.

Nachdem Sie nun die Abendrealschulen abgeschafft haben, also ein Förderinstrumentarium des zweiten Bildungsweges schon weggefallen ist - die Zahl der Abendgymnasien ist halbiert worden -, ist dies ein Bereich in der Weiterbildung, in dem gerade auch eine soziale Gruppe, der man vielleicht den Zugang zu Bildungschancen stärker eröffnen müsste, nicht hinreichend präsent ist. Die Tendenz ist sogar eher die, dass die Teilnahme dieses Kreises sogar noch weiter zurückgeht.

Darüber gilt es nachzudenken. Deshalb meine ich, wir sollten im Ausschuss noch einmal über die gesamte Thematik diskutieren und der Landesregierung auch bestimmte Maßgaben für die Entwicklung eines Konzeptes zur weiteren Gestaltung der Bildungsstätten mit auf den Weg geben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Frau Abgeordnete Birk hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Klug, ich knüpfe an Ihre Gedanken an: Wer fragt Bildung nach und wer kann bezahlen? Deshalb stelle ich meinen Beitrag unter die Überschrift „Erwachsenenbildung darf keine Eliteveranstaltung sein“.

Schleswig-Holsteins Bildungsstätten brauchen sich nicht zu verstecken: Schöne Tagungshäuser und eine vielfältige Angebotslandschaft locken seit Jahrzehnten vielfach auch auswärtige Bildungshungrige in den Norden. Dies belegt der Bericht der Landesregierung. Die Umsetzung von Reformvorschlägen, die über eine Organisationsuntersuchung eingeleitet wurde, hat eine Reihe von vom Land langjährig geförderten Bildungsstätten wirklich in eine Aufwindphase gebracht. Es sind erfreuliche Attraktivitätssteigerungen festzustellen. Ich möchte das an dieser Stelle sagen, weil ich weiß, dass die Opposition immer behauptet: Reformen kommen nicht voran, es wird nicht organisiert, es wird nicht entbürokratisiert, es ist alles unattraktiv. Hier hat einmal eine Organisationsuntersuchung, die gründlich gemacht worden ist, auch entsprechende Folgen gezeigt. Das sollten wir einmal positiv festhalten.

In den letzten Monaten ist der Wettbewerb in der Weiterbildung aber knallhart geworden. Leider wird er nicht über Qualität geführt. Ich spreche über den Wettbewerb, der bei den meisten Menschen präsent ist, wenn sie das Wort Weiterbildung hören. Die Menschen denken nämlich nicht an Tagungshäuser auf dem Scheersberg oder an die Umweltakademie, die heute häufiger erwähnt wurde, sondern sie denken an die Grone-Schule oder an Maatwerk und ähnliche Einrichtungen, denn der größte Teil der Weiterbildung bezieht sich auf sehr arbeitsmarktnahe und berufsorientierte Weiterbildung. Ein sehr großer Arbeitgeber für Weiterbildung war bisher das Arbeitsamt. Auch wenn es ein wenig abseits des vorliegenden Berichts der Landesregierung liegt, möchte ich deshalb einen Blick darauf werfen, denn das Schicksal der vom Arbeitsamt geförderten Weiterbildung wird auch die „terms of trade“ anderer Bildungseinrichtungen berühren.

Die Ausschreibungskriterien der Bundesagentur für Arbeit sind vielfach noch nicht einmal geeignet, Bildungseinrichtungen von Kantinen zu unterscheiden. Genau darauf kommt es aber an. Deshalb brauchen wir dringend und rasch auf Bundesebene eine qualifizierte Zertifizierungsinstanz und auch eine praxisnähere Weiterbildungsforschungsbegleitung. Das ist in Deutschland ein Desiderat.

Diese Tendenz, die wir im Augenblick bedauerlicherweise bei der Bundesagentur für Arbeit sehen, wird Folgen haben, weil die Arbeitgeber sich natürlich an dem orientieren, was sie dort sehen. Alles andere scheint Luxus zu sein. Wir glauben aber, die Erwachsenenbildung umfasst sowohl den Bereich der beruflichen Bildung als auch darüber hinaus immer mehr als das Fitmachen für den Beruf. Wir wollen ein

(Angelika Birk)

persönlichkeitbildendes und demokratieförderndes spannendes landesweites Bildungsangebot. Dies hat es in Zeiten knapper Kassen noch viel schwerer. Das zeigt auch die bedauerliche Schließung der Evangelischen Akademie in Bad Segeberg. Das war kein Institut in ständiger Landesförderung, aber eine Einrichtung, in der viele Tagungen, die für die Landesregierung nicht unwichtig waren, stattgefunden haben. Verlässlich und erfolgreich widmete sich diese Einrichtung bildungsbenachteiligten Jugendlichen und griff gleichzeitig mutig gesellschaftliche Tabuthemen konstruktiv auf. Die Kirche musste dieses Institut nicht wegen mangelnder Nachfrage oder Qualität, sondern mangels Kirchensteuereinnahmen schließen.

Solche Schließungen werden unter Umständen nicht die einzigen bleiben. Deshalb müssen wir uns fragen, was die Weiterbildungslandschaft insgesamt bietet und welchen Part die Förderung der Landesregierung dabei hat, und müssen uns das Netz genauer angucken. Wir wollen eine Schließung oder eine Weiterentwicklung eben nicht dem Markt oder dem Zufall überlassen. Wir erwarten von der Landesregierung zumindest für die Institutionen, die bisher kontinuierlich von ihrer Förderung profitiert haben, eine Lotsen- und Moderationsfunktion für die Trägerabstimmung des landesweiten Bildungsangebotes. Das bedeutet, dass das, was das Bildungsministerium bisher erfolgreich geleistet hat, auch von anderen Ministerien aufgegriffen wird, sodass man zu einem wirklichen Regierungskonzept in dieser Frage kommt.

Auch wenn die Bildungsministerin natürlich am meisten mit der Weiterbildung zu tun hat, so sind auch der Wirtschaftsminister und andere Ministerien zu nennen, die an einer impulsgebenden Weiterbildung interessiert sind und auch in der Förderung stehen. Ich finde es allerdings zu billig, immer wieder auf die Akademie für Natur und Umwelt einzuprügeln. Wir haben keine Ängste, einen sinnvollen Kosten- und Qualitätsvergleich zu machen. Es ist sicher richtig, dass wir uns alle Institutionen genau angucken. Jetzt schon einen Buhmann aufzubauen, nach dem Motto, dort hängen die goldenen Wasserhähne, ist - glaube ich - nicht zielfördernd.

Wir versprechen uns von Zielvereinbarungen also mehr Transparenz und mehr Autonomie, ähnlich wie bei der Debatte um die Hochschulen. Wir glauben aber, dass der Rahmen, den wir als Parlament geben sollten, sehr deutlich sein muss. Wir wollen natürlich, dass auch Veranstaltungen unter dem Motto „train the trainer“ laufen. Das heißt also, es sollen nicht nur Bildungsbenachteiligte angesprochen werden. Insgesamt muss es aber Ziel der ganzen Operation sein,

Bildungsbenachteiligte zu gewinnen, sich für alle Generationen zu öffnen und zum Beispiel auch weiterhin für Mütter und Väter mit Kindern Bildungsangebote zu machen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss. Es kommt darauf an, sich interkulturellen Weiterbildungsangeboten für Migrantinnen und Migranten sehr viel intensiver als bisher zu widmen. Last but not least, wir haben es nicht formuliert, aber es sollte selbstverständlich sein: Bei der Sanierung jeder staatlich geförderten Bildungsstätte haben wir dafür zu sorgen, dass sie barrierefrei gestaltet wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesregierung zur Situation der Bildungsstätten stellt eine gute Grundlage für zukünftige Strukturentscheidungen dar. Das ist aus Sicht des SSW die Konklusion der Beratungen im Bildungsausschuss. Erstmals wird uns die Vielfalt der Bildungsstättenlandschaft in Schleswig-Holstein vor Augen geführt. Dass sich hierbei die Frage nach Synergieeffekten förmlich aufdrängt, kann keinen überraschen.

So zeigt sich an vielen Punkten, dass die gewachsene Struktur der Einrichtungen noch weit entfernt von einem gut koordinierten Netz ist. Der Bericht gibt leider keine Auskunft darüber, wie es mit einer möglichen Vernetzung aussieht oder aussehen könnte. Wie groß ist zum Beispiel die Konkurrenz der einzelnen Träger? Wird zugelassen, dass Interessenten weitergeleitet werden? Oder will vielmehr jeder alles gleichwertig anbieten? Zu einer Weiterentwicklung der Bildungsstätten im Land wäre eine sinnvolle Vernetzung ein wichtiger Schritt. So könnten Ressourcen besser und effektiver angewandt werden.

Erfreulich ist, dass es nach der Ausschussbehandlung mit dem Arbeitskreis Volkshochschulen und Bildungsstätten Gespräche im Bildungsministerium gegeben hat. Als Ergebnis ist dabei ein Kompromiss zur Fortführung des Förderkonzeptes herausgekommen, den wir wirklich begrüßen.

Das Verhältnis von Basisförderung, Förderung nach Teilnehmerzahlen und Innovationsfonds ist neu zusammengeschraubt worden, und zwar so, dass das Konzept weiterhin von allen Bildungsstätten mitge

(Anke Spoorendonk)

tragen wird. Das begrüßen wir außerordentlich, denn nur so ist gewährleistet, dass nach transparenten Kriterien gefördert werden kann.

Doch wie uns der Bericht verdeutlicht, besteht die genannte Bildungsstättenlandschaft nicht nur aus Einrichtungen, die unter das Förderkonzept Bildungsstätten fallen, das heißt unter das Förderkonzept des Bildungsministeriums, sondern auch aus vielen anderen, also aus Bildungsstätten, die auch in anderen Ressorts angesiedelt sind.