Protocol of the Session on January 22, 2004

Am 25. September des Vorjahres hat die Landesregierung dem Landtag den Bericht zur Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vorgelegt, die ausführlich diskutiert worden ist.

Mit dem Gesetzentwurf des SSW steht die Förderung der Regional- und Minderheitensprachen erneut auf der Tagesordnung. Der SSW fordert ein Friesischgesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum und lenkt damit wieder einmal die Aufmerksamkeit auf die Stellung der Minderheiten in unserem Land. Über diesen Entwurf werden wir uns ernsthaft unterhalten müssen.

Es ist nun meine Rolle, ein bisschen Wasser in den Wein zu gießen; denn ganz so einfach, wie einige es sich offensichtlich vorstellen, ist das mit der Gesetzgebung an dieser Stelle nicht - da müssen einige Bundesgesetze und Vorgaben beachtet werden -, zumal in dem Gesetz einiges geregelt werden soll, was bereits geregelt oder möglich ist. Ich bin also noch nicht vollends davon überzeugt, dass der vom SSW vorgeschlagene Weg das Friesische wirklich erfolgreicher schützen wird, als es unsere Landesverfassung und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen könnte.

Die Minderheitenpolitik unseres Landes war bisher - ich finde, sehr erfolgreich - im parteiübergreifenden Konsens gestaltet. Grundlage ist die Staatszielbestimmung in Artikel 5 unserer Landesverfassung. Ich

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

bedauere immer noch, dass Roma und Sinti darin nicht genannt sind.

(Beifall bei SPD und SSW)

Aber die Grundlage für die anderen ist damit ganz klar.

Wir bräuchten aus meiner Sicht und brauchten auch bisher nur wenige spezialgesetzliche Regelungen, wie beispielsweise im Landesschulgesetz oder im Landeswahlgesetz. Ich meine, es ist die Stärke unserer Minderheitenpolitik, dass die Sachen sozusagen ganz normal mit geregelt werden.

1999 ist die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hinzugekommen. Inzwischen hat sie sich in der Praxis bewährt, wenn sie auch - das muss man zugeben - nicht überall richtig rund läuft.

Nun muss ich Ihnen leider einige fachliche Bedenken vortragen. Die Europäische Sprachen-Charta gilt nach dem Vertragsgesetz in Deutschland als Bundesgesetz, das nachrangiges Recht - einschließlich Landesgesetz - bricht. Das Land und auch die Kreise und Kommunen sind daran gebunden, was in der Charta steht, und haben die vom Land übernommenen Verpflichtungen aus Teil III der Charta einzuhalten und umzusetzen. Darauf achtet der Expertenausschuss des Europarats im Rahmen des dreijährigen Monitoringverfahrens.

In unserem Sprachen-Charta-Bericht haben wir ausdrücklich dargelegt, wie die für Nordfriesisch übernommenen Charta-Verpflichtungen im Einzelnen umgesetzt werden. Darin sind auch mehrere der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen beschrieben. Ein gutes Beispiel ist § 6 des Gesetzentwurfs, der die vorderseitige Beschriftung der Ortstafeln betrifft. Danach sollen die Tafeln im Kreis Nordfriesland künftig zweisprachig beschriftet werden können. In der Praxis ist das längst verwirklicht. Im Erlasswege hat der Verkehrsminister dies bereits 1997 geregelt. Mehrere nordfriesische Gemeinden haben - wie wir übrigens in unserem SprachenCharta-Bericht nachgewiesen haben - davon schon Gebrauch gemacht. Eine landesgesetzliche Vorschrift wäre demnach verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie regelnden Charakter hätte. Wir könnten also nur ganz vage einen Wunsch formulieren. Ob ein Gesetz dafür die richtige Stelle ist, weiß ich nicht. Das Grundgesetz weist Angelegenheiten des Straßenverkehrs der konkurrierenden Gesetzgebung zu. Der Gesetzestext müsste also auch von daher sehr vorsichtig und vage formuliert werden.

Dann bleibt noch die Frage nach der Praktikabilität. Warum muss etwas gesetzlich geregelt werden, was in der Praxis doch eigentlich so gut funktioniert?

Nach den §§ 3 und 4 soll die Beschilderung an Gebäuden im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland sowie das Führen von Siegeln und Briefköpfen geregelt werden. Die Hoheitszeichenverordnung vom 28. November 2003 enthält aber keine Form- oder Gestaltungsvorschriften für Amtsschilder von Landesbehörden mehr. Für den kommunalen Bereich bestehen keine Regelungen über die Beschilderung von Dienstgebäuden. Demnach wäre eine Beschilderung von Dienstgebäuden in friesischer Sprache heute grundsätzlich zulässig. Dasselbe gilt für Kommunen, die ein eigenes Wappen führen. Sie entscheiden selbst über Form und Gestaltung ihrer Siegel. Es gibt kein Hindernis, hier die friesische Sprache zu berücksichtigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vieles, was der Gesetzentwurf anregt, kann im Rahmen der bestehenden Vorschriften umgesetzt werden. Unsicherheiten, die Sie angesprochen haben, sollten nun in den weiteren Beratungen ausgeräumt werden. Da kann die Minderheitenbeauftragte, die die Debatte hier dankenswerterweise verfolgt, sicherlich wichtige Hinweise geben. Die Förderung der Regional- oder Minderheitensprache im öffentlichen Raum ist das erklärte Ziel der Sprachen-Charta. Das gilt natürlich und selbstverständlich auch für das Friesische. Also warum nicht die Charta als zentrales Instrument nutzen und weiter ausbauen? Das wäre in den Diskussionen in den Fachausschüssen zu klären. Das käme nämlich allen Regional- und Minderheitensprachen in Schleswig-Holstein zugute. Denn wenn Sie die Sorbengesetze zum Vorbild nehmen, muss man bedenken, dass es in Sachsen und Brandenburg nur die Sorben als nationale Minderheit gibt. In Schleswig-Holstein dagegen sind wir mit drei nationalen Minderheiten und Volksgruppen und der Sprachengruppe der Niederdeutschen das vielseitigste Chartaland Deutschlands. Dies sollten wir in den kommenden Beratungen im Blick behalten. Dafür und für Ihre Geduld bedanke ich mich bei Ihnen ausdrücklich.

(Beifall im ganzen Haus)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir treten in die Abstimmung ein. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Abgeordneten des SSW, Drucksache 15/3150, federführend dem Europaausschuss, mitberatend den Ausschüssen für Finan

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

zen, Bildung und Innen und Recht zu überweisen. Wer so beschließen will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist das im Haus einstimmig so beschlossen. Ich bedanke mich, dass der Kreispräsident und der Landrat aus Schleswig-Flensburg sich die Zeit genommen haben, diese Debatte persönlich zu verfolgen.

(Beifall)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 15 auf:

Wirkungen des Vermittlungsergebnisses auf den Landeshaushalt

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/3147

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3171

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Für den Bericht der Landesregierung darf ich zunächst dem Herrn Finanzminister Dr. Stegner das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Vorwege stelle ich fest, dass die Ministerialverwaltung hier wie auch bei dem Bericht zur Reform der Finanzämter ein hohes Maß an Flexibilität und unbürokratisches Handeln bewiesen hat. Wir legen dem Landtag nämlich zwei Berichte schriftlich vor, bevor er dies mit einem Beschluss überhaupt angefordert hat - was nicht heißt, dass das Problem nicht erörtert worden wäre.

Der Bericht zeigt, dass die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses keine zusätzlichen Ausgabeermächtigungen oder Kreditermächtigungen erfordern, keine weiteren Sparmaßnahmen erforderlich sind und Nachtragshaushalte zurzeit nicht aufgestellt werden müssen. Die konkreten Auswirkungen, was die Zahlen angeht, mit denen ich Sie nicht langweilen möchte, entnehmen Sie bitte dem vorliegenden schriftlichen Bericht.

Der Landeshaushalt 2004 wird voraussichtlich um 118,8 Millionen € entlastet. Dafür ist ursächlich die Halbierung der von der Bundesregierung geplanten Steuerreformstufe, ein maßvoller Subventionsabbau - Eigenheimzulage und Pendlerpauschale - und die einmalige Erhöhung der Steuereinnahmen des Landes im Zuge einer Beteiligung an Veräußerungserlösen des Bundes. Die gegenläufige Belastung durch eine

deutliche Absenkung der Gewerbesteuerumlage wird dadurch mehr als kompensiert.

Die kommunalen Haushalte 2004 werden gegenüber der bisherigen Rechtslage voraussichtlich um 95,4 Millionen € entlastet, insbesondere durch die erwähnte Absenkung der Gewerbesteuerumlage, durch Beteiligung am Steuerehrlichkeitsgesetz. Hätte die Union die Modernisierung der Gewerbesteuer nicht verhindert, wäre die Entlastung zugunsten der Kommunen noch höher ausgefallen - so, wie wir das wollten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU)

Im Übrigen trägt das Land die Folge davon, dass die Rechtsanwälte ausgenommen worden sind.

Schwieriger sind die Auswirkungen auf den Haushalt 2005 zu schätzen. Das gilt natürlich auch für die kommunalen Haushalte. Wir schätzen etwa 9,5 Millionen € weniger. Das ist angesichts des Anteils am Landeshaushalt ein Betrag, der erbracht werden kann, ohne dass besondere Haushaltsmaßnahmen oder ein Nachtrag erforderlich wären. Wir alle wissen, dass 2005 ein Nachtragshaushalt wahrscheinlich ist. Das ist bei Doppelhaushalten und im ersten Jahr einer neuen Legislaturperiode immer so. Die Kommunen werden voraussichtlich um 135,6 Millionen € entlastet.

Die finanziellen Auswirkungen von Hartz IV - Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe - sind gegenwärtig nur schwer präzise zu schätzen. Wir werden mit den kommunalen Landesverbänden, mit den beteiligten Ressorts, mit anderen Ländern darüber reden. Das tritt auch erst zum 1. Januar 2005 in Kraft. Insofern werden wir das alles hinbekommen. Die Kommunen werden das in voller Höhe bekommen. Über den technischen Weg ist noch zu reden.

Es war also richtig, den Doppelhaushalt im Dezember zu verabschieden. Ein richtiger Publikumserfolg war Ihre Mondscheininszenierung im Dezember nicht, meine Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Hauses. Wir haben die ökonomisch richtigen Impulse setzen können. Das war umso nötiger, als die Parteifreunde von Herrn Wiegard leider verhindert haben, dass ein komplettes Vorziehen der Steuerreform noch einen besseren Impuls gegeben hätte - übrigens mit Argumenten, die jedenfalls Herr Merz scheinbar nicht kennt, wenn ich an seine Steuerreformgeschenke denke.

Die relativ hohen globalen Minderausgaben, die Sie auf der rechten Seite dieses Hauses kritisiert haben, sorgen dafür, dass wir in diesem Jahr zurechtkommen

(Minister Dr. Ralf Stegner)

werden. Wie ich Ihnen das im Dezember vorausgesagt habe, haben wir ausreichend Vorsorge dafür getroffen. Wenn wir die Kredite am Ende nicht werden ausschöpfen müssen, umso besser.

Dem Willen dieses Parlamentes, liebe Anke Spoorendonk, ist auch mit Blick auf die dänische und friesische Volksgruppe Rechnung getragen worden. Das ist übrigens ein Erfolg, der ungeachtet der forschen Pressemitteilung von Herrn Koppelin gelungen ist. Ich will gar nicht sticheln. Aber auch Ihr neuer Schattenmann, der rücktrittsforderungspolitische Sprecher, Herr Austermann, war daran nicht beteiligt. Das war Ortwin Runde. Er hat sich nämlich auf unsere diskrete Bitte hin - es war klug, dass Schleswig-Holstein das nicht direkt getan hat - erfolgreich für die Herausnahme aus der Koch/Steinbrück-Liste eingesetzt. Es ist das eingetreten, was wir miteinander besprochen haben.

(Beifall bei SPD und SSW)

Insgesamt gilt: Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses ist ein Ergebnis, mit dem wir leben können. Es ist ein Kompromiss. Wir wollten eine stärkere Steuertarifsenkung für die Bürger. Wir wollten einen stärkeren Subventionsabbau für die Bürger. Wir wollten eine weiterreichende Entlastung der Kommunen. Wir wollten eine stärkere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. All das hat die CDU leider verhindert. Das ist bei Kompromissen so. Das werden wir den Bürgerinnen und Bürgern auch sagen.

Richtig war, dass wir Klarheit in die öffentlichen Haushalte bringen, eine Klarheit, die etwas anders aussieht, als Herr Stoiber das formuliert hat. Er hat nämlich gesagt, das Merz-Modell koste 25 Milliarden, seines 15 Milliarden und der Kompromiss 10 Milliarden €. Das ist eine etwas eigenartige Form der Rechnung. Wir müssen hier anders rechnen. Ich glaube, das ist uns auch gelungen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bei den ersten zwei Minuten der Rede des Finanzministers war ich ganz überrascht. Ich habe gedacht: „Man hört endlich etwas Substanzielles“, und wollte einen Teil meines Manuskriptes eigentlich schon weglegen. Dann hat er meine Erwartungen

doch erfüllt. Er hat sich als Daniel Küblböck dieser Landesregierung einen Namen gemacht: viel Geschnattere, aber wenig Substanzielles!

(Beifall bei FDP und CDU)

Lieber Herr Finanzminister, mitnichten war es richtig, dass die Regierungskoalition diesen Doppelhaushalt im Dezember beschlossen hat. Es war nach wie vor falsch, und zwar aus drei Gründen. Erstens, weil die konjunkturelle Entwicklung seit einigen Jahren so unsicher ist, dass die Prognosen in immer kürzeren Abständen stark verändert werden müssen, was die Schätzungen der Steuereinnahmen stark erschwert.

Zweitens, weil die Haushalte der Landesregierung immer kürzere Haltbarkeitsfristen haben. Die Finanzpolitik der Landesregierung wird nicht dadurch besser, dass ein schlechter Haushalt für längere Zeit beschlossen wird.