Die selbst bestimmte Lebensführung darf nicht infrage gestellt werden, schon gar nicht durch Gesetze, die in das Privatleben eingreifen und die Wahlfreiheit gefährden. Voraussetzung sind also nicht Gesetze, die die Gleichstellung von Frauen und Männern normieren, sondern insbesondere die entsprechenden Rahmenbedingungen, zu denen nicht zuletzt eine angemessene finanzielle Ausstattung der Familien und ein ausreichendes Angebot an Betreuungseinrichtungen gehören. Da sind wir uns seit gestern mit dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages einig, der für eine Allianz für die Familie warb und genau das meinte.
Die verlässliche Halbtagsgrundschule und Betreuungsmöglichkeiten an den Nachmittagen in Form von Ganztagsangeboten leisten einen viel wichtigeren Beitrag zur Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben als irgendwelche Gesetze. Was wir brauchen, sind keine Gesetze, sondern eine verlässliche Politik, die sich nicht nur das Ziel gesetzt hat, das „Entweder-Erwerbstätigkeit-oder-Familie“ zu überwinden, sondern auch etwas tut, um dieses Ziel zu
erreichen. Ich hoffe, wir sind uns darüber einig. Nicht an den Worten, sondern an den Taten ist die Politik, sind die Politikerinnen und die Politiker, sind wir zu messen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der zweite Gleichstellungsbericht, den Frau Lütkes uns vorgestellt hat, ist eine Erfolgsbilanz. Er zeigt aber auch - das ist schon gesagt worden -, dass noch eine Menge zu tun ist. Bei der Gegenüberstellung der Gleichstellungsberichte 1999 und 2003 - also ein relativ kurzer Zeitraum - wird deutlich, wie viel mutiger Gleichstellungspolitik in den vergangenen Jahren geworden ist.
Sie ist heute eher in der Lage, Grundsätzliches infrage zu stellen. Ein Beispiel hierfür ist die Regelbeurteilung im öffentlichen Dienst. Wenn Frauen ganz offensichtlich schlechter beurteilt werden als Männer - eine Erhebung hat das gezeigt -, wäre in der Vergangenheit der Lösungsansatz gewesen, dass Frauen dann eben besser qualifiziert werden müssen. Heute ist das Infragestellen der Beurteilungskriterien eine ernst zu nehmende Option. Das ist schon ein bisschen revolutionär.
Die Verantwortung für Gleichstellung hat sich geändert. Es sind nicht ausschließlich die Frauen dafür zuständig. Das haben wir auch schon beim letzten Tagesordnungspunkt besprochen. Bei der Umsetzung des Ziels, Frauen und Männer gleichermaßen in Führungspositionen einzusetzen, hat sich die Fragestellung grundsätzlich weiterentwickelt. Die Frage ist nicht mehr allein, wie eine Frau beschaffen sein muss, damit sie eine bestimmte Position ausfüllen kann, sondern auch, wie die Stelle beschaffen sein muss, damit sie das Potenzial einer Stelleninhaberin genauso gut nutzen kann wie das Potenzial eines männlichen Stelleninhabers. Dennoch sind wir - wie bereits gesagt wurde - weit von dem Ziel einer gleichmäßigen Besetzung von Spitzenpositionen entfernt. Dazu braucht man den Gleichstellungsbericht eigentlich
Sorge macht mir auch die verschwindend geringe Zahl von Frauen in Aufsichtsräten, Gewährträgerversammlungen und anderen Gremien. Wir beraten im Verlauf dieser Tagung über das Regionalprogramm, das mit viel Geld ausgestattet ist und das wichtige wirtschaftliche und politische Weichenstellungen bewirkt. In den Gremien, die über die Auswahl der zu fördernden Projekte entscheiden oder die eine Vorauswahl treffen, sind Frauen eine Ausnahmeerscheinung.
Die Situation in den Regionalbeiräten ist nur ein Beispiel von immer noch nahezu frauenfreien Zonen. Das kann so nicht bleiben. Diese Gremien haben einen wichtigen Einfluss.
Ein wichtiger Punkt für die Entwicklung der Gleichstellungspolitik ist die Situation der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Zwar haben wir ihre Rechtsstellung mit der letzten Änderung der Kommunalverfassung gestärkt. Inzwischen wurden aber in einer Reihe von Kommunen die Stundenzahl der Gleichstellungsbeauftragten oder die ihrer Mitarbeiterin reduziert und damit ihre Arbeit beeinträchtigt.
Weitere Einschränkungen - so jedenfalls die Signale aus den Kreisen - sind angedroht. Ich kann das nicht verstehen.
Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag hatte in seiner Dokumentation „Einblicke in die Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten“ im Jahr 2000 eine Vielzahl von Projekten vorgestellt. Sie machen deutlich, wie vielfältig Gleichstellungsaufgaben sind, und sie zeigen vor allem die Flexibilität und die hohe Fachkompetenz unserer schleswigholsteinischen Gleichstellungsbeauftragten. Diese lesenswerte Dokumentation ließ ein hohes Maß an Anerkennung für die Arbeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten vor Ort erkennen.
Es ist umso unverständlicher ist, dass man heute, nach nur drei Jahren, meint, die gleichstellungspolitischen
Die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen wird noch für viele Jahre eine große Aufgabe sein. Die Instrumente, die wir hierfür entwickelt haben, zeigen Wirkung. Neben der Quote als quantitativem Instrument sind die klassische Frauenförderung und Gender Mainstreaming als neuestes Instrument zur qualitativen Berücksichtigung der Interessen von Frauen zu nennen. Wir müssen alle drei Instrumente - das war meiner Meinung nach heute schon ein Streitpunkt - noch nebeneinander und Hand in Hand gebrauchen, um zu unserem Ziel zu kommen.
Ich bedanke mich bei Ministerin Lütkes für den Bericht. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landesbehörden danke ich nicht nur für ihre Zuarbeit zu diesem Bericht, sondern auch für ihre Tag für Tag engagierte Mitarbeit in Sachen Gleichstellung.
Ganz besonders gilt mein Dank den Gleichstellungsbeauftragten in den Landesbehörden und den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Sie haben ein Arbeitsfeld übernommen, das sie neu definieren mussten, in dem es viele Widerstände zu überwinden gab und noch gibt und das erst durch ihre Arbeit zu einem anerkannten Bereich gesellschaftlicher Entwicklung geworden ist.
Wir werden ihre Arbeit weiter begleiten. Ich stelle den Antrag, den vorliegenden Bericht zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, damit wir die Zahlen und Statistiken würdigen und näher betrachten können. Ich freue mich auf die Beratungen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorgelegte Bericht soll uns über die Umsetzung auf den drei Handlungsfeldern des Gleichstellungsgesetzes im öffentlichen Dienst Rechenschaft ablegen. Hauptziel des Gleichstellungsgesetzes ist die Umsetzung des in der Verfassung verankerten Grundrechtes der Gleichberechtigung von
Mann und Frau. Deshalb muss jede Entscheidung, die eine Gleichberechtigung beeinträchtigt, als Verfassungsverstoß verstanden und unverzüglich berichtigt werden. Das ist richtig und gut so, denn die Gleichstellung von Mann und Frau soll neben dem geschlechtsdifferenzierten Ansatz, den Gender Mainstreaming ausmacht, vonseiten des Landes weiter verfolgt werden.
Allerdings frage ich mich an dieser Stelle, wie im Einzelnen tatsächlich festgestellt werden soll, ob Gleichberechtigung als Teilhaberecht auf Chancengleichheit in der Praxis verwirklicht wird. Das Ergebnis gesellschaftlicher Prozesse ist hierbei aus meiner Sicht ein eher zweifelhaftes Signal. Wenn ein Geschlecht zum Beispiel in einer bestimmten Berufsgruppe nicht paritätisch vertreten ist, so kann dies ein Hinweis auf geschlechtsspezifische Diskriminierung sein. Es muss aber nicht gezwungenermaßen so sein.
Es könnte ebenso gut sein, dass eine nicht ausreichende Anzahl geeigneter Frauen und Männer diesen Berufsweg eingeschlagen haben. Wie will man hier differenzieren? Eine einfache Erbsenzählerei hilft bei der Feststellung der Chancengleichheit meiner Meinung nach nur sehr bedingt weiter.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Im vorgelegten Bericht wird die Steigerung des Frauenanteils in der Landesverwaltung um 2,3 % bei gleichzeitigem Rückgang der Gesamtbeschäftigungszahl als positiv herausgestellt. Das sieht auf den ersten Blick nach einer sehr beachtlichen Leistung aus. Es stellt sich für mich die Frage, ob der Frauenanteil sich nur auf dem Papier erhöht hat, da im gleichen Zeitraum 2,3 % der männlichen Kollegen aus dem Landesdienst ausgeschieden sind.
Ich will damit nur deutlich machen, dass die rein statistische Betrachtung von Frauenanteilen wenig fruchtbar ist. Im Gegenteil: Müsste eine solche Betrachtung nicht letztendlich dazu führen, dass künftig im Bereich der Grund- und Hauptschulen nur noch männliche Lehrkräfte eingestellt werden dürften, um die hohe Repräsentanz von Frauen in diesem Bereich wieder auszugleichen?
So kann und soll die Umsetzung dieses Ziels nicht gewollt sein. Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe und damit ein Auftrag an alle politisch Verantwortlichen. Alle Menschen sollten die gleichen rechtlichen Möglichkeiten haben, ihr Leben entsprechend ihren Wünschen und Möglichkeiten zu gestalten. Auch in einem von einer Ministerpräsidentin regier
ten Land sind die wesentlichen Entscheidungsträger in Wirtschaft, Politik und Verwaltung nach wie vor Männer. Daran konnte die flächendeckende Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten bisher nichts ändern. Herr Kollege Hentschel, ich bin gespannt auf die Veränderungen, die Sie nach dem 2. März offensichtlich feststellen konnten. Ich freue mich auf die Zahlen, die Sie uns präsentieren wollen.
Vielmehr hat die andauernde Betonung der Notwendigkeit der Frauenförderung in vielen Bereichen der Gesellschaft dazu geführt, dass durch die Einführung von entsprechenden Quoten Frauen nicht die Anerkennung ihrer Leistung bekommen, die sie verdient haben und die sie auch gern wollen. Ich plädiere deshalb dafür, dass Sondermaßnahmen zugunsten eines Geschlechts unvoreingenommen überprüft werden, dass Maßnahmen, die ihren Zweck verfehlen, überarbeitet oder aber besser abgeschafft werden.
Wir haben das Glück, dass derzeit eine Generation von hochqualifizierten Frauen im Berufsleben steht beziehungsweise in das Berufsleben eintritt. Diese Chance sollten wir nutzen, denn schon im Hinblick auf die demographische Entwicklung kann und darf die Gesellschaft auf das Wissen und auf die Fähigkeiten dieser Frauen nicht verzichten. Die immer wieder geführte Diskussion über einen Fachkräftemangel, der sich in der Zukunft noch mehr verstärken wird, zeigt bereits heute, wohin wir uns bewegen werden. Schon allein aus diesem Grund ist die Gleichstellung über eine Bewusstseinsveränderung in der Gesellschaft zu bewirken. Dies bewirkt aber in den seltensten Fällen die Einführung einer Quote.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Veronika Kolb, die Quote bewirkt natürlich doch etwas, nämlich die tatsächliche Hereinnahme von Frauen in Bereiche, die sonst nur Männern vorbehalten sind, siehe grüne Politik. Keiner wird im Ernst glauben, dass unsere Fraktion zu über der Hälfte aus Frauen bestünde, wenn wir nicht eine Quote hätten. Das ist doch wohl klar!
Das hat nichts mit der Frage zu tun, wie qualifiziert wir sind. Es hat auch nichts mit der Frage zu tun, ob ich etwas Besonderes leiste. Es hat aber etwas damit
zu tun, dass Männer auf diese Weise sich selber zugunsten von Frauen ein Stück weit zurücknehmen, weil sie begriffen haben: Das Ganze lässt sich nur repräsentieren, wenn beide Geschlechter vorhanden sind. Da sind die Grünen eindeutig im Vorteil, das möchtet ihr nicht gern zugeben!