Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier über das GenderMainstreaming-Prinzip, und zwar reden wir deswegen darüber, weil es eine mittelprächtige Kontroverse
zwischen uns, zwischen CDU und SPD, über die Frage gegeben hat, in welchem Verhältnis Frauenpolitik, Gleichstellungspolitik zum Gender Mainstreaming steht, welches uns von der EU über eine Richtlinie nahe gelegt wird. Dadurch sind wir dann dazu gekommen, um diesen Bericht zu bitten. Das wollte ich nur noch einmal sagen, um noch einmal die Geschichte deutlich zu machen. Wir sind mitten in diesem Konflikt drin, denn ich fand deinen Beitrag, liebe Caroline Schwarz, absolut indiskutabel.
(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Frau Oberlehrerin, wo sind Sie denn! Unerhört!)
Ich möchte mit einigen Hinweisen und Informationen für Sie noch einmal deutlich machen, warum wir uns mit Gender Mainstreaming überhaupt beschäftigen und warum die EU das ihren Mitgliedstaaten als eine verbindliche Richtlinie mit auf den Weg gibt.
Ich möchte nur auf die Nachrichten in den letzten Wochen eingehen. Familienfreundliche Betriebe, so stellt das Sozialwissenschaftliche Institut der HansBöckler-Stiftung fest, sind in Deutschland nach wie vor die Ausnahme. Zu diesem Ergebnis kommt die Betriebsrätebefragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-BöcklerStiftung in Düsseldorf. Nur 8,3 % der Betriebe haben eine Betriebsvereinbarung zur Vereinbarung von Familie und Beruf. Mit Vereinbarungen zur Chancengleichheit können sogar nur 4,4 % der Betriebe aufwarten. Das sind zusammen nur 10,7 % der Betriebe. Der Arbeitgeberpräsident Hund habe offensichtlich hier eine rosa Brille auf - so meint Frau Dr. Pfaff, die Direktorin dieses Instituts -, wenn er behaupte, dass Familienfreundlichkeit umgesetzt sei. Das ist ein Beispiel.
Ein weiteres Beispiel, das Ihnen vielleicht nicht entgangen sein dürfte: Anfang Dezember 2003 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es eine Neuregelung des Mutterschutzes geben muss, damit Betriebe junge Frauen bei der Auswahl nicht von vornherein benachteiligen. Denn wenn sie die Hauptlast des Mutterschutzes zu tragen haben, dann ist das - zu der Auffassung kommt das Bundesverfassungsgericht - ganz klar eine Benachteiligung von Frauen. Das ist das deutliche Ergebnis eines GenderProzesses, nämlich eines Prozesses, bei dem das Verfassungsgericht sich selber darüber Gedanken gemacht hat, wenn hier Recht gesprochen wird, in welche Richtung sich das bewegt und wem das gerecht wird. Dabei hat es festgestellt, dass das zu einer Be
nachteiligung von jungen Frauen führt. Ich kann das nur als einen großen Erfolg der bisherigen GenderMainstreaming-Bemühungen, die uns vonseiten der EU nahe gelegt worden sind, ansehen. Ich möchte Ihnen auch ans Herz legen, das ebenfalls so einzuschätzen.
Vor diesem Hintergrund kommen wir zum ersten Bericht zur Umsetzung des Gender-MainstreamingKonzepts in der Landesverwaltung. Es hat sich aus meiner Sicht gelohnt, sich mit diesem neudeutschen Prinzip zu befassen. Wir Grüne haben es früher „Querschnittsaufgabe“ genannt; ich glaube, bei den Sozialdemokraten heißt es ähnlich. Wir haben uns ähnliche Gedanken darüber gemacht, wie man den Gedanken der Frauengleichstellung in alle Bereiche des politischen Handelns überführen kann. Die EU findet dafür den Begriff „Gender Mainstreaming“. Besonders toll finde ich den auch nicht, aber wir werden ihn verwenden.
Es hat sich gelohnt, sich mit dieser Begrifflichkeit und dem Inhalt auseinander zu setzen. Er macht Frauenförderpolitik und Frauenpolitik nicht überflüssig, sondern ergänzt sie. Gender Mainstreaming ist keine Frauenförderung, sondern Gleichstellungspolitik und Gleichberechtigungspolitik, aber auch Gleichverpflichtungspolitik, auch für Männer. Es hat sich gelohnt, konkrete, schrittweise aufeinander aufbauende und vor allem nachprüfbare Vorgaben im Rahmen des Gender-Mainstreaming-Konzepts für die Landesverwaltung zu machen. Alle Ressorts der Landesregierung haben sich mit dieser Thematik auseinander setzen müssen.
Ich kürze jetzt ab, weil ich noch zu der Beurteilung des Lächerlichmachens von Caroline Schwarz kommen möchte, was das Vorhaben der Staatskanzlei bezüglich des Internets anbetrifft. Es gibt kaum einen Bereich moderner Technik, mit dem Männer und Frauen so unterschiedlich umgehen. Anhand durchgeführter Studien kann man das beweisen. Das weißt du einfach nicht. Das ist dein Problem. Es deswegen lächerlich zu machen, ist ein bisschen hochmütig von dir, wenn ich das von hier aus so sagen darf.
Das Internet wird von Frauen und Männern ganz unterschiedlich benutzt und sie gehen ganz unterschiedlich daran. Darum macht es sehr wohl Sinn für eine Verwaltung, die sich auf moderne Strukturen und moderne Instrumente einstellt, zu gucken, wie die Mitarbeiterinnen mit dem Instrument umgehen, wie die Mitarbeiter mit dem Instrument umgehen und was man tun kann, um beiden auf die verschiedenste Art und Weise gerecht zu werden, sodass wir die modernen Instrumente in der Landesverwaltung zur besse
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute gleich zweimal mit dem gesellschaftlichen Auftrag der Gleichstellung. Das weist darauf hin, dass die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen ein besonders wichtiges Thema in Schleswig-Holstein ist. In erster Linie ist es die öffentliche Verwaltung, die mit gutem Beispiel vorangehen muss. Eine Verwaltung sollte so zusammengesetzt sein wie die Gesellschaft. Wir brauchen junge und alte, behinderte und nicht behinderte Mitarbeiter und eben auch Mitarbeiterinnen. Der Bericht der Landesregierung zeigt, dass die Verwaltung diesen Anforderungen nicht an allen Stellen gerecht wird. Es ist also noch eine ganze Menge zu tun. Es geht um Ziele, die sich leider nur langfristig erreichen lassen.
Für eine Außenstehende mag das etwas überraschend sein. Die Landesverwaltung untersteht dem direkten Einfluss der Landesregierung. Wenn also die Anzahl der Frauen in Führungspositionen angehoben werden soll, dann müsste es doch ein Leichtes sein, das umzusetzen. Das ist aber leider nicht so. Der Bericht zeigt an zahlreichen Beispielen, dass das öffentliche Dienstrecht viel zu oft die gewachsenen Personalstrukturen in Beton gießt.
Es wäre aber ein Fehlschluss zu glauben, dass die Frauen selbst kein Interesse an der Ausübung bestimmter Positionen hätten. Der Bericht zeigt: Viele Frauen haben aufgrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erst gar keine Chance, die Qualifikationen zu erwerben, die sie für die erfolgreiche Bewerbung um eine Führungsposition brauchen. Im Bereich der Justiz beispielsweise sind Frauen bei der Abordnung an andere Dienststellen wie Obergerichte unterdurchschnittlich beteiligt. Das liegt unter anderem daran, dass das Obergericht in Schleswig liegt. Wenn man zum Beispiel in Heide wohnt und täglich diesen Weg auf sich nehmen muss, überlegt man sich
Dadurch haben sie bei Bewerbungen einen Nachteil gegenüber ihren männlichen Kollegen. Hier zielt das Argument, dass die Stellen im öffentlichen Dienst ausschließlich nach Qualifikation besetzt werden, nach meiner Ansicht ins Leere. Das Beispiel zeigt, wie Benachteiligung funktioniert. Direkte Ablehnung erleben Frauen in der Regel heutzutage kaum noch. Die Mechanismen, sie von der gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, wirken viel subtiler.
- Ich finde es wirklich etwas unhöflich, wenn sich alle so laut unterhalten, während ich hier stehe.
Herr Kubicki, ich muss nicht schreien wie Sie. Ich finde es angemessen, wenn ich hier nicht ständig meine Stimme heben muss.
Ich darf das noch einmal wiederholen: Direkte Ablehnung erleben Frauen in der Regel heutzutage kaum noch. Die Mechanismen, sie von der gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, wirken viel subtiler. Dies gilt übrigens auch für Männer, die in Frauendomänen vorstoßen wollen. Kleinkinder- und Kinderpädagogik liegt überwiegend in der Hand von Frauen. Das hat auch andere Gründe als nur die Motivation der Männer für diese Berufe.
Damit kommen wir zum eigentlichen Kern des Problems. Die Gesellschaft hat Rollenvorstellungen entwickelt, die sich nicht über Nacht auflösen werden. Umso wichtiger ist die Vorbildfunktion des öffentlichen Dienstes. Nur konkrete und funktionierende Beispiele können Männer und Frauen ermutigen, aus den traditionellen männlichen oder weiblichen Rollenbildern auszubrechen.
Ich kann daher meine Enttäuschung nicht verhehlen, dass viele Ansätze des Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung lediglich appellativen Charakter haben. Projekte, Arbeitsgruppen und Pläne sind schön und gut. Sie werden in der konkreten Zukunft aber nur dann etwas bewirken, wenn sie mit fassbaren Maßnahmen verknüpft sind. Das ist leider nicht durchgängig der Fall. Ich hätte mir gewünscht, dass
die Landesregierung einen Schritt weitergekommen wäre. Sie haben darauf hingewiesen, dass das nur ein Zwischenbericht ist. Wir brauchen Anreize, sich anders zu verhalten. Wir dürfen nicht ausschließlich auf die Überzeugungskraft unserer Argumente vertrauen. Hier muss sich unbedingt etwas ändern.
Damit komme ich auf den Beginn meiner Rede zurück. Die Vorteile einer repräsentativ besetzten Verwaltung liegen für mich auf der Hand. Lassen wir die Stärken eines Geschlechtes brachliegen und nutzen sie nicht, dann wird dies auch die Reformprozesse verzögern, die unsere Verwaltungen durchmachen müssen. Die skandinavischen Länder, die bei der Modernisierung viel weiter sind als wir, konnten ihre politischen Reformen nicht zuletzt aufgrund des Engagements vieler Politikerinnen und Verwaltungsfachfrauen auf den Weg bringen. Bis dahin liegt noch ein langer Weg in Schleswig-Holstein vor uns.
Ich finde es etwas enttäuschend. Vorhin, bei Beginn der Debatte, waren einige nicht dabei und jetzt habe ich das Gefühl, dass ich gegen eine Wand rede und alle ein bisschen träumen.
- Nicht alle. Ich wollte damit nur andeuten, dass ich es ausgesprochen schwierig finde. Ich freue mich aber auf die Ausschussdiskussion mit allen bisherigen Rednerinnen zu diesem Thema.
Damit haben alle Fraktionen die angemeldete Redezeit ausgeschöpft. Wir kommen jetzt zu Kurzbeiträgen. Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich zunächst Herrn Abgeordneten Jürgen Weber das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß gar nicht, warum Sie so erstaunt gucken. Es ist ein guter Bestandteil des Gender-MainstreamProzesses, dass auch ein Mann einmal das Wort zu diesem Thema ergreift.
zu tun, an dem weiter gearbeitet werden soll, und eine weitere Ausschussbefassung ist ja vorgesehen.
Es ist hilfreich, in diesem Fall einmal einen Blick aus der Verwaltung hinauszuwerfen, nicht so sehr in den Wirtschaftsbereich, in den wir jeden Tag hineinschauen, sondern sich einmal anzugucken, was in international agierenden großen Unternehmen heutzutage zur Sicherung von Personalreserve an Gender-Prozessen initiiert wird. Es gibt eine sehr lesenswerte Studie des Zentrums für interdisziplinäre Frauenforschung der Kieler Universität, die das in Kooperation mit solchen Global Players einmal untersucht hat. Im modernen Managementbereich sind Mechanismen auf den Weg gebracht worden, die sich die Verwaltung einmal jenseits der bisherigen Strukturen angucken sollte. - Ich möchte das lediglich als eine kleine Anregung in die Diskussion einführen.
Ein zweiter Bereich, den man sich anschauen sollte, wo wir eher den gegenläufigen Prozess haben: Bereiche, die im öffentlichen Dienst möglich sind, haben im privatwirtschaftlichen Bereich große Probleme, wenn es zum Beispiel um die Frage der Ermöglichung von Erziehungsarbeit für Männer geht, also die Frage der Zur-Verfügung-Stellung von Teilzeitarbeit, von entsprechenden Arbeitszeitmodellen, die so etwas möglich machen. Wir haben im öffentlichen Bereich ein paar Dinge, die ausstrahlen sollen. Da soll sich der öffentliche Bereich anstrengen, dieses Ausstrahlen ein bisschen zu unterstützen.
Diese beiden Anregungen würde ich ganz gern in die Diskussion einbringen, da dieser Prozess etwas mehr ist als ein Abstraktum und etwas mehr als das Führen alter Kämpfe um Frauenpolitik, die an dieser Stelle eigentlich nicht angebracht sind.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal möchte ich mich bei Herrn Weber bedanken, dass er es tatsächlich gewagt hat, zu diesem Tagesordnungspunkt zu reden. Sie haben ja Recht: Jetzt wäre die Stunde, dass sich auch Männer einmal um solch ein Thema kümmern.